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63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;Norm
BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Nowakowski, Dr. Thoma und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde der Dr. MM in L, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 2. Februar 2006, Zl. BMJ-3000419/0003-III 2/2005, betreffend Ruhestandsversetzung gemäß § 14 BDG 1979, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die im April 1949 geborene Beschwerdeführerin steht seit ihrer mit dem angefochtenen Bescheid erfolgten Ruhestandsversetzung in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Davor war sie ab Beginn ihres Dienstverhältnisses (1987) als Psychologin, zuletzt nach Versetzung mit Bescheid vom 1. Juli 2003 (mit Wirksamkeit vom 2. Juli 2003) in der Justizanstalt X., verwendet worden, der sie bereits zuvor ab 1. April 2003 dienstzugeteilt war.
Nach Auseinandersetzungen und Spannungsverhältnissen an der jeweiligen Dienststelle, Schwierigkeiten bei der Erbringung der von der Beschwerdeführerin geforderten Dienstleistungen, Krankenständen und zum Teil unentschuldigtem Fernbleiben vom Dienst sowie damit im Zusammenhang geführten Disziplinarverfahren veranlasste der Präsident des zuständigen Oberlandesgerichtes (kurz: OLG) die fachärztliche Untersuchung ihrer Diensttauglichkeit.
Nach Einsicht in verschiedene die Vorgeschichte dokumentierende Unterlagen und Untersuchung der Beschwerdeführerin am 14. März 2003 gelangte der Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Prof. Dr. K. zum Ergebnis, dass sich die Patientin als zeitlich, örtlich und situativ voll orientiert, im Ductus kohärent und das Denkziel erreichend erweise. Wahnhafte oder Sinnestäuschungen seien nicht explorierbar, die Stimmungslage wirke freundlich, im Affekt gut korrespondierend; es seien keine psychotischen Radikale fassbar.
Zusammenfassend komme er zum Gutachten, dass sich weder in der Voranamnese noch bei der heutigen Exploration Hinweise für eine Geisteskrankheit oder einen Defektzustand nach einer solchen (unerkannt abgelaufenen) Erkrankung ergeben hätten. Es seien keine psychiatrisch zu bewertenden Krankheitssymptome zu ersehen, aus denen abzuleiten wäre, dass die Beschwerdeführerin nicht schuldhaft ihre Dienstpflichten verletzt hätte und demnach nicht (disziplinär) zur Verantwortung gezogen werden könnte.
In der Folge lehnte die Beschwerdeführerin die Mitwirkung an einem zur Beurteilung der Diensttauglichkeit (Verwendungsgruppe A) veranlassten Büro- und Arbeitstest ab (zum Termin am 25. März 2003 sei sie nicht erschienen, bei einem mit 5. Mai 2003 vereinbarten weiteren Termin habe sie "die Testbatterie" verweigert).
Der Sachverständige Prof. Dr. K. kam daraufhin am 19. Mai 2003 (zusammenfassend) zum ergänzenden Gutachten, dass dieses Verhalten einer "dissozialen Persönlichkeitsstörung F 60.2." entspreche. Dies sei gekennzeichnet durch die deutliche und andauernde Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen, das Unvermögen zur Beibehaltung längerfristiger Beziehungen "aber keine Schwierigkeiten, Beziehungen einzugehen (dies gemeint auf die Einordbarkeit in eine Arbeitsgemeinschaft)". Es bestehe geringe Frustrationstoleranz, Unfähigkeit zum Erleben von Schuldbewusstsein oder zum "Erlernen aus Erfahrung". Insbesondere aus dem Verhalten der Beschwerdeführerin ableitbar sei die Neigung, andere zu beschuldigen oder vordergründige Rationalisierungen für das eigene Verhalten anzubieten, durch welches sie in einen Konflikt mit der Gesellschaft geraten sei. Diese "dissoziale Persönlichkeitsstörung" entspreche jedoch nicht einer psychiatrischen Erkrankung. Falls der Arbeitgeber Dienstpflichtverletzungen sehe, könnten diese aus psychiatrischer Sicht "mangels psychiatrischer Erkrankung" nicht so interpretiert werden, dass die "zu Untersuchende" infolge ihres "subjektiven Rechtsempfindens" dispositions- oder diskretionsunfähig gewesen wäre.
Mit Schreiben an das OLG vom 5. August 2003 regte der Leiter der Justizanstalt X. die Überprüfung der Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin an. Während diese in den ersten drei Monaten ihrer (der Versetzung vorangegangenen) Zuteilung an die Justizanstalt X. ein angemessenes Verhalten gezeigt und den vom Anstaltsleiter erteilten Arbeitsauftrag, Vollzugspläne für sechs Strafgefangene zu erstellen und mit den Insassen zu besprechen, erfüllt habe, sei der von Dr. F. (= Bereichsleiter) erteilte Arbeitsauftrag, Tests mit Freigängern zu erstellen und einen entsprechenden Abschlussbericht zu verfassen, unerledigt geblieben. Stattdessen habe sie ein Merkblatt hinsichtlich Personaldefizite und -missstände erstellt. Obgleich ihr vom Anstaltsleiter erklärt worden sei, dass solche Aufgaben nicht zu ihrem Dienstauftrag gehörten, habe sie "mit solchen Fragen und Merkblättern" die Belegschaft verunsichert. Ferner habe sie Gespräche mit Insassen geführt, ohne dafür beauftragt zu sein. In Abstimmung mit dem Bereichsleiter sei ihr Tätigkeitsbereich daher "auf die ho. Begutachtungsstation eingeschränkt" worden, um nicht Unruhe unter den Insassen zu erzeugen.
