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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Nowakowski, Dr. Thoma und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des W P in G, vertreten durch Dr. Gerald Kreuzberger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 10/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. Juli 2004, Zl. 102.138/7- I/1/04, betreffend Feststellung betreffend Befolgung einer Weisung (Abzug vom Außendienst), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf die Weisung vom 13. März 2003 bezieht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.131,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Leiter des Referates im Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Mit Dienstanweisung vom 13. März 2003 wurde der Beschwerdeführer "aus gegebenem Anlass mit sofortiger Wirkung bis auf Widerruf vom Außendienst abgezogen". Hintergrund dieser Dienstanweisung war, dass die Dienstbehörde es aufgrund des angesprochenen Anlasses für erforderlich erachtete, zu überprüfen, ob beim Beschwerdeführer chronischer Alkoholmissbrauch vorliege.
Am 26. März 2003 erging an den Beschwerdeführer die Weisung, sich einer ärztlichen Untersuchung beim Polizeiärztlichen Dienst der Bundespolizeidirektion Graz zu unterziehen.
Mit Eingabe vom 4. April 2003 erhob der Beschwerdeführer für den Fall, dass der Dienstanweisung vom 13. März 2003 Bescheidcharakter zukomme, gegen dieselbe Berufung. Für den Fall, dass der Dienstanweisung kein Bescheidcharakter zukomme, stellte er den Antrag, einen Feststellungsbescheid darüber zu erlassen, "dass
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die Dienstanweisung vom 13.3.2003 zu Unrecht erlassen wurde;
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die Dienstanweisung vom 13.3.2003 mit Wirkung 13.3.2003 ersatzlos aufgehoben wird;
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der Widerruf gegen die Dienstanweisung vom 13.3.2003 mit Wirkung 13.3.2003 und somit ersatzloser Aufhebung der Dienstanweisung vom 13.3.2003 zu gelten hat;
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keinerlei Grund dafür vorliegt, den Antragsteller 'vom Außendienst abzuziehen'."
Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen aus, ein Grund für die getroffene Maßnahme sei nicht angegeben, sondern lediglich ein "gegebener Anlass" unterstellt worden, der keinesfalls vorliege. Die besoldungsrechtliche Umsetzung der bekämpften Dienstanweisung greife "extrem" in die Gehaltszahlungen des Beschwerdeführers ein, es träten erhebliche Bezugseinbußen ein. Ferner sei insbesondere gemäß § 40 BDG iVm § 38 BDG davon auszugehen, dass die bekämpfte Dienstanweisung einer Verwendungsänderung bzw. Versetzung gleichkomme, weil u.a. die Vorgabe gemäß Arbeitsplatzbeschreibung des Beschwerdeführers zu Arbeitsplatz Nr. 52 hinsichtlich außendienstlicher Tätigkeiten zwangsweise nicht mehr erfüllt werden könne.
Am 11. April 2003 hob der Sicherheitsdirektor für das Land Steiermark "aufgrund des zu erwartenden Berichtes als Ergebnis der Untersuchung durch den Polizeiärztlichen Dienst" die Anweisung vom 13. März 2003 betreffend die Aufhebung der Außendienstverpflichtung des Beschwerdeführers mit sofortiger Wirkung auf.
Unter Bezugnahme auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Feststellungsbescheides vom 4. April 2003 stellte der Sicherheitsdirektor mit Bescheid vom 16. April 2003 fest, "dass Beamte gemäß § 44 Abs. 1 BDG Weisungen des Vorgesetzten zu befolgen haben". Es wurde ausgeführt, im Strafverfahren III/S- 42364/98 der BPD Graz sei darüber zu entscheiden gewesen, ob der Beschwerdeführer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Dienstfahrzeug gelenkt und einen Verkehrsunfall mit Fahrerflucht verursacht habe. Dieses Verfahren sei letztlich nach umfangreichen Einvernahmen formal zur Einstellung gebracht worden, weil sich der Vorfall auf Privatgrund ereignet hätte. Die näheren Umstände seien jedoch geeignet gewesen, eine gewisse Neigung des Beschwerdeführers zum übermäßigen Konsum alkoholischer Getränke "in den Raum zu stellen", was die Bezirkshauptmannschaft W schließlich dazu veranlasst habe, ein Führerscheinentzugsverfahren anzustreben und dabei ein ärztliches Attest über die körperliche und geistige Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einzufordern. Ein Führerscheinentzug sei nicht erfolgt.
Zu Beginn des Jahres 2003 habe sich herausgestellt, dass der Beschwerdeführer während einer Außendienstverpflichtung übermäßig alkoholische Getränke konsumiert habe, weshalb er nach Eingeständnis im Sinne des § 109 Abs. 2 BDG mündlich ermahnt und ihm im Wiederholungsfalle disziplinäre Maßnahmen in Aussicht gestellt worden seien.
