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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des MP in W, geboren 1972, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. Februar 2007, Zl. E1/29503/2007, betreffend 1. Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung und
2. Zurückweisung einer Berufung gegen einen Aufenthaltsverbotsbescheid, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. Februar 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Bangladesch, vom 12. Dezember 2006 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist hinsichtlich des Bescheides der Bundespolizeidirektion Wien vom 16. September 2006, mit dem gegen ihn ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen und die Berufung § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.
Der Aufenthaltsverbotsbescheid der Erstbehörde sei dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 19. September 2006 zugestellt worden. Die gegen das Aufenthaltsverbot gerichtete Berufung und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist seien am 12. Dezember 2006 zur Post gegeben worden. Der Beschwerdeführer habe die Versäumung der Berufungsfrist sinngemäß damit begründet, dass sein Rechtsvertreter ihm am 21. September 2006 den Aufenthaltsverbotsbescheid im Postweg an seine damalige Adresse mit der Bemerkung übermittelt hätte, dass eine Berufung offen stünde und das Rechtsmittel mit 2. Oktober 2006 befristet wäre. Dieses Schreiben hätte ihn aber trotz der ansonsten sehr zuverlässigen Österreichischen Post nicht erreicht. Erst am 5. Dezember 2006 hätte er nach Zustellung des ablehnenden Bescheides im Zuge des Verfahrens zur Erteilung der Aufenthaltsbewilligung Kenntnis vom Aufenthaltsverbotsbescheid erlangt. Er wäre durch ein unabwendbares und unaufschiebbares Ereignis gehindert worden, fristgerecht gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid Berufung einzulegen.
Die belangte Behörde führte dazu aus, der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe diesem die Verständigung von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nur mittels unbescheinigter Postsendung zur Kenntnis gebracht bzw. zur Kenntnis bringen wollen. Gebe eine Partei oder deren Rechtsvertreter im Rechtsverkehr bedeutsame Schriftstücke nicht "eingeschrieben" zur Post, werde sie die damit verbundenen Beweisschwierigkeiten zu tragen haben. Liege ein ausdrückliches Verbot des Beschwerdeführers an seinen Vertreter, Berufung zu erheben, nicht vor, so hätte der Vertreter vorsorglich die Berufung erheben müssen. Der Beschwerdeführer habe grundsätzlich für die Handlungen und Unterlassungen seines anwaltlichen Vertreters einzustehen. Der Umstand, dass es offensichtlich auch interne Verständigungsprobleme zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsfreund gegeben habe, trete in den Hintergrund.
Der Aufenthaltsverbotsbescheid sei dem Vertreter des Beschwerdeführers am 19. September 2006 zugestellt worden. Trotzdem sei die Berufung erst am 12. Dezember 2006, somit lange nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, zur Post gegeben worden. Sie sei daher als verspätet zurückzuweisen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, die Frist einzuhalten, und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
2. Die Beschwerde zieht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen über den Zeitpunkt der Zustellung des Aufenthaltsverbotsbescheides und über das Verstreichen der Berufungsfrist nicht in Zweifel. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid sei versäumt worden, begegnet keinen Bedenken. Somit ist auch die wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages erfüllt.
3.1. Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer habe nicht vorhersehen können, dass ihn eine Postsendung seines Vertreters nicht erreichen würde. Bei Kenntnis des Bescheides hätte er seinem Vertreter den Auftrag zur fristgerechten Berufung gegeben. Wenn die belangte Behörde der Ansicht sei, dass sein Vertreter auch ohne ausdrücklichen Auftrag vorsorglich Berufung hätte einbringen können, so werde übersehen, dass die anwaltliche Tätigkeit grundsätzlich von der Vollmacht und auch von dem Auftrag des Mandanten abhängig sei. Die vorsorgliche Einbringung einer Berufung würde "anwaltlichen Rechten und Pflichten" widerstreiten.
3.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes treffen die Folgen eines Versehens des Rechtsanwaltes den Antragsteller. Der Vertretene hat grundsätzlich für die Handlungen und Unterlassungen seines Vertreters einzustehen. Eine vom Vertreter verschuldete Fristversäumnis muss daher dem Vertretenen zum Verschulden angerechnet werden. So bildet die (bloße) Untätigkeit eines Vertreters im Allgemeinen keinen Wiedereinsetzungsgrund, es sei denn, der Machthaber wäre seinerseits durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert gewesen, die Frist einzuhalten.
Dazu enthält die Beschwerde aber kein taugliches Vorbringen. Sie stützt sich lediglich darauf, dass der an den Vertreter zugestellte Aufenthaltsverbotsbescheid von diesem nicht (erfolgreich) an den Beschwerdeführer weitergeleitet worden sei. Der geltend gemachte Umstand, "dass die anwaltliche Tätigkeit grundsätzlich von der Vollmacht und auch dem Auftrag des Mandaten abhängig ist" bzw. dass der Rechtsvertreter ohne ausdrücklichen Auftrag seines Mandanten keine Berufung erheben wollte, stellt kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinn des Gesagten dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2005, Zl. 2003/18/0184). Mangels Dartuung eine tauglichen Wiedereinsetzungsgrundes hat die belangte Behörde dem Wiedereinsetzungsantrag zutreffend den Erfolg versagt (vgl. auch die hg. Beschlüsse vom 4. Dezember 1996, Zl. 96/21/0914, vom 13. März 1997, Zl. 97/18/0098, und vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0270).
4. Die Zurückweisung der verspäteten Berufung erfolgte nach dem Gesagten (oben 2.) ebenfalls zu Recht.
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich auch eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 14. Juni 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007180222.X00Im RIS seit
24.07.2007