TE OGH 2004/4/16 1Ob67/04s

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Veröffentlicht am 16.04.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der Erstantragstellerin Erika E*****, vertreten durch Dr. Engelbert Reis, Rechtsanwalt in Horn, und des Zweitantragstellers Alois E*****, vertreten durch Dr. Anton Cuber, Rechtsanwalt in Graz, wegen Ehescheidung infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Zweitantragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 2. Dezember 2003, GZ 1 R 319/03v-11, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird gemäß § 16 Abs 4 AußStrG iVm § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird gemäß Paragraph 16, Absatz 4, AußStrG in Verbindung mit Paragraph 508 a, Absatz 2, Satz 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Erstantragstellerin erhob eine auf § 49 EheG gestützte Ehescheidungsklage. In der Verhandlungstagsatzung vom 27. 8. 2003, in dem nur die Klägerin anwaltlich vertreten war, beantragten die Streitteile die Scheidung im Einvernehmen. Daraufhin unterbrach das Erstgericht den anhängigen Rechtsstreit gemäß § 460 Z 10 ZPO. Für den Fall der Scheidung schlossen die Antragsteller in der Folge einen aus mehreren Punkten bestehenden gerichtlichen Vergleich. Danach fasste und verkündete das Erstgericht einen Beschluss gemäß § 98 EheG und sprach schließlich aus, dass die Ehe zwischen den Antragstellern gemäß § 55a EheG geschieden werde und diese Ehe mit Rechtskraft des Beschlusses aufgelöst sei.Die Erstantragstellerin erhob eine auf Paragraph 49, EheG gestützte Ehescheidungsklage. In der Verhandlungstagsatzung vom 27. 8. 2003, in dem nur die Klägerin anwaltlich vertreten war, beantragten die Streitteile die Scheidung im Einvernehmen. Daraufhin unterbrach das Erstgericht den anhängigen Rechtsstreit gemäß Paragraph 460, Ziffer 10, ZPO. Für den Fall der Scheidung schlossen die Antragsteller in der Folge einen aus mehreren Punkten bestehenden gerichtlichen Vergleich. Danach fasste und verkündete das Erstgericht einen Beschluss gemäß Paragraph 98, EheG und sprach schließlich aus, dass die Ehe zwischen den Antragstellern gemäß Paragraph 55 a, EheG geschieden werde und diese Ehe mit Rechtskraft des Beschlusses aufgelöst sei.

Im Übrigen hielt das Erstgericht fest, dass Rechtsmittelbelehrung erteilt worden sei, die Antragsteller nicht auf Rechtsmittel verzichtet hätten und der Zweitantragsteller die Unterfertigung des - in Vollschrift aufgenommenen - Verhandlungsprotokolls verweigert habe.

