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L82000 Bauordnung;Norm
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Khozouei, über die Beschwerde des Dr. PW in I, vertreten durch Czernich-Hofstätter-Guggenberger & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 4, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 3. November 2005, Zl. I-Präs-0043e/2005, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: MS in I, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2005, Zl. 2002/06/0174, verwiesen werden. Gegenstand des damaligen wie des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist ein Bauansuchen des Beschwerdeführers vom November 2001, zu dem der Beschwerdeführer neue Pläne und Berechnungen vom 19. April 2002 (eingelangt beim Stadtmagistrat Innsbruck am 22. April 2002; im Vorerkenntnis wird dabei von neuen Plänen vom 22. April 2002 gesprochen) "für den Umbau des Hauses" vorgelegt hat. Nach diesen Plänen entfielen die ursprünglich beantragten Zubauten im Bereich des Dachgeschoßes. Nach der von der MA III (Bau- und Feuerpolizei) erfolgten Baubeschreibung vom 14. Mai 2002 war u.a. Folgendes beabsichtigt:
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im Erdgeschoß sollte das Objekt um 60 cm nach Süden verrückt und statt der ursprünglichen schrägen Ausführung der Ecken des Gebäudes an der Ostfassade diese rechtwinkelig vorgenommen werden; weiters sollte die Terrasse im Südwesteck des Erdgeschoßes in der Grundrissform verändert werden;
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im Dachgeschoß sollte das Studio nach Süden verrückt und an der Ostseite ein Waschraum bis an die Fassadenkante des Erdgeschoßes angebaut werden.
Mit Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 24. Mai 2002 wurde dem Beschwerdeführer die beantragte Baubewilligung "nach Maßgabe der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Pläne und Projektunterlagen unter den Auflagen der Vorbescheide" erteilt.
Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Berufung des Rechtsvorgängers des Mitbeteiligten (der in dem damaligen Verfahren somit der Beschwerdeführer war), dessen Grundstück östlich an das Baugrundstück unmittelbar angrenzt, mit dem Bescheid vom 7. Oktober 2002 als unbegründet ab. Mit dem angeführten hg. Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Zu der vom Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten geltend gemachten Verletzung der durch den Bebauungsplan festgelegten talseitigen Wandhöhe von 10 m stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass dem Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten auf die Einhaltung der südseitigen Wandhöhe gemäß § 25 Abs. 3 lit. c TBO 2001 insoweit ein Nachbarrecht zukomme, als die südseitige Wandhöhe des Bauvorhabens einen unmittelbaren Einfluss auf die dem Baugrundstück zugewendete ostseitige Wand des Gebäudes des Rechtsvorgängers des nunmehrigen Mitbeteiligten haben könne. Dies treffe nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls auf die südöstliche Kante des verfahrensgegenständlichen Gebäudes zu. Weiters führte der Verwaltungsgerichtshof zur Einhaltung der talseitigen Wandhöhe des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens Folgendes aus:
"Gemäß dem im vorliegenden Fall anzuwendenden Bebauungsplan Nr. 60/ad ist talseitig eine Wandhöhe von maximal 10 m festgelegt. Nach dem wiedergegebenen § 62 Abs. 2 letzter Satz TROG 2001, der sich auf im Bebauungsplan festgelegte Wandhöhen bezieht, was aus den Regelungen des § 7 Abs. 1 und 2 TBO 2001 abgeleitet werden kann, ist im Falle einer Änderung des Geländes durch die Bauführung u.a. hinsichtlich der Wandhöhe vom Geländeniveau nach dieser Veränderung auszugehen. Aus den Planunterlagen betreffend die Südansicht kann das an diese Außenwand anschließende Geländeniveau, das für die Ermittlung dieser Wandhöhe maßgeblich ist, entnommen werden. Die Planunterlagen waren in dieser Hinsicht zur Verfolgung dieses Nachbarrechtes ausreichend.
Misst man die talseitige Wandhöhe des verfahrensgegenständlichen Gebäudes - wie dies in der Stellungnahme der Magistratsabteilung III, Planung und Baurecht, vom 12. Dezember 2001 dargelegt wurde - vom Geländeniveau senkrecht unterhalb der betrachteten Wandfläche (als jenem im Sinne des § 62 Abs. 2 TROG 2001 nach Bauführung bestehenden Geländeniveau), überschreitet die in der Südansicht dargestellte Außenwand schon bis zur Decke des Erdgeschoßes die festgelegten 10 m Wandhöhe. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob in die talseitige Wandhöhe nicht auch die südseitige Außenwand des ca. 4,2 m zurückversetzten Dachgeschoßes miteinzubeziehen ist. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang unzutreffend die Ansicht vertreten, dass die Wandhöhe vom gewachsenen Gelände (womit sie offensichtlich das Geländeniveau vor der Bauführung gemeint hat) zu messen ist."
Der Verwaltungsgerichtshof stellte auch fest, dass ein neues und eigenständiges Bauvorhaben vorliege und kein bloßer Umbau. Im Zusammenhang damit, dass ein neues Bauvorhaben vorlag, erachtete es der Verwaltungsgerichtshof auch als rechtswidrig, dass diesem Baubewilligungsverfahren gemäß § 24 Abs. 4 TBO 2001 kein hochbautechnischer Amtssachverständiger beigezogen worden war.
