TE OGH 2004/6/24 8ObA60/04p

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Veröffentlicht am 24.06.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gudrun L*****, vertreten durch Dr. Helmut Kientzl, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei S*****, vormals E*****, vertreten durch Hasch & Partner, Anwaltsgesellschaft mbH, wegen EUR 37.229,56 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. März 2004, GZ 9 Ra 182/03f-44, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Die klagende Abteilungsleiterin war seit 1989 bei dem beklagten Sportartikelhändler beschäftigt und seit 1997 mit ihrem Vorgesetzten, einem Mitglied der Geschäftsleitung der Beklagten, verheiratet. Sie war als Abteilungsleiterin für insgesamt 45 Mitarbeiter und ein Geschäftsvolumen von 160 Mio S zuständig. Nach den Richtlinien bei der Beklagten dürfen Produkte nur nach computermäßiger Erfassung Kunden zur Verfügung gestellt werden. Beide Ehegatten haben jedoch Produkte auch unmittelbar Kunden zu Hause vorgeführt, um den Verkauf für die Beklagte zu erleichtern. Die Klägerin wurde diesbezüglich auch nie abgemahnt. Gleiches galt auch dafür, dass sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit verschmutzte Kleidungsstücke, die im Betrieb nicht ausreichend gereinigt werden konnten, nach Hause nahm und dort reinigte, und zwar ohne dies EDV-mäßig zu erfassen. Im Jahr 2000 strebte jedoch der ihr vorgesetzte Ehegatte der Klägerin, der mittlerweile eine Verbindung mit seiner Sekretärin eingegangen war, die Scheidung an. Als die Klägerin mit den vorgeschlagenen Bedingungen nicht einverstanden war, erklärte er ihr, dass er sie "vernichten" werde. Er veranlasste in weiterer Folge eine Hausdurchsuchung in der Ehewohnung, aus der er mittlerweile ausgezogen war. Dabei wurden nur einige Kleidungsstücke, die die Klägerin mit Zustimmung ihres Ehegatten - Vorgesetzten - zur Reinigung nach Hause genommen hatte, gefunden und ebenso zwei Schischuhe, die die Klägerin über Anregung des Ehegatten nach Hause genommen hatte, um diese auszuprobieren.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich nun die Beklagte in ihrer außerordentlichen Revision gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen wendet, dass es der Beklagten nicht gelungen sei, eine dem Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 27 Abs 1 AngG entsprechenden Sachverhalt nachzuweisen, vermag sie keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen. Entspricht es doch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass dies anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen ist. Soweit sich das Berufungsgericht an den vom Obersten Gerichtshof herausgearbeitenden Grundsätzen orientiert und diese im Einzelfall anwendet, vermag aus der Beurteilung dieser Einzelfälle regelmäßig kein Beitrag zur Rechtsfortentwicklung oder Rechtseinheit im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO geleistet werden (vgl dazu etwa zuletzt OGH 8 ObA 90/03y; Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3). Nur bei Vorliegen einer krassen Fehlbeurteilung könnte sich dies als Beeinträchtigung der Rechtssicherheit im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darstellen.Soweit sich nun die Beklagte in ihrer außerordentlichen Revision gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen wendet, dass es der Beklagten nicht gelungen sei, eine dem Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des Paragraph 27, Absatz eins, AngG entsprechenden Sachverhalt nachzuweisen, vermag sie keine Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO darzustellen. Entspricht es doch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass dies anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen ist. Soweit sich das Berufungsgericht an den vom Obersten Gerichtshof herausgearbeitenden Grundsätzen orientiert und diese im Einzelfall anwendet, vermag aus der Beurteilung dieser Einzelfälle regelmäßig kein Beitrag zur Rechtsfortentwicklung oder Rechtseinheit im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO geleistet werden vergleiche dazu etwa zuletzt OGH 8 ObA 90/03y; Kodek in Rechberger ZPO2 Paragraph 502, Rz 3). Nur bei Vorliegen einer krassen Fehlbeurteilung könnte sich dies als Beeinträchtigung der Rechtssicherheit im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO darstellen.

Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden.