"Ihr Agieren gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Insassen berechtigen erhebliche Zweifel an ihrer Dienstfähigkeit, sodass bis auf weiteres in Absprache mit dem psychiatrischen Leiter aus Gründen der Sicherheit und Ordnung ihr Gespräche mit Insassen zu untersagen sind." Ihr Fachvorgesetzter Dr. F. habe massive Bedenken hinsichtlich ihrer weiteren Verwendung im psychologischen Dienst gemeldet.
Am 1. September 2003 berichtete der Leiter der Justizanstalt X. dem OLG ergänzend (u.a.), die Beschwerdeführerin habe weder die ihr gegenüber bis Ende Juli beauftragten Testuntersuchungen bei Freigängern durchgeführt, noch bislang eine einzige forensische Anamnese erstellt. Für die Monate Juli und August sei daher keine nachvollziehbare Arbeitsleistung, die mit den erteilten Arbeitsaufträgen in Verbindung stehe, zu vermerken.
Als sie der Anstaltsleiter am 26. August 2003 aufgefordert habe, bis 28. August Ergebnisse ihrer Arbeit vorzulegen, habe sie erklärt, die Unterlagen bei sich zu Hause in L. (Anmerkung: in einem an den Dienstort nicht angrenzenden Bundesland) aufzubewahren, weil ihre Verwahrung ho. nicht sicher sei. Sie könne daher erst in der ersten Septemberwoche die Unterlagen beibringen.
Auch in weiteren Schreiben vom 31. März 2004 und vom 23. September 2004 zeigten der Leiter der Justizanstalt X. bzw. Dr. F. verschiedene Leistungsdefizite der Beschwerdeführerin auf. Sie habe eine "unrealistische Einschätzung der Gefährlichkeit ihres Arbeitsplatzes" und hätte wiederholt eigene Ängste und Unsicherheiten auf andere Mitarbeiter projiziert, die "in der Folge" in ihrer Arbeit behindert würden. Gegenüber der Leiterin des psychologischen Dienstes habe die Beschwerdeführerin im Oktober 2003 das Mitarbeitergespräch verweigert und vermeint, dass ihre Arbeitssituation rechtlich ungeklärt sei; sie habe sich völlig unkooperativ und uneinsichtig gezeigt. Trotz Aufforderung, eine Meldebestätigung (über eine ihr aufgetragene Wohnungnahme nahe X.) beizubringen, sei ihre Wohnsituation nach wie vor unklar; ihrer Aussage nach lebe sie fallweise in Klöstern in der Umgebung oder pendle nach L. zu ihrer Mutter.
Am 21. Oktober 2004 veranlasste der Präsident des OLG im Hinblick auf die psychischen Auffälligkeiten der Beschwerdeführerin deren "fachärztliche Untersuchung betreffend ihrer Dienstfähigkeit".
Der Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Primar Dr. B. erstattete daraufhin nach Einsicht in den Personalakt und Verwertung der oben genannten ihm übermittelten Unterlagen der Vorgesetzten der Beschwerdeführerin in der Justizanstalt X. sowie der Untersuchung der Beschwerdeführerin am 16. November 2004, bei der u.a. ihre Arbeitsleistung und die Wohnsitzfrage erörtert wurden und die Beschwerdeführerin darauf hinwies, dass sie an einer Lactoseintoleranz leide, die "erst jetzt" erkannt worden sei, wobei eine laktosefreie Ernährung zu "wesentlich mehr Energie" geführt habe, folgenden Befund im Gutachten vom 22. November 2004:
"Befund
Psychiatrischer Zustandsbefund zum Zeitpunkt der Untersuchung:
In der äußeren Erscheinung äußerst gepflegt, die Art der Kontaktaufnahme etwas spröde, eckig, jedoch durchaus freundlich, zugewandt, fallweise etwas zurückhaltend, vor allem im Bereich der Thematik zwischenmenschlicher Beziehungen, gibt auch wenig Informationen über den religiösen Hintergrund, der eine größere Rolle spielen dürfte.
Bewusstsein und Orientierung unauffällig, Aufmerksamkeit, Auffassung und Konzentration unbeeinträchtigt. Merkfähigkeit und Gedächtnis - soweit klinisch beurteilbar - unbeeinträchtigt. Überdurchschnittliche Grundintelligenz, keine Hinweise auf Abbauzeichen.
