TE OGH 2004/6/24 6Ob51/04z

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Veröffentlicht am 24.06.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Kalivoda und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Marie-Therese P*****, in Obsorge der Mutter Elke P*****, vertreten durch den Unterhaltskurator Magistrat der Stadt Krems, Jugendamt, über den ordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Gernot R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Ehrnberger, Rechtsanwalt in Purkersdorf, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Krems an der Donau als Rekursgericht vom 14. Oktober 2003, GZ 2 R 169/03w-69, womit über Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 4. Juni 2003, GZ 2 P 1092/95x-64, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung der Vorinstanzen (Punkt 1. des erstinstanzlichen Beschlusses) dahin abgeändert, dass die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab dem 1. 12. 2001 auf 200 EUR erhöht und das Mehrbegehren des Kindes von monatlich weiteren 55 EUR abgewiesen wird. Die Unterhaltsbeiträge sind zu Handen des Unterhaltssachwalters monatlich im Voraus zu bezahlen, der aufgelaufene Unterhaltsrückstand binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution.

Text

Begründung:

Der Vater war bisher seit 1. 1. 2001 verpflichtet, seiner unehelichen Tochter, die in Obsorge der Mutter steht, einen monatlichen Unterhalt von 1.500 S zu bezahlen. Der Unterhaltskurator begehrte die Erhöhung dieser Verpflichtung auf 255 EUR monatlich. Der Vater stellte einen Herabsetzungsantrag.

Der Vater führte zunächst ein Optikerunternehmen. Über sein Vermögen wurde am 13. 11. 2000 der Konkurs eröffnet, der Betrieb wurde geschlossen. Der Konkurs wurde am 22. 4. 2002 aufgehoben. Der Vater hatte eine ihm angebotene Stellung als unselbständiger Optikermeister nicht angenommen. Er hätte ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.865,27 EUR erzielen können. Der Vater ist seit Mai 2003 als Handelsagent im Verlagswesen selbständig tätig. Er ist für zwei weitere Kinder (eine bereits volljährige Tochter und einen 1994 geborenen Sohn) sorgepflichtig.

Das Erstgericht erhöhte in Anwendung der Anspannungstheorie und der für die Ermittlung der Unterhaltsbemessung üblicherweise angewandten Prozentsatzmethode für den Monat Dezember 2001 die Unterhaltsverpflichtung auf 3.508,88 S und ab 1. 1. 2002 auf 255 EUR monatlich und wies den Herabsetzungsantrag des Vaters ab.

Das Rekursgericht bestätigte ganz überwiegend die Unterhaltserhöhung (die Abweisung des Herabsetzungsantrags blieb unangefochten) und wies lediglich ein Unterhaltsmehrbegehren von monatlich 7,92 EUR ab. Es teilte die Auffassung des Erstgerichtes, dass der Vater die ihm angebotene Arbeit als Optikermeister annehmen hätte müssen, sodass vom erzielbaren Einkommen als Bemessungsgrundlage auszugehen sei. Zum Einfluss des Konkurses auf die Unterhaltsverpflichtung referierte das Rekursgericht die jüngste oberstgerichtliche Rechtsprechung, die seit der Entscheidung 1 Ob 191/01x = SZ 74/138 davon ausgehe, dass die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners - von Extremfällen abgesehen - nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung und der Existenzminimumverordnung zu beurteilen sei. Die für den Kindesunterhalt zur Verfügung stehende, dem Zugriff der Unterhaltsgläubiger vorbehaltene "Einkommensportion" bestehe aus der Differenz zwischen den Existenzminima nach § 291b Abs 2 EO und § 291a EO laut den Tabellen 1am (Existenzminimum) bzw 2am (Unterhaltsexistenzminimum). Danach würde sich hier Folgendes konkret ergeben:Das Rekursgericht bestätigte ganz überwiegend die Unterhaltserhöhung (die Abweisung des Herabsetzungsantrags blieb unangefochten) und wies lediglich ein Unterhaltsmehrbegehren von monatlich 7,92 EUR ab. Es teilte die Auffassung des Erstgerichtes, dass der Vater die ihm angebotene Arbeit als Optikermeister annehmen hätte müssen, sodass vom erzielbaren Einkommen als Bemessungsgrundlage auszugehen sei. Zum Einfluss des Konkurses auf die Unterhaltsverpflichtung referierte das Rekursgericht die jüngste oberstgerichtliche Rechtsprechung, die seit der Entscheidung 1 Ob 191/01x = SZ 74/138 davon ausgehe, dass die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners - von Extremfällen abgesehen - nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung und der Existenzminimumverordnung zu beurteilen sei. Die für den Kindesunterhalt zur Verfügung stehende, dem Zugriff der Unterhaltsgläubiger vorbehaltene "Einkommensportion" bestehe aus der Differenz zwischen den Existenzminima nach Paragraph 291 b, Absatz 2, EO und Paragraph 291 a, EO laut den Tabellen 1am (Existenzminimum) bzw 2am (Unterhaltsexistenzminimum). Danach würde sich hier Folgendes konkret ergeben:

"Dezember 2001 (ExMinV 2001, BGBl II 2000/419):"Dezember 2001 (ExMinV 2001, BGBl römisch II 2000/419):

fiktives monatliches Nettoeinkommen.............. S 25.667,--

Existenzminimum bei drei Unterhaltspflichten

(Tabelle 1am).................................... S 20.608,--

Unterhaltsexistenzminimum (Tabelle 2am).......... S 15.456,--

Differenz der Existenzminima..................... S 5.152,--.

Jänner bis Mai 2002 (ExminV 2002, BGBl II 2002/22):Jänner bis Mai 2002 (ExminV 2002, BGBl römisch II 2002/22):

fiktives monatliches Nettoeinkommen............ EUR 1.865,--

Existenzminimum bei drei Unterhaltspflichten

(Tabelle 1am).................................. EUR 1.519,20

Unterhaltsexistenzminimum (Tabelle 2am)........ EUR 1.139,40

Differenz der Existenzmimima................... EUR 379,80.

Diese oberstgerichtliche Rechtsprechung hätte hier zur Folge, dass zur Deckung des Unterhalts für alle drei Kinder im Dezember 2001 ein Betrag von 5.152 S herangezogen werden könnte, für die Monate Jänner bis Mai 2002 ein solcher von 379,80 EUR. Dem Unterhaltsschuldner verblieben von den ihm vom Masseverwalter zu überlassenden Beträgen 15.456 S (Dezember 2001) bzw 1.193,40 EUR (Jänner bis Mai 2002). Diesem Ergebnis könne sich das Rekursgericht aber nicht anschließen. Die Heranziehung von bloß 25 % des Existenzminimums nach den Tabellen für die unterhaltsberechtigten Kinder und von 75 % für den Unterhaltsschuldner bedeuteten eine nicht vertretbare Ungleichbehandlung gegenüber jenen Unterhaltsschuldnern, die nicht im Konkurs seien. Der Unterhalt sei daher hier konkret nach der Prozentsatzmethode zu berechnen. Für die weiteren Sorgepflichten seien vom Prozentsatz von 20 % (für die Altersgruppe des antragstellenden Kindes) 2 % für die schon volljährige Tochter und 1 % für das noch nicht 15 Jahre alte weitere Kind abzuziehen. 17 % von der Unterhaltsbemessungsgrundlage machten 3.503,36 S für den Dezember 2001 aus, für die Zeit ab Jänner errechne sich ein Unterhaltsbeitrag von 258,26 EUR. Das Unterhaltsbegehren des Kindes sei daher berechtigt. Die Abweisung von 7,92 EUR monatlich beruhe auf einer versehentlichen Nichtberücksichtigung einer Teilrechtskraft in der Rekursentscheidung des ersten Rechtsgangs.

Das Rekursgericht sprach aus, dass wegen des Abweichens von der oberstgerichtlichen Judikatur der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Mit seinem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt der Vater die Abänderung dahin, dass der Unterhaltserhöhungsantrag abgewiesen werde.

Dem Unterhaltssachwalter der Minderjährigen wurde Gelegenheit zur Äußerung zum Revisionsrekurs des Vaters gegeben. Er beantragt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt.

