TE OGH 2004/6/21 10Ob30/04s

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Veröffentlicht am 21.06.2004
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Dennis L*****, Architekt, *****, vertreten durch Dr. Dagmar Arnetzl, Dr. Maximilian Geiger, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. V***** Aktiengesellschaft, *****, und 2. Mag. Johann S*****, beide vertreten durch Klaus und Quendler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Klagenfurt, wegen EUR 381.604,62 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 3. Februar 2004, GZ 5 R 184/03y-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 11. August 2003, GZ 26 Cg 281/01x-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt, die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Bezahlung von EUR 381.604,62 (ATS 5,250.994) sA an ihn zur ungeteilten Hand zu verpflichten.

Zur Begründung seines Begehrens brachte er zunächst im Wesentlichen vor, dass er im Zeitraum von September 1999 bis Juli 2000 über Auftrag der erstbeklagten Partei, einer Brauerei-Aktiengesellschaft, und in enger Zusammenarbeit mit dem Zweitbeklagten (dem Vorstandsdirektor der erstbeklagten Partei) Vermittlungstätigkeiten und Architektenleistungen für das Projekt "Freizeit Total S*****" ("S***** Erlebnis-World") in K***** erbracht habe. Am 27. 3. 2000 sei zwischen einem Vertreter der I***** Gesellschaft mbH (in der Folge "I***** GmbH"), nunmehr S***** AG, Dr. Andreas K*****, und dem Zweitbeklagten eine Vereinbarung über dieses Projekt geschlossen worden, wobei die I***** GmbH mit mündlichem Kaufvertrag die laut Konzept mit A und B bezeichneten Grundflächen im Gesamtausmaß von ca 24000 m² und eine weitere Grundfläche von ca 20000 m² von der erstbeklagten Partei um einen Mischpreis von ATS 1.000/m² erworben und für den Erwerb des Grundstücks C eine Option auf die Dauer von 5 Jahren zu einem nach dem VPI indexierten Kaufpreis von ATS 1.500/m² erhalten habe, die in der Folge durch ein Vorkaufsrecht ersetzt worden sei. Weitere Grundstücke sollten einer Umwidmung zugeführt werden, wobei für diese vorweg ein Kaufpreis von ATS 100/m² vereinbart worden sei. Der Zweitbeklagte haben gegenüber dem Kläger und Dr. Andreas K***** mehrfach und unmissverständlich festgehalten, dass die erforderlichen Zustimmungen (des Aufsichtsrats der erstbeklagten Partei) vorlägen,

Tatsächlich sei die Umsetzung des Projekts dadurch vereitelt worden, dass entgegen der von den beklagten Parteien der I***** GmbH zugesicherten Exklusivität der Vertragsverhandlungen Parallelverhandlungen geführt worden seien, weshalb der "Investor und weitere Auftraggeber", die I***** GmbH, von der Realisierung des Projekts Abstand genommen habe. Die erstbeklagte Partei hafte dem Kläger für ihr rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten, der Zweitbeklagte für die abgegebenen Zusicherungen und Erklärungen, wonach für das Projekt Exklusivität zugunsten der I***** GmbH bestanden habe und bereits Genehmigungen für die Kaufverträge und die Projektabwicklung durch den Aufsichtsrat der erstbeklagten Partei vorgelegen seien. Als ihm dadurch entstandene Schäden machte der Kläger geltend:

Laut Rechnung vom 3. 8. 2000 "für die städtebauliche

Konzeptgestaltung

2 % des vereinbarten Kaufpreises" (brutto)      S 1,854.226,--

(auch bezeichnet als "vereinbarte

Vermittlungsprovision Brauerei/Kläger 2 %"

oder "vereinbarte Vermittlungsprovision

S*****/Kläger 2 %")