Unter den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 27 Z 1 letzter Satz AngG fallen solche Handlungen und Unterlassungen eines Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens eines Arbeitgebers unwürdig erscheinen lassen, weil der Arbeitgeber befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflicht nicht entsprechend erfüllt und dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet (vgl allgemein RIS-Justiz RS0029547; zuletzt etwa auch 8 ObA 90/03y). Für diese Beurteilung ist nicht auf das subjektive Empfinden des einzelnen Arbeitgebers abzustellen, sondern es ist ein objektiver Maßstab anzulegen, der aus den jeweiligen Begleitumstände des einzelnen Falles zu berücksichtigen hat (vgl RIS-Justiz RS0029833; zuletzt auch etwa 8 ObA 57/03w). Dies gilt naturgemäß auch im Zusammenhang mit der Einhaltung von Ordnungsvorschriften (vgl etwa RIS-Justiz RS0029095 mwN; etwa OGH 8 ObA 196/02k; zur Abgrenzung der beharrlichen Pflichtverletzung und den dabei geforderten Elementen der Erheblichkeit und Beharrlichkeit im Sinne des § 27 Z 4 AngG etwa auch Brodil in seiner Entscheidungsbesprechung zu 8 ObA 218/01v in ZAS 2002/16).Unter den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des Paragraph 27, Ziffer eins, letzter Satz AngG fallen solche Handlungen und Unterlassungen eines Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens eines Arbeitgebers unwürdig erscheinen lassen, weil der Arbeitgeber befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflicht nicht entsprechend erfüllt und dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet vergleiche allgemein RIS-Justiz RS0029547; zuletzt etwa auch 8 ObA 90/03y). Für diese Beurteilung ist nicht auf das subjektive Empfinden des einzelnen Arbeitgebers abzustellen, sondern es ist ein objektiver Maßstab anzulegen, der aus den jeweiligen Begleitumstände des einzelnen Falles zu berücksichtigen hat vergleiche RIS-Justiz RS0029833; zuletzt auch etwa 8 ObA 57/03w). Dies gilt naturgemäß auch im Zusammenhang mit der Einhaltung von Ordnungsvorschriften vergleiche etwa RIS-Justiz RS0029095 mwN; etwa OGH 8 ObA 196/02k; zur Abgrenzung der beharrlichen Pflichtverletzung und den dabei geforderten Elementen der Erheblichkeit und Beharrlichkeit im Sinne des Paragraph 27, Ziffer 4, AngG etwa auch Brodil in seiner Entscheidungsbesprechung zu 8 ObA 218/01v in ZAS 2002/16).

Weiters ist beachtlich, dass der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, dass auch zu beachten ist, inwieweit der Arbeitgeber die Einhaltung solcher Ordnungsvorschriften im Betrieb durchsetzt und verfolgt (vgl im Zusammenhang mit dem Tatbestand der Untreue etwa OGH 25. 1. 2001, 8 ObA 226/00v).Weiters ist beachtlich, dass der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, dass auch zu beachten ist, inwieweit der Arbeitgeber die Einhaltung solcher Ordnungsvorschriften im Betrieb durchsetzt und verfolgt vergleiche im Zusammenhang mit dem Tatbestand der Untreue etwa OGH 25. 1. 2001, 8 ObA 226/00v).

Hier releviert nun die Beklagte im Wesentlichen ausschließlich, dass es die Klägerin unterlassen habe, die von ihr - im Wesentlichen zur Reinigung - nach Hause genommenen Gegenstände entsprechend den internen Anweisungen EDV-mäßig zu erfassen. Soweit sich die Beklagte aber dazu darauf beruft, dass die strikte Einhaltung dieser Vorschriften in ihrem "obersten Interesse" gelegen wäre, entfernt sie sich von dem festgestellten Sachverhalt, da danach nicht nur die Klägerin, sondern auch ihr Vorgesetzter - und Ehemann -, der offensichtlich weiter im Betrieb beschäftigt ist, regelmäßig gegen diese Vorschriften verstoßen hat.

Insgesamt vermag es die Revision der Beklagten jedenfalls nicht, eine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes im dargestellten Sinne nachzuweisen.

Textnummer

E73967

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:008OBA00060.04P.0624.000

Im RIS seit

24.07.2004

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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