I. Insoweit der Revisionsrekurswerber die Anwendung der sogenannten Anspannungstheorie bekämpft, ist er auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanzen zu verweisen. Sie folgen der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur, dass ein Unternehmer, über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, im Regelfall als Arbeitssuchender zumindest eine Beschäftigung als Arbeitnehmer mit einem mittleren Einkommen finden könne (RIS-Justiz RS0115704) und sich wie ein pflichtbewusster Familienvater darum zu bemühen habe. Die Anspannung auf ein erzielbares Einkommen dürfe zwar keine bloße Fiktion sein, es sei auf die konkreten Möglichkeiten am Arbeitsmarkt abzustellen (RS0047579). Dies ist hier auch geschehen. Der Unterhaltsschuldner hat entgegen seiner aus § 140 ABGB abgeleiteten Verpflichtung zum bestmöglichen Einsatz seiner Arbeitskraft (3 Ob 40/02g) ohne taugliche Begründung die ihm angebotene Arbeitsstelle als Optikermeister ausgeschlagen.römisch eins. Insoweit der Revisionsrekurswerber die Anwendung der sogenannten Anspannungstheorie bekämpft, ist er auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanzen zu verweisen. Sie folgen der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur, dass ein Unternehmer, über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, im Regelfall als Arbeitssuchender zumindest eine Beschäftigung als Arbeitnehmer mit einem mittleren Einkommen finden könne (RIS-Justiz RS0115704) und sich wie ein pflichtbewusster Familienvater darum zu bemühen habe. Die Anspannung auf ein erzielbares Einkommen dürfe zwar keine bloße Fiktion sein, es sei auf die konkreten Möglichkeiten am Arbeitsmarkt abzustellen (RS0047579). Dies ist hier auch geschehen. Der Unterhaltsschuldner hat entgegen seiner aus Paragraph 140, ABGB abgeleiteten Verpflichtung zum bestmöglichen Einsatz seiner Arbeitskraft (3 Ob 40/02g) ohne taugliche Begründung die ihm angebotene Arbeitsstelle als Optikermeister ausgeschlagen.

II. Gegen die Unterhaltsbemessung nach der Prozentsatzmethode führt der Revisionsrekurswerber die vom Rekursgericht abgelehnte oberstgerichtliche Rechtsprechung ins Treffen. Danach müsse ihm das Existenzminimum (75 % des Unterhaltsexistenzminimums) verbleiben. Auch für die Zeit bis Aufhebung des Konkurses (Dezember 2001 bis Mai 2002) dürfe von keiner höheren Leistungsfähigkeit ausgegangen werden. Es bestünden nach wie vor von den Gläubigern exekutiv betriebene Verbindlichkeiten in Millionenhöhe. Zu diesem Rekursvorbringen ist Folgendes auszuführen:römisch II. Gegen die Unterhaltsbemessung nach der Prozentsatzmethode führt der Revisionsrekurswerber die vom Rekursgericht abgelehnte oberstgerichtliche Rechtsprechung ins Treffen. Danach müsse ihm das Existenzminimum (75 % des Unterhaltsexistenzminimums) verbleiben. Auch für die Zeit bis Aufhebung des Konkurses (Dezember 2001 bis Mai 2002) dürfe von keiner höheren Leistungsfähigkeit ausgegangen werden. Es bestünden nach wie vor von den Gläubigern exekutiv betriebene Verbindlichkeiten in Millionenhöhe. Zu diesem Rekursvorbringen ist Folgendes auszuführen:

1. Bis zur Entscheidung 1 Ob 191/01x = SZ 74/138 wurde in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass die Konkurseröffnung an einer titulierten Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich nichts ändere. Die Bemessungsgrundlage bleibe unverändert. Die Frage der Einbringlichkeit des festgelegten Geldunterhalts sei im Bemessungsverfahren nicht maßgebend. Die aus einem Konkurs resultierende Schuldenbelastung sei nicht von Bedeutung, wie dies grundsätzlich für alle Schulden gelte, die nur ausnahmsweise aus vom Unterhaltsschuldner zu beweisenden Umständen als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage anzuerkennen seien (3 Ob 201/02h mwN). In einer Unterhaltsvorschussache hat nun der 1. Senat mit der zitierten Entscheidung SZ 74/138 eine zumindest teilweise Änderung dieser Rechtsgrundsätze herbeigeführt. Das nur eine bescheidene Lebensführung ermöglichende Existenzminimum falle nicht in die Konkursmasse. Die Tilgung von Unterhaltsschulden sei daher nur aus der jeweiligen Differenz der Existenzminima nach § 291b Abs 2 EO und § 291a EO möglich, also aus jener Einkommensportion, die dem Zugriff der Unterhaltsgläubiger vorbehalten ist, habe doch der Unterhaltsberechtigte keinen Anspruch auf Gewährung des laufenden Unterhalts aus der Konkursmasse. Die Unterhaltsansprüche für die Zeit nach der Konkurseröffnung seien auch nicht Konkursforderungen. Demnach ergeben sich folgende für eine bescheidene Lebensführung notwendigen, durch den Gemeinschuldner als Unterhaltsschuldner gewöhnlich auch finanzierbaren monatlichen Unterhaltsbeträge (SZ 74/138):1. Bis zur Entscheidung 1 Ob 191/01x = SZ 74/138 wurde in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass die Konkurseröffnung an einer titulierten Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich nichts ändere. Die Bemessungsgrundlage bleibe unverändert. Die Frage der Einbringlichkeit des festgelegten Geldunterhalts sei im Bemessungsverfahren nicht maßgebend. Die aus einem Konkurs resultierende Schuldenbelastung sei nicht von Bedeutung, wie dies grundsätzlich für alle Schulden gelte, die nur ausnahmsweise aus vom Unterhaltsschuldner zu beweisenden Umständen als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage anzuerkennen seien (3 Ob 201/02h mwN). In einer Unterhaltsvorschussache hat nun der 1. Senat mit der zitierten Entscheidung SZ 74/138 eine zumindest teilweise Änderung dieser Rechtsgrundsätze herbeigeführt. Das nur eine bescheidene Lebensführung ermöglichende Existenzminimum falle nicht in die Konkursmasse. Die Tilgung von Unterhaltsschulden sei daher nur aus der jeweiligen Differenz der Existenzminima nach Paragraph 291 b, Absatz 2, EO und Paragraph 291 a, EO möglich, also aus jener Einkommensportion, die dem Zugriff der Unterhaltsgläubiger vorbehalten ist, habe doch der Unterhaltsberechtigte keinen Anspruch auf Gewährung des laufenden Unterhalts aus der Konkursmasse. Die Unterhaltsansprüche für die Zeit nach der Konkurseröffnung seien auch nicht Konkursforderungen. Demnach ergeben sich folgende für eine bescheidene Lebensführung notwendigen, durch den Gemeinschuldner als Unterhaltsschuldner gewöhnlich auch finanzierbaren monatlichen Unterhaltsbeträge (SZ 74/138):

"Jahr 2000 (ExminV) 2000 BGBl II 482):"Jahr 2000 (ExminV) 2000 Bundesgesetzblatt römisch II 482):

fiktives monatliches Nettoeinkommen 16.915,66 S

Exmin bei einer Unterhaltspflicht 12.624,00 S

Unterhaltsexmin 9.468,00 S

Differenz der Existenzminima 3.156,00 S

Jahr 2001 (ExminV 2001 BGBl II 419):Jahr 2001 (ExminV 2001 Bundesgesetzblatt römisch II 419):

fiktives monatl. Nettoeinkommen 16.915,66 S

Exmin bei einer Unterhaltspflicht 12.720,00 S

Unterhaltsexmin 9.540,00 S

Differenz der Existenzminima 3.180,00 S.