Entgangenes Architektenhonorar S*****/Kläger

für erbrachte Architektenleistungen             S 3,396.768,--

                                                S 5,250.994,--

Die beklagten Parteien wandten im Wesentlichen ein, dass der Zweitbeklagte passiv nicht legitimiert sei, weil er zum Kläger in keiner Rechtsbeziehung gestanden sei, sodass ihm auch keine Verletzung allfälliger vorvertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten anzulasten sei. Weder die erstbeklagte Partei noch der Zweitbeklagte hätten den Kläger mit der Erstellung eines konkreten Konzepts bzw einer Studie und der Investorsuche für das Projekt beauftragt. Insbesondere sei kein Honoraranspruch in Höhe von 2 % des Kaufpreises vereinbart worden, zumal die Fläche der zu kaufenden Grundstücke noch gar nicht ermittelt gewesen sei. Daraufhin stützte der Kläger seinen Anspruch auch darauf, dass die beklagten Parteien beim Kläger am 13. 5. 1998 ein städtebauliches architektonisches Gesamtkonzept für das S*****-Areal inklusive Bestandsaufnahme der S*****-Brauerei in Auftrag gegeben und sogar Teilzahlungen hiefür erbracht hätten. Das Projekt habe ein Volumen von rund ATS 400,000.000 aufgewiesen. Nach der Gebührenordnung für Architekten (in der Folge GOA) stünden dem Kläger 2 % hievon als Honorar zu. Die Bestandsaufnahme sei bis Juli 1998 abgeschlossen gewesen und hierauf Rechnung über brutto ATS 540.000 gelegt worden, die auch bezahlt worden sei. In der Folge sei der Kläger von den beklagten Parteien am 28. 7. 1998 zusätzlich mit der Planung des Gesamtkonzepts und der Investorsuche beauftragt worden. Da der Kläger einen Investor gefunden habe, sei mit dem Zweitbeklagten eine Vermittlungsprovision von 2 % vom Kaufpreis vereinbart worden. Die I***** GmbH habe am Kauf und der Entwicklung des S*****-Areals nur unter der Bedingung Interesse gehabt, dass es keine parallel dazu geführten Entwicklungsvarianten geben dürfe, womit auch der Zweitbeklagte im Namen der erstbeklagten Partei einverstanden gewesen sei.

Da die I***** GmbH von der weiteren Verfolgung des Projekts Abstand genommen habe, weil die beklagten Parteien vereinbarungswidrig mit einem anderen Interessenten Verhandlungen geführt hätten und der Aufsichtsrat der erstbeklagten Partei gefordert habe, dass diesbezüglich ein Anbotsverfahren abzuwickeln sei, habe der Kläger eine Abrechnung der noch offenen Aufträge gegenüber der erstbeklagten Partei vorgenommen.

Der begehrte Betrag von ATS 1,854.226 brutto errechne sich aus 2 % von einem Gesamtkaufpreis (der Grundstücke) von ATS 77,259.400 zuzüglich 20 % USt. Das Architektenhonorar ergebe sich nach der GOA dadurch, dass bei einer Nutzfläche von rund 37.800 m² und Kosten von ATS 12.500/m² (Erfahrungswert) Gesamtbaukosten von ATS 472,500.000 bei einem Ausbauverhältnis von 70/100 als Mittel von Neubau und Umbau der Altsubstanz zu veranschlagen seien. Hieraus errechne sich ein Honorar für Planungsleistungen von ATS 26,958.487,50, für den Vorentwurf stünden dem Kläger hievon 10 %, somit ATS 2,695.848,75 zuzüglich eines Nebenkostenpauschales von 5 % (ATS 134.792) und 20 % Umsatzsteuer, insgesamt daher ATS 3,396.768,90 zu.

