TE OGH 2004/5/26 9Ob18/04v

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.05.2004
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Oswin Lukesch ua, Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Dietmar G*****, Beamter, *****, vertreten durch Dr. Peter Reitschmied, Rechtsanwalt in Neulengbach, wegen EUR 39.917,- sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30. September 2003, GZ 12 R 80/03b-21, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Inhaltliche Erfordernisse einer Garantie sind die Bestimmtheit des Begünstigten, des Garanten, des Dritten und des Erfolgs, für dessen Ausbleiben gehaftet wird (RdW 2000/710; SZ 68/64 mwN). Auch für künftige Verbindlichkeiten kann garantiert werden, sofern die erforderliche sachliche Eingrenzung erfolgt (RdW 2000/710 mwN).

Im hier zu beurteilenden Fall sind in der vom Beklagten abgegebenen Erklärung die Personen des Garantieverhältnisses, aber auch der Erfolg, für dessen Ausbleiben gehaftet wird, umschrieben, wobei die Schuld durch Nennung der beteiligten Personen und der zwischen ihnen bestehenden Geschäftsverbindung sowie durch den Rechtsgrund konkretisiert ist. Zudem ist die Haftung des Garanten mit einer ziffernmäßig angegebenen Obergrenze begrenzt. Unter diesen Umständen kann in der Rechtsauffassung der zweiten Instanz, die erforderliche sachliche Eingrenzung sei hier erfolgt, keine unvertretbare Fehlbeurteilung bei der Anwendung der von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs erarbeiteten Grundsätze erblickt werden (vgl dazu etwa die von Gamerith in Rummel, ABGB³ § 1351 Rz 4 und von Mader in Schwimann, ABGB² VII § 1351 Rz 6 angeführten Beispiele aus der Rechtsprechung).Im hier zu beurteilenden Fall sind in der vom Beklagten abgegebenen Erklärung die Personen des Garantieverhältnisses, aber auch der Erfolg, für dessen Ausbleiben gehaftet wird, umschrieben, wobei die Schuld durch Nennung der beteiligten Personen und der zwischen ihnen bestehenden Geschäftsverbindung sowie durch den Rechtsgrund konkretisiert ist. Zudem ist die Haftung des Garanten mit einer ziffernmäßig angegebenen Obergrenze begrenzt. Unter diesen Umständen kann in der Rechtsauffassung der zweiten Instanz, die erforderliche sachliche Eingrenzung sei hier erfolgt, keine unvertretbare Fehlbeurteilung bei der Anwendung der von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs erarbeiteten Grundsätze erblickt werden vergleiche dazu etwa die von Gamerith in Rummel, ABGB³ Paragraph 1351, Rz 4 und von Mader in Schwimann, ABGB² römisch VII Paragraph 1351, Rz 6 angeführten Beispiele aus der Rechtsprechung).

Sonstige Einwendungen gegen die Gültigkeit des Garantieversprechens hat der Beklagte nicht erhoben.

Geht man aber von der Wirksamkeit der vom Beklagten abgegebenen Garantieerklärung aus, kommt es auf die Frage, ob das "Zusammenziehen" mehrerer (von der Garantie erfasster) Kreditforderungen zu einer einzigen als Novation zu werten ist, nicht an. Nach dem klaren Wortlaut der Erklärung ist diese Kreditforderung in jedem Fall von der vom Beklagten übernommenen Garantie, die sich sowohl auf bestandene als auch auf künftig entstehende Kreditforderungen bezieht, erfasst.

