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19/05 Menschenrechte;Norm
FrPolG 2005 §60 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des D S, geboren 1978, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. März 2007, Zl. E1/98725/2007, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 12. März 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei nach seinen eigenen Angaben im Lauf des Jahres 2001 nach Österreich eingereist. Seit 15. Februar 2002 sei er im Bundesgebiet gemeldet. Von 21. Dezember 2001 bis 30. April 2002 habe er über eine Aufenthaltserlaubnis als Saisonarbeitskraft verfügt.
Am 8. August 2005 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens gemäß § 114 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Diese Verurteilung habe den Beschwerdeführer nicht davon abhalten können, neuerlich straffällig zu werden. Am 13. September 2006 sei er gemäß § 28 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 Suchtmittelgesetz sowie §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Er habe gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt. In der Zeit von Mai 2004 bis 17. Mai 2006 habe er insgesamt 5 bis 10 kg Haschisch und etwa 105 kg Marihuana, von Oktober 2003 bis Anfang 2004 weitere 25 kg Marihuana an teils bekannte und teils unbekannte Suchtgiftabnehmer weitergegeben. Überdies habe er im Mai 2006 verfälschte Dokumente, nämlich einen slowenischen Reisepass, einen slowenischen Führerschein sowie einen slowenischen Personalausweis, jeweils auf eine andere Person lautend, im Rechtsverkehr verwendet.
Auf Grund dieser Verurteilung bestehe kein Zweifel, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei.
Das gesamte Fehlverhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige die öffentliche Ordnung und Sicherheit in erheblichem Ausmaß, sodass die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbots gemäß § 60 Abs. 1 FPG gegeben seien.
Der Beschwerdeführer lebe seit 2001 im Bundesgebiet und verfüge hier angeblich über eine Lebensgefährtin, die er jedoch nicht näher bezeichnet habe. Das Aufenthaltsverbot sei mit einem Eingriff in das Privatleben verbunden, dieser sei jedoch zur Erreichung vom Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) dringend geboten und daher im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig. Das wiederkehrende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche augenfällig, dass er nicht gewillt sei, die maßgeblichen Rechtsvorschriften seines Gastlandes einzuhalten. Unabhängig von der Frage, ob dem Beschwerdeführer ein Strafaufschub zur Durchführung einer Suchtgifttherapie gewährt werde, könne schon in Ansehung der gewerbsmäßigen Tatbegehung und der Suchtgiftdelikten innewohnenden Wiederholungsgefahr keine positive Verhaltensprognose erstellt werden.
Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 2 FPG sei darauf Bedacht zu nehmen gewesen, dass sich der Beschwerdeführer seit mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet aufhalte. Die daraus ableitbare Integration werde in ihrer sozialen Komponente durch das strafbare Verhalten erheblich gemindert. Eine weitere Minderung ergebe sich daraus, dass sich der Beschwerdeführer seit 30. April 2002 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und sich zudem seit 18. Mai 2006 in Gerichtshaft befinde. Den - solcherart geschmälerten - privaten Interessen des Beschwerdeführers stünden die - hoch zu veranschlagenden - öffentlichen Interessen, insbesondere jenes an der Einhaltung der strafrechtlichen Normen, gegenüber. Bei Abwägung dieser Interessenlage gelange die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Auf Grundlage des unstrittig feststehenden Sachverhalts bestehen gegen die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt und die in § 60 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keine Bedenken.
2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und Abs. 2 FPG hat die belangte Behörde die Dauer des inländischen Aufenthalts seit 2001 sowie die vorgebrachte Beziehung zur - unstrittig nicht näher genannten - Lebensgefährtin berücksichtigt. Zutreffend hat die belangte Behörde die Integration des Beschwerdeführers einerseits auf Grund der massiven Straftaten und andererseits auf Grund der Umstände, dass sich der Beschwerdeführer seit 1. Mai 2002 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet und überdies seit 18. Mai 2006 in Strafhaft befindet, als erheblich gemindert angesehen.
Die Beschwerde beschränkt sich auf das Vorbringen, die belangte Behörde habe "nicht entsprechend berücksichtigt ..., dass ich seit längerem in Österreich lebe, hier eine Lebensgefährtin habe und sozial vollkommen integriert bin". Damit zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, welche konkreten, eine Verstärkung seiner Integration bewirkenden Umstände nicht berücksichtigt worden seien.
Angesichts der vom Beschwerdeführer auf Grund seiner Straftaten ausgehenden gravierenden Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität kann die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 14. Juni 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007180267.X00Im RIS seit
18.07.2007Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009