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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §8;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2007/03/0118 E 12. September 2007Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde 1. des J L, 2. des A S, 3. der Wassergenossenschaft R, 4. des A Se und 5. des Ing. H L, alle in M, alle vertreten durch Mag. Gerd Pichler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 20, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 20. Februar 2007, Zl BMVIT-211.559/0001-IV/SCH1/2007, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Rohrleitungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Ausgehend von der Beschwerde und der angeschlossenen Bescheidausfertigung ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Bescheid der Erstbehörde vom 23. November 2006 war der Marktgemeinde Mittersill die Genehmigung zur Durchführung näher bezeichneter Hochwasserschutzmaßnahmen an der Salzach im Bereich der Querung der Transalpinen Ölleitung gemäß § 30 Rohrleitungsgesetz erteilt worden. Mit diesem Bescheid waren auch die gegen das Vorhaben im Verwaltungsverfahren eingebrachten Einwendungen der nunmehrigen Beschwerdeführer mangels Parteistellung zurückgewiesen worden.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Erstbescheid als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus: Dass einem nach § 30 Rohrleitungsgesetz durchzuführenden Verwaltungsverfahren außer dem Antragsteller andere Personen als Partei beizuziehen wären, könne weder dieser noch anderen Bestimmungen des genannten Gesetzes entnommen werden. Gemäß § 3 Rohrleitungsgesetz erwerbe ein Unternehmen mit Erteilung der Konzession die Berechtigung, Güter gewerbsmäßig in einer in ihren grundsätzlichen Trassierungsmerkmalen bereits vorherbestimmten Rohrleitungsanlage zu befördern. Gemäß § 14 Rohrleitungsgesetz bestehe die Verpflichtung, die Rohrleitungsanlagen nach den von der Wissenschaft und der Praxis jeweils anerkannten Regeln der Technik zu errichten, zu erhalten und entsprechend zu betreiben. Wenn wesentliche Voraussetzungen der Genehmigung zur Errichtung und Inbetriebnahme nicht mehr vorliegen, sei die Aufsichtsbehörde verpflichtet, die gänzliche oder teilweise Einstellung der Rohrleitungsanlage zu verfügen (§ 33 Abs 1 Z 1 Rohrleitungsgesetz). Die in § 30 Rohrleitungsgesetz normierte Verpflichtung Dritter, ihre Vorhaben, die die Sicherheit einer Rohrleitungsanlage oder ihres Betriebes beeinträchtigen könnten, vom zuständigen Landeshauptmann genehmigen zu lassen, sei vorgekehrt worden, um die im öffentlichen Interesse geforderte Sicherheit einer Rohrleitungsanlage und ihres Betriebes gegen aus Vorhaben Dritter resultierende Beeinflussungen abzuschirmen. Dadurch werde ein öffentliches Interesse geschützt, auch wenn sowohl Rohrleitungsunternehmen (angesichts der ihnen auferlegten Verpflichtung, einen der Genehmigung entsprechenden sicheren Betrieb zu führen) als auch Eigentümer von Liegenschaften im Nahbereich einer Rohrleitungsanlage (im Hinblick auf die Vermeidung von schädlichen Einwirkungen auf ihre Liegenschaft) ein faktisches Interesse daran hätten, dass die Realisierung von im § 30 Rohrleitungsgesetz angeführten Vorhaben Dritter nur nach Durchführung eines gesetzeskonformen Ermittlungsverfahrens genehmigt werde. Ein rechtliches Interesse sei diesen Personen aber vom Rohrleitungsgesetz weder ausdrücklich noch implizit zugestanden, weil die Beachtung öffentlicher Interessen "der zuständigen Behörde zugeordnet" werde und niemandem "ein rechtliches Interesse an der Handhabung des § 30 Rohrleitungsgesetz" eingeräumt sei. In einem Verfahren nach § 30 Rohrleitungsgesetz komme daher ausschließlich dem Antragsteller Parteistellung zu. Mangels Parteistellung seien die Beschwerdeführer zur Erhebung der Berufung nicht legitimiert gewesen, weshalb die dessen ungeachtet erhobene Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Mit dem durch Berufung der Beschwerdeführer angefochtenen Bescheid der Erstbehörde wurde über Anträge in einem Verfahren nach § 30 Rohrleitungsgesetz, BGBl Nr 411/1975 idF BGBl I Nr 115/2004, betreffend ein zum Schutz einer Rohrleitungsanlage bewilligungspflichtiges Vorhaben der Marktgemeinde Mittersill, abgesprochen. Von der belangten Behörde war daher lediglich zu prüfen, ob den Beschwerdeführern in diesem Verfahren Parteistellung zukam; nicht aber, ob ihnen Parteistellung in anderen Verfahren nach dem Rohrleitungsgesetz (vgl § 23 leg cit betreffend die Erteilung der Genehmigung zur Errichtung und Inbetriebnahme einer Rohrleitungsanlage) oder nach anderen Bestimmungen zukäme.
