TE OGH 2004/5/26 7Ob90/04t

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Veröffentlicht am 26.05.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef N*****, vertreten durch Dr. Hubert Reif, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Johann Sch*****, vertreten durch Mag. Dr. Edwin Mächler, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 7.703,32 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 3. Dezember 2003, GZ 17 R 194/03d-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hartberg vom 28. Juli 2003, GZ 2 C 2364/02y-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 762,64 (hierin enthalten EUR 110,94 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Über Empfehlung eines Bekannten investierte der Kläger nach Kontaktnahme mit dem Beklagten, der eine Versicherungsagentur betrieb, in ein ausländisches Anlageprodukt den nunmehr mit Klage zurückgeforderten Betrag von EUR 7.703,32. Der Beklagte vertrieb dieses Produkt seit 1996 und hatte zu Beginn seiner Tätigkeit den Eindruck, dass die Form dieser Anlage seriös und risikolos sei, wobei die Anlage in den ersten Jahren auch zu 100 % funktionierte. Der Beklagte ging in der Folge davon aus, dass (für ihn) kein erhöhter Informationsbedarf (mehr) bestünde. Bei der Produktpräsentation in der zweiten Jahreshälfte 1998, bei welcher er den Kläger auch zu einem Fremdwährungskredit über S 1,000.000 gewinnen wollte, was dieser jedoch ablehnte, stellte der Beklagte das Produkt als "absolut sicher" und "durch eine Bankgarantie abgesichert" dar. Darüber, ob der Kläger, der in Bezug auf Veranlagungen ein Laie ohne Fachwissen war, das Wesen einer Bankgarantie überhaupt richtig einschätzen konnte, hat sich der Beklagte nicht vergewissert. "Mit Ausnahme von Gemeinplätzen, zB 'eine hundertprozentige Garantie im Leben gibt es für nichts' bzw 'auch eine Bank kann Pleite gehen', wies der Beklagte den Kläger nicht darauf hin, dass auch diese Anlage mit dem Risiko, dass das Kapital verloren gehen kann, verbunden ist." Auf einer vorgewiesenen Broschüre stand in übergroßer Schrift der Hinweis "Gewinne mit Sicherheit". Bei keinem der Gespräche wies der Beklagte den Kläger (und dessen Frau) darauf hin, dass die Möglichkeit besteht, dass der Kläger die eingesetzten S 100.000 (weitere S 6.000 Systemgebühr waren die Provision des Beklagten) verliert. Tatsächlich kam es in den Folgejahren zu Auszahlungsverzögerungen seitens des deutschen Anlagepartners, welche in ein Konkursverfahren und die Einleitung eines Strafverfahrens mündeten. Weder der Kläger (noch andere Anleger) haben bisher Gelder zurückerhalten. Nur aufgrund des ständigen Hinweises des Beklagten auf Deckung des Kapitals durch das Vorhandensein einer Bankgarantie war der Kläger bereit, seine gesamten "flüssigen" Ersparnisse - was auch dem Beklagten bekannt war - zu investieren.

Beide Vorinstanzen gaben dem auf Irrtum und Schadenersatz, unrichtige und sorgfaltswidrige Beratung sowie Aufklärung und Information gestützten Klagebegehren - mit Ausnahme eines in Rechtskraft erwachsenen Zinsenmehrbegehrens - statt. Das Berufungsgericht hat zunächst ausgesprochen, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei.

Über Antrag des Beklagten gemäß 508 ZPO änderte es diesen Ausspruch dahin ab, dass die Revision doch zulässig sei, weil dem Revisionswerber "durchaus zuzubilligen ist, dass dies [nämlich die Annahme fehlerhafter und damit haftungsbegründender Beratung] auch anders beurteilt werden könnte und überdies die Lösung dieser Frage über den vorliegenden Einzelfall hinausgehen könnte. Die Beantwortung der Frage, wieweit ein Anlageberater seinen Kunden bei einer zum Abschlusszeitpunkt funktionierenden Anlage informieren muss, scheint über den Einzelfall hinauszugehen."

