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E1E;Norm
11992E048 EGV Art48;Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:* EU-Register: EU 2007/0005 29. Februar 2008 * EuGH-Zahl: C-332/07 * Vorabentscheidungsantrag mit 2006/12/0052 B 29. Februar 2008 zurückgezogenBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Nowakowski, Dr. Thoma und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, in der Beschwerdesache des Mag. H in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur (nunmehr: Wissenschaft und Forschung) vom 21. Februar 2006, Zl. BMBWK-4623.220147/0002- III/5a/2005, betreffend Verbesserung des Vorrückungsstichtages nach § 12 Abs. 2f Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) werden gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Kommt dem Art. 9 Z. 1 im Anhang I des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (kundgemacht im ABl. der EG L 114/6 vom 30. April 2002) unmittelbare Wirkung zu?
2. Ist die genannte Bestimmung dahin auszulegen, dass Beschäftigungszeiten, die in der Schweiz vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens (am 1. Juni 2002) zurückgelegt wurden, für das berufliche Vorrücken in einer vergleichbaren Tätigkeit, die später in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ausgeübt wird, unabhängig von ihrer zeitlichen Lagerung anzurechnen sind?
Begründung
A) Sachverhalt
Der Beschwerdeführer steht seit Ablauf des 30. November 2003 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Er war zuletzt als Professor (Verwendungsgruppe L1) im Bereich des Landesschulrates für Salzburg (im Folgenden kurz: LSR) verwendet worden.
Mit Bescheid vom 8. März 1977 war sein Vorrückungsstichtag rechtskräftig mit 7. Jänner 1971 festgesetzt worden. Dabei waren unstrittig Studienzeiten vom 1. Juli 1967 bis 30. Juni 1971 und vom 1. Jänner 1972 bis 30. Juni 1972 zur Gänze als Vordienstzeiten berücksichtigt worden. In teilweiser Überschneidung mit diesen hatte der Beschwerdeführer vom 1. Juni 1971 bis zum 25. April 1972 (inklusive der Ferien am Schuljahresende) an einer Schweizer Schule, die Öffentlichkeitsrecht besitzt, als Lehrer für Leibeserziehung, Geographie und Naturkunde gearbeitet. Diese Zeit wurde - soweit nicht bereits eine Vollanrechnung als Studienzeit erfolgt war - im erwähnten Bescheid vom 8. März 1977 als "sonstige Zeit" iSd § 12 Abs. 1 lit. b GehG zur Hälfe berücksichtigt.
Mit Eingabe an den LSR vom 29. April 2004 beantragte der Beschwerdeführer die "volle Anrechnung" seiner genannten Vordienstzeiten in der Schweiz.
Mit Bescheid vom 14. September 2004 hat der LSR gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 lit. b und § 12 Abs. 2f Z. 3 GehG "in der geltenden Fassung" die volle Anrechnung von Vordienstzeiten in der Schweiz "abgelehnt".
Nach Darstellung der Rechtslage führte der LSR in seiner Begründung aus, eine stattgebende Entscheidung käme gemäß § 12 Abs. 2 Z. 3 GehG nur in Betracht, wenn die Tätigkeit in der Schweiz nach dem 1. Juni 2002 erfolgt wäre (Inkrafttreten des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, BGBl. III Nr. 133/2002).
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Februar 2006 gemäß § 12 Abs. 2 lit. b iVm § 12 Abs. 2f Z. 3 GehG "in der derzeit geltenden Fassung" ab.
Sie begründete dies, soweit dies hier von Interesse ist, damit, dass die angestrebte Vollanrechnung der eingangs dargestellten Vordienstzeiten in der Schweiz (soweit eine Vollanrechnung nicht bereits als Studienzeiten erfolgt sei, also vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1971) gemäß § 12 Abs. 2f Z. 3 GehG daran scheitere, dass die Zeiten nicht nach dem 1. Juni 2002 zurückgelegt worden seien.