Der Duktus geordnet, das Denken weitschweifig, in Details verhaftet. Von der sprachlichen Äußerung präzise, betont sachlich, distanzierend. Deutliche Hinweise auf Wahnphänomene im Sinne von überwertigen Ideen und Realitätsverlust, Verlust der Kritikfähigkeit und Verlust der Fähigkeit, von den eigenen Vorstellungen zu abstrahieren und diese in Relation zu den Vorstellungen Anderer bzw. den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen und Verhältnissen in der Arbeitswelt zu setzen.
Zahlreiche Äußerungen, aber auch Andeutungen und nonverbale Kommunikationsformen deuten auf ein ausgeprägtes, systematisiertes Wahnsystem in enger Verwobenheit mit beruflichen Problemen und den komplexen Fragen des Strafvollzuges im Allgemeinen bzw. Maßnahmenvollzuges im Besonderen.
Keine Hinweise auf Sinnestäuschungen, möglicher Weise bestehen diskrete Ich-Störungen im Sinne einer Depersonalisation, jedenfalls sind Ich-Grenzen und Selbstidentität in hohem Ausmaß verletzlich und bedroht.
Die Stimmung wirkt euthym, fallweise fast euphorisch, dürfte jedoch im Hintergrund hochgradig ängstlich getönt sein und wird die Angst mit großer Wahrscheinlichkeit durch betonte Sachlichkeit und Rationalität abgewehrt.
Die Befindlichkeit gut. Die Affektlage starr, die Affizierbarkeit im oberen Skalenbereich gegeben, im unteren fehlend. Der Antrieb unauffällig. Gestik, Mimik und Psychomotorik weitgehend unauffällig, manchmal rasche Augenbewegungen. Auffallend die Theatralik bei der Demonstration der örtlichen Gegebenheiten. Hier wird auch eine gewisse situative Inadäquatheit des Verhaltens deutlich, die auf heftige emotionale Erregung hinweist, welche jedoch direkt weder gezeigt noch kommuniziert wird.
Die Intentionalität erhalten, Kritikfähigkeit deutlich eingeschränkt. Kein Problembewusstsein. Von der Persönlichkeit her starr, überkontrolliert, eckig, fragil, brüchig, sehr von der eigenen Meinung eingenommen, wenig flexibel. Keine Ängste oder Zwänge im engeren Sinn, jedoch spezifische Befürchtungen, bezogen auf die Gefährlichkeit ihres Arbeitsplatzes. Keine Somatisierungen. Keine Hinweise auf Biorhythmusstörungen. Keine aktuelle Suizidalität.
Gutachten
Die Fragen des Gerichts können somit wie folgt beantwortet
werden:
Zur Diagnose:
Bei der Beschwerdeführerin besteht eine anhaltend wahnhafte Störung (ICD-10: F22.0), die sich offenbar im Laufe mehrerer Jahre in enger Verwobenheit mit (besonders für sehr engagierte Mitarbeiter) emotional durchaus belastenden allgemeinen und speziellen Fragen des Strafvollzuges im Allgemeinen und des Maßnahmenvollzuges im Besonderen entwickelt hat.
Allgemeinen Kriterien einer wahnhaften Störung sind in erster Linie in der (pathologischen) subjektiven Gewissheit und der Unkorrigierbarkeit der eigenen Urteile durch sonst übliche Beweise oder Fakten zu sehen. Das dritte Jasper'sche Wahnkriterium der Unmöglichkeit des Inhaltes ist zwar oft erfüllt, stellt aber nicht das entscheidende Kennzeichen dar. Unter subjektiver Gewissheit wird dabei eine krankhaft übersteigerte Sicherheit verstanden, mit der eigene Beurteilungen subjektiv erlebt werden, und die die Betroffenen in intensivster - und eben unkorrigierbarer Weise durchdringt.
Diese subjektive Gewissheit und Unkorrigierbarkeit der eigenen Urteile und Überzeugungen wird bei der Beschwerdeführerin sowohl in der eigenen Exploration, als auch durch die beschriebenen Verhaltensweisen im Berufsalltag unzweifelhaft deutlich. Die hohe Intelligenz der Beschwerdeführerin und die enge Verwobenheit ihrer wahnhaften Beurteilungen mit den tatsächlich sehr komplexen, schwierigen, vielschichtigen und manchmal unlösbaren Problemen ihres Berufsalltages bewirken, dass der wahnhafte Charakter ihrer Überzeugungen und Ansichten aufs Erste nicht unbedingt leicht erkennbar ist.
Wahnhafte Elemente in der Exploration zeigen sich im anhaltenden Verkennen ihrer tatsächlichen Arbeitsaufträge und dem starren Beharren darauf, als Betriebspsychologin gefragt zu sein. Auch die unkorrigierbare subjektive Überzeugung, sie könne alle Bereiche der Psychologie im Strafvollzug abdecken und sei am Höhepunkt ihrer Schaffenskraft vor dem Hintergrund der tatsächlich höchst mangelhaften Arbeitsleistung belegen wahnhafte Größenideen und den Verlust des Realitätsbezuges. Weiters belegen die nicht hinterfragbare Überzeugung, die Probleme des Strafvollzuges durch eine von ihr entwickelte Arbeitsplatzevaluation lösen zu können bzw. die Justizverwaltung sei an ihren Konzepten zur Betriebspsychologie interessiert, obwohl sie seit Jahren keine Antwort auf ihre Eingaben erhalten habe, die wahnhafte Erlebnisverzerrung.