Diese Unterhaltsbeträge würden der typischen Leistungsfähigkeit eines Gemeinschuldners als Unterhaltsschuldner entsprechen, der für einen Unterhaltsberechtigten zu sorgen habe. Soweit daher der in einem Exekutionstitel festgesetzte Unterhalt diese Beträge übersteige, bestünden "begründete Bedenken" im Sinne des § 7 Abs 1 Z 1 UVG gegen das Weiterbestehen der gesetzlichen Unterhaltspflicht in Höhe des titulierten Unterhaltsanspruchs.Diese Unterhaltsbeträge würden der typischen Leistungsfähigkeit eines Gemeinschuldners als Unterhaltsschuldner entsprechen, der für einen Unterhaltsberechtigten zu sorgen habe. Soweit daher der in einem Exekutionstitel festgesetzte Unterhalt diese Beträge übersteige, bestünden "begründete Bedenken" im Sinne des Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG gegen das Weiterbestehen der gesetzlichen Unterhaltspflicht in Höhe des titulierten Unterhaltsanspruchs.

An diesen Ausführungen hielt der 1. Senat in der Folge fest (1 Ob 38/02y; 1 Ob 242/02y). Ihm folgten auch der 2. Senat (2 Ob 160/02x) und der 6. Senat (6 Ob 284/02m), dieser in einem Unterhaltsfestsetzungsverfahren, also nicht wie die Vorentscheidungen, die in Unterhaltsvorschusssachen ergingen. Die jüngere oberstgerichtliche Judikatur betrachtet also zumindest im Regelfall das Existenzminimum nach den Bestimmungen der EO und der Existenzminimumverordnung als den Maßstab, der für die Beurteilung der Kosten einer bescheidenen Lebensführung des Unterhaltsschuldners maßgeblich ist (RIS-Justiz RS0115703). Dies gilt aber nicht für die in den zitierten Entscheidungen 1 Ob 191/01x und 1 Ob 242/02y angesprochenen "Extremfälle" und steht damit auch nicht in Widerspruch zur Judikatur über die Belastbarkeitsgrenzen, die in den Bestimmungen der EO nur eine Orientierungshilfe erblickte, die Grenze des § 291b EO (gemäß dessen Abs 2 müssen dem Verpflichteten 75 % der unpfändbaren Beträge nach § 291a Abs 1-4 EO verbleiben) aber im Hinblick auf die mögliche Herabsetzung des Existenzminimums nach § 292b EO nicht als absolute Untergrenze der Belastbarkeit auffasste (RS0047455, 3 Ob 4/03i), von einem aus dieser Gesetzesstelle abgeleiteten, den Gerichten überlassenen Ermessensspielraum ausging (RS0079861) und wegen der vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Priorität von Unterhaltsforderungen den Freibetrag im Sinne des § 292b EO für maßgeblich hielt. In zahlreichen Entscheidungen wurde schließlich ausgeführt, dass nach den Umständen des Einzelfalls bei Bedarf die Pfändungsgrenze des § 291b EO bei der Unterhaltsbemessung auch unterschritten werden dürfe (6 Ob 233/00h mwN), weil im Extremfall eines besonders niedrigen Einkommens des Unterhaltspflichtigen dieser als pflichtbewusster Unterhaltsschuldner seine Kinder dennoch an seinen "kärglichen" Einkommensverhältnissen teilhaben lasse. An der Beurteilung von Extremfällen wollte die angeführte Judikaturänderung zum Einfluss der Konkurseröffnung auf die Unterhaltsverpflichtung nichts ändern. Der erkennende Senat erblickt die Neuerung lediglich in der geänderten Bewertung der Schulden des Gemeinschuldners im Konkursfall und der mangelnden Durchsetzbarkeit von titulierten Unterhaltsforderungen aus dem Grund der Insolvenz. Ein Verschulden des Gemeinschuldners (= Unterhaltsschuldners) an der Konkureröffnung steht in den meisten Fällen - so auch hier - keineswegs fest, sodass die Aufrechterhaltung des Unterhaltstitels trotz dessen Uneinbringlichkeit im Ergebnis bedeutete, dass vom Gericht eine Unterhaltsverpflichtung bejaht wird, obwohl die Leistungsfähigkeit bzw Leistungsmöglichkeit (ein das Existenzminimum übersteigender Verdienst wird vom Masseverwalter abgeschöpft) zu verneinen sind. Um einen solchen Fall geht es dann aber nicht, wenn der