Die zweite Instanz gab dem Rekurs des Zweitantragstellers gegen den Scheidungsbeschluss nicht Folge. Es sprach ferner aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs - mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage - nicht zulässig sei.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Zweitantragstellers ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Eingangs ist festzuhalten, dass der Zweitantragsteller seinen Antrag auf Scheidung im Einvernehmen bisher nicht zurücknahm. Dessen Ansicht, der Rekurs gegen den Scheidungsbeschluss wäre in eine "Zurücknahme des Scheidungsantrages umzudeuten gewesen", widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0008473); damit setzt sich der Zweitantragsteller nicht auseinander. Demnach ist der ergangene Scheidungsbeschluss jedenfalls nicht nach § 224 Abs 2 AußStrG wirkungslos. Der Rechtsmittelwerber meint jedoch, der Erstrichter habe die gerichtliche Anleitungspflicht gemäß § 182 ZPO iVm § 212 Abs 1 ZPO "gröblichst verletzt", wäre doch seine Anleitung "im Sinne des § 212 ZPO" erforderlich gewesen. Er sei mit dem protokollierten Vergleich über die Scheidungsfolgen und der einvernehmlichen Scheidung letztlich nicht einverstanden gewesen; diesen Willen habe er durch die Weigerung, das Verhandlungsprotokoll zu unterschreiben, manifestiert. Das erstgerichtliche Verfahren leide somit an einem wesentlichen Mangel.1. Eingangs ist festzuhalten, dass der Zweitantragsteller seinen Antrag auf Scheidung im Einvernehmen bisher nicht zurücknahm. Dessen Ansicht, der Rekurs gegen den Scheidungsbeschluss wäre in eine "Zurücknahme des Scheidungsantrages umzudeuten gewesen", widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0008473); damit setzt sich der Zweitantragsteller nicht auseinander. Demnach ist der ergangene Scheidungsbeschluss jedenfalls nicht nach Paragraph 224, Absatz 2, AußStrG wirkungslos. Der Rechtsmittelwerber meint jedoch, der Erstrichter habe die gerichtliche Anleitungspflicht gemäß Paragraph 182, ZPO in Verbindung mit Paragraph 212, Absatz eins, ZPO "gröblichst verletzt", wäre doch seine Anleitung "im Sinne des Paragraph 212, ZPO" erforderlich gewesen. Er sei mit dem protokollierten Vergleich über die Scheidungsfolgen und der einvernehmlichen Scheidung letztlich nicht einverstanden gewesen; diesen Willen habe er durch die Weigerung, das Verhandlungsprotokoll zu unterschreiben, manifestiert. Das erstgerichtliche Verfahren leide somit an einem wesentlichen Mangel.

2. Das Rekursgericht erläuterte die gemäß § 212 Abs 1 AußStrG maßgebenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung "über die Protokolle". Offenkundig deshalb behauptet der Zweitantragsteller im Revisionsrekurs erstmals, das Erstgericht habe ihm gegenüber die Anleitungspflicht verletzt. Dabei handelt es sich jedoch, wie er selbst erkennt, um die Frage nach dem Vorliegen eines Verfahrensmangels. In Entwicklung der ständigen Rechtsprechung, dass angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen die zweite Instanz verneinte, nicht mehr erfolgreich mit Revisionsrekurs geltend gemacht werden können (10 Ob 223/00t; siehe ferner RIS-Justiz RS0050037), sprach der Oberste Gerichtshof zu § 15 Z 2 AußStrG bereits aus, dass dieser Grundsatz umso mehr dann gelte, wenn - wie auch hier - ein behaupteter Mangel des Verfahrens erster Instanz im Rekurs gar nicht gerügt wurde (10 Ob 223/00t).2. Das Rekursgericht erläuterte die gemäß Paragraph 212, Absatz eins, AußStrG maßgebenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung "über die Protokolle". Offenkundig deshalb behauptet der Zweitantragsteller im Revisionsrekurs erstmals, das Erstgericht habe ihm gegenüber die Anleitungspflicht verletzt. Dabei handelt es sich jedoch, wie er selbst erkennt, um die Frage nach dem Vorliegen eines Verfahrensmangels. In Entwicklung der ständigen Rechtsprechung, dass angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen die zweite Instanz verneinte, nicht mehr erfolgreich mit Revisionsrekurs geltend gemacht werden können (10 Ob 223/00t; siehe ferner RIS-Justiz RS0050037), sprach der Oberste Gerichtshof zu Paragraph 15, Ziffer 2, AußStrG bereits aus, dass dieser Grundsatz umso mehr dann gelte, wenn - wie auch hier - ein behaupteter Mangel des Verfahrens erster Instanz im Rekurs gar nicht gerügt wurde (10 Ob 223/00t).