In hohem Maße bizarr und unlogisch muten auch die Tatsache bzw. die dafür gegebenen Erklärungen an, dass die Beschwerdeführerin offenbar seit langer Zeit keinen festen Wohnsitz hat. Auch hier wird der verloren gegangene Realitätsbezug deutlich und kann diese Lebensweise nicht mehr als bloß unüblich bezeichnet werden. Vielmehr belegt das von der Beschwerdeführerin bekundete Unvermögen, ihre sonderbare Lebensweise überhaupt als auffällig und erklärungsbedürftig zu erkennen bzw. die sehr unbefriedigende Erklärung, sie warte mit der Gründung eines ordentlichen Wohnsitzes auf die Entscheidung des Ministeriums über ihre Vorstellungen, als Betriebspsychologin zu arbeiten, die wahnhafte Realitätsverkennung.
Die pseudologische, diffuse Erklärung, dass ihre Probleme am Arbeitsplatz durch Mentalitätsunterschiede zwischen Wienern und am Land Aufgewachsenen entstünden, sowie die gleichzeitige Leugnung, überhaupt gravierende Probleme am Arbeitsplatz zu haben, weisen ebenfalls eindeutig auf die wahnbedingte Realitätsverkennung hin.
Hinweise auf andere gravierende psychische Störungen, insbesondere auf eine schizophrene, schizoaffektive, affektive oder organisch bedingte Störung sind klinisch nicht feststellbar gewesen.
Zu den Auswirkungen auf die Dienstfähigkeit:
Die oben beschriebene anhaltend wahnhafte Störung bildet aus psychiatrischer Sicht die Verstehensgrundlage für die Verhaltensauffälligkeiten von der Beschwerdeführerin und ihre reduzierte Leistungsfähigkeit. Da die Wahnthematik aufs Engste mit den in ihrem Berufsalltag auftretenden Fragen verwoben ist, bezieht sich der Realitätsverlust auf ihr gesamtes Berufsleben und ist sie daher nicht in der Lage, realitätsbezogene Arbeit zu leisten. Ihre Persönlichkeit ist durch die schwere Ausprägung der anhalten(den) wahnhaften Störung auf das Schwerste erschüttert und bei Konfrontation und Infragestellen ihrer wahnhaften Urteile von schwerer Desintegration bedroht. Sie ist daher auch nicht in der Lage zu erkennen, ob sie durch ihr Handeln eine Dienstverfehlung verwirklicht oder nicht.
Die auffällige Tendenz, sich in abstrakte Analysen zu verlieren, die in der aktuellen Arbeitssituation gar nicht gefragt sind, stellt mit großer Wahrscheinlichkeit eine (unbewusst ablaufenden) Schutzreaktion dar, mit der es der Beschwerdeführerin gelingen dürfte, ihre psychische Integrität um den Preis des Realitätsverlustes gerade noch aufrecht zu erhalten.
Eine durchschnittliche Arbeitsleistung kann ihr daher auf Grund ihrer schweren psychischen Störung nicht abverlangt werden und wird sich dieser Zustand der Dienstunfähigkeit auf Grund der Natur der Störung, ihrer Ausprägung und der langen Zeit, die die Störung bereits bestehen dürfte, in näherer Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht verbessern. Angesichts der (störungsimmanenten) Krankheitsuneinsichtigkeit fehlt auch tragischer Weise bei der Beschwerdeführerin eine innere Motivation, sich in eine geeignete Behandlung zu begeben. Es bleibt jedoch zu hoffen, dass bei Wegfall von Rahmenbedingungen, die eine Belastung ihres höchst labilen und gefährdeten psychischen Apparates darstellen, die wahnhafte Störung abklingen kann. Vor Ablauf eines Jahres ist jedoch kaum mit einer grundlegenden Verbesserung ihres psychischen Gesundheitszustandes zu rechnen."
(Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof)
Mit Eingabe vom 8. Juni 2005 an den Präsidenten des OLG ersuchte die Beschwerdeführerin "um Gutachtenserörterung". Das Gutachten sei "ungültig", weil sie sich nicht auf die Untersuchung habe vorbereiten können: Sie habe das den Gutachtensauftrag umfassende Schreiben "am 22.11.2004 ohne Vorankündigung am selben Tag der Untersuchung" in ihrem Brieffach in der Justizanstalt X. vorgefunden und sei auch hingegangen, weil sie sonst dienstrechtliche Konsequenzen befürchtet habe.
Im Besonderen wende sie sich gegen die Passage, sie glaube, "sämtliche Bereiche des Psychologenerlasses allein abdecken" zu können. Wer so etwas glaube, sei tatsächlich wahnsinnig. Sie habe aber lediglich gemeint, dass sie durch ihre langjährige Erfahrung als Justizpsychologin (17 Jahre) schon in allen angeführten Bereichen gearbeitet habe. Auch andere Passagen des sehr sorgfältigen Gutachtens ließen darauf schließen, dass Prim. Dr. B. den Eindruck, sie hätte eine "wahnhafte Realitätsverzerrung" dadurch gewonnen habe, dass er sich in ihrem Arbeitsbereich nicht gut genug auskenne.