Gemeinschuldner und Unterhaltsschuldner ohnehin über ein so hohes Arbeitseinkommen verfügt, dass für den (die) Unterhaltsberechtigten nach der angeführten Berechnungsmethode ein ausreichendes pfändungsfreies Einkommen verbleibt und die Pfändungsfreiheit auch am Maßstab des § 292b EO gemessen wird. Dies setzt allerdings besondere Verhältnisse (in den zitierten Vorentscheidungen als "Extremfall" bezeichnet) voraus.An diesen Ausführungen hielt der 1. Senat in der Folge fest (1 Ob 38/02y; 1 Ob 242/02y). Ihm folgten auch der 2. Senat (2 Ob 160/02x) und der 6. Senat (6 Ob 284/02m), dieser in einem Unterhaltsfestsetzungsverfahren, also nicht wie die Vorentscheidungen, die in Unterhaltsvorschusssachen ergingen. Die jüngere oberstgerichtliche Judikatur betrachtet also zumindest im Regelfall das Existenzminimum nach den Bestimmungen der EO und der Existenzminimumverordnung als den Maßstab, der für die Beurteilung der Kosten einer bescheidenen Lebensführung des Unterhaltsschuldners maßgeblich ist (RIS-Justiz RS0115703). Dies gilt aber nicht für die in den zitierten Entscheidungen 1 Ob 191/01x und 1 Ob 242/02y angesprochenen "Extremfälle" und steht damit auch nicht in Widerspruch zur Judikatur über die Belastbarkeitsgrenzen, die in den Bestimmungen der EO nur eine Orientierungshilfe erblickte, die Grenze des Paragraph 291 b, EO (gemäß dessen Absatz 2, müssen dem Verpflichteten 75 % der unpfändbaren Beträge nach Paragraph 291 a, Absatz eins &, #, 45 ;, 4, EO verbleiben) aber im Hinblick auf die mögliche Herabsetzung des Existenzminimums nach Paragraph 292 b, EO nicht als absolute Untergrenze der Belastbarkeit auffasste (RS0047455, 3 Ob 4/03i), von einem aus dieser Gesetzesstelle abgeleiteten, den Gerichten überlassenen Ermessensspielraum ausging (RS0079861) und wegen der vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Priorität von Unterhaltsforderungen den Freibetrag im Sinne des Paragraph 292 b, EO für maßgeblich hielt. In zahlreichen Entscheidungen wurde schließlich ausgeführt, dass nach den Umständen des Einzelfalls bei Bedarf die Pfändungsgrenze des Paragraph 291 b, EO bei der Unterhaltsbemessung auch unterschritten werden dürfe (6 Ob 233/00h mwN), weil im Extremfall eines besonders niedrigen Einkommens des Unterhaltspflichtigen dieser als pflichtbewusster Unterhaltsschuldner seine Kinder dennoch an seinen "kärglichen" Einkommensverhältnissen teilhaben lasse. An der Beurteilung von Extremfällen wollte die angeführte Judikaturänderung zum Einfluss der Konkurseröffnung auf die Unterhaltsverpflichtung nichts ändern. Der erkennende Senat erblickt die Neuerung lediglich in der geänderten Bewertung der Schulden des Gemeinschuldners im Konkursfall und der mangelnden Durchsetzbarkeit von titulierten Unterhaltsforderungen aus dem Grund der Insolvenz. Ein Verschulden des Gemeinschuldners (= Unterhaltsschuldners) an der Konkureröffnung steht in den meisten Fällen - so auch hier - keineswegs fest, sodass die Aufrechterhaltung des Unterhaltstitels trotz dessen Uneinbringlichkeit im Ergebnis bedeutete, dass vom Gericht eine Unterhaltsverpflichtung bejaht wird, obwohl die Leistungsfähigkeit bzw Leistungsmöglichkeit (ein das Existenzminimum übersteigender Verdienst wird vom Masseverwalter abgeschöpft) zu verneinen sind. Um einen solchen Fall geht es dann aber nicht, wenn der Gemeinschuldner und Unterhaltsschuldner ohnehin über ein so hohes Arbeitseinkommen verfügt, dass für den (die) Unterhaltsberechtigten nach der angeführten Berechnungsmethode ein ausreichendes pfändungsfreies Einkommen verbleibt und die Pfändungsfreiheit auch am Maßstab des Paragraph 292 b, EO gemessen wird. Dies setzt allerdings besondere Verhältnisse (in den zitierten Vorentscheidungen als "Extremfall" bezeichnet) voraus.