Aus dem (vom Beschwerdeführer in seiner Berufung ins Treffen geführten) am 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen EWR-Abkommen, das die Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes und damit auch die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Verordnung (EWG) 1612/68) auf die Mitglieder der EFTA (mit Ausnahme der Schweiz) ausgedehnt habe, könne der Beschwerdeführer nichts gewinnen, weil die Schweiz das EWR-Abkommen nicht ratifiziert habe. Die Freizügigkeitsregelungen erstreckten sich erst mit dem Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union über die Freizügigkeit vom 30. April 2002, ABl. Nr. L 114/6, auch auf Schweizer Staatsangehörige. Da dieses Abkommen am 1. Juni 2002 in Kraft getreten sei, seien ab diesem Zeitpunkt Schweizer Staatsangehörige "den Angehörigen der EU-Mitgliedstaaten gleichzustellen - auch bezüglich der Vordienstzeiten". Es könnten nur Vordienstzeiten in der Schweiz ab dem 1. Juni 2002 angerechnet werden, weil davor mangels Abkommens keine Freizügigkeit mit der Schweiz existiert habe.
Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in der Rechtssache C-195/98 (Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gegen Republik Österreich) sei "auf den vorliegenden Sachverhalt nicht vollinhaltlich umlegbar": Während im angeführten Urteil des EuGH die richtige Anwendung von gemeinschaftlichem Primär- bzw. Sekundärrecht in Frage gestanden sei, handle es sich beim zitierten Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits um ein völkerrechtliches Abkommen (Art. 300 EGV), "das diesen Rechtsquellen der Europäischen Union nicht zuordenbar bzw. als zwischen Primär- und Sekundärrecht stehender Rechtsakt zu qualifizieren" sei. Würden subjektive Rechte berührt, so sei durch Interpretation die direkte Anwendbarkeit dieses Abkommens zu prüfen. Der Wortlaut des Anhangs I Art. 9 des genannten Abkommens über die Freizügigkeit decke sich zwar mit dem des Art. 7 der VO 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft. Demnach dürfte ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei sei, auf Grund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung und Kündigung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer. Die zitierte Verordnung 1612/68 sei nach der Bestimmung des Art. 249 Abs. 2 EGV in allen ihren Teilen verbindlich und gelte unmittelbar in jedem Mitgliedstaat, sodass entgegenstehendes nationales Recht, auch in Entsprechung der Judikatur des EuGH, unangewendet zu bleiben habe. Aus dem angeführten Abkommen zwischen der EG und der Schweiz sei allerdings nicht ersichtlich, welche Wirkungen dessen Bestimmungen in der internen Rechtsordnung der Vertragsparteien haben sollten, insbesondere ob damit eine unmittelbar Anwendbarkeit gegeben und die innerstaatliche Norm des § 12 Abs. 2 Z. 1 lit. b GehG nicht anzuwenden sei, sodass ihnen von der (belangten) Berufungsbehörde kein "self-executing-Charakter" beigemessen werden könne.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf gesetzmäßige Festsetzung des Vorrückungsstichtages "gemäß den Bestimmungen des § 12 GehG iVm dem einschlägigen EU-Recht" (insbesondere dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, ABl. Nr. L 114/6 vom 30. April 2002 (im Folgenden kurz: Abkommen)) durch unrichtige Anwendung dieser Rechtsvorschriften verletzt.
Er macht dazu geltend, die Vordienstzeiten betreffenden Regelungen im Abkommen seien ebenso zu interpretieren wie die das gleiche Thema auf gleiche Weise regelnden EU-internen Bestimmungen, im vorliegenden Zusammenhang also Art. 7 der Verordnung 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 (EU-Freizügigkeitsregelung). Das Abkommen sei "von beiden Seiten in Kenntnis der Judikatur des EuGH über die unmittelbare Anwendbarkeit der EU-Freizügigkeitsregelung abgeschlossen" worden. Es sei daher davon auszugehen, dass bei gleicher Formulierung der Regelung auch dieser Judikatur in gleicher Weise Gültigkeit zukomme. Mangels ausdrücklicher zeitlicher Begrenzung sei daher die Vollanrechnung für vergangene Zeiträume nicht ausgeschlossen. Dem entgegenstehende einzelstaatliche Bestimmungen seien wirkungslos.