Am 14. Februar 2003 seien vom Beschwerdeführer anlässlich einer Außendienstverrichtung abermals alkoholische Getränke konsumiert und vom polizeiärztlichen Dienst nachweislich Fahruntüchtigkeit festgestellt worden. Dieser Vorfall sei gegenwärtig Gegenstand eines Disziplinarverfahrens.
Wenn bei einem zur Lenkung von Dienstkraftwagen betrauten Bediensteten die geforderten Voraussetzungen - vor allem mangels körperlicher oder geistiger Eigenschaften oder aus disziplinären Gründen - nicht mehr vorlägen, sei er laut Punkt 7 der Richtlinie für die Benutzung von Kraftfahrzeugen des Bundes unverzüglich seiner Funktion zu entheben.
Die laut Arbeitsplatzbeschreibung des Beschwerdeführers erforderlichen Außendiensterhebungen seien in der Regel untrennbar mit der Berechtigung zum Lenken eines Dienstfahrzeuges verbunden. Aus den oben angeführten Gründen sei es auf Grundlage § 45 Abs. 1 BDG notwendig gewesen, den Beschwerdeführer mit Dienstanweisung von der Außendienstverpflichtung vorübergehend bis zu der nach § 52 Abs. 1 BDG angeordneten Feststellung seiner körperlichen und geistigen Eignung durch den polizeiärztlichen Dienst zu entheben. Weisungen seien gemäß § 44 Abs. 1 BDG zu befolgen. Die Frage über das Vorliegen einer qualifizierten Verwendungsänderung hätte sich erst bei tatsächlicher Feststellung einer mangelnden körperlichen und geistigen Eignung ergeben, was nicht der Fall gewesen sei. Die Dienstanweisung sei mittlerweile widerrufen worden.
In der dagegen erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer, den Erstbescheid im Sinne der bereits am 4. April 2003 gestellten Anträge abzuändern.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und fasste den Spruch des angefochtenen Bescheides dahin neu, es werde gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 festgestellt, dass der Beschwerdeführer der als Dienstanweisung vom 13.3.2003 bezeichneten Weisung sowie der Aufforderung vom 26.3.2003, sich gemäß § 52 Abs. 1 BDG 1979 einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, Folge zu leisten habe.
Die vorliegende Beschwerde wendet sich - wie der Beschwerdepunkt und die Begründung zeigen - gegen diesen Bescheid, soweit damit über die Weisung vom 13. März 2003 betreffend die "Abziehung des Beschwerdeführers vom Außendienst" abgesprochen wurde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer u. a. vor, es sei kein Grund vorgelegen, ihn vom Außendienst abzuziehen, vielmehr sei lediglich ein "gegebener Anlass" unterstellt worden. Die Dienstanweisung sei für den Beschwerdeführer mit einer Einkommenseinbuße (Außendienstsperre EUR 90,--) verbunden gewesen. Er habe bis zum Erhalt der Dienstanweisung gemäß der Beschreibung seines Arbeitsplatzes Nr. 52 Außendiensttätigkeiten verrichtet, die auch besoldungsmäßig abgegolten worden seien. Er vertrete die Rechtsansicht, dass die bekämpfte Weisung einer Verwendungsänderung bzw. Versetzung im Sinne des § 40 BDG iVm § 38 BDG gleichkomme. Er sei mittlerweile im gegen ihn eingeleiteten Disziplinarverfahren freigesprochen worden.
§ 40 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, idF des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550 lautet:
"Verwendungsänderung
§ 40. (1) Wird der Beamte von seiner bisherigen unbefristeten oder befristeten Verwendung abberufen, so ist ihm gleichzeitig, wenn dies jedoch aus Rücksichten des Dienstes nicht möglich ist, spätestens zwei Monate nach der Abberufung eine neue Verwendung in seiner Dienststelle zuzuweisen. § 112 wird hiedurch nicht berührt.
(2) Die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung ist einer Versetzung gleichzuhalten, wenn
1. die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder
2. durch die neue Verwendung eine Verschlechterung für die Beförderung des Beamten in eine höhere Dienstklasse oder Dienststufe zu erwarten ist oder
3. dem Beamten keine neue Verwendung zugewiesen wird.
(3) Die neue Verwendung ist der bisherigen Verwendung gleichwertig, wenn sie innerhalb derselben Verwendungsgruppe derselben Funktions- oder Dienstzulagengruppe zugeordnet ist.
(4) Abs. 2 gilt nicht
1. für die Zuweisung einer drei Monate nicht übersteigenden vorübergehenden Verwendung, wenn dem Beamten daran anschließend eine der bisherigen Verwendung zumindest gleichwertige Verwendung zugewiesen wird,
2. für die Beendigung der vorläufigen Ausübung einer höheren Verwendung zur Vertretung eines an der Dienstausübung verhinderten oder zur provisorischen Führung der Funktion an Stelle des aus dieser Funktion ausgeschiedenen Beamten und
3. für das Enden des Zeitraums einer befristeten Ernennung des Beamten, ohne dass dieser weiterbestellt wird."