3. Der Rechtsmittelwerber tritt den Erwägungen des Rekursgerichts, die (auch) die Rechtswirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs zum Gegenstand haben und insofern in die Schlussfolgerung münden, die Unterschrift der Parteien auf dem Verhandlungsprotokoll sei zwar erwünscht, aber kein Gültigkeitserfordernis, im Einzelnen nicht entgegen. Diese Ansicht wird durch eine Linie der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs implicite gestützt (6 Ob 546/94 = SZ 67/183 [Scheidungsfolgenvergleich]; 3 Ob 600/86 = SZ 59/170). Offenkundig deshalb wirft der Rechtsmittelwerber dem Erstgericht - wie erwähnt - in dritter Instanz insbesondere vor, über seine "prozessualen Möglichkeiten im Sinne des § 212 ZPO" nicht belehrt worden zu sein. Er behauptet in der Folge allerdings auch, dass "ein protokollierter Vergleich nur durch Unterfertigung wirksam" werde, ohne diese Rechtsansicht näher zu begründen. Insoweit ist bloß anzumerken, dass der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (auch) die Leitlinie zu entnehmen ist, ein gerichtlicher Vergleich komme "im Zweifel" erst mit Unterfertigung des Verhandlungsprotokolls durch die Parteien zustande (7 Ob 621/85 = SZ 58/151 mwN). Dagegen verfechten gewichtige Stimmen im Schrifttum den Standpunkt, ein solcher Vergleich setze nur korrespondierende Willenserklärungen im Zuge der mündlichen Verhandlung voraus, sodass er auch dann zustande komme, wenn die Parteien das den Vergleich beurkundende Verhandlungsprotokoll letztlich nicht unterschreiben (ausführlich Schragel in Fasching/Konecny² II/2 §§ 204, 206 ZPO Rz 26 f; siehe ferner Fasching, Lehrbuch² Rz 1351 f; Gitschthaler in Rechberger, ZPO² § 206 Rz 22 f je mwN aus Rsp und Lehre).3. Der Rechtsmittelwerber tritt den Erwägungen des Rekursgerichts, die (auch) die Rechtswirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs zum Gegenstand haben und insofern in die Schlussfolgerung münden, die Unterschrift der Parteien auf dem Verhandlungsprotokoll sei zwar erwünscht, aber kein Gültigkeitserfordernis, im Einzelnen nicht entgegen. Diese Ansicht wird durch eine Linie der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs implicite gestützt (6 Ob 546/94 = SZ 67/183 [Scheidungsfolgenvergleich]; 3 Ob 600/86 = SZ 59/170). Offenkundig deshalb wirft der Rechtsmittelwerber dem Erstgericht - wie erwähnt - in dritter Instanz insbesondere vor, über seine "prozessualen Möglichkeiten im Sinne des Paragraph 212, ZPO" nicht belehrt worden zu sein. Er behauptet in der Folge allerdings auch, dass "ein protokollierter Vergleich nur durch Unterfertigung wirksam" werde, ohne diese Rechtsansicht näher zu begründen. Insoweit ist bloß anzumerken, dass der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (auch) die Leitlinie zu entnehmen ist, ein gerichtlicher Vergleich komme "im Zweifel" erst mit Unterfertigung des Verhandlungsprotokolls durch die Parteien zustande (7 Ob 621/85 = SZ 58/151 mwN). Dagegen verfechten gewichtige Stimmen im Schrifttum den Standpunkt, ein solcher Vergleich setze nur korrespondierende Willenserklärungen im Zuge der mündlichen Verhandlung voraus, sodass er auch dann zustande komme, wenn die Parteien das den Vergleich beurkundende Verhandlungsprotokoll letztlich nicht unterschreiben (ausführlich Schragel in Fasching/Konecny² II/2 Paragraphen 204,, 206 ZPO Rz 26 f; siehe ferner Fasching, Lehrbuch² Rz 1351 f; Gitschthaler in Rechberger, ZPO² Paragraph 206, Rz 22 f je mwN aus Rsp und Lehre).