Die Vorinstanzen haben die vom Obersten Gerichtshof und von der Lehre entwickelten Grundsätze zur Frage der Sittenwidrigkeit von Interzessionsverträgen naher Angehöriger richtig wiedergegeben. Danach sind Kriterien der Sittenwidrigkeit von Interzessionen erwachsener Familienangehöriger des Schuldners die inhaltliche Missbilligung des Interzessionsvertrages, die Missbilligung der Umstände seines Zustandekommens infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit sowie die Kenntnis bzw fahrlässige Unkenntnis des Kreditgebers von diesen Faktoren. Maßgebende Gesichtspunkte für die Beurteilung einer allfälligen Sittenwidrigkeit bei eingegangenen Verpflichtungen sind ein grobes Missverhältnis zwischen der Leistungsfähigkeit des Interzedenten und seiner Mithaftung, deren konkrete vertragliche Ausgestaltung, eine hoffnungslose Überschuldung des Hauptschuldners, die Verharmlosung des Risikos oder der Tragweite der Verpflichtung durch einen Mitarbeiter der Gläubigerin, die Überrumpelung des Angehörigen durch den Gläubiger, die Ausnützung seiner seelischen Zwangslage infolge seiner gefühlsmäßigen Bindung an den Hauptschuldner oder seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit von diesem, die geschäftliche Unerfahrenheit des Mithaftenden, das Fehlen eines wesentlichen Eigeninteresses am Zustandekommen des Vertrages, die Sinnlosigkeit der Haftung für den Gläubiger sowie die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Haftenden auf Seiten des Kreditgebers. Steht ein krasses Missverhältnis des Haftungsumfanges und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Interzedenten fest, bilden die für die Inhaltskontrolle sonst rechtserheblichen Gesichtspunkte ein bewegliches Beurteilungssystem (JBl 2000, 794 mit zahlreichen Nachweisen; RIS-Justiz RS0048312; RS0048309; RS0048300).

Die Anwendung dieser Rechtsprechung auf den konkreten Einzelfall ist keine iS § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage. Von einer krassen Fehlbeurteilung der zweiten Instanz, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit der Revision bewirken könnte, kann hier nicht die Rede sein.Die Anwendung dieser Rechtsprechung auf den konkreten Einzelfall ist keine iS Paragraph 502, Absatz eins, ZPO erhebliche Rechtsfrage. Von einer krassen Fehlbeurteilung der zweiten Instanz, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit der Revision bewirken könnte, kann hier nicht die Rede sein.

Zwar trifft es zu, dass die Klägerin davon wusste, dass der Beklagte nur über ein im Verhältnis zur übernommenen Haftung geringes Einkommen verfügte und dass ihr Mitarbeiter das mit der Haftung verbundene Risiko bagatellisierte, wobei allerdings nicht feststellbar war, dass sich der Hauptschuldner - eine GmbH - damals in finanziellen Schwierigkeiten befand. Sonstige gravierende Hinweise auf die Sittenwidrigkeit der übernommenen Haftung wurden aber vom Berufungsgericht in vertretbarer Weise verneint. Vor allem ist darauf zu verweisen, dass der Beklagte nicht für die Schuld seiner Schwester garantiert hat, sondern für die Schuld einer GesmbH, deren Alleingesellschafter er selbst war, wenngleich er die Geschäftsanteile treuhändig für seine Schwester innehatte. Dies bedeutet zum einen, dass der Beklagte als Alleingesellschafter - wenn auch nur als Treuhänder ohne wirtschaftlichen Einfluss - doch ein gewisses Eigeninteresse an der Kreditgewährung haben musste; zum anderen können vor diesem Hintergrund die von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze über die verdünnte Willensfreiheit des Interzedenten im Falle der Übernahme einer Haftung für einen nahen Angehörigen von vornherein - wenn überhaupt - nur beschränkt angewendet werden. Abgesehen davon hat das Berufungsgericht das vom Beklagten zur Untermauerung seiner Behauptungen über seine "verdünnte Willensfreiheit" ins Treffen geführte Verwandtschaftsverhältnis zu seiner Schwester auch aus einen anderen Grund relativiert: Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrmals klargestellt, dass bei Erwachsenen, in voneinander unabhängigen familiären und beruflichen Lebensbereichen befindlichen Geschwistern eine zur Verdünnung der Entscheidungsfreiheit führende seelische Zwangslage im Allgemeinen nicht angenommen werden kann. Das ausnahmsweise Vorliegen des Gegenteils wäre vom Interzedenten zu behaupten und zu beweisen (SZ 71/117; 8 Ob 300/99x). Diesen Beweis hat hier der Beklagte aber nicht erbracht. Vor diesem Hintergrund kann daher von einer unvertretbaren, die Zulässigkeit der Revision rechtfertigenden Fehlbeurteilung der zweiten Instanz nicht die Rede sein.

Textnummer

E73760

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0090OB00018.04V.0526.000

Im RIS seit

25.06.2004

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten