TE Vwgh Erkenntnis 2007/5/25 2004/12/0050

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Veröffentlicht am 25.05.2007
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Index

L24005 Gemeindebedienstete Salzburg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
B-VG Art137;
B-VG Art139 Abs4;
B-VG Art139 Abs6;
B-VG Art140 Abs4;
B-VG Art140 Abs7;
GdBG Slbg 1968 §16 Abs8 idF 1994/043;
PensionssicherungsbeitragsV Slbg 1996;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/12/0157

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Nowakowski, Dr. Thoma und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerden des H St, jeweils vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in 5400 Hallein, Davisstraße 7, gegen die Bescheide der Salzburger Landesregierung vom 22. Dezember 2003, Zl. 21103-24723/16-2003, und vom 12. August 2004, Zl. 21103-10091/44-2004, jeweils betreffend Feststellung der Entrichtung und Rückerstattung von Pensionssicherungsbeiträgen (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Hallein, vertreten durch den Bürgermeister, 5400 Hallein, Schöndorferplatz 14), zu Recht erkannt:

Spruch

1. Der angefochtene Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 22. Dezember 2003, Zl. 21103-24723/16-2003, wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren (Umsatzsteuer) wird abgewiesen.

2. Der angefochtene Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 12. August 2004, Zl. 21103-10091/44-2004, wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren (Umsatzsteuer) wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht seit 1. Dezember 1991 als Stadtamtsdirektor in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zur mitbeteiligten Partei. Neben seinem Ruhebezug hat der Beschwerdeführer auch Anspruch auf eine ASVG-Pension, die aufgrund seiner Zustimmungserklärung von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten an die mitbeteiligte Partei überwiesen wird. Die ASVG-Pension und den gemäß § 16 Abs. 2 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968 (idF vor LGBl. 2001/23) verminderten Ruhebezug bezog der Beschwerdeführer von der mitbeteiligten Partei. Ab 1. Jänner 1996 behielt die mitbeteiligte Partei einen Pensionssicherungsbeitrag in der Höhe von 1,5 % seiner Bezüge ein. In dem an die Stadtgemeinde Hallein gerichteten Schreiben vom 10. Februar 1997 vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, der Abzug des Pensionssicherungsbeitrages sei für jenen Teil des Ruhebezuges, der durch die gesetzliche Sozialversicherung gedeckt sei, nach § 13a des Pensionsgesetzes 1965 zu Unrecht erfolgt. Er beantragte daher die Rückzahlung des von seinem Ruhebezug abgezogenen Pensionssicherungsbeitrages und die Einstellung zukünftiger Abzüge.

Mit Bescheid vom 11. Juli 1997 stellte die Stadtgemeindevorstehung von Hallein fest, der Beschwerdeführer habe als Ruhestandsbeamter der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 13b bzw. 13a des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 idF der Novellen BGBl. Nr. 334/1993 (Pensionsreform-Gesetz 1993), BGBl. Nr. 16/1994 und BGBl. Nr. 201/1996 (Strukturanpassungsgesetz 1996) in Verbindung mit den §§ 9 Abs. 1, 16 Abs. 8 und der Z. 7 der Anlage zum Salzburger Gemeindebeamtengesetz 1968, LGBl. Nr. 27 idF der Novellen LGBl. Nr. 43/1994, LGBl. Nr. 69/1994 und LGBl. Nr. 18/1997, den (Pensionssicherungs-)Beitrag vom gesamten Ruhebezug zu leisten. Dem Antrag des Beschwerdeführers wurde nicht stattgegeben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung und brachte im Wesentlichen vor, der Pensionssicherungsbeitrag dürfe nur vom "pensionsgesetzlichen Ruhebezug" berechnet werden und nicht auch von der ASVG-Pension. Die Differenz zwischen der anrechenbaren ASVG-Pension und dem ohne diese Anrechnung gebührenden Ruhebezug sei als "nicht zahlbare Geldleistung" gemäß § 13b Abs. 3 PG 1965 anzusehen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 2003/12/0154 angefochtenen Bescheid vom 23. Oktober 1997 wies die Salzburger Landesregierung die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet ab, wobei sie die Ansicht vertrat, der Beschwerdeführer habe einen Rechtsanspruch auf den Ruhebezug in Höhe von S 58.295,-- brutto monatlich gegenüber der mitbeteiligten Partei. Dieser Anspruch bestehe unabhängig vom Bestand und von der Höhe einer ASVG-Pension. Der gesamte aufgrund des Pensionsgesetzes 1956 zustehende Ruhebezug sei der Bemessung des Pensionssicherungsbeitrages zugrunde zu legen.