Dazu komme, dass unbeschadet des völkerrechtlichen Charakters des genannten Abkommens seinen Regelungen "EU-intern der Charakter eines EU-Rechtes zukomm(e)". Davon ausgehend sei "das Prinzip der unmittelbaren Anwendbarkeit besonders wichtig", weil sonst in hohem Maße die Gefahr bestünde, dass die EU als Vertragspartnerin desavouiert werde, indem Einzelstaaten Ausführungsregelungen träfen, die dem von der EU geschlossenen Übereinkommen widersprächen. Dies sei bei der im § 12 Abs. 2f Z. 3 GehG enthaltenen zeitlichen Begrenzung der Fall, sodass diese infolge des vorgehenden EU-Rechts wirkungslos sei.
B) Rechtslage:
I. Europäische Gemeinschaft
I.1. Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"(1) Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist, darf auf Grund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.
(2) ...
(4) Alle Bestimmungen in Tarif- oder Einzelarbeitsverträgen oder sonstigen Kollektivvereinbarungen betreffend Zugang zur Beschäftigung, Entlohnung und alle übrigen Arbeits- und Kündigungsbedingungen sind von Rechts wegen nichtig, soweit sie für Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, diskriminierende Bedingungen vorsehen oder zulassen."
I.2. Art. 48 des EG-Vertrages (nunmehr Art. 39 EG, "Freizügigkeit der Arbeitnehmer") hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"(1) Spätestens bis zum Ende der Übergangszeit wird innerhalb der Gemeinschaft die Freizügigkeit der Arbeitnehmer hergestellt.
(2) Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.
(3) ...."
I.3. Freizügigkeitsabkommen Schweiz
I.3.1. BGBl. III Nr. 133/2002 lautet:
"Der Nationalrat hat beschlossen:
1. Der Abschluss des nachstehenden Staatsvertrages, dessen
Artikel 10 Abs. 2 dritter Satz, Artikel 14 Abs. 1 und 2,
Artikel 16 Abs. 2 und Artikel 18 verfassungsändernd sind, samt Anhängen und Schlussakte, wird genehmigt.
2. Gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG ist dieser Staatsvertrag dadurch kundzumachen, dass das Abkommen samt Anhängen und Schlussakte, das in den elf Amtssprachen der Europäischen Union im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wird, im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zur öffentlichen Einsichtnahme aufliegt.
Abkommen
zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren
Mitgliedstaaten
einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit
Die vom Bundespräsidenten unterzeichnete und vom Bundeskanzler gegengezeichnete Ratifikationsurkunde wurde am 11. Juli 2000 beim Generalsekretär des Rates der Europäischen Union hinterlegt. Laut Mitteilung des Generalsekretärs ist das Abkommen mit 1. Juni 2002 in Kraft getreten."
I.3.2. Das genannte Abkommen, kundgemacht im Amtsblatt der EG
L 114/6 vom 30. April 2002, lautet auszugsweise:
"I. GRUNDBESTIMMUNGEN
Artikel 1
Ziel
Ziel dieses Abkommens zugunsten der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz ist Folgendes:
a) Einräumung eines Rechts auf Einreise, Aufenthalt, Zugang zu einer unselbständigen Erwerbstätigkeit und Niederlassung als Selbständiger sowie des Rechts auf Verbleib im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien;
b) Erleichterung der Erbringung von Dienstleistungen im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien, insbesondere Liberalisierung kurzzeitiger Dienstleistungen;
c) Einräumung eines Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien für Personen, die im Aufnahmestaat keine Erwerbstätigkeit ausüben;
d) Einräumung der gleichen Lebens-, Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen wie für Inländer.
