TE OGH 2004/4/16 1Ob11/04f

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Veröffentlicht am 16.04.2004
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora und Dr. Barbara Lässer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Reinhard H*****, vertreten durch Dr. Christian Margreiter, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, wegen 1.789,12 EUR sA und Räumung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 21. November 2003, GZ 4 R 369/03y-15, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 13. Juni 2003, GZ 17 C 430/02z-11, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise nicht Folge gegeben.

1. Das Urteil des Berufungsgerichts wird in seinen Aussprüchen über das Zahlungsbegehren (Punkte 1 bis 4) als Teilurteil bestätigt.

Die Kostenentscheidung bleibt insoweit der Endentscheidung vorbehalten.

2. Im Übrigen - also im Ausspruch über das Räumungsbegehren und in der Kostenentscheidung (Punkte 5 und 6 des Berufungsurteils) - wird die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz aufgehoben; die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrte die Zahlung eines Mietzinsrückstands von 1.789,12 EUR und die Räumung des vom Beklagten gemieteten Bestandobjekts. Der Beklagte habe trotz Mahnung und Nachfristsetzung die Zahlung des aushaftenden Mietzinses verweigert. Daher habe die klagende Partei gemäß § 1118 ABGB das Recht zur sofortigen Aufhebung des Bestandvertrags.

Der Beklagte wendete ein, dass der Bestandgegenstand infolge gravierender Mängel zum bedungenen Gebrauch nicht tauge, weshalb kein Zins zu entrichten bzw dieser zumindest zu mindern sei. Im Jahr 1994 sei unzulässigerweise eine "Wertsteigerung" nachverrechnet worden, ohne dass der Beklagte irgendwelche Indexklauseln anerkannt hätte. Die klagende Partei habe sich verpflichtet, dem Beklagten für die Aufrechterhaltung seines Mietrechts bis zum Kauf des Grundstücks durch die klagende Partei monatlich 10.000 S zu zahlen, welche Verpflichtung nicht zur Gänze erfüllt worden sei. Die aus diesem Titel aushaftenden Beträge würden ebenso wie zusätzlich aufgewendete Stromkosten gegen die allenfalls zu Recht bestehende Klagsforderung zur Aufrechnung eingewendet. Es hafte kein Mietzins aus.

Das Erstgericht wies das Zahlungs- und das Räumungsbegehren ab.

Es stellte - soweit hier bedeutsam - fest, mit Bescheid vom 8. 7. 1929 sei den damaligen Liegenschaftseigentümern die Baubewilligung für das in der Folge (nach 1929) errichtete Einfamilienhaus erteilt worden.