Über Antrag des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art. 140 Abs. 1 bzw. Art. 139 Abs. 1 B-VG sprach der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. Juni 2003, Zlen. G 231/02, V 59/02 = Slg 16.904, aus, § 16 Abs. 8 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968, LGBl. Nr. 27, idF des Landesgesetzes LGBl. 1994/43, sei verfassungswidrig gewesen und nicht mehr anzuwenden und verpflichtete den Landeshauptmann von Salzburg zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt (Spruchpunkt 1.); des weiteren wurde ausgesprochen, die Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 22. März 1996 über die Festsetzung des Pensionssicherungsbeitrages (Pensionssicherungsbeitrags-Verordnung 1996), LGBl. Nr. 39, sei gesetzwidrig gewesen und nicht mehr anzuwenden. Die Salzburger Landesregierung sei zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Salzburg verpflichtet (Spruchpunkt 2.).

Mit Erkenntnis vom 19. September 2003, Zl. 2003/12/0154, hob der Verwaltungsgerichtshof den genannten Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 23. Oktober 1997 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 16 Abs. 8 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968, LGBl. Nr. 27, idF des Landesgesetzes LGBl. 1994/43, bzw. der Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 22. März 1996 über die Festsetzung des Pensionssicherungsbeitrages, LGBl. Nr. 39, durch den Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Juni 2003, seien die genannte Gesetzesbestimmung und die auf deren Grundlage erlassene Verordnung nicht mehr anzuwenden. Damit entbehre der mit Vorstellung bekämpfte Bescheid der gesetzlichen Grundlage, sodass der Beschwerdeführer durch die Abweisung der Vorstellung in seinen Rechten verletzt worden sei.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2003 ersuchte der Beschwerdeführer die Stadtgemeinde Hallein unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 2003 und jenes des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 2003 um Rückerstattung des (gesamten) von seiner Pension seit 1. Jänner 1996 einbehaltenen Pensionssicherungsbeitrages.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 22. Dezember 2003 gab die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers vom 24. Juli 1997 gegen den Bescheid der Stadtgemeindevorstehung Hallein vom 11. Juli 1997 "teilweise statt, hob diesen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeindevorstehung Hallein". Weiters wurde im Spruch ausgeführt, in der neuerlichen Entscheidung sei die Rückerstattung jener Pensionssicherungsbeiträge auszusprechen, die der Vorstellungswerber im Zeitraum zwischen dem 1. Jänner 1996 und dem 31. März 2001 für die auf den Ruhebezug anzurechnende ASVG-Pension entrichtet habe. In der Begründung wurde im Wesentlichen der Standpunkt vertreten, die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmungen seien lediglich auf den Anlassfall nicht anzuwenden. Anlassfall sei das gesamte Verwaltungsverfahren in der jeweiligen Rechtssache. Der konkreten Rechtssache des vorliegenden Verfahrens liege ausschließlich der Antrag auf Rückzahlung von Pensionssicherungsbeiträgen für die auf den Ruhebezug anzurechnende ASVG-Pension zugrunde. Ausschließlich dieser Antrag sei Gegenstand des Anlassverfahrens und könne folglich durch die vom Verfassungsgerichtshof vorgenommene Aufhebung von Normen "begünstigt" werden. Der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag vom 10. Februar 1997 die Rückzahlung der Pensionssicherungsbeiträge seit 1. Jänner 1996 begehrt, da erstmals mit diesem Zeitpunkt derartige Beiträge seitens der Stadtgemeinde Hallein einbehalten worden seien. Der vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig festgestellte § 16 Abs. 8 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968 sei durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 23/2001 mit Ablauf des 31. März 2001 aufgehoben worden. Seitdem bestehe für die Einbehaltung des Pensionssicherungsbeitrages vom gesamten Ruhebezug eines Gemeindebeamten eine neue gesetzliche Grundlage (§ 72 Z. 7 Salzburger Gemeindebeamtengesetz 1968). Da die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Bestimmung sohin nur bis zum 31. März 2001 in Geltung gewesen sei, habe auch der Rückerstattungsanspruch des Vorstellungswerbers mit diesem Zeitpunkt geendet; insoweit sei dem Vorstellungsbegehren nur teilweise stattzugeben gewesen. Verzugszinsen seien im konkreten Anlassfall nicht geltend gemacht worden. Ein Anspruch darauf hätte aber für den Zeitraum bis zur bescheidmäßigen Feststellung des Vergütungsanspruches durch die Stadtgemeindevorstehung auch nicht bestanden, da sich der Beschwerdeführer auf keine materiellrechtliche Vorschrift des Dienstrechts berufen könne, die ihm einen derartigen Rechtsanspruch einräume. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes stünden bei der Refundierung von Zahlungen, die aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Titels zu leisten gewesen seien, Verzugszinsen nicht schon ab dem Zeitpunkt der Vereinnahmung des Betrages zu, da ursprünglich ja aufgrund eines rechtskräftigen Bescheides ein Rechtstitel für die Einhebung und Einbehaltung des Betrages bestanden habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 24. Februar 2004, B 175/04, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.

