TE Vfgh Beschluss 2002/11/25 B1577/99

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Veröffentlicht am 25.11.2002
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Index

L5 Kulturrecht
L5500 Baumschutz, Landschaftsschutz, Naturschutz

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Gegenstandslosigkeit
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Krnt NaturschutzG §26
VfGG §19 Abs3 Z3

Leitsatz

Einstellung des Beschwerdeverfahrens gegen die Versagung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für das Fällen von Bäumen auf einem Grundstück; keine Legitimation der ursprünglichen Grundstückseigentümer angesichts der dinglichen Natur der aus einem Bescheid betreffend eine Nutzungsbewilligung abzuleitenden Rechte und Pflichten; Erklärung der neuen Eigentümer betreffend Nichtfortsetzung des Verfahrens

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Villach wies den Antrag der ursprünglichen Beschwerdeführer, damals Eigentümer des Grundstücks Nr. 775/1 EZ 63 GB Velden am Wörthersee, auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für das Fällen sämtlicher auf diesem Grundstück befindlichen Bäume mit Bescheid vom 4. Dezember 1998 ab. Das in Rede stehende Grundstück liege innerhalb des Bereiches, der durch die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 19. November 1997, Zl. 7.677/3/97-3, auf der Grundlage des §26 Abs1 Kärntner Naturschutzgesetz zum geschützten Grünbestand erklärt worden sei. Gemäß §3 Abs1 lita dieser Verordnung bedürfe innerhalb des geschützten Grünbestandes jedes Fällen von Sträuchern und Gehölzen einer Bewilligung, deren Voraussetzungen nicht vorlägen. Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem bekämpften Bescheid als unbegründet ab.

1.2. Dagegen richtet sich die Beschwerde, in der die Beschwerdeführer die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behaupteten.

1.3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor.

1.4. Die Bezirkshauptmannschaft Villach legte die Akten betreffend das Zustandekommen der zitierten Verordnung vor.

2. Der Verfassungsgerichtshof beschloss aus Anlass einer anderen, zu B555/99 protokollierten Beschwerde die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Widmung des in Rede stehenden Grundstücks im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Velden. Gemäß einem in diesem, zu V29/02 protokollierten Verfahren vorgelegten Grundbuchsauszug wurde mit Rang vom 28. September 1999 (Kaufvertrag) - nach Einbringung der Beschwerde - das Eigentumsrecht ua. an dem in Rede stehenden Grundstück für P. R. und J. F. einverleibt.

3. Die neuen Liegenschaftseigentümer erklärten über Ersuchen des Verfassungsgerichtshofs binnen offener Frist, das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht fortsetzen zu wollen.

4. Die früheren, die Beschwerde einbringenden Liegenschaftseigentümer erstatteten eine Äußerung, in der sie ausführten, ungeachtet des Verkaufs sei ein Rechtsschutzinteresse gegeben, da sie "je nach dem Verfahrensausgang Schadensersatzansprüche gegen die Gemeinde und/oder das Land Kärnten geltend machen" würden.

II. 1. Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist die auch zum Zeitpunkt seiner Entscheidung erforderliche Beschwerdelegitimation nur dann gegeben, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei verletzt worden sein kann, mithin, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre berühren, der Bescheid also subjektive Rechte (oder Pflichten) begründet, verändert oder feststellt (VfSlg. 8746/1980 mwH, VfGH vom 9. Oktober 2002, B555/99). Gerade davon kann bei den Beschwerdeführern seit der - erst nach der Beschwerdeeinbringung - erfolgten Übertragung ihres Liegenschaftseigentums nicht mehr gesprochen werden.

Mit der Nichterteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung des Fällens von Bäumen auf einem bestimmten Grundstück hat die belangte Behörde über eine auf eine Sache bezogene Nutzungsbewilligung abgesprochen. Die aus solchen Bescheiden abzuleitenden Rechte und Pflichten sind "dinglicher Natur" (vgl. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, RZ 1164, 1166 mwN). Das bedeutet für die Beschwerdesache, dass die Bescheidwirkungen nicht mehr die ursprünglichen Beschwerdeführer sondern ausschließlich die nunmehrigen Liegenschaftseigentümer treffen, der Bescheid also die Rechtssphäre der Voreigentümer nicht mehr berührt. Wenn die früheren Liegenschaftseigentümer auf allfällige Schadenersatzansprüche verweisen, so legen sie damit keine fortdauernde Berührung ihrer Rechtssphäre durch den angefochtenen Bescheid dar. Daraus ergibt sich weiters für das verfassungsgerichtliche Beschwerdeverfahren, dass die prozessualen Rechte der beschwerdeführenden Parteien nicht mehr den bisherigen Beschwerdeführern sondern den Rechtsnachfolgern im Grundeigentum zukommen. Die neuen Liegenschaftseigentümer sind befugt, den Rechtsstreit in der gegebenen Verfahrenslage als beschwerdeführende Parteien fortzusetzen (vgl. VfSlg. 13.728/1994). Ob es hiezu - im Hinblick auf die angeordnete sinngemäße Anwendung von Bestimmungen der ZPO (§35 Abs1 VerfGG 1953) - einer besonderen Prozesshandlung der neuen Grundstückseigentümer bedürfte oder ob deren Eintritt in das Verfahren ex lege anzunehmen wäre, kann dahinstehen, da die abgegebene Erklärung der neuen Eigentümer, das vor dem Verfassungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren nicht fortsetzen zu wollen, im ersten Fall als Weigerung, in das Verfahren einzutreten, im anderen Fall aber als Zurückziehung der Beschwerde zu werten wäre (VfSlg. 9423/1982, VfGH vom 9. Oktober 2002, B555/99).

Das Verfahren war daher einzustellen.

2. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z3 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Auslegung eines Antrages, Bescheid in rem-Wirkung, Naturschutz, Landschaftsschutz, Eingriffe bewilligungspflichtige, VfGH / Gegenstandslosigkeit, VfGH / Legitimation, VfGH / Zurücknahme, Bescheid dinglicher

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B1577.1999

Dokumentnummer

JFT_09978875_99B01577_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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