Artikel 2
Nichtdiskriminierung
Die Staatsangehörigen einer Vertragspartei, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei aufhalten, werden bei der Anwendung dieses Abkommens gemäß den Anhängen I, II und III nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert.
...
Artikel 4
Recht auf Aufenthalt und Zugang
zu einer Erwerbstätigkeit
Das Recht auf Aufenthalt und Zugang zu einer Erwerbstätigkeit wird vorbehaltlich des Artikels 10 (Anmerkung: im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung) nach Maßgabe des Anhangs I eingeräumt.
...
Artikel 16
Bezugnahme auf das Gemeinschaftsrecht
1. Zur Erreichung der Ziele dieses Abkommens treffen die Vertragsparteien alle erforderlichen Maßnahmen, damit in ihren Beziehungen gleichwertige Rechte und Pflichten wie in den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, auf die Bezug genommen wird, Anwendung finden.
2. Soweit für die Anwendung dieses Abkommens Begriffe des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden, wird hierfür die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung berücksichtigt. Über die Rechtsprechung nach dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens wird die Schweiz unterrichtet. Um das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Abkommens sicherzustellen, stellt der Gemischte Ausschuss auf Antrag einer Vertragspartei die Auswirkungen dieser Rechtsprechung fest.
...
ANHANG I
FREIZÜGIGKEIT
I. ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
...
Artikel 2
Aufenthalt und Erwerbstätigkeit
1. Unbeschadet der für die Übergangszeit gemäß Artikel 10 dieses Abkommens (Anmerkung: im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung) und Kapitel VII dieses Anhangs geltenden Bestimmungen haben die Staatsangehörigen einer Vertragspartei das Recht, sich nach Maßgabe der Kapitel II bis IV im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei aufzuhalten und dort eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Zum Nachweis dieses Rechts wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder eine Sonderbescheinigung für Grenzgänger ausgestellt.
...
Artikel 8
Berufliche und geographische Mobilität
1. Die Arbeitnehmer haben das Recht auf berufliche und geographische Mobilität im gesamten Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates.
2. Die berufliche Mobilität umfasst den Wechsel des Arbeitgebers, der Arbeitsstelle, des Berufs und den Übergang von einer unselbständigen zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit. Die geographische Mobilität umfasst den Wechsel des Arbeits- und des Aufenthaltsortes.
Artikel 9
Gleichbehandlung
1. Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.
... "
II. Gehaltsgesetz (GehG)
§ 12 Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54 (Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 lit. b idF der Dienstrechts-Novelle 1999, BGBl. I Nr. 127, Abs. 2f eingefügt durch die Dienstrechts-Novelle 2001 - Universitäten, BGBl. Nr. 87, Abs. 2f Z. 3 angefügt durch die 2. Dienstrechts-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 130) lautet auszugsweise:
"Vorrückungsstichtag
§ 12. (1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, dass - unter Ausschluss der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs. 4 bis 8 - dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:
1.
die im Abs. 2 angeführten Zeiten zur Gänze,
2.
...
(2) Gemäß Abs. 1 Z 1 sind voranzusetzen:
1. die Zeit, die
a)
...
b)
im Lehrberuf
aa) an einer inländischen öffentlichen Schule, Universität oder Hochschule oder
bb)
an der Akademie der bildenden Künste oder
cc)
an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Privatschule
zurückgelegt worden ist;
...
(2f) Soweit Abs. 2 die Berücksichtigung von Dienstzeiten oder Zeiten im Lehrberuf von der Zurücklegung bei einer inländischen Gebietskörperschaft, einer inländischen Schule oder sonst genannten inländischen Einrichtung abhängig macht, sind diese Zeiten auch dann zur Gänze für den Vorrückungsstichtag zu berücksichtigen, wenn sie
1.
...
3.
nach dem 1. Juni 2002 bei einer vergleichbaren Einrichtung der Schweiz (Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, BGBl. III Nr. 133/2002) zurückgelegt worden sind."