In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten unter Zl. 2004/12/0050 protokollierten Beschwerde machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Mit Bescheid vom 27. Februar 2004 sprach die Stadtgemeindevorstehung von Hallein im fortgesetzten Verfahren aus, dem Beschwerdeführer würden in teilweiser Stattgebung seines Antrages vom 11. Juli 1997 die Pensionssicherungsbeiträge, die er im Zeitraum zwischen dem 1. Jänner 1996 und dem 31. März 2001 für die auf den Ruhebezug anzurechnende ASVG-Pension entrichtet habe, im Ausmaß von EUR 1.875,15 (ATS 25.802,63) rückerstattet (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde seinem Antrag vom 12. (richtig: 8.) Oktober 2003 auf Rückerstattung der gesamten für den Zeitraum vom 1. Jänner 1996 bis 31. März 2001 geleisteten Pensionssicherungsbeiträgen nicht stattgegeben (Spruchpunkt 2.). Begründet wurde Spruchpunkt 1. mit der von der Salzburger Landesregierung im erstangefochtenen Bescheid vom 22. Dezember 2003 vertretenen Rechtsansicht. Bei der Berechnung des zurückzuerstattenden Betrages wurde aus der Summe der ASVG-Pensionen im angesprochenen Zeitraum vom 1. Jänner 1996 bis 31. März 2001 von ATS 1,825.997,60 = EUR 132.700,42 aufgrund eines durchschnittlichen Beitragssatzes von 1,4130701 % der zurückzuerstattende Betrag von ATS 25.802,63 = EUR 1.875,15 ermittelt. Zu Spruchpunkt 2. wurde ausgeführt, der Antrag des Beschwerdeführers vom 12. (richtig: 8.) Oktober 2003 auf Rückerstattung der gesamten Pensionssicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 1. Jänner 1996 bis 31. März 2001 sei kein Anlassfall für die Aufhebung der gesetzlichen Bestimmung des § 16 Abs. 8 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968, LGBl. Nr. 27 idF des Landesgesetzes LGBl. Nr. 43/1994 bzw. der Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 22. März 1996 über die Festsetzung des Pensionssicherungsbeitrages, LGBl. Nr. 39, sodass der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Rückerstattung der gesamten (für den Zeitraum zwischen dem 1. Jänner 1996 und dem 31. März 2001 geleisteten) Pensionssicherungsbeiträge für sich ableiten könne. Seinem Antrag vom 12. (richtig: 8.) Oktober 2003 könne daher nicht stattgegeben werden.

Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wurde beantragt, diesen "abzuändern bzw. aufzuheben und der Gemeinde aufzutragen, den Bescheid dahin abzuändern, dass für den Zeitraum vom 1. Jänner 1996 bis 31. März 2001 die gesamten einbehaltenen Pensionssicherungsbeiträge zur Gänze und ab 1. April 2001 die auf die ASVG-Pension entfallenden Pensionssicherungsbeiträge zurückzuerstatten seien (jeweils zuzüglich gesetzlicher Zinsen) und weiters dass künftig die auf die ASVG-Pension entfallenden Pensionssicherungsbeiträge nicht mehr eingehoben würden.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 12. August 2004 gab die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers nicht statt. Sie führte aus, soweit in der Vorstellung vorgebracht werde, die Anträge des Beschwerdeführers seien nicht vollständig erledigt worden, könne aus dem Umstand, dass lediglich betreffend den Zeitraum zwischen dem 1. Jänner 1996 und dem 31. März 2001 eine Rückerstattung zuerkannt worden sei, nur geschlossen werden, dass dem Antrag auf Rückerstattung betreffend den Zeitraum ab 1. April 2001 nicht stattgegeben werde.