Rechtlich meinte das Erstgericht, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (1951) sei die Möglichkeit einer freien Mietzinsbildung eingeschränkt gewesen; eine Erhöhung des Mietzinses (S 1.000,-- monatlich zuzüglich Betriebskosten und öffentliche Abgaben) habe nur mit ausdrücklicher Genehmigung durch die Preisbehörde erfolgen dürfen. Erst zum 1. 1. 1968 hätte eine ursprünglich getroffene Wertsicherungsvereinbarung wirksam werden können, doch hätte dies einer - hier nicht erfolgten - Erklärung der Parteien bedurft. Mitte des Jahres 1975 sei der Mietzins mit S 2.000,-- monatlich neu vereinbart worden, zu diesem Zeitpunkt sei eine freie Mietzinsbildung möglich gewesen; die ursprüngliche Wertsicherungsvereinbarung sei aber nicht in Kraft gesetzt worden. Die Vorschreibung von Wertsicherungsbeträgen ab 1994 sei unabhängig von der ursprünglichen Indexabsprache des Jahres 1951 erfolgt. Durch die vorbehaltlose Zahlung der geforderten Beträge sei eine neue Wertsicherungsvereinbarung, bezogen auf den Verbraucherpreisindex 1976, "begründet" worden. Ab Beginn des Jahres 2002 ergebe sich der vom Beklagten zu leistende monatliche Bestandzins aus dem wertgesicherten Mietzins von 283,06 EUR und dem Betriebskostenakonto von 108,17 EUR, also insgesamt mit 391,23 EUR. Für die Zeit vom September 2001 bis Juli 2002 stünden dem Beklagten monatlich jeweils 10.000 S aufgrund einer mit der klagenden Partei getroffenen Vereinbarung zu. Die im Jahr 1951 vereinbarte Überwälzung der Instandhaltungspflichten (auf den Mieter) sei nie wirksam geworden, weil damals eine freie Mietzinsbildung nicht möglich gewesen sei. Daher treffe die klagende Partei die Verpflichtung, die allgemeinen Teile des Mietobjekts zu erhalten. Zu Recht habe der Beklagte eine Minderung des Bestandzinses von monatlich 20 % in Anspruch genommen. Damit sei kein Mietzinsrückstand aufgelaufen.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es die Klagsforderung mit 1.380,13 EUR als zu Recht bestehend, die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erachtete (Punkte 1 und 2 seines Urteils), den Beklagten daher schuldig erkannte, der klagenden Partei 1.380,13 EUR sA zu zahlen, wies das Mehrbegehren von 408,99 EUR sA abwies (Punkte 3 und 4 des Urteils). Weiters erkannte es den Beklagten schuldig, das angemietete Haus und den dieses Haus umschließenden Garten binnen 14 Tagen zu räumen (Punkt 5 des Berufungsurteils). Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die zwischen dem Vater des Beklagten und der damaligen Eigentümerin des Mietobjekts im Jahre 1975 getroffene Vereinbarung sei eine einmalige "Wertanpassung" gewesen und habe sich nicht an der seit dem Jahr 1951 eingetretenen Wertsteigerung orientiert. Nach dem Zinsstoppgesetz sei lediglich die Erhöhung des Mietzinses ausgeschlossen gewesen, dieses Gesetz habe aber die bereits getroffene Vereinbarung über den vom Mieter zu leistenden Mietzins unberührt gelassen. 1951 sei eine Wertsicherung nicht wirksam vereinbart worden, eine solche sei erst ab dem 1. 1. 1968 zulässig gewesen. Beim Abschluss des Mietvertrags habe das "Recht auf freie Mietzinsbildung" bestanden, die "laufende Instandhaltungspflicht" habe zulässigerweise auf den Mieter "überwälzt" werden können. Die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei habe erstmals im Jahre 1994 die Zahlung von Wertsicherungsbeträgen gefordert, der Beklagte habe den geforderten Betrag auch anstandslos bezahlt; dadurch sei stillschweigend eine Wertsicherungsvereinbarung zustande gekommen. Schriftlichkeit sei für diese Vereinbarung nicht erforderlich gewesen. Zumal der Beklagte nach dem Inhalt des Mietvertrags zur Erhaltung und Instandsetzung des Bestandobjekts - als Teil des von ihm zu entrichtenden Mietzinses - verpflichtet war, könne er eine Mietzinsreduktion wegen des schlechten Erhaltungszustands des Gebäudes nicht für sich in Anspruch nehmen. Demnach sei ein Mietzinsrückstand aufgelaufen. Die für die Nichtaufgabe seines Mietrechts vereinbarte monatliche Entschädigung von 10.000 S sei dem Beklagten erstmals im Oktober 2001 zugestanden. Diese Entschädigung habe dem Beklagten einen Anreiz bieten sollen, auf seinen Mietrechten gegenüber einem Mitinteressenten der klagenden Partei zu beharren, und der klagenden Partei hiedurch den Erwerb der Liegenschaft ermöglichen sollen. Dieses Ziel sei im Dezember 2001 erreicht worden, weshalb dem Beklagten für die Zeit danach keine weiteren Entschädigungsleistungen mehr zugestanden seien. Die wegen behaupteter Unbrauchbarkeit der Heizungsanlage eingewendete Gegenforderung von 872 EUR sei schon deshalb nicht berechtigt, weil sich der Beklagte zur Instandsetzung der Liegenschaft verpflichtet habe und daher auch diese Kosten auf ihn überwälzt worden seien. Insgesamt ergebe sich somit ein Zahlungsrückstand von 1.380,13 EUR. Die klagende Partei habe ihr Räumungsbegehren ausschließlich auf § 1118 ABGB gestützt. Gemäß § 1 Abs 2 Z 5 MRG kämen die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes nicht zur Anwendung, weshalb auch § 33 Abs 2 und 3 MRG unanwendbar sei. Es sei daher nur zu klären gewesen, ob ein qualifizierter Zinsrückstand vorliege; das Verschulden des Beklagten an der Verspätung der Zinszahlung habe nicht geprüft werden müssen. Damit sei dem Zahlungsbegehren teilweise, dem Räumungsbegehren hingegen uneingeschränkt stattzugeben.