2. Eine Vielzahl von Sorgepflichten kann dazu führen, von der für Durchschnittsfälle gedachten Berechnungsregel (Differenz der beiden Existenzminima) abzugehen und der Entscheidung einen hypothetisch erfolgreichen Herabsetzungsantrag der Unterhaltsberechtigten gemäß § 292b EO zugrunde zu legen:2. Eine Vielzahl von Sorgepflichten kann dazu führen, von der für Durchschnittsfälle gedachten Berechnungsregel (Differenz der beiden Existenzminima) abzugehen und der Entscheidung einen hypothetisch erfolgreichen Herabsetzungsantrag der Unterhaltsberechtigten gemäß Paragraph 292 b, EO zugrunde zu legen:

Bemessungsgrundlage ist hier das dem Zugriff des Masseverwalters entzogene Unterhaltsexistenzminimum. Das Rekursgericht hat rechnerisch richtig aus den Tabellen der Existenzminimumverordnung für die Zeit ab Jänner 2002 die relevanten Größen ermittelt und rechnerisch richtig die Differenzrechnung aufgestellt, woraus sich ergibt, dass für die drei unterhaltsberechtigten Kinder insgesamt nur 379,80 EUR und dem Unterhaltsschuldner 1.139,40 EUR monatlich verbleiben. Ein Wertungswiderspruch zu einer Unterhaltsfestsetzung nach der Prozentkomponente könnte also nur dann verneint werden, wenn eine Herabsetzung des Unterhaltsexistenzminimums (keinesfalls) erreichbar sein sollte. Dies ist bei der hier vorliegenden Fallkonstellation aber keineswegs naheliegend, könnten doch die Bedürfnisse der drei Kinder (eines davon hat als Erwachsener schon denselben Bedarf wie der unterhaltspflichtige Vater selbst) mit einem Betrag von 379,80 EUR nicht annähernd gedeckt werden. Eine Mehrzahl von Sorgepflichten und die aus den exekutionsrechtlichen Bestimmungen ableitbare Priorität von Unterhaltsforderungen rechtfertigen daher ein Abgehen von der Differenzrechnung, die nur für den Normalfall (etwa bei einem durchschnittlichen Einkommen und bloß einer Sorgepflicht) zu einem billigen Ergebnis führt, nicht aber bei mehreren Sorgepflichten und höherem Einkommen (und demgemäß nach den Tabellen der Existenzminimumverordnung auch höheren Existenzminima). Die nur für den Konkursfall in der neueren oberstgerichtlichen Rechtsprechung vertretene Differenzrechnung ist ebenso nur eine auf Durchschnittsfälle zugeschnittene Orientierungsregel, wie dies auch für die Prozentsatzmethode gilt (vgl RS0047427). In den oberen und unteren Randbereichen (sowohl der Leistungsfähigkeit als auch des Bedarfs) hat die Unterhaltsfestsetzung aber stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Atypische Verhältnisse erfordern für die Erzielung sachgerechter Ergebnisse Abweichungen von der grundsätzlichen Regelung. Die vom Rekursgericht angewandte Prozentsatzmethode - grundsätzlich richtig wurden für die beiden anderen Sorgepflichten Prozentpunkte abgezogen (dazu SZ 71/20 uva) - ist daher hier zu modifizieren. Mit einer Unterhaltsfestsetzung im Sine einer vollen Antragsstattgebung verbleiben dem Unterhaltsschuldner zwar noch rund 892 EUR monatlich, er hat damit aber nicht nur seine eigenen Bedürfnisse, sondern auch diejenigen der beiden anderen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen, von denen eines sogar schon volljährig ist. Eine Unterhaltsfestsetzung für diese Kinder in ähnlichem Ausmaß wie für das hier antragstellende Kind führte mit höchster Wahrscheinlichkeit dazu, dass die Unterhaltstitel nicht einbringlich zu machen wären, weil eine Herabsetzung des Existenzminimums gemäß § 292b EO nicht erreicht werden könnte. Auf diesen Maßstab kommt es aber auch nach Aufhebung des Konkurses an, wenn die Gläubiger im Konkursverfahren nicht volle Befriedigung erlangten. Dass dies der Fall gewesen