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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §13 Abs7 idF 1998/I/158;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Nowakowski, Dr. Thoma und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des RL in D, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 13. Juni 2006, Zl. 12.890/0083- PERS/3/2006, betreffend Karenzurlaubsgeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlichen-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Amt des Arbeitsmarktservice Steiermark. Der Beschwerdeführer ist Vater eines am 6. August 2001 geborenen Kindes.
Am 9. Mai 2003 beantragte er für die Zeit ab 16. Juli 2003 die Auszahlung von Karenzurlaubsgeld für das erwähnte Kind.
Mit Antragsergänzung vom 3. Juli 2003 führte er aus, er ersuche um Auszahlung des Karenzurlaubsgeldes bis 6. August 2004.
Den Verwaltungsakten ist ein Amtsvermerk zu entnehmen, wonach dem Beschwerdeführer telefonisch mitgeteilt worden sei, eine Antragstellung sei "nur bis zum 5.8.2004 möglich", was dieser zur Kenntnis genommen habe.
Am 3. Juli 2003 richtete das Arbeitsmarktservice Steiermark an den Beschwerdeführer ein Schreiben folgenden Inhalts:
"Sehr geehrter Beschwerdeführer,
auf Ihr Ansuchen vom 9.5.2003 wird für Ihren Sohn T, geb. am 6.8.2001, für die Zeit vom 16.7.2003 bis zum 5.8.2004 das Karenzurlaubsgeld (KUG) gemäß § 12 Karenzurlaubsgeldgesetz (KUGG) in Verbindung mit § 39 Abs. 7 KUGG - Übergangsbestimmungen für Kinder, die in der Zeit zwischen dem 30.6.2000 und dem 1.1.2002 geboren sind - angewiesen.
Die Höhe des Karenzurlaubsgeldes beträgt gemäß § 41 der oben angeführten Übergangsbestimmungen zum KUGG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes (KBGG) täglich EUR 14,53.
Freundliche Grüße
Für den Landesgeschäftsführer:"
In einer Eingabe des Beschwerdeführers vom 28. November 2003
heißt es:
"Ich möchte hiermit meinen Antrag auf Karenzurlaubsgeld vom 9.5.03 mit Wirksamkeitsbeginn 16.7.03 zurückziehen."
In einer weiteren Eingabe des Beschwerdeführers vom 1. Dezember 2003 heißt es:
"Hiermit stelle ich einen Antrag mit der Bitte um Zuerkennung des Karenzurlaubsgeldes für meinen Sohn T, geb. 6.8.01 für die Zeit vom 17.7.2003 bis 5.8.2004"
Beide Eingaben langten bei der erstinstanzlichen Dienstbehörde am 2. Dezember 2003 ein.
Daraufhin erließ das Amt des Arbeitsmarktservice Steiermark am 19. April 2004 einen Bescheid, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers vom 28. November 2003 "auf Rückziehung seines Antrages auf Karenzurlaubsgeld mit Wirksamkeitsbeginn vom 16. Juli 2003" sowie sein Antrag vom 1. Dezember 2003 auf "neuerliche Zuerkennung" des Karenzurlaubsgeldes ab 17. Juli 2003 gemäß § 39 Abs. 1 Z. 3 des Karenzurlaubsgeldgesetzes 1974, BGBl. Nr. 395 (im Folgenden: KUG), "in der geltenden Fassung", in Verbindung mit § 8, § 2 Abs. 7 und § 5 Abs. 6 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2001 (im Folgenden: KBGG), abgewiesen wurde.
Begründend führte die erstinstanzliche Dienstbehörde nach Schilderung des Verfahrensganges aus, gemäß § 39 Abs. 1 Z. 3 KUG, welcher die Übergangsbestimmungen für Kinder, die in der Zeit zwischen 30. Juni 2000 und 1. Jänner 2002 geboren seien, festlege, gehe der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld verloren, wenn ab 1. Jänner 2002 ein Einkommen erzielt werde, welches den Grenzbetrag gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 KBGG übersteige. Für die Einkommensermittlung sei § 8 KBGG maßgebend. Diese Bestimmung sei gemäß § 39 Abs. 2 KUG auch auf Väter anzuwenden. Zwar sehe § 8 Abs. 2 KBGG die Möglichkeit eines Verzichtes vor. Wie sich jedoch aus dem dort enthaltenen Verweis auf § 2 Abs. 7 KBGG und aus dem in der letztgenannten Norm enthaltenen Verweis auf § 5 Abs. 6 leg. cit. ergebe, müssten Zeitpunkt und Dauer eines Verzichtes im Vorhinein zu Beginn eines Kalendermonates bekannt gegeben werden.