Die beklagten Parteien entgegneten noch, dass der Zweitbeklagte den Kläger nur aufgefordert habe, sich in grundsätzlicher Art im Sinne eines "Brainstormings zur Ideenfindung" Gedanken über das S*****-Areal zu machen. Dafür habe die erstbeklagte Partei dem Kläger ATS 450.000 zuzüglich 20 % USt bezahlt. Vereinbart sei noch worden, dass der Kläger, falls die I***** GmbH Grundstücke des besagten Areals kaufe, von der erstbeklagten Partei 2 % als Vermittlungsprovision erhalte, wobei der Kläger Kenntnis davon gehabt habe, dass ein Liegenschaftsverkauf der erstbeklagten Partei der Genehmigung ihres Aufsichtsrates bedürfe. Zu einem Verkauf sei es nie gekommen. Eine "Exklusivität der Vertragsverhandlungen" sei der I***** GmbH nie zugesagt worden, was auch dem Kläger bekannt gewesen sei. Weder die erstbeklagte Partei noch der Zweitbeklagte hätten daher dem Kläger durch ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten einen Vermögensschaden zugefügt.

Der Kläger ergänzte sein Vorbringen noch dahin, dass ihm der vereinbarte Provisionsanspruch auch deshalb zustehe, weil er für den Verkauf der Liegenschaften von der erstbeklagten Partei an die I***** GmbH verdienstlich geworden sei und die beklagten Parteien durch ihre Weigerung, den Vertrag zu unterschreiben, den Verkauf verhindert hätten, der nach Ansicht des Klägers aber ohnehin zustande gekommen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegenüber beiden Beklagten ab.

Es traf folgende Feststellungen:

"Über das Vermögen des Klägers wurde mit Beschluss des Landesgerichtes K***** vom 30. 10. 2000 zu 40 S 225/00d das Konkursverfahren eröffnet. Der in diesem Konkursverfahren bestellt gewesene Masseverwalter Mag. Hannes G***** .... hat die nunmehr vom Kläger erhobenen Provisionsansprüche gegenüber den beklagten Parteien im Rahmen des Konkursverfahrens niemals betrieben.

Außer Streit steht auch, dass der Kläger mit dem Zweitbeklagten seit vielen Jahren gut bekannt ist und der Kläger seit 1992 in enger Zusammenarbeit mit der erstbeklagten Partei stand. ... Im Jahr 1998 wandte sich der Kläger an den Zweitbeklagten ...., der seit 1990 Vorstandsdirektor der erstbeklagten Partei ist, und erklärte ihm, dass er finanzielle Schwierigkeiten habe und eine Umschuldung bei einer Bank vornehmen müsse. Er erklärte, er würde insolvent werden, wenn er nicht sofort S 450.000,-- aufbringen könne. Der Zweitbeklagte erklärte ihm, dass die erstbeklagte Partei ohnehin ein Brainstorming über die Entwicklung der Teile des S*****-Areals mache und dass der Kläger ein grundsätzliches Konzept dafür erstellen solle und dass der Zweitbeklagte ihm dafür S 450.000,-- zahle, damit er die Umschuldung zustande bringe.

Der Terminus "Accontobezahlung" erfolge deshalb, weil der Kläger das Geld sofort brauchte und die Leistung erst später erbracht worden ist. Für diese S 450.000,-- hatte der Kläger ein Grundsatzpapier zu erarbeiten, welches die Flächen darstellen sollte und auf dem man weiter aufbauen hätte können.

Die Leistung, die der Kläger dafür erbracht hat, repräsentiert sich in der "städtebaulichen Studie S*****-Areal K*****" (Beilage ./S). Die Beilage ./S stellt also in keiner Weise ein städtebauliches Konzept dar und damit lässt sich auch keine konkrete Entwicklung und keine Umwidmung vorantreiben.

Der Zweitbeklagte vertraute darauf, dass der Kläger für die S 450.000,-- die entsprechende Leistung erbringt. Der Kläger erhielt das Geld und hat dafür auch die entsprechende Leistung erbracht. Die Rechnung Beilage ./B stellt sich als endgültige Abrechnung dar. In weiterer Folge erklärte der Kläger dem Zweitbeklagten, dass er einen (Kauf)Interessenten für das S*****-Areal insgesamt habe. Er gab damals noch keinen Namen preis. Der Zweitbeklagte bekundete grundsätzlich sein Einverständnis damit. Er sagte in diesem Zusammenhang dem Kläger zu, dass er für den Fall der Veräußerung des S*****-Areals 2 % Vermittlungsprovision erhalte.