Die Revision des Beklagten ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Dem Einwand des Beklagten, es liege keine "qualifizierte Mahnung" im Sinne des § 1118 ABGB vor, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Unter den Begriff der "Einmahnung" des § 1118 ABGB fällt jedes Verhalten, aus dem sich ergibt, dass der Gläubiger die Leistung ernstlich fordert; eine solche Einmahnung ist jedenfalls in der Zustellung einer Zins- oder Räumungsklage zu erblicken, sofern die Mietzinsschuldigkeit darin hinreichend konkretisiert ist (Würth in Rummel, ABGB3 Rz 17 zu § 1118 mwN). Der nach Ansicht der klagenden Partei aushaftende monatliche Mietzins (für Jänner bis Mai 2002 jeweils 543 EUR abzüglich einer geleisteten Teilzahlung, ähnlich für die Monate Juni und Juli 2002) wurde in der Klage ebenso wie in der Folge auch der für die Monate August 2002 bis Mai 2003 behauptete Zinsrückstand hinreichend bestimmt angeführt (S 3 des Verhandlungstagsatzungsprotokolls vom 19. 3. 2003 bzw S 22 des Protokolls vom 14. 5. 2003). Am Vorliegen einer "qualifizierten Mahnung" im Sinne des § 1118 ABGB mangelt es demnach nicht. Daran kann der Umstand nichts ändern, dass sich das Mietzinsbegehren der klagenden Partei - infolge unrichtiger Einschätzung der Sach- und Rechtslage - nicht zur Gänze als berechtigt erwies.

Der Beklagte wendet ein, das Gericht zweiter Instanz habe den Inhalt des Aktenvermerks vom 20. 11. 1951 (Beilage A) seiner Entscheidung zugrunde gelegt, ohne die Echtheit dieser Urkunde zu überprüfen. Nun haben die Vorinstanzen ausführlich begründet, warum sie die in der zitierten Aktennotiz festgehaltene Vereinbarung als erwiesen annahmen. Das Erstgericht hat selbst unterstellt, dass dieser Vermerk erst nachträglich erstellt worden sei (S 40 f des Ersturteils). In Wahrheit bekämpft der Beklagte mit seiner Forderung, die Echtheit der Urkunde Beilage A zu überprüfen, die von den Vorinstanzen vorgenommene und im Revisionsverfahren unüberprüfbare Beweiswürdigung (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 1 zu § 503 mwN).

Auch der Einwand des Beklagten, die klagende Partei habe trotz der ihr obliegenden Beweispflicht nicht nachgewiesen, dass die Instandhaltungskosten für das Haus auf den Mieter überwälzt worden seien, ist nicht zielführend. Die Vereinbarung der Überwälzung dieser Kosten wurde von den Vorinstanzen ausdrücklich festgestellt. Auch insoweit ist - wie schon zuvor - dem Beklagten entgegenzuhalten, dass er damit unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft, soweit er ausführt, die Aktennotiz Beilage A hätte der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden dürfen.

Soweit der Beklagte fordert, die klagende Partei hätte das Vorliegen einer konkludenten Wertsicherungsvereinbarung ausdrücklich behaupten müssen, ist ihm zu entgegnen, dass die Frage, ob aufgrund des Schreibens der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei vom 27. 12. 1994 und der festgestellten Reaktion des Beklagten darauf konkludent eine Wertsicherungsvereinbarung zustande kam, eine Frage der rechtlichen Beurteilung des dazu von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalts ist, zu der es keiner ausdrücklichen Behauptung der klagenden Partei bedurfte.