Die Anträge des Beschwerdeführers seien als Versuch zu werten, nachträglich einen vorübergehenden Verzicht auf das KUG für einen Tag, nämlich den 16. Juli 2003, auszusprechen, um für den Beschwerdeführer nachteilige Rechtsfolgen, welche aus den geltenden Zuverdienstgrenzen resultierten, hintanzuhalten. Diesem Verzicht stünden aber die vorzitierten Bestimmungen entgegen. An diesem Ergebnis vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass es sich bei der Erledigung vom 3. Juli 2003 nicht um einen "förmlichen Bescheid" gehandelt habe. Entscheidend sei nämlich, dass ein Verzicht im Vorhinein zu Beginn eines Kalendermonates hätte bekannt gegeben werden müssen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in welcher er im Wesentlichen behauptete, dass sich der in § 39 Abs. 1 Z. 3 KUG enthaltene Verweis nur auf § 8 KBGG, nicht jedoch auf dessen § 2 Abs. 7 bzw. § 5 Abs. 6 beziehe. Darüber hinaus sei die vorgenommene Antragsrückziehung bzw. -änderung nach § 13 AVG zulässig gewesen.
Er beantragte, seinem "Antrag auf Zurückziehung seines Antrages auf Karenzurlaubsgeld mit Wirksamkeit vom 16.7.2003" und seinem Antrag auf neuerliche Zuerkennung des Karenzurlaubsgeldes ab 17. Juli 2003 stattzugeben.
Mit Bescheid des Amtes des Arbeitsmarktservice Österreich vom 29. Dezember 2005 wurden sowohl der Antrag des Beschwerdeführers vom 1. Dezember 2003 auf Zuerkennung von Karenzurlaubsgeld als auch der eben erstgenannte Berufungsantrag abgewiesen.
"Was die materiell rechtliche Seite der Verwaltungssache betreffe", teilte die Berufungsbehörde die Rechtsauffassung der erstinstanzlichen Behörde. Der vom Beschwerdeführer intendierte Verzicht für den 16. Juli 2003 sei unzulässig und unwirksam. Seinem "erneuten Antrag" sei nicht stattzugeben gewesen.
Einen Antrag auf Zurückziehung seines Antrages auf Karenzurlaubsgeld habe der Beschwerdeführer nie gestellt. Seinem diesbezüglichen Berufungsantrag habe daher nicht stattgegeben werden dürfen.
Unzutreffend sei auch die vom Beschwerdeführer auf § 13 Abs. 7 AVG gestützte Argumentation. Nach der genannten Gesetzesbestimmung könne die Partei ein Anbringen in jeder Lage des Verwaltungsverfahrens zurückziehen. Mit der Erledigung des Amtes des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 3. Juli 2003 sei aber das Verwaltungsverfahren über den Antrag des Beschwerdeführers vom 9. Mai 2003 beendet gewesen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er rügte, dass die im erstinstanzlichen Bescheid vorgenommene Zurückweisung eines gar nicht gestellten Antrages insoweit zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides hätte führen müssen. Unzutreffend sei auch die im Berufungsbescheid vertretene Auffassung, wonach das Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers vom 9. Mai 2003 durch die Erledigung vom 3. Juli 2003 beendet worden sei, zumal die Genehmigung von seinem (auch den 6. August 2004 umfassenden) Antrag abgewichen sei. Im Übrigen wiederholte der Beschwerdeführer sein bisher erstattetes Berufungsvorbringen.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. Juni 2006 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Berufungsbescheid vom 29. Dezember 2005 keine Folge gegeben und ausgesprochen, dass sein Antrag vom 1. Dezember 2003 abgewiesen werde.
Begründend führte die belangte Behörde aus, es sei gleichgültig, ob ein fehlerhafter Spruchpunkt eines erstinstanzlichen Bescheides ersatzlos behoben oder über den Weg der Neuformulierung des Spruches des zweitinstanzlichen Bescheides aus der Rechtswirklichkeit entfernt werde.
