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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, in der Beschwerdesache der E P, (geboren 1965), vertreten durch Dr. Stefan Eigl, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lederergasse 33b, gegen den Bundesminister für Inneres, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer fremdenpolizeilichen Angelegenheit, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer mit 9. Mai datierten und am selben Tag zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde vor, dass gegen sie mit mündlich verkündetem Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. November 2005 ein auf zwei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei. Am 1. Dezember 2005 habe sie einen Antrag auf Ausstellung einer schriftlichen Ausfertigung gestellt und am 13. Dezember 2005 (rechtzeitig) Berufung an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich gegen den besagten Bescheid erhoben.
Nachdem innerhalb eines halben Jahres keine Entscheidung über die Berufung getroffen worden wäre, habe der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 22. Juni 2006 ein Telefonat mit dem zuständigen Sachbearbeiter der genannten Sicherheitsdirektion geführt. Dem Rechtsvertreter sei mitgeteilt worden, dass die belangte Behörde auch in der nächsten Zeit nicht dazu kommen würde, diesen Akt zu bearbeiten, und es der Beschwerdeführerin frei stehen würde, einen Devolutionsantrag zu stellen. Dieser Antrag sei mit gleichem Tag erfolgt, gerichtet an (wie sich aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten, ihre Sache betreffenden Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 7. Mai 2007 ergibt) den Bundesminister für Inneres.
Mit dem genannten Bescheid vom 7. Mai 2007 sprach der besagte Unabhängige Verwaltungssenat auf dem Boden der § 66 Abs. 4 iVm § 6 Abs. 1 AVG aus, dass er zur Entscheidung über die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz erhobenen Berufung sachlich nicht zuständig sei (Spruchpunkt I) und dass der Devolutuionsantrag der Beschwerdeführerin an das Bundesministerium für Inneres weitergeleitete werde (Spruchpunkt II). Diesem Bescheid lässt sich auch entnehmen, dass der Bundesminister für Inneres dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 23. April 2007 "die Rechtssache .. unter Bezugnahme auf § 9 FPG ... zuständigkeitshalber übermittelt" hat.
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, dass damit sowohl die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich als auch der Bundesminister für Inneres untätig geblieben seien und bislang keine Entscheidung der zuständigen Stellen ergangen sei. Die einzige Entscheidung, die ergangen sei, sei die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich, wonach dieser für die Entscheidung über die Berufung sachlich nicht zuständig sei.
2.1. Zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde ist gemäß Art. 132 B-VG berechtigt, wer in einem Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Die Beschwerde kann gemäß § 27 VwGG erst dann erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrags auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von der Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten (sofern - vorliegend nicht maßgeblich - keine längere oder kürzere Frist gesetzlich vorgesehen ist) über die Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der einzubringen war.
2.2. Nach der hg. Rechtsprechung bewirkt die Weiterleitung eines Anbringens gemäß § 6 AVG das Erlöschen der Entscheidungspflicht der weiterleitenden Behörde und trifft mit dem Einlangen des weitergeleiteten Antrags bei der "zuständigen" Behörde diese die Entscheidungspflicht. Diese Rechtswirkungen treten unabhängig davon ein, ob die Weiterleitung rechtens erfolgt ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 28. Jänner 2003, Zl. 2000/18/0031 sowie die weitere bei Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 6. Auflage, 2004, zu § 6 Abs. 1 AVG in E 26 zitierte Judikatur).
3. Auf dem Boden dieser Rechtslage bewirkte die Weiterleitung der in Rede stehenden Anbringen der Beschwerdeführerin an den Unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 6 AVG das Erlöschen der Entscheidungspflicht des Bundesministers. Mit der Erlassung seines Bescheides vom 7. Mai 2007 endete auch die Entscheidungspflicht des seine Zuständigkeit spruchmäßig verneinenden Unabhängigen Verwaltungssenats. Ab dem Einlangen der von ihm retournierten Anbringen der Beschwerdeführerin beim Bundesminister für Inneres entsteht die Entscheidungspflicht des Bundesministers von Neuem. Da aber - gerechnet von der Erlassung des Bescheids vom 7. Mai 2007 - von einem Verstreichen der im § 27 Abs. 1 VwGG vorgesehenen sechsmonatigen Frist keine Rede sein kann, ist eine Säumnis des Bundesministers im Sinn des § 27 Abs. 1 VwGG bislang nicht eingetreten.
4. Daraus folgt, dass die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Unbeschadet dessen ist der Vollständigkeit halber mit Blick auf den besagten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich darauf
hinzuweisen, dass Staatsangehörige von Rumänien mit 1. Jänner 2007 EWR-Bürger wurden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2007, Zl. 2006/18/0328).
Wien, am 14. Juni 2007
Schlagworte
Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungWeiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des EinschreitersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007180273.X00Im RIS seit
06.09.2007Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017