Die I***** (nachmalige S*****), die die Kaufinteressentin war, wollte Gespräche nur auf Basis der Exklusivität führen. Von Seiten der beklagten Parteien wurden auch Gespräche mit Stefan R*****, einem Makler und Projektentwickler, geführt. Dieser wurde den beklagten Parteien vom Kläger vermittelt.

Am 27. 3. 2000 fand das Gespräch zwischen dem Kläger, dem Zweitbeklagten und Dr. K***** statt.

Dr. K***** war zwischen Mai 1996 und September 2000 Geschäftsführer der I***** Gesellschaft mbH. Die Vertretungsbefugnis war so geregelt, dass Dr. K***** bloß mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen die Gesellschaft vertreten konnte.

Am 27. 3. 2000 ist es zu keinem Vertragsabschluss betreffend einen Grundstückskauf durch die I***** gekommen. Unüblich wäre es, über ein Areal von 44.000 m2 an einem Nachmittag eine Abhandlung zu tätigen. Die Kaufsummen für die einzelnen Grundstücksteile (A, B und C) sind vor diesem Gespräch noch nicht festgestanden.

Bei der erstbeklagten Partei sind grundsätzlich Grundstücksangelegenheiten und Investitionen aufsichtsratspflichtig. Die Möglichkeit besteht, dass eine Grundsatzentscheidung des Aufsichtsrates für gewisse Grundstücksteile eingeholt wird (auf deren Basis der Verkauf abgewickelt werden kann). Grundsätzlich wird jedoch im Fall einer Grundstückstransaktion zunächst der Vertrag ausgearbeitet und dann vom Aufsichtsrat genehmigt. Dies muss dem Kläger bekannt gewesen sein. Bei den Grundstücksbebauungen zuvor wurden vom Kläger jeweils Kostenschätzungen erstellt, die dann im Aufsichtsrat behandelt wurden und dann erst wurden die Grundstücke für die Verbauung freigegeben.

Der Zweitbeklagte hat dann das Schreiben des Dr. K***** vom 28. 3. 2000 erhalten.

Darin hielt Dr. K***** fest: 'Im Fall des Erwerbes dieser Flächen (A, B und Fläche Leistungszentrum) wurde zwischen uns ein Mischpreis von ATS 1.000,--/m2 vereinbart, wobei eine Bewertung der einzelnen Flächen nicht vorgenommen wurde.'

Der Zweitbeklagte antwortete darauf mit Schreiben vom 4. 4. 2000 des Inhalts: 'Wir haben Ihren Brief vom 28. 3. 2000 erhalten, müssen Ihnen jedoch mitteilen, dass wir für die Entscheidung des eventuellen Verkaufes der angeführten Grundstücke noch etwas Zeit brauchen. Einerseits müssen wir noch Angebote abwarten und andererseits den beabsichtigten Verkauf durch den Aufsichtsrat genehmigen lassen.'

Der Aufsichtsrat der erstbeklagten Partei erhielt dann von der I***** das Schreiben vom 28. 6. 2000, in dem die I***** die Exklusivität des Projektes monierte.

Dieses Schreiben wurde vom Aufsichtsratsvorsitzenden der erstbeklagten Partei (Dr. Georg C*****) vom 18. 7. 2000 beantwortet, wobei Dr. C***** auf die vom Zweitbeklagten erhaltenen Informationen verwies.

In weiterer Folge hat die (?) Zweitbeklagte von der I***** nichts mehr gehört. Einige Tage nach der Aufsichtsratssitzung vom 28. 6. 2000 kam es noch zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem Zweitbeklagten. Im Rahmen des Gespräches erklärte der Zweitbeklagte dem Kläger noch einmal, dass er zur 2 %-igen Provisionsvereinbarung stehe, wenn es zum Verkauf komme. Er erklärte ihm, dass es noch zu keinem Verkauf gekommen sei und für den Fall, dass ein solcher Verkauf tatsächlich erfolgen solle, sei dieser ohnehin aufsichtsratspflichtig.