Sodann wird im angefochtenen Bescheid ausführlich dargelegt, weshalb die belangte Behörde auf Grund des Amtsvermerkes vom 3. Juli 2003 davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer an diesem Tag seine Antragstellung für den 6. August 2004 zurückgezogen habe, weshalb die folgende Erledigung des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 3. Juli 2003 dem Antrag voll entsprochen und damit das Verwaltungsverfahren beendet habe.
Im Übrigen teilte die belangte Behörde die Rechtsauffassung der Unterinstanzen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 KUG (in der Fassung dieses Absatzes nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2002) hat eine Dienstnehmerin gegenüber ihrem Dienstgeber auf Antrag unter näher genannten Voraussetzungen Anspruch auf Geldleistungen aus Anlass der Mutterschaft ("Karenzurlaubsgeld").
§ 2 Abs. 3 erster Satz KUG, im Wesentlichen nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 820/1995, lautet (seit 1. Jänner 2002):
"(3) Der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld geht verloren, wenn die Mutter auf Grund einer Beschäftigung ein Entgelt bezieht, das monatlich 69,3% des Karenzurlaubsgeldes übersteigt. ..."
Gemäß § 7 Abs. 1 KUG, im Wesentlichen nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 522/1995, ist u.a. § 2 leg. cit. unter näher umschriebenen Voraussetzungen auch auf Väter anzuwenden.
Gemäß § 34 KUG ist u.a. auf die Auszahlung von Karenzurlaubsgeld § 7 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), anzuwenden. Gemäß § 7 Abs. 1 GehG ist der Monatsbezug am 1. jedes Monats oder, wenn der Monatserste kein Arbeitstag ist, am vorhergehenden Arbeitstag im Vorhinein auszuzahlen.
§ 37 KUG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 522/1995 lautet:
"§ 37. Zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse) sind, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen. Die Bestimmungen über die Rückzahlung des Zuschusses zum Karenzurlaubsgeld in Form einer Abgabe werden hiedurch nicht berührt."
§ 39 Abs. 1 Z. 3 KUG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 103/2001 lautet:
"Übergangsbestimmungen für Kinder, die in der Zeit zwischen dem 30. Juni 2000 und dem 1. Jänner 2002 geboren sind
§ 39. (1) Auf Kinder, die nach dem 30. Juni 2000, jedoch vor dem 1. Jänner 2002 geboren sind, sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:
...
3. § 2 Abs. 3 erster Satz ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld verloren geht, wenn ab 1. Jänner 2002 ein Einkommen erzielt wird, das den Grenzbetrag gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl. I Nr. 103/2001, übersteigt; auf dieses Einkommen ist § 8 KBGG anzuwenden.
...
(2) Abs. 1 ist sinngemäß auf Väter anzuwenden."
In den Materialien zu dieser Gesetzesbestimmung RV 620 BlgNR XXI. GP, 75, heißt es:
"Ab 1. Jänner 2002 ist für einen Zuverdienst während des Bezuges von Karenzurlaubsgeld nicht die Regelung des § 2 Abs. 3, sondern die für das Kinderbetreuungsgeld geltende Zuverdienstgrenze anzuwenden. Auf den Einkommensbegriff ist § 8 KBGG anzuwenden."
§ 2 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 7, § 4 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 6 sowie § 8 Abs. 1 und 2 KBGG (jeweils Stammfassung) lauten (auszugsweise):
"§ 2. (1) Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hat ein
Elternteil ... für sein Kind ..., sofern
...
3. der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) des Elternteiles im Kalenderjahr den Grenzbetrag von 14 600 Euro nicht übersteigt.
...
(7) Auf den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld kann verzichtet werden (§ 5 Abs. 6), wodurch sich der Anspruchszeitraum (§ 8) um den Zeitraum des Verzichts verkürzt. Ein Verzicht ist nur für ganze Kalendermonate möglich.
...
§ 4. (1) Das Kinderbetreuungsgeld gebührt auf Antrag, frühestens ab dem Tag der Geburt des Kindes, ...
(2) Wird der Antrag erst später gestellt, so gebührt das Kinderbetreuungsgeld rückwirkend bis zum Höchstausmaß von sechs Monaten.
...
§ 5. ...
...