§ 113a GehG, eingefügt durch die Dienstrechts-Novelle 2004, BGBl. I Nr. 176, das Datum "31. Dezember 2006" im Abs. 3 Z. 3 idF der 2. Dienstrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 165, lautet auszugsweise:
"Vorrückungsstichtag und europäische Integration
§ 113a. (1) Weist ein Beamter des Dienststandes oder des Ruhestandes Vordienstzeiten
...
3. gemäß § 12 Abs. 2f Z 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 130/2003, ...
...
auf, die noch nicht nach einer anderen Bestimmung zur Gänze für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages berücksichtigt worden sind, und die nun auf Grund des jeweils angeführten Bundesgesetzes zur Gänze zu berücksichtigen sind, ist auf seinen Antrag der Vorrückungsstichtag entsprechend zu verbessern.
(2) Antragsberechtigt sind weiters
1.
bei Zutreffen der Voraussetzungen auch ehemalige Beamte und
2.
...
Zuständig ist in beiden Fällen jene Dienstbehörde, die zuletzt für die Beamten zuständig war.
(3) Rechtswirksam sind Anträge
...
3. gemäß Abs. 1 Z 3 oder Z 4, wenn sie vor Ablauf des 31. Dezember 2006
gestellt werden.
(4) Eine Verbesserung des Vorrückungsstichtages wird rückwirkend mit Beginn des Dienstverhältnisses, frühestens jedoch mit nachstehendem Datum wirksam:
...
3. in den Fällen des Abs. 1 Z 3 mit 1. Juni 2002,
...
(5) Führt eine rückwirkende Verbesserung des Vorrückungsstichtages nach den Abs. 1 bis 4 zu einer Verbesserung der besoldungsrechtlichen Stellung, ist diese an Stelle der nach dem bisherigen Recht maßgebenden besoldungsrechtlichen Stellung für allfällige Überleitungsmaßnahmen und Bemessungen von Abfertigungen oder von Pensionsleistungen maßgebend. Bereits durchgeführte derartige Maßnahmen sind von Amts wegen unter Berücksichtigung der geänderten besoldungsrechtlichen Stellung mit Rückwirkung auf den Tag ihrer seinerzeitigen Wirksamkeit entsprechend zu verbessern.
(6) Führen die Maßnahmen nach den Abs. 1 bis 5 zu einer Änderung des Anfallsdatums und/oder der Höhe einer Jubiläumszuwendung, ist sie, wenn die Auszahlung bereits fällig ist, von Amts wegen auszuzahlen. Hat der Beamte aus Anlass des betreffenden 25- oder 40-jährigen Dienstjubiläums bereits eine Jubiläumszuwendung erhalten, ist sie in diesem Fall auf den Auszahlungsbetrag anzurechnen.
..."
C) Erläuterungen zu den Vorlagefragen:
Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer gemäß § 113a Abs. 1 letzter Halbsatz GehG ein Recht auf richtige Festsetzung seines Vorrückungsstichtages hat, zumal besoldungsrechtliche Vorschriften (etwa § 20c Abs. 2 Z. 2 GehG) daran für ihn günstige Rechtsfolgen knüpfen. Damit kommt es nicht darauf an, ob darüber hinaus - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - die rückwirkende Verbesserung des Vorrückungsstichtages auch zu einer Verbesserung des Vorrückungstermines und damit der besoldungsrechtlichen Stellung im Sinn des § 113a Abs. 5 GehG führt.
Die Ausführungen des Generalanwaltes in seinen Schlussanträgen vom 6. Juni 2006 in der vergleichbaren Vorabentscheidungssache C-339/05 (Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols gegen Land Tirol) lassen erkennen, dass die gegenständlichen Auslegungsfragen nicht zweifelsfrei zu beantworten sind. Auch wurden sie noch nicht einer verbindlichen Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zugeführt. Die Fragen werden daher diesem Gerichtshof mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG vorgelegt.
Wien, am 25. Mai 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006120052.X00Im RIS seit
14.08.2007Zuletzt aktualisiert am
04.07.2018