Am 3. 8. 2000 erhielt der Zweitbeklagte vom Kläger die Honorarrechnung, die Gegenstand dieser Klage bildet."

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass der Verkauf der in Rede stehenden Liegenschaft nicht zustande gekommen sei, sodass eine Vermittlungsprovision für den Kläger nicht angefallen sei. Er habe zwar für die beklagten Parteien Architektenleistungen erbracht, wie sie sich in der Studie Beilage ./S manifestieren, dafür jedoch die Honorarrechnung Beilage ./B bezahlt erhalten. Für eine weitere städtebauliche Konzeptgestaltung bzw Studie habe es keinen Auftrag gegeben. Für das angeblich entgangene Architektenhonorar sei der Kläger jedwede nachvollziehbare Aufschlüsselung der von ihm zugrunde gelegten Rechnungsparameter schuldig geblieben, sodass der hiefür geltend gemachte Anspruch von vormals ATS 3,396.768,90 unschlüssig sei. Auf Grund des Prozessergebnisses sei auf den Einwand der mangelnden Passivlegitimation des Zweitbeklagten nicht einzugehen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers (gerichtet auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn) nicht Folge. Das Berufungsgericht entschied in nichtöffentlicher Sitzung, "da keine der Parteien die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt hat und eine solche auch dem Berufungsgericht nicht erforderlich erscheint".

"Unter Einbeziehung von unstrittigen Umständen und unbekämpft gebliebenen Feststellungen" ging das Berufungsgericht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

"Der Zweitbeklagte ist seit 1990 (einzel- vertretungsbefugter) Vorstand der erstbeklagten Partei. Grundstücksangelegenheiten und Investitionen müssen von deren Aufsichtsrat genehmigt werden. Dr. Andreas K***** war zwischen Mai 1996 und September 2000 Geschäftsführer der Illbau, wobei er die Gesellschaft bloß mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen zusammen rechtswirksam vertreten konnte.

Der Kläger erhielt im Jahr 1998 von der erstbeklagten Partei, vertreten durch den Zweitbeklagten, den Auftrag, ein grundsätzliches Konzept für die Entwicklung von Teilen des S*****-Areals zu machen, was auch erfolgte und wofür er von der erstbeklagten Partei S 450.000,-- (zuzüglich USt von S 90.000,--) bezahlt erhielt. Für eine weitergehende städtebauliche Konzeptgestaltung bzw Studie gab es (von Seiten der erstbeklagten Partei) keinen Auftrag.

Der Kläger erklärte gegenüber dem Zweitbeklagten, einen (Kauf-)Interessenten für das S*****-Areal insgesamt zu haben, worauf ihm der Zweitbeklagte (im Namen der erstbeklagten Partei) für den Fall der Veräußerung desselben 2 % Vermittlungsprovision (vom Kaufpreis) zusagte und der Kläger dann die I***** als Kaufinteressentin präsentierte. Am 27. 3. 2000 fand zwar ein Gespräch zwischen dem Kläger, dem Zweitbeklagten und Dr. Andreas K***** statt, bei dem es aber zu keinem Kauf eines Grundstücksareals von 44.000 m² der erstbeklagten Partei durch die I***** kam."

Bei der Behandlung der Tatsachenrüge der klägerischen Berufung führte das Berufungsgericht unter anderem noch aus, dass die erstbeklagte Partei den Kläger wohl mit der Ausarbeitung eines grundsätzlichen Konzepts über die Verwertung des S*****-Areals, nicht jedoch mit der Entwicklung einer weitergehenden städtebaulichen Studie hierüber beauftragt hat. Das Erstgericht habe daher zutreffend festgestellt, dass die erstbeklagte Partei dem Kläger nur den Auftrag für ein grundsätzliches Konzept, nicht aber für eine detailliertere Planung des S*****-Areals erteilt habe. Schon vom Tatsächlichen her sei es am 27.3.2000 zu keinem Kauf von Liegenschaften der erstbeklagten Partei durch die I***** GmbH gekommen, sondern es seien zwischen dem Zweitbeklagten und Dr. Andreas K***** lediglich die Bedingungen ausgehandelt worden, zu denen die I***** GmbH diese erwerben könne. Die entsprechende Feststellung des Erstgerichts sei daher nicht zu beanstanden.