Der Beklagte meint nach wie vor, er sei "zur Minderung des Mietzinses berechtigt", weil die freie Mietzinsbildung ausgeschlossen gewesen sei und deshalb die Instandhaltungspflicht nicht rechtswirksam auf den Mieter des Objekts habe überwälzt werden können. Er bestreitet nicht, dass die Überwälzung der laufenden Instandhaltungspflicht auf den Bestandnehmer zulässig war, sofern das Recht auf freie Mietzinsbildung bestand (6 Ob 331/97p = MietSlg 49.114; JBl 1988, 525). Es wäre am Beklagten gelegen, den Beweis anzutreten, dass bei Abschluss der Mietzinsvereinbarung (vgl dazu SZ 56/110) - also einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im Jahr 1951 - eine freie Mietzinsvereinbarung unzulässig gewesen wäre. Nach der damals maßgeblichen Bekanntmachung des Reichsstatthalters vom 9. 3. 1939 (Wr. Zeitung Nr 67 vom 11. 3. 1939) in der zum maßgeblichen Zeitpunkt (1951) geltenden Fassung galt der erste frei vereinbarte Zins als "Stichtagmiete", die nicht überschritten werden durfte, sofern Räume nach dem 18. 3. 1938 erstmalig vermietet wurden. Nach den Feststellungen war die mündliche Vereinbarung 1951 die "erstmalige Vermietung". Anhaltspunkte dafür, dass 1951 für das Bestandobjekt die freie Mietzinsvereinbarung verwehrt gewesen wäre, können weder den Behauptungen des Beklagten noch den erstinstanzlichen Feststellungen entnommen werden. So wie später nach dem Zinsstoppgesetz war demnach schon vorher den damals geltenden Preisregelungsvorschriften zufolge bei diesen Bestandobjekten wie dem hier streitverfangenen Haus bloß die Erhöhung des einmal - frei - vereinbarten Zinses unzulässig. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe eine Mietzinsreduktion wegen des schlechten Erhaltungszustands des Bestandobjekts nicht für sich in Anspruch nehmen können, ist somit frei von Rechtsirrtum.Der Beklagte meint nach wie vor, er sei "zur Minderung des Mietzinses berechtigt", weil die freie Mietzinsbildung ausgeschlossen gewesen sei und deshalb die Instandhaltungspflicht nicht rechtswirksam auf den Mieter des Objekts habe überwälzt werden können. Er bestreitet nicht, dass die Überwälzung der laufenden Instandhaltungspflicht auf den Bestandnehmer zulässig war, sofern das Recht auf freie Mietzinsbildung bestand (6 Ob 331/97p = MietSlg 49.114; JBl 1988, 525). Es wäre am Beklagten gelegen, den Beweis anzutreten, dass bei Abschluss der Mietzinsvereinbarung vergleiche dazu SZ 56/110) - also einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im Jahr 1951 - eine freie Mietzinsvereinbarung unzulässig gewesen wäre. Nach der damals maßgeblichen Bekanntmachung des Reichsstatthalters vom 9. 3. 1939 (Wr. Zeitung Nr 67 vom 11. 3. 1939) in der zum maßgeblichen Zeitpunkt (1951) geltenden Fassung galt der erste frei vereinbarte Zins als "Stichtagmiete", die nicht überschritten werden durfte, sofern Räume nach dem 18. 3. 1938 erstmalig vermietet wurden. Nach den Feststellungen war die mündliche Vereinbarung 1951 die "erstmalige Vermietung". Anhaltspunkte dafür, dass 1951 für das Bestandobjekt die freie Mietzinsvereinbarung verwehrt gewesen wäre, können weder den Behauptungen des Beklagten noch den erstinstanzlichen Feststellungen entnommen werden. So wie später nach dem Zinsstoppgesetz war demnach schon vorher den damals geltenden Preisregelungsvorschriften zufolge bei diesen Bestandobjekten wie dem hier streitverfangenen Haus bloß die Erhöhung des einmal - frei - vereinbarten Zinses unzulässig. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe eine Mietzinsreduktion wegen des schlechten Erhaltungszustands des Bestandobjekts nicht für sich in Anspruch nehmen können, ist somit frei von Rechtsirrtum.