Da die vom Verfassungsgerichtshof für verfassungs- bzw. gesetzwidrig erkannten Vorschriften des § 16 Abs. 8 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968 und die Pensionssicherungsbeitrags-Verordnung 1996 bereits Anfang 2001 außer Kraft getreten seien, erhebe sich die Frage, welche Bedeutung dem Ausspruch zukomme, dass diese Vorschriften "nicht mehr anzuwenden" seien. Dies bedeute jedenfalls, dass sich ein Dienstgeber bei noch offenen Pensionssicherungsbeitragsforderungen auf diese Bestimmungen nicht mehr stützen könne. Nachforderungen auf der Basis der für verfassungs- bzw. gesetzwidrig erkannten Vorschriften seien sohin mangels Rechtsgrundlage nicht mehr möglich. Dem Ausspruch, dass die fraglichen Bestimmungen "nicht mehr anzuwenden" seien, könne aber in diesem Zusammenhang nicht der Sinn beigemessen werden, dass hiedurch auch neue Rückforderungsanträge hätten begünstigt werden sollen. Aus der Begründung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 2003 sei ableitbar, dass durch die getroffene Feststellung im Spruch, wonach die als verfassungs- bzw. gesetzwidrig erkannten Bestimmungen "nicht mehr anzuwenden" seien, lediglich "anhängige" Fälle hätten begünstigt werden sollen. Spruch und Begründung eines Bescheides bildeten nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Einheit. Bestünden Zweifel über den Inhalt des Spruches, so sei zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung von Bescheiden könne nicht anderen Kriterien folgen als die Interpretation eines Verfassungsgerichtshoferkenntnisses. Eine generelle Rückwirkung sei bei feststellenden Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes nicht anzunehmen. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Bestimmung des § 27 Abs. 9 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968 bzw. des vor dem 1. April 2001 für die Gemeindebeamten via Verweisung (siehe § 9 Abs. 5 leg. cit. in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 7/2000) geltenden § 23 Abs. 11 des Gehaltsgesetzes 1956 hinzuweisen, wo bestimmt sei, dass der Beamte rechtmäßig entrichtete Pensionsbeiträge nicht zurückfordern könne. Dass die mit den Pensionsbeiträgen in einem inneren Zusammenhang stehenden Pensionssicherungsbeiträge zum Zeitpunkt ihres Einbehaltes durch den Dienstgeber rechtmäßig entrichtet worden seien, dürfte nicht in Zweifel zu ziehen sein. Gehe man indes davon aus, dass die Entrichtung der Pensionssicherungsbeiträge zu Unrecht erfolgt sei, sei auf die Verjährungsbestimmung des § 43 Abs. 2 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968 hinzuweisen, wo es heiße, das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen (Übergenüsse) verjähre nach drei Jahren ab ihrer Entrichtung. In diesem Zusammenhang sei auch auf die nämliche Bestimmung des § 40 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 zu verweisen, die für die Gemeindebeamten vor dem 1. April 2001 gemäß § 9 Abs. 1 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968 in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 7/2000 via Verweisung gegolten habe. Der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers folgend, wären alle Gemeindebeamten im Ruhestand sowie deren Hinterbliebene berechtigt, die von ihnen zwischen dem 1. Jänner 1996 und dem 31. März 2001 entrichteten Pensionssicherungsbeiträge zurück zu verlangen. Diese Rechtswirkung sei dem Ausspruch des Verfassungsgerichthofes, wonach die fraglichen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden seien, gewiss nicht zuzusinnen. Einem aufhebenden bzw. die Verfassungswidrigkeit feststellenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes komme angesichts des demokratischen Grundprinzips und der daraus erfließenden Beschränkung des Gerichtshofes als negativer Gesetzgeber grundsätzlich keine Rückwirkung bzw. eine solche nur im ausdrücklich vom Gerichtshof selbst angeordneten Ausmaß zu. Dem Spruch des Erkenntnisses vom 24. Juni 2003 könne nicht ein normativer Gehalt zugesonnen werden, der die Rückzahlung von solchen Pensionssicherungsbeiträge geböte, die im bisherigen Verfahren nicht antragsgegenständlich gewesen seien. Die Begründung im angefochtenen Bescheid sei insofern unzutreffend, als der Verfassungsgerichtshof "Anderes" im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG tatsächlich ausgesprochen habe. Im Ergebnis führe aber auch dieser Ausspruch dazu, dass lediglich der Anlassfall bzw. im Sinne des Verfassungsgerichthoferkenntnisses vom 24. Juni 2003 "anhängige" Fälle zu begünstigen seien. Da der Begründung eines Bescheides jedoch im Allgemeinen keine normative Kraft zukomme, belaste eine unrichtige rechtliche Begründung einen Bescheid, dessen Spruch rechtmäßig sei, nicht mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der im angefochtenen Bescheid enthaltene Begründungsmangel könne in diesem Sinne daher nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde führen. Folglich sei dem neuen Antrag des Beschwerdeführers vom 8. Oktober 2003 auf Rückerstattung aller seit 1. Jänner 1996 einbehaltenen Pensionssicherungsbeiträge seitens der Stadtgemeindevorstehung von Hallein zutreffender Weise nicht stattzugeben gewesen.