Die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision mündet im Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher der Antrag gestellt wird, das Rechtsmittel des Gegners zurückzuweisen, hilfsweise diesem keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann er sich hiebei auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken.Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Gemäß Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO kann er sich hiebei auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Der Oberste Gerichtshof hat in vergleichbaren Haftungsfällen bereits mehrfach ausgesprochen, dass die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten, die von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig sind, welche sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageobjekt beziehen, stets entscheidend von den Umständen des Einzelfalles abhängt, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO begründen (2 Ob 2107/96h; 10 Ob 44/97m; 7 Ob 166/99h; 6 Ob 15/01a; 9 Ob 230/02t; RIS-Justiz RS0029601). Dies gilt sowohl für den Anlageberater als auch den Anlagevermittler (zur Unterscheidung siehe ausführlich 7 Ob 306/99x). Im vorliegenden Fall handelte es sich beim Kläger um einen von vorneherein auf besondere Vorsicht und Risikolosigkeit bedachten Kunden, der auch über den eingesetzten Geldbetrag hinaus - was dem Beklagten bekannt war - über keine sonstigen freien Barmittel verfügte, jedoch dessen ungeachtet sogar zu einem Fremdwährungskredit in zehnfacher Höhe bewogen werden sollte. Der Kläger war damit kein "spekulierender" Kunde (6 Ob 268/00f), der sich bewusst auf ein Risikogeschäft einließ oder einlassen wollte (7 Ob 140/02t). Außer "Gemeinplätzen" gab es seitens des Beklagten keinerlei konkrete Bedenklichkeitsäußerung. Der Beklagte sah nicht einmal für sich (offensichtlich wegen des sich ihm zunächst zeigenden Bildes "völliger Seriosität und Risikolosigkeit") Veranlassung zu erhöhtem Informationsbedarf, geschweige denn einen solchen seinen Kunden zukommen zu lassen. Wie bei derartigen Schadensfällen häufig, stand hinter dem Anlageprodukt ein Firmengeflecht ausländischer Gesellschaften (Slowenien, USA, Deutschland), wobei auch die den Kläger in Sicherheit wiegende sog Bankgarantie bezeichnenderweise nicht vorgelegt, sondern darauf nur per Folder und mündliche Zusagen verwiesen wurde.Der Oberste Gerichtshof hat in vergleichbaren Haftungsfällen bereits mehrfach ausgesprochen, dass die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten, die von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig sind, welche sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageobjekt beziehen, stets entscheidend von den Umständen des Einzelfalles abhängt, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO begründen (2 Ob 2107/96h; 10 Ob 44/97m; 7 Ob 166/99h; 6 Ob 15/01a; 9 Ob 230/02t; RIS-Justiz RS0029601). Dies gilt sowohl für den Anlageberater als auch den Anlagevermittler (zur Unterscheidung siehe ausführlich 7 Ob 306/99x). Im vorliegenden Fall handelte es sich beim Kläger um einen von vorneherein auf besondere Vorsicht und Risikolosigkeit bedachten Kunden, der auch über den eingesetzten Geldbetrag hinaus - was dem Beklagten bekannt war - über keine sonstigen freien Barmittel verfügte, jedoch dessen ungeachtet sogar zu einem Fremdwährungskredit in zehnfacher Höhe bewogen werden sollte. Der Kläger war damit kein "spekulierender" Kunde (6 Ob 268/00f), der sich bewusst auf ein Risikogeschäft einließ oder einlassen wollte (7 Ob 140/02t). Außer "Gemeinplätzen" gab es seitens des Beklagten keinerlei konkrete Bedenklichkeitsäußerung. Der Beklagte sah nicht einmal für sich (offensichtlich wegen des sich ihm zunächst zeigenden Bildes "völliger Seriosität und Risikolosigkeit") Veranlassung zu erhöhtem Informationsbedarf, geschweige denn einen solchen seinen Kunden zukommen zu lassen. Wie bei derartigen Schadensfällen häufig, stand hinter dem Anlageprodukt ein Firmengeflecht ausländischer Gesellschaften (Slowenien, USA, Deutschland), wobei auch die den Kläger in Sicherheit wiegende sog Bankgarantie bezeichnenderweise nicht vorgelegt, sondern darauf nur per Folder und mündliche Zusagen verwiesen wurde.

Wenn das Berufungsgericht - der Kasuistik des hier zu beurteilenden Einzelfalles folgend - den Beklagten für seine unvollständigen und letztlich auch unrichtigen "Beratungs"gespräche, welche zum Investitionsentschluss des Klägers führten, haftbar machte (RIS-Justiz RS0108073), so liegt darin jedenfalls keine im Interesse der Rechtssicherheit korrekturbedürftige Fehlbeurteilung vor (RIS-Justiz RS0106373). Bereits in der Entscheidung 6 Ob 81/01g hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass sowohl Anlageberater als auch Anlagevermittler den Anlageinteressenten gegenüber Schutz- und Sorgfaltspflichten treffen, sodass sie dann, wenn sie ein (typisches) Risikogeschäft als sichere Anlage hinstellen und dadurch den Anleger veranlassen, sich an einem solchen zu beteiligen, für fehlerhafte Beratung selbst dann haften, wenn sie selbst von der Seriosität des Anlagegeschäftes überzeugt gewesen sein sollten (RIS-Justiz RS0108074).

Die Revision ist daher ungeachtet des Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hatte auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels in seiner Revisionsbeantwortung zutreffend hingewiesen.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 41,, 50 ZPO. Der Kläger hatte auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels in seiner Revisionsbeantwortung zutreffend hingewiesen.

Textnummer

E73674

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0070OB00090.04T.0526.000

Im RIS seit

25.06.2004

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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