Der Revisionswerber behauptet ferner, von einer allenfalls vereinbarten Instandhaltungspflicht des Mieters sei einvernehmlich abgegangen worden, weil dieser nie zur Vornahme von Erhaltungsarbeiten aufgefordert worden sei; spätestens mit der Vereinbarung eines neuen Mietzinses im Jahre 1975 sei eine allfällige Überwälzung dieser Instandhaltungspflicht jedenfalls weggefallen:

War auf den Bestandnehmer die Instandhaltungspflicht vertraglich überwälzt, so kann in dem allfälligen und erstmals in der Revision behaupteten Umstand, er sei nie zu Erhaltungsarbeiten aufgefordert worden, allein noch kein stillschweigendes Abgehen von der Vereinbarung der Instandhaltungspflicht erblickt werden; abgesehen davon, dass dieses Vorbringen als Neuerung ohnehin unbeachtlich ist, kann darin noch kein stillschweigender Verzicht des Vermieters auf diesen Zinsbestandteil erblickt werden, zumal das Unterbleiben einer solchen Aufforderung auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sein kann; auch war der Vermieter zu einer solchen Aufforderung nach den Feststellungen nicht verpflichtet. Nach den Ausführungen des Gerichts zweiter Instanz hoben die damaligen Vertragspartner (1975) den (in Geld zu leistenden) Mietzins von 1.000 S auf 2.000 S monatlich an, ohne dass auch eine Abänderung der Vereinbarung über die Instandhaltungspflicht des Bestandnehmers erfolgt wäre. Für die Ansicht des Revisionswerbers, spätestens mit der Neuvereinbarung des Mietzinses im Jahr 1975 sei die Überwälzung der Instandhaltungskosten auf den Bestandnehmer weggefallen, mangelt es an jeglichem Vorbringen und auch an jedem Substrat.

Dem Beklagten kann auch nicht dahin gefolgt werden, dass die im Jahre 1951 erstellte Aktennotiz Beilage A keine Verpflichtung des Mieters zur Instandhaltung enthalte. Einerseits geht aus dieser Aktennotiz klar hervor, dass sich der Bestandnehmer zur Instandhaltung des Objekts verpflichtet hat, was sich schon aus deren Punkt 4 ergibt, wonach die Hauseigentümer nicht verpflichtet sein sollten, den Bestandgegenstand auf ihre Kosten in brauchbarem Zustand zu erhalten oder dessen Brauchbarkeit substanzmäßig zu gewährleisten. In Punkt 6 dieser Notiz wird sogar ausdrücklich ausgeführt, dass der Mieter alle Instandhaltungsarbeiten zu bezahlen habe. Dies dokumentiert eindeutig dessen Verpflichtung zur Instandhaltung des Hauses. Daraus hat das Gericht zweiter Instanz zu Recht geschlossen, dass die Rechtsvorgänger der Streitteile im Jahre 1951 die Überwälzung der Instandsetzungskosten auf den Mieter als Teil des Entgelts vereinbarten (S 14 des Berufungsurteils).

Schließlich wendete der Beklagte ein, ihm stehe auch für September 2001 eine Gegenforderung von 10.000 S - basierend auf einer mit der klagenden Partei getroffenen Vereinbarung - zu. Insoweit ist auf die vom Berufungsgericht vorgenommene rechtlich einwandfreie Vertragsauslegung zu verweisen (S 17 f des Urteils der zweiten Instanz), der der erkenende Senat beitritt.

Letztlich erweist sich die Revision des Beklagten aber insoweit als berechtigt, als das Gericht zweiter Instanz dem Räumungsbegehren noch nicht hätte stattgeben dürfen:

Der Beklagte vertritt die Ansicht, dass auf das Bestandverhältnis § 33 Abs 2 und 3 MRG - bzw § 21 Abs 2 und 3 MG - anzuwenden sei. An der verspäteten Zahlung des Mietzinses treffe ihn kein Verschulden, denn er sei zu Nachforschungen, ob der Mietzins aus einer anderen als der vom Vermieter behaupteten Rechtsgrundlage zustehe, nicht verpflichtet gewesen.