(6) Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld endet vorübergehend bzw. vorzeitig mit einem für einen bestimmten Zeitraum ausgesprochenen Verzicht (§ 2 Abs. 7). Zeitpunkt und Dauer müssen im Vorhinein zu Beginn eines Kalendermonats bekannt gegeben werden.
...
§ 8. (1) Der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Z 3) ist wie folgt zu ermitteln:
1. Soweit im Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, solche aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) enthalten sind, ist von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) zugeflossen sind. Sonstige Bezüge im Sinne des § 67 EStG 1988 bleiben außer Ansatz. Der danach ermittelte Betrag ist um 30% zu erhöhen und sodann auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Besteht der Anspruch auf die Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes für mehr als die Hälfte des Kalendermonates, zählt dieser Kalendermonat zur Gänze zum Anspruchszeitraum, andernfalls ist dieser Kalendermonat nicht in den Anspruchszeitraum einzubeziehen. Das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe gelten als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, abweichend vom vorletzten Satz ist der ermittelte Betrag um 15% zu erhöhen.
2. Andere Einkünfte (§§ 21 bis 23 sowie §§ 27 bis 29 EStG 1988) einschließlich jener, die der Steuerabgeltung nach § 97 EStG 1988 unterliegen, sind mit jenem Betrag zu berücksichtigen, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingeht. Einkünfte aus Betätigungen, die Grundlage für Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Sozialversicherung darstellen, sind um die darauf entfallenden vorgeschriebenen Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung zu erhöhen. Wird eine Betätigung vor Beginn des Anspruchszeitraumes (Z 1) beendet oder nach Ablauf des Anspruchszeitraumes begonnen, bleiben die aus einer solchen Betätigung bezogenen Einkünfte außer Ansatz. Wird nachgewiesen, in welchem Ausmaß Einkünfte vor Beginn oder nach Ende des Anspruchszeitraumes angefallen sind, sind nur jene Einkünfte zu berücksichtigen, die während des Anspruchszeitraumes angefallen sind. Im Falle eines derartigen Nachweises sind die während des Anspruchszeitraumes angefallenen Einkünfte auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Z 1 vorletzter Satz ist anzuwenden.
(2) Wird auf den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld verzichtet (§ 2 Abs. 7), so bleiben die während der Dauer des Verzichtes erzielten Einkünfte bei der Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrages der Einkünfte gemäß Abs. 1 außer Ansatz."
In den Materialien zu § 2 Abs. 7 KBGG (RV 622 BlgNR XXI. GP, 59) heißt es:
"Mit Abs. 7 wird die Möglichkeit geschaffen, durch Abgabe einer Verzichtserklärung den Anspruchszeitraum zu verkürzen. Die während der Dauer des Verzichtes erzielten Einkünfte scheiden bei der Ermittlung des für die Zuverdienstgrenze maßgeblichen Gesamtbetrages der Einkünfte aus und wirken sich insoferne unschädlich für ein bezogenes Kinderbetreuungsgeld aus."
Und zu § 5 Abs. 6 (a.a.O., 60):
"Zu Abs. 6: Bei Abgabe eines Verzichtes verkürzt sich der Anspruchszeitraum um die Dauer des Verzichtes, siehe Erläuterungen zu § 2 Abs. 7."
§ 13 Abs. 7 und 8 AVG lauten:
"§ 13. ...
...
(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
(8) Der verfahrenseinleitende Antrag kann in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden."
Das Karenzurlaubsgeld gebührt bei Vorliegen eines darauf gerichteten Antrages kraft Gesetzes, ohne dass es einer rechtsgestaltenden "Zuerkennung" durch Bescheid oder eines Feststellungsbescheides betreffend der Höhe des gebührlichen Karenzurlaubsgeldes bedürfte; letzterer kommt daher nur zur Klärung von strittigen Fragen in Betracht (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere auch die zur Reisegebührenvorschrift ergangenen hg. Beschlüsse vom 2. Dezember 1992, Zl. 92/12/0231, und vom 30. Juni 1993, Zl. 93/12/0051, in welchen zum Ausdruck gebracht wurde, dass der - gleichfalls für die Entstehung der Gebührlichkeit des Anspruches notwendige - Antrag auf Auszahlung der Reisegebühren (die Legung der Reiserechnung) für sich genommen noch keine Verpflichtung der Dienstbehörde zum bescheidförmigen Abspruch begründet).