Aus dem Umstand, dass die erstbeklagte Partei den Kläger wohl mit der Ausarbeitung eines grundsätzlichen Konzepts über die Verwertung des S*****-Areals, nicht jedoch mit der Entwicklung einer weitergehenden städtebaulichen Studie hierüber beauftragt habe, folge in rechtlicher Hinsicht, dass dem Kläger kein Honorar, sei es nach GOA, sei es in Form von 2 % des Kaufpreises für die für die Umsetzung des Projekts benötigten Grundstücke zuzüglich USt zustehe. Dazu kommt, dass selbst eine am 27. 3. 2000 erfolgte mündliche Kaufvereinbarung zwischen dem Zweitbeklagten und Dr. Andreas K***** nicht rechtswirksam wäre, weil von Seiten der erstbeklagten Partei Liegenschaftsverkäufe der Genehmigung ihres Aufsichtsrates bedürfen und nicht feststehe, dass eine solche erteilt worden wäre und Dr. Andreas K***** allein die I***** GmbH nicht verpflichten habe können und nicht feststehe, dass ein weiterer Geschäftsführer oder ein Prokurist dieser Gesellschaft dem Kauf zugestimmt hätte. Daraus folgt, dass mangels Vorliegens eines (rechtswirksamen) Kaufvertrages ein Provisionsanspruch des Klägers für die Vermittlung dieses Geschäfts (noch) nicht entstanden sei.

Zur Rechtsrüge des Klägers vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, dass diese nicht gesetzmäßig ausgeführt sei, weil sie einerseits nicht von den getroffenen Feststellungen ausgehe und unter dieser Prämisse eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Sachverhalts durch das Erstgericht aufzeige und andererseits die in ihr begehrten, nach Auffassung des Klägers aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung vom Erstgericht unterlassenen Feststellungen im Wesentlichen inhaltlich nichts anderes darstellten als eine Wiederholung der im Rahmen der Tatsachenrüge geforderten Ersatzfeststellungen. Lediglich die unter Punkt 7. angeführte Feststellung könnte als Zusatzfeststellung gewertet werden. Hier unterlasse es der Berufungswerber aber darzutun, welche rechtliche Relevanz ihr zukäme. Teilweise führe der Kläger auch in erster Instanz noch nicht behauptete und somit gegen das Neuerungsverbot verstoßende Argumente ins Treffen. Werde die Rechtsrüge aber nicht gesetzmäßig ausgeführt, liege in Wahrheit keine Rechtsrüge vor, sodass die rechtliche Beurteilung des Ersturteils nicht (allseitig) überprüft werden dürfe. Dem Berufungsgericht sei es daher verwehrt, die Frage aufzugreifen, ob das Erstgericht zutreffend von einem unschlüssigen Klagebegehren hinsichtlich des angeblich entgangenen, mit S 3,396.768,90 geltend gemachten Architektenhonorars ausgegangen sei, auf welche im Übrigen der Kläger trotz dieser Ausführungen des Erstgerichts im angefochtenen Urteil überhaupt nicht eingehe, bzw aufzuzeigen, dass das Erstgericht die vom Kläger für seine Forderung erkennbar sonst noch geltend gemachten Rechtsgründe nicht behandelt habe.

Die ordentliche Revision sei nicht zuzulassen, da Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen gewesen seien.Die ordentliche Revision sei nicht zuzulassen, da Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zu lösen gewesen seien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn.