Eine mittlerweile vom Personalamt der Stadtgemeinde Hallein durchgeführte komponentenweise Berechnung und Summierung habe einen Unterschiedsbetrag von EUR 3,43 ergeben. Diese minimale Differenz belege, dass die dem Bescheid vom 27. Februar 2004 zugrunde gelegte Durchschnittsberechnung durchaus sachgerecht und treffsicher erfolgt sei. Im Sinne einer verwaltungsökonomischen Vorgangsweise sei sie jedenfalls gerechtfertigt gewesen. Der geringe Berechnungsfehler könnte seitens der Stadtgemeindevorstellung von Hallein gemäß § 62 Abs. 4 AVG korrigiert werden, was aber nicht im Interesse des Vorstellungswerbers läge.

Die Einhebung der Pensionssicherungsbeiträge von der Gesamtpension des Vorstellungswerbers erfolge seit 1. April 2001 gesetzeskonform auf der Grundlage des § 72 Z. 7 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968. Die vom Vorstellungswerber in Zweifel gezogene Verfassungskonformität dieser Bestimmung könne von der Vorstellungsbehörde keiner Prüfung unterzogen werden. Nach der - beispielsweise wiedergegebenen - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stünden auf Grund der Bestimmungen des Dienstrechtes Verzugszinsen nicht zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die weitere unter Zl. 2004/12/0157 protokollierte Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die vorliegenden Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Zu Punkt 1. des Spruches:

Nach der ständigen, mit VfSlg. 3259/1957 eingeleiteten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes werden besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung -

verwirklicht. Die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der zur Verwirklichung vorangegangener Phasen dient und selbst nicht durch Bescheid zu erledigen ist (sodass für die Entscheidung über ein solches Liquidierungsbegehren, da hierüber auch nicht die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben, die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art. 137 B-VG gegeben ist - vgl. dazu z.B. VfSlg. 13221/1992).

Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, sondern um die Rechtsfrage seiner Gebührlichkeit, ist darüber im Streitfall mit Bescheid der zuständigen (Dienst-)Behörde zu entscheiden (vgl. die mit VfSlg. 7172/1973 und 7173/1973 beginnende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sowie z.B. VfSlg. 12024/1989 u.a.). Die Dienstbehörde ist zur Erlassung eines Bescheides über die Gebührlichkeit eines Bezugs(-Bestandteiles) dann nicht verpflichtet, wenn und solange der Beamte nach erfolgter Auszahlung ihr gegenüber die Gesetzmäßigkeit der Liquidierung (unter Angabe der strittigen Punkte) nicht in Frage stellt und damit ein rechtliches Interesse geltend macht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. April 2005, Zl. 2003/12/0039 mwN).

Nichts anderes kann - abgesehen von ausdrücklichen, anderslautenden, gesetzlichen Regelungen - für erfolgte Abzüge von Bezügen des Beamten gelten. Die Dienstbehörde ist daher zur Erlassung eines Bescheides über die Rechtmäßigkeit eines erfolgten Abzuges dann verpflichtet, wenn der Beamte nach erfolgtem Abzug ihr gegenüber dessen Gesetzmäßigkeit in Frage stellt und damit ein rechtliches Interesse geltend macht. In diesem Sinn wurde bereits ausgesprochen, der Beamte habe einen Anspruch auf Erlassung eines Feststellungsbescheides zur Klärung der strittigen Frage der Gebührlichkeit von Bezügen bzw. des Entfalles der Bezüge (oder Bezugsteile) für einen bestimmten Zeitabschnitt. Insoweit liegt keine Konkurrenz zu Art. 137 B-VG vor, weil es nicht bloß um die Liquidierung geht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 1996, Zl. 96/12/0233).

