Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Mai 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fuchs als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stefan N***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. Februar 2004, GZ 23 Hv 6/04w-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Stefan N***** vom Anklagevorwurf, er habe zwischen dem 28. Februar und dem 11. Dezember 2002 in Innsbruck die ihm als Angestelltem der H***** AG durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich missbraucht und der H***** AG einen 40.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, dass er unter Missachtung des ihm eingeräumten Pouvoirs auf Risiko der H***** AG Devisen kaufte und verkaufte und dadurch einen Verlust von ca 5,7 Millionen Euro erwirtschaftete, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Dem Urteilssachverhalt zufolge wurde vom Angeklagten zwar die ihm eingeräumte Pouvoirgrenze wissentlich überschritten und dabei der Eintritt eines Vermögensschadens ernstlich für möglich gehalten. Er fand sich mit einem Schadenseintritt aber nicht ab, weil er bis zuletzt darauf vertraute, durch die Fortsetzung der Geschäfte einen die vorangegangenen Verluste abdeckenden Gewinn zu erzielen.
Rechtliche Beurteilung
Die Staatsanwaltschaft bekämpft den Freispruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch ihr Ziel verfehlt.
Die der Sache nach geltend gemachte Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) liegt nicht vor. Die in der Beschwerde zitierte Aussage des Zeugen Andreas P***** (wonach der Devisenhandel ein riskantes Geschäft sei, ein Devisenhändler daher immer mit Verlusten rechnen müsse) fand ohnedies Eingang in die beweiswürdigenden Erwägungen des Erstgerichtes (US 9). Die dazu von der Staatsanwaltschaft vorgebrachte Behauptung, aus den Beweisergebnissen hätten auch andere als die vorliegenden Schlüsse gezogen werden können, zeigt keinen formellen Begründungsmangel auf (RIS-Justiz RS0114524).
Die Feststellung, wonach sich der Angeklagte mit dem Eintritt eines Vermögensschadens nicht abfand, weist entgegen dem (diesbezüglich unsubstanziierten) Beschwerdevorbringen keine Widersprüchlichkeit auf. Der Ausspruch des Gerichtshofes über entscheidende Tatsachen ist nur dann iSd § 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO "mit sich selbst im Widerspruch", wenn entweder zwischen Feststellungen (in den Entscheidungsgründen) und deren zusammenfassender Wiedergabe im Urteilsspruch (dazu näher 13 Os 14/04) oder zwischen zwei oder mehr Feststellungen (in den Entscheidungsgründen) oder zwischen Feststellungen und den dazu in der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen oder zwischen in der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen ein Widerspruch besteht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 437). Ein solcher Fehler des Urteils wird aber mit dem Einwand, der "Ausspruch des Erstgerichtes über das Nichtvorliegen eines zumindest bedingten Schädigungsvorsatzes" sei "widersprüchlich", nicht aufgezeigt.
Die Länge des Zeitraumes, in dem Verluste eintraten, haben die Tatrichter der Beschwerde zuwider keineswegs übersehen (US 5). Die von der Staatsanwaltschaft selektiv hervorgehobenen Aussagen des Angeklagten über die Hoffnung auf baldigen Ausgleich der Verluste bedurften angesichts der weiteren Verantwortung, er habe "weitere Devisengeschäfte abgeschlossen", in der Hoffnung, dass er gewinnen könne (S 65/II), keiner noch eingehenderen Erörterung als der ohnedies vorliegenden (US 9).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der ausführlichen Stellungnahme der Generalprokuratur bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO).
Textnummer
E73639European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0150OS00051.04.0527.000Im RIS seit
26.06.2004Zuletzt aktualisiert am
15.10.2010