Vor diesem Hintergrund zielten die Eingaben des Beschwerdeführers vom 28. November bzw. vom 1. Dezember 2003 auch nicht auf die Erlassung eines die "Zuerkennung" von Karenzurlaubsgeld verfügenden Bescheides ab; vielmehr sollten sie offenbar eine nachträgliche Änderung des Anspruchszeitraumes mit der intendierten Rechtsfolge der gänzlichen Nichteinrechnung der im Kalendermonat Juli 2003 erzielten Einkünfte aus dem Grunde des § 8 Abs. 1 Z. 1 vorletzter Satz KBGG in Verbindung mit § 39 Abs. 1 Z. 3 KUG, allenfalls (hilfsweise) einen Verzicht auf Karenzurlaubsgeld im Verständnis des § 39 Abs. 1 Z. 3 KUG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 KBGG für den 16. Juli 2003 bewirken, um solcherart einen befürchteten Verlust des Anspruches auf Karenzurlaubsgeld aus dem Grunde des § 2 Abs. 3 erster Satz KUG und des § 39 Abs. 1 Z. 3 KUG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z. 3 KBGG für das gesamte Kalenderjahr 2003 hintanzuhalten.
Zur Klärung der Frage, ob der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld für das genannte Kalenderjahr aus dem Grunde des § 2 Abs. 1 Z. 3 KBGG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 erster Satz und § 39 Abs. 1 Z. 3 KUG untergegangen ist oder - infolge der vom Beschwerdeführer abgegebenen Erklärungen - nicht (bzw. lediglich nachträglich für den 16. Juli 2003) stand aber, sollten die Leistungen bereits ausgezahlt worden sein, das Rückforderungsverfahren gemäß § 37 KUG zur Verfügung; sollte demgegenüber eine Auszahlung für Teilzeiträume des Jahres 2003 noch nicht erfolgt sein, so wäre im Streitfall eine Feststellung in Betracht gekommen, ob bzw. in welcher Höhe für die genannten Teilzeiträume Ansprüche zustehen (eine Verneinung des Bestehens solcher Ansprüche hätte dann allerdings die Feststellung, dass die Einkommensgrenze im Jahr 2003 überschritten wurde, vorausgesetzt).
Aus diesen Erwägungen belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die belangte Behörde wird nunmehr in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers den zweitinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern haben, dass der erstinstanzliche Bescheid zur Gänze behoben wird.
Die zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens strittige Rechtsfrage wird - je nachdem, ob Karenzurlaubsgeld für das Jahr 2003 bereits zur Auszahlung gelangte oder nicht - in einem der oben aufgezeigten Verwaltungsverfahren zu prüfen sein. Hiezu ist Folgendes auszuführen:
§ 39 Abs. 1 Z. 3 KUG ordnet die Anwendbarkeit des § 8 KBGG auf das gemäß dem gleichfalls verwiesenen § 2 Abs. 1 Z. 3 KBGG maßgebliche Jahreseinkommen an. Entscheidend ist daher auch im Bereich des KUG zunächst das nach § 8 Abs. 1 KBGG zu ermittelnde Jahreseinkommen, es sei denn, es läge ein Verzicht auf den Anspruch auf Karenzurlaubsgeld im Verständnis des § 39 Abs. 1 Z. 3 KUG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 KBGG vor.
Der in § 2 Abs. 1 KUG umschriebene Antrag bildet zunächst eine (materielle) Voraussetzung für das Entstehen der Gebührlichkeit von Karenzurlaubsgeld. Zum anderen zielt er auf ein in der Liquidierung dieses Anspruches mündendes Verwaltungsverfahren ab.
Die prozessuale Zulässigkeit der Zurückziehung bzw. Änderung verfahrenseinleitender Anbringen ist in § 13 Abs. 7 und 8 AVG geregelt. Demnach können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden; verfahrenseinleitende Anträge können in jeder Lage des Verfahrens geändert werden, soferne durch die Antragsänderung die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Behörde nicht berührt werden. Antragsrückziehungen bzw. -änderungen setzen demnach die Anhängigkeit eines Verwaltungsverfahrens über den Antrag voraus. Handelt es sich - wie hier - um einen Antrag, über welchen nicht bescheidförmig abzusprechen ist, wird das Verfahren jedenfalls durch die Setzung jener behördlichen Handlung abgeschlossen, auf welche der Antrag abzielte; dies war vorliegendenfalls die Auszahlung des Karenzurlaubsgeldes an den Beschwerdeführer. Hiedurch wäre sein Antrag positiv erledigt worden; eine Zurückziehung desselben käme daher begrifflich nicht mehr in Betracht (vgl. hiezu auch die zur Zulässigkeit von Antragsrückziehungen vor der Novellierung des § 13 AVG durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 158/1998 ergangenen hg. Erkenntnisse vom 4. Juni 1991, VwSlg. Nr. 13.452/A, und vom 28. September 1993, Zl. 93/11/0152).