Dem Rechnung tragend hat die Stadtgemeindevorstehung von Hallein mit Bescheid vom 11. Juli 1997 festgestellt, der Beschwerdeführer habe als Ruhestandsbeamter der mitbeteiligten Partei den Pensionssicherungsbeitrag vom gesamten Ruhebezug zu leisten. Es wurde daher zutreffend davon ausgegangen, dass Gegenstand des Verwaltungsverfahrens die Feststellung der Höhe des vom Beschwerdeführer zu bezahlenden Pensionssicherungsbeitrages ist - richtigerweise wäre eine zahlenmäßige Anführung im Spruch des Bescheides vorzunehmen gewesen.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 22. Dezember 2003 hat die belangte Behörde diesen Bescheid der Gemeindevorstehung von Hallein vom 11. Juli 1997 "in teilweiser Stattgebung aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeindevorstehung Hallein zurückverwiesen". Im Spruch wurde weiters ausgeführt, in der neuerlichen Entscheidung sei die Rückerstattung jener Pensionssicherungsbeiträge auszusprechen, die der Vorstellungswerber im Zeitraum zwischen dem 1. Jänner 1996 und dem 31. März 2001 für die auf den Ruhebezug anzurechnende ASVG-Pension entrichtet habe.

Auf Grund des Ausspruches des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 24. Juni 2003, dass § 16 Abs. 8 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968, LGBl. Nr. 27, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. 1994/43, und die Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 22. März 1996 über die Festsetzung des Pensionssicherungsbeitrages (Pensionssicherungsbeitrag-Verordnung 1996), LGBl. Nr. 39, verfassungs- bzw. gesetzwidrig und jeweils nicht mehr anzuwenden sind, können diese Bestimmungen keine Grundlage für die Verweigerung der Rückerstattung des einbehaltenen Pensionssicherungsbeitrages für den Zeitraum 1. Jänner 1996 bis 31. März 2001 bilden - dies unabhängig davon, ob man dies daraus ableitet, dass hier ein Anlassfall vorliegt, oder dass die angeordnete erweiterte Nichtanwendung dies gebietet.

Der erstangefochtene Bescheid ist daher betreffend den Zeitraum von 1.1.1996 bis 31.3.2001 schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Betreffend den Zeitraum ab 1. April 2001 ist er rechtswidrig, weil dieser Zeitraum nicht Gegenstand im Verfahren vor der Stadtgemeindevorstehung von Hallein war. Wegen der Untrennbarkeit von Spruch und Gründen war er zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Zu Punkt 2. des Spruchs:

Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG trat durch die Aufhebung des erstangefochtenen Bescheides vom 22. Dezember 2003 die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor der Erlassung dieses Bescheides befunden hatte. Aufgrund der ex tunc-Wirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes ist daher der Überprüfung des zweitangefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof zugrunde zu legen, dass der erstangefochtene Bescheid vom 22. Dezember 2003 gar nicht ergangen ist. Damit erweist sich aber der zweitangefochtene Bescheid als rechtswidrig, weil mit ihm während der Dauer eines bereits anhängigen Vorstellungsverfahrens von der Stadtgemeindevorstehung Hallein und in der Folge über die Vorstellung von der belangten Behörde in derselben Angelegenheit neuerlich entschieden wurde (vgl. zum Verbot einer neuerlichen Entscheidung der Erstbehörde während eines anhängigen Berufungsverfahrens z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. November 2005, Zl. 2005/12/0195).

Schon aus diesem Grund ist der zweitangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde wird daher beide mit Vorstellung bekämpften Bescheide aufzuheben haben, um den Weg für eine gesetzmäßige Entscheidung der Stadtgemeindevorstehung von Hallein freizumachen.

Da die Stadtgemeindevorstehung von Hallein - entgegen den Ausführungen im zweitangefochtenen Bescheid - bislang über die ab 1. April 2001 zu entrichtenden Pensionssicherungsbeiträge und eine allfällige Rückerstattung an den Beschwerdeführer bislang nicht entschieden hat, wird sie dies im fortgesetzten Verfahren (an Hand der neuen Rechtslage: § 72 SbG GBG 1968 idF LGBl. 2001/23) nachzuholen haben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. Mai 2007

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004120050.X00

Im RIS seit

06.07.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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