Am 28. Juni 2005 erstellte der Vertragsarzt des Bundespensionsamtes (BPA) Ass. Prof. Dr. Fr., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, auf Basis des bisherigen Akteninhaltes, des Gutachtens Prim. Dr. B. und eigener Gespräche mit der Beschwerdeführerin einen neurologisch-psychiatrischen Untersuchungsbefund, aus dem Folgendes (auszugsweise) hervorgehoben wird:
Anamnese
...
"Sonstige Erkrankungen:
Früher keine relevanten.HypotonieLactoseintoleranz, nachgewiesen seit Frühjahr 2005Erwachsenencoeliakie (1993 hospitalisiert im KH L.), Nachweis der Glutenintoleranz Frühjahr 2005, Dzt. Darmentzündung durch Candida albicans (?).
jetzige Krankheiten (Beginn, Verlauf):
Angaben der Untersuchten (U).:
Einzelkind. Hatte eine 'perfekte' Mutter, deren Ohr sie aber nicht hatte. Sehr katholische Erziehung, mit Beichte etc.
Mit 3 1/2 Jahren AE: Ärzte waren lieb, dann aber sehr ängstigend - tiefe Enttäuschung, seither Misstrauen gegen Ärzte.
Im 7.- 8. Lebensjahr: Die Großmutter fiel aus dem Fenster und starb; die U. wurde als Zeugin von der Polizei einvernommen, ihre verwirrten Aussagen führten zur kurzfristigen Inhaftierung der Eltern unter Mordverdacht.
Im 12. Lj. Opfer eines sexuellen Übergriffs, mit emotionaler Desequilibrierung und Scham.
Im 17. Lj. arbeitete die U. ferial als Kellnerin. Es kam zu einer Intimität mit ihrem Chef, wurden dabei von dessen Gattin ertappt. Wurde von der Chefin verprügelt und mit Schimpf und Schande davongejagt, der Chef hängte sich auf.
Im 18. Lj. neuerlich Opfer eines sexuellen Übergriffs, mit emotionaler Desequilibrierung und Dissoziation.
Ab Adoleszenz chronische Müdigkeit, insbesondere morgens. Kam im Studium nicht voran, wegen morgendlicher Antriebsschwäche. In 70er Jahren Gruppentherapie in Berlin. Wird heute, wo es nicht mehr so ist, mit den og. Intoleranzen erklärt (entsprechende Diät).
25.-30. LJ.: Hatte eine Beziehung zu unreifem jungen Mann mit dominanter Mutter. Verlor diese 'große Liebe' an einen bisexuellen Psychiater in Graz. Seither intensive Abneigung gegen Psychiater. Die U. machte sich bis zuletzt Hoffnung auf diesen Mann, dieser heiratete aber seine schwangere Freundin in der Zeit, als die U. in die JA X. versetzt wurde.
War nie in psychiatrischer Behandlung.
X/2002- III/2003 dienstzugeteilt der Justizanstalt J. Sehr arbeitsintensive, positive Zeit - Angetriebenheit unter Kaffee.
X.: Großer Ekel vor den dort geahndeten Sexualdelikten, große Angst vor den Patienten.
Derzeitige Beschwerden nach subjektiv empfundener Wertigkeit gereiht:Keinerlei Beschwerden: Ganz im Gegenteil, gutes Wohlbefinden seit Beginn der Lactose- u. Coeliakie-Diät.
...
AUßENANAMNESE i.S. § 35 GAG:
Es wurden seitens des Gefertigten mehrere außenanamnestische Gespräche geführt, da sich während der insgesamt mehr als 5-stündigen Explorationen mit der Beamtin zu viele Unklarheiten, Ungereimtheiten und Dissimulationen herausstellten, deren Klärung für die Gutachtenserstellung notwendig waren. Die Ergebnisse dieser Außenanamnesen sind hier aus den Gedächtnisprotokollen des Gefertigten zusammengefasst:
17.6.2005-3.6.2005
- In der JA A., wo die U. seit Anfang der 90-iger Jahre beschäftigt war, habe es seit Jahren Konflikte gegeben. Mehrere Disziplinarverfahren seien vom dortigen Anstaltsleiter gegen sie geführt worden, unter anderem auch wegen fehlender Leistungsbereitschaft. Auch sei wegen unerlaubter Abwesenheit und nicht erbrachter Leistung ein Antrag auf Entfall ihrer Bezüge gestellt worden.
- In einem Brief der U. aus 2000 schrieb die U. u.a.:
'Ich teile mit, dass ich die JA A. wegen Verstöße gegen meine Menschenrechte und Grundfreiheiten Artikel 2, 3, 5, einer mangelnden Konfliktbearbeitungsbereitschaft am X.X. 2002 und einer noch 5 Monate nachher ausständigen Entschuldigung nicht mehr als meine Dienststelle betrachte. Dienstrechtliche Anordnungen, Aufforderungen oder dergleichen nehme ich von dort nicht mehr entgegen, auch keine Weisung, mich in diese Anstalt zu begeben. Dies ist eine Gewissensentscheidung.'