4. Der Zweitantragsteller hält im Revisionsrekurs an seiner Ansicht fest, der Scheidungsbeschluss sei deshalb nichtig, weil er das Verhandlungsprotokoll, in dem auch der gerichtliche Vergleich über die Scheidungsfolgen beurkundet wurde, nicht unterschrieben habe. Damit übergeht er die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, nach der die Rechtsmittelbeschränkungen gemäß § 519 Abs 1 ZPO auch in Außerstreitverfahren über Sachanträge oder sonstige Rechtschutzbegehren anzuwenden sind. Demzufolge kann eine bereits vom Rekursgericht verneinte Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz nicht nochmals mit Revisionsrekurs geltend gemacht werden (1 Ob 580/92 = SZ 65/84; siehe ferner RIS-Justiz RS0107248). Im Anlassfall ist somit die Verneinung der behaupteten Nichtigkeit erster Instanz durch das Rekursgericht endgültig und bindend. Im erörterten Punkt verneinte das Rekursgericht implizit aber auch einen Verfahrensmangel erster Instanz, begründete es doch im Detail, weshalb vor Gericht "ein gültiger Scheidungsvergleich nach § 55 Abs 2 EheG" zustandekam. Die unter 3. aufgeworfene Rechtsfrage bedarf somit keiner abschließenden Stellungnahme. Im Übrigen ist nur noch festzuhalten, dass das Verfahren auf Scheidung einer Ehe im Einvernehmen erst durch den Scheidungsbeschluss beendet wird. Die Unterfertigung des Verhandlungsprotokolls durch die Parteien ist - der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zufolge - jedenfalls kein Gültigkeitserfordernis für diesen Beschluss. Der Scheidungsbeschluss bleibt daher selbst dann wirksam, wenn gar kein Vergleich vorlag oder geschlossen wurde, der Vergleich inhaltlich unvollständig ist oder schließlich angefochten wird (6 Ob 546/94 = SZ 67/183; siehe ferner RIS-Justiz RS0057101).4. Der Zweitantragsteller hält im Revisionsrekurs an seiner Ansicht fest, der Scheidungsbeschluss sei deshalb nichtig, weil er das Verhandlungsprotokoll, in dem auch der gerichtliche Vergleich über die Scheidungsfolgen beurkundet wurde, nicht unterschrieben habe. Damit übergeht er die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, nach der die Rechtsmittelbeschränkungen gemäß Paragraph 519, Absatz eins, ZPO auch in Außerstreitverfahren über Sachanträge oder sonstige Rechtschutzbegehren anzuwenden sind. Demzufolge kann eine bereits vom Rekursgericht verneinte Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz nicht nochmals mit Revisionsrekurs geltend gemacht werden (1 Ob 580/92 = SZ 65/84; siehe ferner RIS-Justiz RS0107248). Im Anlassfall ist somit die Verneinung der behaupteten Nichtigkeit erster Instanz durch das Rekursgericht endgültig und bindend. Im erörterten Punkt verneinte das Rekursgericht implizit aber auch einen Verfahrensmangel erster Instanz, begründete es doch im Detail, weshalb vor Gericht "ein gültiger Scheidungsvergleich nach Paragraph 55, Absatz 2, EheG" zustandekam. Die unter 3. aufgeworfene Rechtsfrage bedarf somit keiner abschließenden Stellungnahme. Im Übrigen ist nur noch festzuhalten, dass das Verfahren auf Scheidung einer Ehe im Einvernehmen erst durch den Scheidungsbeschluss beendet wird. Die Unterfertigung des Verhandlungsprotokolls durch die Parteien ist - der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zufolge - jedenfalls kein Gültigkeitserfordernis für diesen Beschluss. Der Scheidungsbeschluss bleibt daher selbst dann wirksam, wenn gar kein Vergleich vorlag oder geschlossen wurde, der Vergleich inhaltlich unvollständig ist oder schließlich angefochten wird (6 Ob 546/94 = SZ 67/183; siehe ferner RIS-Justiz RS0057101).

Der Zweitantragsteller zeigt somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG auf, von deren Lösung die Entscheidung abhinge. Das führt zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses.Der Zweitantragsteller zeigt somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG auf, von deren Lösung die Entscheidung abhinge. Das führt zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses.

Anmerkung

E73088 1Ob67.04s

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0010OB00067.04S.0416.000

Dokumentnummer

JJT_20040416_OGH0002_0010OB00067_04S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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