Im fortgesetzten Verfahren holte die belangte Behörde das Gutachten eines hochbautechnischen Amtssachverständigen, insbesondere zur Frage, ob aus den eingereichten Plänen vom 22. April 2002 ersichtlich sei, ob die im Bebauungsplan vorgesehene talseitige Wandhöhe eingehalten werde, ein. Dieser Sachverständige zog zu seiner Beurteilung (anders als das angeführte aufhebende hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2005) die Definition der Wandhöhe in § 2 Abs. 11 Tir. BauO heran. Nach dieser Bestimmung ist, wenn das Geländeniveau durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung geändert wurde, vom Gelände vor dieser Veränderung auszugehen. Ausgehend von diesem Geländeniveau lagen die von ihm festgestellten Wandhöhen an der Südfassade unter der vom Bebauungsplan festgelegten Wandhöhe von 10 m.
Der Mitbeteiligte verwies in seiner Stellungnahme dazu auf die bindende Wirkung des angeführten Erkenntnisses vom 22. Februar 2005 insbesondere im Hinblick auf die sich aus den Plänen ergebende talseitige Wandhöhe.
Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung des Mitbeteiligten Folge und änderte den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, dass das "zu Grunde liegende Bauansuchen" abgewiesen wurde. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, der Verwaltungsgerichtshof habe in dem Bindungswirkung entfaltenden angeführten hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2005 festgestellt, dass die in der Südansicht dargestellte Außenwand des Bauvorhabens schon bis zur Decke des Erdgeschoßes die im Bebauungsplan Nr. X/ad talseitig festgelegte Wandhöhe von 10 m überschreite. Die belangte Behörde habe die Wandhöhe zu Unrecht vom gewachsenen Gelände (offensichtlich gemeint in dem Sinne des Geländeniveaus vor der Bauführung) gemessen. Dem Mitbeteiligten sei beizupflichten, dass die belangte Behörde verpflichtet sei, bei Fällung des Ersatzbescheides die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes ihrer eigenen Entscheidung zu Grunde zu legen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie der Mitbeteiligte - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Die im § 63 Abs. 1 VwGG verankerte Bindung der Verwaltungsbehörden im fortgesetzten Verfahren an die in einem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes geäußerte Rechtsansicht besteht, solange sich seit Erlassung des mit dem Erkenntnis aufgehobenen Bescheides die Sach- und Rechtslage für die betroffene Angelegenheit nicht geändert hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1968, VwSlg. Nr. 3836/A).
Aus dem angeführten Vorerkenntnis vom 22. Februar 2005 ergab sich inhaltlich, dass die Wandhöhe der talseitigen Südfassade des Bauvorhabens, die in dem anzuwendenden Bebauungsplan festgelegt war, gemäß § 62 Abs. 2 letzter Satz Tir. RaumordnungsG 2001 vom Geländeniveau nach der Bauführung aus zu messen war. Ausgehend davon überschritt die südseitige Wand des Bauvorhabens, wie dies aus der Südansicht herausgemessen werden konnte, die festgelegten 10 m. Grundlage für die im angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung waren die vom Beschwerdeführer eingereichten, beim Stadtmagistrat Innsbruck am 22. April 2002 eingelangten Pläne. Das Bauansuchen in der Form dieser Pläne ist bis zur Entscheidung der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid unverändert geblieben. Die belangte Behörde hatte sich also mit keinem geänderten Bauvorhaben (insbesondere betreffend das Geländeniveau entlang der südseitigen Wand) auseinander zu setzen. Da es sich bei einem Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, kann der in der Beschwerde erwähnte Umstand, dass mittlerweile eine im Projekt nicht enthaltene Anschüttung entlang der Südfassade erfolgt sein soll, auch dann, wenn dies noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides geschehen sein sollte, keine Rolle spielen.
Weiters stellte der Verwaltungsgerichtshof auch bindend fest, dass dem Mitbeteiligten auch in Bezug auf die südseitige Wandhöhe ein Mitspracherecht gemäß § 25 Abs. 3 lit. c TBO 2001 insofern zukam, als die südöstliche Kante des Bauvorhabens einen unmittelbaren Einfluss auf die dem Baugrundstück zugewendete ostseitige Wand auf seinem Grundstück haben konnte. Ausgehend davon stand dem Mitbeteiligten nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ein Recht auf Einhaltung der für die Talseite des Gebäudes im Bebauungsplan festgelegten Wandhöhe zu. Für die Baubehörde bestand keine Befugnis, diesbezüglich eine eigenständige Beurteilung vorzunehmen.
Da vom Beschwerdeführer keine für die vorliegenden Angelegenheit bedeutende Änderung der Sach- und Rechtslage, die nach Aufhebung des Berufungsbescheides vom 7. Oktober 2002 durch den Verwaltungsgerichtshof eingetreten wäre, geltend gemacht wird und eine solche Änderung auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich ist, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. Mai 2007
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Gebäudehöhe BauRallg5/1/5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005060389.X00Im RIS seit
28.06.2007