§ 41a BDG 1979 (Abs. 1 in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550 und Abs. 6 in der Fassung BGBl. I Nr. 61/1997), - soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt - lautet:
"(1) Beim Bundeskanzleramt ist eine Berufungskommission einzurichten, die aus dem Vorsitzenden, den erforderlichen Stellvertretern und weiteren Mitgliedern besteht.
...
(6) (Verfassungsbestimmung) Die Berufungskommission entscheidet über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Bescheide in Angelegenheiten der §§ 38, 40, 41 Abs. 2, 123 Abs. 2 und 124 Abs. 2."
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde - soweit für den Beschwerdefall wesentlich - festgestellt, dass der Beschwerdeführer der als Dienstanweisung vom 13.3.2003 bezeichneten Weisung gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 Folge zu leisten habe. Mittels der genannten Dienstanweisung wurde der Beschwerdeführer mit sofortiger Wirkung bis auf Widerruf vom Außendienst abgezogen.
Eine Verwendungsänderung nach § 40 Abs. 1 BDG 1979 liegt dann vor, wenn der Beamte von seiner bisherigen unbefristeten oder befristeten Verwendung abberufen wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur dann der Fall, wenn ein gänzlicher Entzug aller bisher damit verbundenen Aufgaben erfolgt; eine Verwendungsänderung liegt schon dann vor, wenn die Aufgaben des bisherigen Arbeitsplatzes in einer nicht bloß unwesentlichen Weise umgestaltet und damit verändert werden (vgl. zB. den hg. Beschluss vom 10. September 2004, Zl. 2004/12/0036 oder vom 15. Oktober 2003, Zl. 2003/12/0134).
Dies trifft hier nach den Behauptungen des Beschwerdeführers zu, da bis zum Erhalt der Dienstanweisung die Absolvierung von Außendienst wesentlicher Bestandteil seines Arbeitsplatzes war. Gegenteiliges hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Auch in der Gegenschrift wird dem nichts entgegengesetzt. Dafür dass der Anteil der Außendienstleistung völlig untergeordnet wäre liegt kein Anhaltspunkt vor.
Nach dem Wortlaut der Dienstanweisung ("mit sofortiger Wirkung bis auf Widerruf") lag auch keine nur vorübergehende Verwendungsänderung vor. Für die Anordnung einer Verwendungsänderung kommt - wie sich aus § 40 BDG 1979 ergibt - je nach den Gegebenheiten des Falles entweder das rechtstechnische Mittel des Bescheides (bei der sogenannten qualifizierten Verwendungsänderung nach § 40 Abs. 2 BDG 1979) oder jenes der Weisung (bei der schlichten, das heißt allen anderen Verwendungsänderungen - z.B. bei vorübergehenden drei Monate nicht übersteigenden Verwendungsänderungen (Z. 1 leg. cit.)) in Betracht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. November 2002, Zl. 2000/12/0139).
Es liegt daher hier eine Angelegenheit des § 40 BDG 1979 vor. Nach der Verfassungsbestimmung des § 41a Abs. 6 BDG 1979 entscheidet die Berufungskommission über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Bescheide unter anderem in Angelegenheiten des § 40 BDG 1979.
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes legt den Begriff der "Angelegenheiten der §§ 38, 40 ..." in § 41a Abs. 6 BDG 1979 weit aus. Hiezu zählt nicht nur die bescheidförmige Verfügung einer Versetzung oder Verwendungsänderung durch die Dienstbehörde, sondern etwa auch deren Entscheidung über den Antrag eines Beamten, festzustellen, ob eine qualifizierte oder schlichte Verwendungsänderung vorliegt (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 31. März 2006, Zl. 2005/12/0096). Mit dem angefochtenen Bescheid wurde in Wahrheit über die Rechtmäßigkeit einer Verwendungsänderung und damit über eine Angelegenheit des § 40 BDG 1979 abgesprochen.
Die belangte Behörde wäre daher nicht zur Entscheidung über die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung zuständig gewesen. Sie hätte die Berufung gemäß § 6 AVG an die zuständige Berufungsbehörde weiterzuleiten gehabt (vgl. den hg. Beschluss vom 15. Oktober 2003, Zl. 2003/12/0134).
Da die belangte Behörde dies verkannte und die Berufung des Beschwerdeführers abwies, belastete sie ihre Entscheidung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 19. November 2002, Zl. 2000/12/0139).
Der angefochtene Bescheid war daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet im Rahmen des geltend gemachten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. Mai 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004120135.X00Im RIS seit
03.07.2007