Die beklagten Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig. Wohl hat der Oberste Gerichtshof beispielsweise in seinen Entscheidungen 4 Ob 335/97m (RIS-Justiz RS0108792) und 2 Ob 224/02h ausgeführt, dass sich die Frage, ob ein Rechtsmittel im Hinblick auf seine Ausführungen zum Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gesetzmäßig ausgeführt wurde oder nur die Beweiswürdigung des Erstgerichts bekämpft, regelmäßig nach dem Inhalt des konkreten Vorbringens richtet und somit eine Frage des Einzelfalles darstellt, der keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukommt. Im vorliegenden Fall gebieten allerdings Grundsätze der Rechtssicherheit eine Überprüfung der Entscheidung des Berufungsgerichts in der Sache.Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig. Wohl hat der Oberste Gerichtshof beispielsweise in seinen Entscheidungen 4 Ob 335/97m (RIS-Justiz RS0108792) und 2 Ob 224/02h ausgeführt, dass sich die Frage, ob ein Rechtsmittel im Hinblick auf seine Ausführungen zum Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gesetzmäßig ausgeführt wurde oder nur die Beweiswürdigung des Erstgerichts bekämpft, regelmäßig nach dem Inhalt des konkreten Vorbringens richtet und somit eine Frage des Einzelfalles darstellt, der keine erhebliche Bedeutung im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zukommt. Im vorliegenden Fall gebieten allerdings Grundsätze der Rechtssicherheit eine Überprüfung der Entscheidung des Berufungsgerichts in der Sache.

Die Revision ist im Sinn einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.

Der Kläger stützt seine Revision in erster Linie darauf, dass er in einem bestimmten Aspekt - dass nämlich der Zweitbeklagte durch sein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten den Abschluss des Projekts vereitelt bzw den Kläger zur Vornahme von Leistungen veranlasst habe, weshalb der Zweitbeklagte zum Schadenersatz verpflichtet sei - sehr wohl von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ausgegangen sei, weshalb sich das Berufungsgericht in jeder Richtung mit der rechtlichen Beurteilung auseinanderzusetzen gehabt hätte. Damit wird zu Recht geltend gemacht, dass das Berufungsgericht unrichtigerweise das Vorliegen einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge verneint hat.

Eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge hat von den Feststellungen der Vorinstanz auszugehen (RIS-Justiz RS0042663 [T1], RS0043603 [T2]) und es muss dargelegt werden, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache in der angefochtenen Entscheidung unrichtig erscheint (RIS-Justiz RS0043603 [T4]; RS0043605). Die bloße Behauptung, es liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor, genügt nicht (RIS-Justiz RS0043480 [T14]). Soweit ein sekundärer Feststellungsmangel gerügt wird, kann der Vorwurf eines solchen rechtlichen Feststellungsmangels nicht erfolgreich erhoben werden, wenn zu einem bestimmten Thema ohnehin Feststellungen getroffen wurden (RIS-Justiz RS0043480 [T19]).

Dem Berufungsgericht ist zuzugestehen, dass der Kläger in seiner

Berufung diesen letztgenannten Grundsatz mehrfach verletzt hat, indem

er seinem Standpunkt entgegenstehende Feststellungen bei der

Geltendmachung der (im einzelnen aufgezählten) sekundären

Feststellungsmängel ignoriert hat. Zu Recht weist der Kläger aber

darauf hin, dass zu seinem - von den beklagten Parteien ausdrücklich

bestrittenen - erstinstanzlichen Vorbringen, die Umsetzung des

Projekts sei dadurch vereitelt worden, dass entgegen der von den

beklagten Parteien der I***** GmbH zugesicherten Exklusivität der

Vertragsverhandlungen Parallelverhandlungen geführt worden seien,

keine Feststellungen getroffen wurden, hat doch das Erstgericht bloß

festgestellt, dass die I***** GmbH Gespräche nur auf Basis der

Exklusivität führen habe wollen, während Feststellungen zur

Behauptung einer entsprechenden Zusicherung durch die beklagten

Parteien fehlen. Insoweit ist eine Ergänzung der Feststellungen erforderlich.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts geht aus der Berufung hervor, dass das Fehlen dieser Feststellung von entscheidender rechtlicher Bedeutung ist (siehe Seiten 12 und 14 der Berufungsschrift), soll doch gerade durch das behauptete Fehlverhalten der beklagten Parteien das Projekt zum Scheitern gebracht worden sein, woraus die Klagsansprüche (zumindest zum Teil) abgeleitet werden.

