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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1997 §14 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner über die Beschwerde der D K in W, geboren 1977, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 8. November 2005, Zl. 314.304/2- III/4/04, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 8. November 2005 wurde der von der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, am 24. Oktober 2003 bei der Bundespolizeidirektion Wien gestellte Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl I Nr. 75, abgewiesen.
Dieser Antrag sei, weil der Wahlvater der Beschwerdeführerin, der österreichischer Staatsbürger gewesen sei, verstorben sei und sie daher keine "Begünstigteneigenschaft" mehr habe ableiten können, von der Bundespolizeidirektion Wien zuständigkeitshalber an den Landeshauptmann von Wien (die Erstbehörde) übermittelt worden, der ihn mit Bescheid vom 4. Juni 2004 gemäß § 14 Abs. 2 leg. cit. abgewiesen habe.
Die Beschwerdeführerin sei mit einem von der österreichischen Botschaft in Sarajevo ausgestellten, vom 21. Juni 2003 bis 18. September 2003 gültigen Visum C nach Österreich eingereist und seither im Bundesgebiet aufhältig. Im Zug dieses Aufenthalts habe sie ihren Wahlvater kennen gelernt. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 9. Oktober 2003 sei der am 30. Juli 2003 geschlossene Adoptionsvertrag genehmigt worden.
Da die Beschwerdeführerin noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung für das Bundesgebiet verfügt habe, sei ihr Antrag vom 24. Oktober 2003 als Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu werten. Auf Grund des Umstandes, dass ihr Wahlvater am 4. November 2003 verstorben sei, sei sie gemäß § 47 iVm § 49 FrG keine begünstigte Drittstaatsangehörige. Bei Erstanträgen sei § 14 Abs. 2 leg. cit. zu beachten.
Die Beschwerdeführerin habe den genannten Antrag im Inland gestellt und sei nach dem Tod ihres Wahlvaters im Bundesgebiet verblieben.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrem Antrag und ihrer Berufung enthalte keine Behauptung humanitärer Gründe im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG. Eine Überprüfung im Sinn dieser Gesetzesbestimmung sei von Amts wegen durchgeführt worden, und es sei festgestellt worden, dass kein besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt gegeben sei. Eine Inlandsantragstellung werde daher von Amts wegen nicht zugelassen.
Der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung sei daher gemäß § 14 Abs. 2 FrG abzuweisen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, sich seit ihrer im Jahr 2003 auf Grund eines Visums C erfolgten Einreise in Österreich aufzuhalten und bisher noch nie über einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt zu haben. Die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass es sich beim gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung um einen Erstantrag handle, begegnet daher keinen Bedenken.
Weiters stellt die Beschwerdeführerin nicht in Abrede, dass - nach der Stellung dieses Antrages am 24. Oktober 2003 - ihr Adoptivvater am 4. November 2003 verstorben ist.
1.2. Der Beschwerdeführerin kam auf dem Boden des angefochtenen Bescheides nach der gerichtlichen Genehmigung des Adoptionsvertrages zu Lebzeiten ihres österreichischen Adoptivvaters die Stellung einer begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinn des § 47 Abs. 3 Z. 2 FrG zu. Diese sie privilegierende Position hat sie mit dem Tod ihres Adoptivvaters verloren. Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. jüngst etwa das Erkenntnis vom 8. November 2006, Zl. 2006/18/0309, mwN) ist es einem Fremden, dem im Zeitpunkt der Stellung seines Antrages auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung auf Grund seiner aufrechten Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger die Rechtsposition eines begünstigten Drittstaatsangehörigen (vgl. § 47 Abs. 3 Z. 1 iVm § 49 Abs. 1 FrG) zukam und der daher gemäß § 14 Abs. 2 leg. cit. diesen Antrag im Inland stellen durfte, unter dem Blickwinkel dieser Gesetzesbestimmung ab dem Tod seines österreichischen Ehegatten verwehrt, das Verfahren über den genannten Erstantrag im Inland abzuwarten.
Entgegen der Beschwerdeansicht gilt diese Rechtsfolge auch im Fall eines Adoptivkindes eines österreichischen Staatsbürgers nach Vollendung des 21. Lebensjahres. Dies ergibt sich schon daraus, dass gemäß § 47 Abs. 3 Z. 2 FrG Verwandte eines EWR-Bürgers in absteigender Linie ab Vollendung des 21. Lebensjahres nur dann begünstigte Drittstaatsangehörige sind, sofern ihnen (vom EWR-Bürger) Unterhalt gewährt wird. Stirbt nun der EWR-Bürger, so kommt eine Unterhaltsgewährung durch ihn nicht mehr in Betracht, sodass die genannte Tatbestandsvoraussetzung nach § 47 Abs. 3 Z. 2 leg. cit. nicht erfüllt ist.
Abgesehen davon wurde vom Gesetzgeber mit der Privilegierung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen, den Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland stellen zu dürfen, bezweckt, die Fortführung eines bereits bestehenden Familienlebens der in § 47 Abs. 3 leg. cit. genannten Personen zu ermöglichen. Stirbt nun der EWR-Bürger ("die Bezugsperson des Fremden"), so fällt der Grund für eine solche Privilegierung weg.
Der Beschwerdeansicht, der Gesetzgeber habe beabsichtigt, dass auch nach dem Tod des österreichischen Staatsbürgers die begünstigte Stellung des Fremden aufrecht bleiben solle, kann somit nicht gefolgt werden.
1.3. Die Beschwerdeführerin war daher ab dem Zeitpunkt des Verlustes ihrer Stellung als begünstigte Angehörige eines Österreichers verpflichtet, die Entscheidung über den vorliegenden Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Ausland abzuwarten. Da sie jedoch weiterhin im Bundesgebiet aufhältig war, hat die belangte Behörde deren Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu Recht gemäß § 14 Abs. 2 FrG abgewiesen.
2. Entgegen der Beschwerdeansicht kommt bei Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 leg. cit. eine Ermessensentscheidung (unter Bedachtnahme auf die in § 8 Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien) nicht in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. April 2006, Zl. 2006/18/0061, mwN).
3. Schließlich kann auch keine Rede davon sein, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet habe.
Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass sie in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei, so kommt dieser Rüge schon deshalb keine Berechtigung zu, weil sie nicht darlegt, welches entscheidungswesentliche Vorbringen sie auf Grund der behaupteten Verletzung ihres Rechtes auf Parteiengehör zu erstatten nicht in der Lage war.
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 14. Juni 2007
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005180705.X00Im RIS seit
18.07.2007Zuletzt aktualisiert am
07.12.2011