Des Weiteren beschreibt sie ein Projekt, das sie 'als sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig' ansieht, bzw. 'trägt es der Verwaltungsmodernisierung und unserer Personalknappheit bei JWB und dem Gesetzesauftrag, gesundheitsfördernde Maßnahmen zu setzen, Rechnung'.
Dieses Projekt wäre ihr wahrer Auftrag in der Justiz.
- Zur Konfliktdeeskalation sei die U. mit 1.10.2002 der JA J. zugeteilt worden, die aber bereits nach wenigen Monaten eine neuerliche Versetzung in die Wege leitete.
- Die U. sei II/2003 vom BMJ schriftlich darauf aufmerksam gemacht worden, dass ihr angegebener Wohnsitz in L. in zu großer Entfernung vom Dienstort sei und den Voraussetzungen im Sinne des § 55 BDG (1979) nicht gerecht werde. Trotz dieses Hinweises und der Gefahr weit reichender dienstrechtlicher Konsequenzen habe die U. bis dato keinen neuen Wohnort angegeben.
- Mit 1.4.2003 sei die U. der JA X. zugeteilt worden.
Damals hätte es ein Gespräch mit dem psychiatrischen Leiter gegeben, in dem ihr Arbeitsbereich vorerst für 3 Monate festgelegt wurde. Da für die U. eine geeignete Arbeitsplatzsituation geschaffen werden sollte, auch wenn bekannt gewesen sei, dass solches bislang nie gelungen war und die Teamfähigkeit der U. skeptisch beurteilt wurde, habe man sich auf die von ihr angegebenen Fähigkeiten und Wünsche ausgerichtet.
Sie habe ausgezeichnete Kenntnisse in der Borderline-Diagnostik und über Erfahrungen mit dem Gundersons-Borderline-Inventar angegeben und gebeten, bei allen Neuaufnahmen dieses Instrument anwenden zu wollen, pro Interview würde sei mehrere Stunden benötigen und sie wäre damit ausgelastet. Sie habe zusätzliche Aufträge, nämlich das BDI und STAI anzuwenden, und eine kurze Einschulung dazu erhalten. Dieses habe die U. akzeptiert.
Bei der vom BMJ eingeforderten Leistungsüberprüfung nach 3 Monaten habe sich herausgestellt, dass die U. keine einzige Untersuchung vorlegen konnte.
- Zum damaligen Zeitpunkt habe man annehmen können, dass die nicht vorhandene Leistung auf eine Weigerungshaltung zurückzuführen wäre, da die U. schon am ersten Tag in der JA X. das BMJ verständigte, dass sie ihrer Zuteilung ... nicht zustimme.
...
- Ab August 2003 sei sie nicht nur wegen ihrer fehlenden Leistungserfolge und ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der psychologischen Leiterin aufgefallen, sondern auch aufgrund unangepassten Verhaltens gegenüber Kollegen und der Anstaltsleitung:
So habe sie fremde Dienstzimmer für sich beansprucht, dort ihre Akten ausgebreitet, von dort telefoniert und auch nach wiederholter Aufforderung der jeweiligen Kollegen bzw. des Anstaltsleiters, dieses zu unterlassen, nicht damit aufhören können/wollen.
Als Grund habe sie angegeben, dass ihr Zimmer nicht adäquat sei (obwohl es (mit) den anderen Zimmern, in denen sie sich aufhielt, absolut ident war).
In nachfolgenden Konflikten mit der psychologischen Leiterin habe die U. darauf hingewiesen, dass sie sich von dieser nichts sagen lasse und diese erst ein Führungskräfte- Seminar besuchen sollte, bevor sie ihr irgendwelche Anweisungen gäbe.
...
(Es hätte) Beschwerden von Beamten und Kollegen (gegeben), dass die U. sie wiederholt in Gespräche über unzureichende Arbeitsbedingungen verwickle und bei ihrer Arbeit störe - mit dem Grundtenor, dass sie dies in ihrer Funktion als Betriebspsychologin zu tun hätte.
Mehrere Untergebrachte hätten sich beschwert, dass die U. ihnen zu nahe käme, sie nicht in Ruhe lasse und sie in Hinkunft nicht dafür garantieren könnten, dass nicht früher oder später etwas Gröberes passieren könnte.
Darauf angesprochen habe die U. angegeben, dass sie als Betriebspsychologin im BMJ angestellt sei und sei nicht korrigierbar gewesen, dass sie an der JA X. einen anderen Auftrag habe.
Ihr Verhalten gegenüber den Untergebrachten hätte sie nicht reflektieren können, ebenso wenig wie die Gefahr erkennen, die sie im Kontakt mit diesen provozierte.
Kurz nach diesem Gespräch habe sie sich krankgemeldet, ein Verhalten, das sich in den kommenden Monaten wiederholt habe.
- Nach Rückkehr habe sie unaufgefordert ein Merkblatt über Personaldefizite und Personalmissstände entwickelt und begonnen, die Belegschaft zu interviewen bzw. mit Insassen, die ihr nicht zugeteilt waren, therapeutische Gespräche zu führen.
Auf Grund dieser Vorfälle habe der Anstaltsleiter entschieden, ihren Tätigkeitsbereich einzuschränken und sie vorerst nur mit Aktenstudium und Computerdiagnostik zu betrauen.
- In diesen Zeitraum sei die erste Auseinandersetzung mit einer Justizwachebeamtin gefallen, die in ein aktuelles Disziplinarverfahren gemündet sei.
Erste paranoide Äußerungen seien in dieser Zeit aufgefallen ('ihr von der Justizwache seid derart hinterfotzig, wie ich es nur aus meinen eigenen Reihen gewohnt bin, allen voran die Vollzugsleiterin, die kenne ich schon von früher, da war sie auch schon so').
- Wiederholte Konflikte mit ihren Kollegen aus der Psychologie seien eskaliert, sodass sie vom psychiatrischen Leiter aufgefordert worden sei, darüber ein Gespräch zu führen.
Dies habe sie vor dem Anstaltsleiter mit dem Hinweis verweigert, dass sie vom psychiatrischen Leiter einen Arbeitsauftrag hätte, den sie nun ausführen müsse und sie daher nicht mit dem psychiatrischen Leiter reden könne. Sie fühle sich gemobbt, man verstöße gegen die Menschenrechte.
Bei diesem Gespräch habe sie gänzlich die emotionale Kontrolle verloren und insbesondere den Anstaltsleiter und die Leiterin des psychologischen Dienstes beschimpft.
Dem psychiatrischen Leiter habe sie vorgeworfen, sich von den Frauen des Hauses, die es alle auf sie abgesehen hätten, beeinflussen zu lassen.
- Der zuständige Ministerialbeamte des BMJ habe seinerseits mitgeteilt, dass die U. auch bei ihm kurz zuvor einen höchst auffälligen und befremdlichen Auftritt hatte: Dabei hätte die U. darauf bestanden, Betriebspsychologin zu sein und sei nicht einsichtig gewesen, dass es einen solchen Posten bei der Justiz nicht gäbe.
...
Zusammenfassend bildet sich aus Beobachtungen am Dienstort der U. folgendes Bild:Die U. wird dort in ihrem Realitätsbezug inkompatibel und uneinsichtig erlebt.
Im Verhalten macht sie wiederholt einen manirierten Eindruck.
Sie kann mehrfach Irrelevantes von Wichtigem nicht unterscheiden.
Ihre Stimmungen schwanken, besonders auffällig sind auftretende nicht nachvollziehbare Euphorien und Fahrigkeit.
Es kommt vor, dass sie durch andere geleistete Arbeiten als ihre eigenen Leistungen wahrnimmt.
Sie beschäftigt sich hauptsächlich mit auftragsfremden Dingen, meist Bagatellen, und zeigt einen auffälligen Mangel an sozialen Fertigkeiten und Rücksichtnahmen (z.B. entfernt die Zimmerpflanzen einer Zimmerkollegin mit dem Hinweis, dass diese nicht fähig sei, sich adäquat um diese zu kümmern).
Sie reagiert auf jede Konfrontation mit der Realität mit einer darauf folgenden Krankmeldung.
Anweisungen der Sicherheitsbeauftragten umgeht sie wiederholt und verschließt Türen, die aus Sicherheitsgründen unbedingt offen zu halten sind, sodass der Sicherheitsbeauftragte sich letztlich entschließt, ihr den Schlüssel zu entziehen. Dies wiederum hat die Konsequenz, dass für sie ein Sonderschlüssel zur Verfügung gestellt werden muss, der nur bestimmte eingeschränkte Türen sperrt, wodurch wiederum für die U. der Eindruck einer sie verfolgenden Umgebung entsteht.
...
Psychischer Status
Bewusstseinslage:
klar
Gedankenductus:
Denken formal o.B.
Denkinhalte:
Überwertige Ideen, paranoide Erlebnisinterpretation mit nur geringer Selbstkritik
Stimmungslage:
euthym, zart gedrückt, etwas bitter
Antrieb:
o.B.
Orientierung:
voll und allseits gegeben
Affekt:
angepasst, etwas starr
Affizierbarkeit:
gegeben
Befindlichkeit:
o.B.
Konzentration:
subjektiv o.B., objektiv etwas reduziert
Intellekt:
o.B.
Merkfähigkeit:
o.B.
Altgedächtnis:
o.B.
psychopathologische Phänomene:
Unsicherheit, Spröde, Misstrauenshaltung, tabuisiertes Sexualthema, Psychomotorik bzw. Affektivität eher maniriert. Deutliche Dissimulationstendenz.
Sonstiges:
Schlaf gut. Appetit gut, wegen Diät und Colitis eher gesteigert.
KOMMENTAR:
Aufgrund des Umstandes, dass die U. gewissermaßen 'vom Fach' ist, und unübersehbar ist, dass sie bestrebt ist, einen völlig unauffälligen Eindruck zu machen, bzw. sich als Opfer von Intrigen darzustellen, sind nicht alle ihre Angaben verlässlich.
Feststellbar ist eine Reihe von belastenden Ereignissen in Kindheit, Jugend und Adoleszenz, die in Kombination mit der sehr religiösen Erziehung der U. von nachhaltiger, persönlichkeitsbestimmender Auswirkung war.
Die rückwirkende Interpretation ist in klinischer Hinsicht schwer. Auffällig sind jedoch die lange anhaltende Antriebsversagung in der Studentenzeit, die Überwertigkeit der Partnerkrise danach, sowie die von der U. beschriebene Episode von Angehobenheit und Antriebssteigerung während ihrer Zeit in der JA J.
Symptomatologisch auffällig sind derzeit:
Die soziale Kontaktstörung mit Rückzug
Der Umgang mit den 'Spielregeln' insbesondere im Justizdienst
Das Rechthaberische und geradezu Missionarische
Die Realitätsverweigerung
Der unkritische Umgang mit den eigenen Überzeugungen und mit jenen der sozialen Umwelt
Die geradezu selbstschädigende Starre in ihren sozialen Haltungen.
Insgesamt bestätigt der Gefertigte den klinischen Eindruck des Vorgutachters Dr. B. Diagnostisch allerdings muss in erster Linie an ein leichtes postpsychotisches Residuum bei schizoaffektiver Psychose gedacht werden, dessen Hauptsymptomatik in einer wahnhaften Störung und einem gewissen Zerfall der Lebensorganisation der U. liegt.
Diagnosen
(nach Relevanz hinsichtlich Arbeitsfähigkeit gereiht, die
führende Diagnose nach dem ICD-9-Code)
1. Gemischte schizoaffektive Störung
ICD-10:
F
2
5
.
2
2. Wahnhafte Störung
F
2
2
.
0
Leistungsdefizit
(Beschreibung der Leistungseinschränkungen als Folge von Funktionsdefiziten und deren Diagnosen)
Die U. ist als manifest krank zu bezeichnen und aufgrund der feststellbaren Symptomatik als dienstunfähig.
Das Störbild, dem sie unterworfen ist, bringt es mit sich, dass sie ihr übertragene Aufgaben nicht erledigen kann, dass sie sich diesem Umstand gegenüber unkritisch erweist, zu keiner Einsicht in ihre Gestörtheit fähig ist und sich daher störend und konfliktträchtig verhält.
Selbst wenn es gelänge, die U. von der Notwendigkeit einer nervenfachärztlichen Behandlung zu überzeugen, ist nicht zu erwarten, dass dieses Zustandsbild in dem Maß verbessert werden kann, dass sie wieder dienstfähig werden könnte.
Daher ist die vorzeitige Pensionierung der U. aus Krankheitsgründen indiziert.
Voraussichtliche Entwicklung:
Besserung zu erwarten:
ja
nein
x
Nachuntersuchung empfohlen:
ja
nein
x
"
(Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Hervorhebungen im Original)
Die leitende Ärztin des BPA Dr. W. erstattete am 26. Juli 2005 auf dieser Grundlage folgendes ärztliches Sachverständigengutachten zur Leistungsfeststellung:
"Diagnose (nach Relevanz hinsichtlich Arbeitsfähigkeit)
1. Gemischte schizoaffektive Störung mit wahnhafter Symptomatik kombiniert
Leistungskalkül
Die Patientin leidet an einem postpsychotischen Residuum bei einer schizoaffektiven Psychose. Symptomatisch steht ein unkritischer Umgang mit eigener Überzeugung der sozialen Umwelt mit geradezu selbstschädigender Starre bei wahnhafter Realitätsverweigerung im Vordergrund. Die soziale Kontaktfähigkeit ist vom Rückzug und Verfolgungsideen - Darstellung der Opferrolle -
geprägt. Die Patientin ist manifest schwer krank und vollkommen unfähig, die gestellten Aufgaben zu erfüllen. Jegliche Krankheitseinsicht fehlt - typischerweise. Eine regelmäßige berufliche Tätigkeit - insbesondere im Bereich der Justiz mit Betreuung von Menschen in Krisensituationen - ist ausgeschlossen. Eine Stabilisierung des schweren Krankheitsbildes muss, auch unter optimaler Krankenbehandlung, ausgeschlossen werden. Es liegt ein Dauerzustand vor."
Am 23. September 2005 gab die - gewerkschaftlich vertretene - Beschwerdeführerin, nach Einräumung der Möglichkeit durch den Präsidenten des OLG, eine Stellungnahme ab, in der sie sich mit der Ruhestandsversetzung gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 nicht einverstanden erklärte, weil eine dauernde Dienstunfähigkeit im Sinn dieser Gesetzesstelle nicht vorliege. "Das vorliegende Gutachten" (gemeint wohl Dris. Fr.) sei weder schlüssig noch nachvollziehbar und stelle eine persönliche Meinung des Gutachters dar, die nicht mit dem