Wurde die Rechtsrüge hinsichtlich irgendeiner Rechtsfrage gesetzmäßig ausgeführt, ist die materiellrechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen hin zu prüfen (RIS-Justiz RS0043352), was vom Berufungsgericht bei der Behandlung der Berufung des Klägers unterlassen wurde.

In Bezug auf die Behandlung der Tatsachenrüge in der Berufungsentscheidung ist noch anzumerken, dass das Berufungsgericht ohne Durchführung einer Berufungsverhandlung und ohne Erörterung mit den Parteien "unter Einbeziehung von unstrittigen Umständen und unbekämpft gebliebenen Feststellungen" einen "entscheidungswesentlichen Sachverhalt" festgestellt hat, der von den Feststellungen des Erstgerichts (das diese aufgrund unmittelbarer Beweisaufnahme getroffen hat), in nicht unwesentlichen Punkten abweicht.

So hat das Erstgericht ausdrücklich festgestellt, dass der Zweitbeklagte dem Kläger für die von diesem zu erbringende Leistung S 450.000,-- zahle, damit er die Umschuldung zustande bringe. Der Zweitbeklagte vertraute darauf, dass der Kläger für die S 450.000,-- die entsprechende Leistung erbringt. Der Zweitbeklagte sagte dem Kläger zu, dass er für den Fall der Veräußerung des S*****-Areals 2 % Vermittlungsprovision erhalte. Einige Tage nach dem 28. 6. 2000 erklärte der Zweitbeklagte dem Kläger noch einmal, dass er zur 2 %-igen Provisionsvereinbarung stehe, wenn es zum Verkauf komme. Diese Feststellungen lassen die Möglichkeit einer persönlichen Zusicherung des Zweitbeklagten offen. Demgegenüber führt das Berufungsgericht in dem von ihm festgestellten "entscheidungswesentlichen Sachverhalt" aus, dass der Zweitbeklagte diesbezüglich jeweils im Namen der erstbeklagten Partei handelte. Dies mag nahe liegen, handelt es sich beim Zweitbeklagten um den Vorstandsvorsitzenden der erstbeklagten Partei; es ist jedoch nicht zulässig, ohne Beweiswiederholung oder Erörterung mit den Parteien von den erstinstanzlichen Feststellungen abzugehen und an deren Stelle andere zu setzen.

Allerdings bedarf es auch insoweit einer Ergänzung der Feststellungen durch das Erstgericht, aus denen mit Deutlichkeit hervorgeht, ob der Zweitbeklagte bei den festgestellten Handlungen erkennbar für die Zweitbeklagte auftrat oder für sich persönlich handelte oder ob dies nicht festgestellt werden kann. Eine non liquet-Situation bezüglich der Offenlegung wirkt sich insoweit gegen ein Handeln für die erstbeklagte Partei aus.

Abhängig von den Feststellungen ist für den Fall, dass sich tatsächlich Grundlagen für die Berechtigung der Klagsforderung gegenüber den beklagten Parteien ergeben sollten, in rechtlicher Hinsicht auch die Frage zu beantworten, ob die Haftung der beklagten Parteien eine solidarische ist, und ob der Klagsanspruch der Höhe nach berechtigt ist. Die Ansicht, der geltend gemachte Hononoranspruch sei mangels Aufschlüsselung unschlüssig, muss zu einem Verbesserungsversuch führen, bevor eine Abweisung des Klagebegehrens aus diesem Grund in Betracht zu ziehen ist (RIS-Justiz RS0037516 [T2]).

In diesem Sinn erweist sich das Verfahren der Vorinstanzen mehrfach als ergänzungsbedürftig, weshalb deren Entscheidungen aufzuheben sind.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt stützt sich auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E73993 10Ob30.04s

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0100OB00030.04S.0621.000

Dokumentnummer

JJT_20040621_OGH0002_0100OB00030_04S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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