Der Hinweis der Beschwerdeführer auf § 23 Rohrleitungsgesetz, wonach im Verfahren zur Erteilung der Genehmigung zur Errichtung und Inbetriebnahme der Rohrleitungsanlage auch den in den Verzeichnissen gemäß § 18 Abs 2 Z 3 bis 7 leg cit bekannt zu gebenden Betroffenen und den Nachbarn Parteistellung zukommt, ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
§ 30 Rohrleitungsgesetz lautet:
"Bewilligungspflichtige Vorhaben Dritter
§ 30. (1) Zum Schutze von Rohrleitungsanlagen bedürfen Vorhaben Dritter, welche vermöge ihrer räumlichen Lage, ihrer Gefährlichkeit, ihres Verwendungszweckes oder des in ihnen ausgeübten Betriebes die Sicherheit einer Rohrleitungsanlage oder ihres Betriebes beeinträchtigen könnten, unbeschadet sonstiger Bewilligungen einer Genehmigung des Landeshauptmannes des Bundeslandes, in welchem das Vorhaben wirksam werden soll.
(2) Eine nach Abs. 1 erforderliche Genehmigung ist zu erteilen, wenn nach fachmännischer Voraussicht durch das Vorhaben keine Gefährdung der Rohrleitungsanlage oder ihres Betriebes zu erwarten ist.
(3) Von der Genehmigung nach Abs. 1 sind Vorhaben im Rahmen von Einsätzen des Bundesheeres gemäß § 2 Abs. 1 des Wehrgesetzes, BGBl. Nr. 181/1955, oder der Vorbereitung dieser Einsätze sowie die Errichtung und Erhaltung von Landesbefestigungsanlagen und militärischen Sperrvorsorgen ausgenommen."
Diese Bestimmung regelt die Parteistellung nicht explizit.
Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen, oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG kann nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, den die den Einzelfall regelnde materiell-rechtliche Norm auf den interessierenden Personenkreis entfaltet, es sei denn, dass der Gesetzgeber eine Parteistellung ausdrücklich regelt und damit die Prüfung des Falles entsprechend den Grundsätzen des § 8 AVG entbehrlich macht. Die Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren bestimmt sich demnach nach den in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Maßgebend ist, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt. Bloße wirtschaftliche Interessen, die durch keine Rechtsvorschrift zu rechtlichen Interessen erhoben werden, begründen keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren (vgl das hg Erkenntnis vom 4. Mai 2006, Zl 2006/03/0054, mwN).
Im Verfahren nach § 30 Rohrleitungsgesetz ist Aufgabe der Behörde die Prüfung des ihr vom Antragsteller unterbreiteten Vorhabens allein nach dem Gesichtspunkt der Sicherheit der Rohrleitungsanlage und ihres Betriebes (vgl das hg Erkenntnis vom 8. April 1988, Zl 88/18/0026). Die Behörde wird diesbezüglich im öffentlichen Interesse tätig, ohne dass etwa Nachbarn darauf ein Rechtsanspruch zustünde. Ein subjektives öffentliches Recht der Beschwerdeführer wird damit nicht begründet.
Soweit die Beschwerdeführer mit einer vermeintlichen "Unteilbarkeit" des Vorhabens, das Bestandteil des "gesamten Hochwasserschutzprojekt(s) Mittersill" sei, argumentieren, ist ihnen entgegenzuhalten, dass das anzuwendende Gesetz in § 30 ein gesondertes Verfahren "unbeschadet sonstiger Bewilligungen" vorsieht. Kann also ein von einem Dritten vorgesehener Bau die Sicherheit einer Rohrleitungsanlage oder ihres Betriebes beeinträchtigen, bedarf er einer Bewilligung nach § 30 Abs 1 Rohrleitungsgesetz. Andere bundes- oder landesrechtliche Vorschriften, die eine Bewilligung für vom Geltungsbereich des Rohrleitungsgesetzes erfasste Rohrleitungen vorsehen, bleiben gemäß § 1 Abs 3 leg. cit unberührt. Dies bedeutet, dass die Erteilung einer nach anderen Bestimmungen notwendigen Bewilligung vom Vorliegen einer Bewilligung nach § 30 leg. cit unabhängig ist (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Jänner 1986, Zl 85/06/0226).
Auch das Vorbringen der Beschwerdeführer, es wäre zwingend ein Verfahren nach dem UVP-G durchzuführen gewesen, ist nicht zielführend, handelte es sich bei dem mit dem Bescheid der Erstbehörde genehmigten Projekt doch nicht um die Errichtung einer Rohrleitungsanlage, aber auch nicht um Änderungen an dieser Anlage durch den Anlagenbetreiber. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer lag also ein "Vorhaben i.S. des § 3 UVPG iVm dessen Anhang 1 Z. 13" nicht vor.
Die belangte Behörde hat deshalb die Parteistellung der Beschwerdeführer zu Recht verneint, weshalb die Beschwerde, da schon ihr Inhalt erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war (§ 35 Abs 1 VwGG).
Wien, am 30. Mai 2007
Schlagworte
Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitParteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007030072.X00Im RIS seit
27.06.2007Zuletzt aktualisiert am
31.03.2011