Da es sich beim Anspruch auf Karenzurlaubsgeld um einen zeitraumbezogenen und insofern auch teilbaren Anspruch handelt, ist hier für die Frage der Zulässigkeit einer Antragsrückziehung bzw. Antragsänderung maßgebend, ob der auf den betroffenen Teilzeitraum bezügliche Antrag durch tatsächliche Liquidierung positiv erledigt wurde. Wäre also bereits eine Auszahlung des Karenzurlaubsgeldes für Juli 2003 (einschließlich des 16. Juli 2003; vgl. in diesem Zusammenhang auch die in § 34 KUG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 GehG geregelten Auszahlungsmodalitäten des Karenzurlaubsgeldes) erfolgt, so wäre für den genannten Teilzeitraum auch prozessual weder eine Antragszurückziehung noch eine Antragsänderung (welche sich allenfalls auf die Höhe des in diesem Zeitraum begehrten Karenzurlaubsgeldes beziehen könnte) zulässig. Eine wirksame Änderung des in § 8 Abs. 1 Z. 1 KBGG umschriebenen Bezugszeitraumes wäre dann keinesfalls eingetreten.
In diesem - nach dem Beschwerdevorbringen nahe liegenden, von der belangten Behörde aber nicht ausdrücklich festgestellten - Fall könnte es dahingestellt bleiben, ob eine prozessual zulässige Antragsänderung auch die materiellen Rechtswirkungen des ursprünglichen Antrages, nämlich das Entstehen des Anspruches auf die Auszahlung des Karenzurlaubsgeldes für mehr als die Hälfte des Kalendermonates Juli, mit der Wirkung nachträglich beseitigen könnte, dass die im Juli 2003 erzielten Einkünfte (aus dem Grunde des § 8 Abs. 1 Z. 1 vorletzter Satz KBGG) nicht als während eines Kalendermonates mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (hier: Karenzurlaubsgeldes) zugeflossen anzusehen wären.
Ebenso wenig könnte in den Anträgen des Beschwerdeführers vom 28. November und vom 1. Dezember 2003 ein wirksamer Verzicht im Verständnis des § 39 Abs. 1 Z. 3 KUG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 KBGG erblickt werden. Der Verweis des KUG auf § 8 KBGG erfasst nämlich auch den in Abs. 2 leg. cit. enthaltenen Weiterverweis auf § 2 Abs. 7 KBGG, welcher illustriert, was unter "Verzicht auf den Anspruch" zu verstehen ist. Die zuletzt genannte Gesetzesbestimmung regelt nun aber, dass ein Verzicht nur für ganze Kalendermonate möglich ist und verweist ihrerseits auf die in § 5 Abs. 6 KBGG enthaltenen weiteren Regeln dafür. Der letzte Satz des § 5 Abs. 6 KBGG ordnet wiederum an, dass Zeitpunkt und Dauer des Verzichts im Vorhinein zu Beginn eines Kalendermonates bekannt gegeben werden müssen. Der Zusammenhang mit dem vorangegangenen Satz spricht für ein Verständnis des Begriffes "müssen", wonach nur die vorherige Bekanntgabe zu Beginn eines Kalendermonates das vorübergehende bzw. vorzeitige Enden des Anspruches auf Kinderbetreuungsgeld zu bewirken vermag, also eine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Verzicht darstellt. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass sich der im KUG enthaltene Verweis auf § 8 KBGG infolge des darin enthaltenen Weiterverweises auf § 2 Abs. 7 KBGG und des in der letztgenannten Norm enthaltenen Weiterverweises auf § 5 Abs. 6 leg. cit. auf das gesamte Regelungssystem der drei genannten Normen bezieht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 25. Mai 2007
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006120127.X00Im RIS seit
12.07.2007Zuletzt aktualisiert am
31.03.2011