Auf das hier vorliegende Bestandverhältnis ist § 33 Abs 2 und 3 MRG - bzw war § 21 Abs 2 und 3 MG - anzuwenden: Der für die Nichtanwendbarkeit des MRG vom Berufungsgericht zitierte § 1 Abs 2 Z 5 MRG gilt nur für nach dem 31. 12. 2001 geschlossene Mietverträge (§ 49d Abs 2 MRG). Trotz der 1951 geltenden Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 Z 1 und 2 MG galten für das damals geschlossene Mietverhältnis gemäß § 1 Abs 3 Z 1 MG die Kündigungsbeschränkungen der §§ 19 bis 23 MG. Zufolge der Transformationsklausel des § 58 Abs 4 MRG ist § 33 Abs 2 und 3 MRG, dessen Inhalt - soweit hier maßgeblich - dem des § 21 Abs 2 und 3 MG nahezu wörtlich entspricht, auf den vorliegenden Fall anwendbar (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 Rz 66 zu § 1 bzw Rz 3 zu § 58 MRG).

Die im § 33 Abs 2 MRG (bzw § 21 Abs 2 MG) vorgesehene Aufhebung der Kündigung setzt voraus, dass der Mieter den geschuldeten Betrag vor Schluss der der Entscheidung des Gerichts erster Instanz unmittelbar vorangehenden Verhandlung entrichtet; das ist hier indes unterblieben. Ist die Höhe des geschuldeten Betrags strittig, so hat allerdings das Gericht vor Schluss der Verhandlung darüber durch Beschluss zu entscheiden. Die Unterlassung einer solchen Beschlussfassung stellt einen Verfahrensmangel dar, der ausdrücklich gerügt werden muss (Würth/Zingher/Kovanyi, aaO Rz 30 zu § 33 MRG mwN). Wird ein Rechtsstreit wegen Zahlung des Mietzinsrückstandes und Räumung geführt, dann ist über den behaupteten Zahlungsrückstand zwingend mit Teilurteil zu entscheiden (WoBl 2001, 127; SZ 72/73; Würth aaO Rz 31 zu § 33 MRG). Eines den Beschluss nach § 33 Abs 2 MRG ersetzenden Teilurteils bedarf es lediglich dann nicht, wenn der Mieter zur Dartuung des Fehlens des groben Verschuldens an einem unzweifelhaft bestehenden, nur der Höhe nach strittigen Zinsrückstand gar nichts behauptet hat, wobei die Behauptungs- und Beweislast für das Nichtvorliegen eines groben Verschuldens an der Nichtzahlung des Mietzinses den Beklagten trifft (WoBl 2003, 147; WoBl 2001, 127). Der Beklagte hat schon im Schriftsatz vom 20. 9. 2002 unter Darlegung nicht von der Hand zu weisender Argumente das Vorliegen eines Mietzinsrückstands bestritten und eingewendet, dass ein allfälliger Zahlungsverzug (jedenfalls) nicht grob schuldhaft sei. Da der relativ geringe Mietzinsrückstand tatsächlich nicht ganz einfach zu ermitteln war und sich selbst die Vorinstanzen in der Frage, ob überhaupt ein solcher Rückstand bestehe, nicht einig waren, ist der Beklagte sowohl seiner Behauptungs- wie auch seiner Beweispflicht dafür nachgekommen, dass ihn kein grobes Verschulden an der Nichtzahlung des vom Berufungsgericht letztlich festgestellten Mietzinsrückstands trifft. Vom "unzweifelhaften" Bestehen eines Zinsrückstands mussten weder die Parteien noch die Vorinstanzen ausgehen.

Die nach dem Vorgesagten erforderliche Mängelrüge, nämlich dass lediglich mit Teilurteil über das Zahlungsbegehren zu erkennen gewesen wäre und die Rechtskraft des Teilurteils vor Schluss der Verhandlung über das Räumungsbegehren hätte abgewartet werden müssen (WoBl 2001, 127; SZ 72/73; Würth aaO), wurde ausreichend deutlich erhoben.

In teilweiser Stattgebung der Revision ist daher zwar die Entscheidung über das Zahlungsbegehren als Teilurteil zu bestätigen, der Ausspruch über das Räumungsbegehren indes aufzuheben und insoweit dem Gericht zweiter Instanz die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Textnummer

E72943

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0010OB00011.04F.0416.000

Im RIS seit

16.05.2004

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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