sein sollte, hat das antragstellende Kind nicht behauptet. Seinem Unterhaltserhöhungsbegehren ist daher nach billigem Ermessen nur im Ausmaß von 200 EUR monatlich stattzugeben.Bemessungsgrundlage ist hier das dem Zugriff des Masseverwalters entzogene Unterhaltsexistenzminimum. Das Rekursgericht hat rechnerisch richtig aus den Tabellen der Existenzminimumverordnung für die Zeit ab Jänner 2002 die relevanten Größen ermittelt und rechnerisch richtig die Differenzrechnung aufgestellt, woraus sich ergibt, dass für die drei unterhaltsberechtigten Kinder insgesamt nur 379,80 EUR und dem Unterhaltsschuldner 1.139,40 EUR monatlich verbleiben. Ein Wertungswiderspruch zu einer Unterhaltsfestsetzung nach der Prozentkomponente könnte also nur dann verneint werden, wenn eine Herabsetzung des Unterhaltsexistenzminimums (keinesfalls) erreichbar sein sollte. Dies ist bei der hier vorliegenden Fallkonstellation aber keineswegs naheliegend, könnten doch die Bedürfnisse der drei Kinder (eines davon hat als Erwachsener schon denselben Bedarf wie der unterhaltspflichtige Vater selbst) mit einem Betrag von 379,80 EUR nicht annähernd gedeckt werden. Eine Mehrzahl von Sorgepflichten und die aus den exekutionsrechtlichen Bestimmungen ableitbare Priorität von Unterhaltsforderungen rechtfertigen daher ein Abgehen von der Differenzrechnung, die nur für den Normalfall (etwa bei einem durchschnittlichen Einkommen und bloß einer Sorgepflicht) zu einem billigen Ergebnis führt, nicht aber bei mehreren Sorgepflichten und höherem Einkommen (und demgemäß nach den Tabellen der Existenzminimumverordnung auch höheren Existenzminima). Die nur für den Konkursfall in der neueren oberstgerichtlichen Rechtsprechung vertretene Differenzrechnung ist ebenso nur eine auf Durchschnittsfälle zugeschnittene Orientierungsregel, wie dies auch für die Prozentsatzmethode gilt vergleiche RS0047427). In den oberen und unteren Randbereichen (sowohl der Leistungsfähigkeit als auch des Bedarfs) hat die Unterhaltsfestsetzung aber stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Atypische Verhältnisse erfordern für die Erzielung sachgerechter Ergebnisse Abweichungen von der grundsätzlichen Regelung. Die vom Rekursgericht angewandte Prozentsatzmethode - grundsätzlich richtig wurden für die beiden anderen Sorgepflichten Prozentpunkte abgezogen (dazu SZ 71/20 uva) - ist daher hier zu modifizieren. Mit einer Unterhaltsfestsetzung im Sine einer vollen Antragsstattgebung verbleiben dem Unterhaltsschuldner zwar noch rund 892 EUR monatlich, er hat damit aber nicht nur seine eigenen Bedürfnisse, sondern auch diejenigen der beiden anderen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen, von denen eines sogar schon volljährig ist. Eine Unterhaltsfestsetzung für diese Kinder in ähnlichem Ausmaß wie für das hier antragstellende Kind führte mit höchster Wahrscheinlichkeit dazu, dass die Unterhaltstitel nicht einbringlich zu machen wären, weil eine Herabsetzung des Existenzminimums gemäß Paragraph 292 b, EO nicht erreicht werden könnte. Auf diesen Maßstab kommt es aber auch nach Aufhebung des Konkurses an, wenn die Gläubiger im Konkursverfahren nicht volle Befriedigung erlangten. Dass dies der Fall gewesen sein sollte, hat das antragstellende Kind nicht behauptet. Seinem Unterhaltserhöhungsbegehren ist daher nach billigem Ermessen nur im Ausmaß von 200 EUR monatlich stattzugeben.

Textnummer

E73916

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0060OB00051.04Z.0624.000

Im RIS seit

24.07.2004

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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