TE OGH 2004/6/24 15Os68/04

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Veröffentlicht am 24.06.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Juni 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fuchs als Schriftführerin in der Strafsache gegen Goran K***** wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. März 2004, GZ 16 Hv 35/04x-9, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. März 2004, GZ 16 Hv 35/04x-9, verletzt im Strafausspruch § 5 Z 5 JGG.

Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in seinem Strafausspruch ebenso wie der gemeinsam mit dem Urteil verkündete und ausgefertigte Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit aufgehoben. Dem Landesgericht Klagenfurt wird im Umfang der Aufhebung die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem, in gekürzter Form ausgefertigem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. März 2004, GZ 16 Hv 35/04x-9, wurde der am 12. April 1987 geborene Goran K***** der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB, der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB sowie des versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach §§ 15, 136 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 (Abs 1) StGB und des "§ 5 JGG" nach § 126 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 260 Tagessätzen zu 3 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 130 Tagen verurteilt. Die Straftaten waren vom 5. Oktober 2003 bis zum 1. Jänner 2004 begangen worden. Gemeinsam mit dem Urteil beschloss das Gericht die Verlängerung der im Verfahren 13 Hv 227/02g desselben Gerichts bestimmten Probezeit.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt steht in seinem Strafausspruch, wie der Generalprokurator in der deswegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Da es sich bei den dem Urteil zugrunde liegenden Straftaten um Jugendstraftaten handelte (§ 1 Z 3 JGG), war bei der Strafbemessung § 5 JGG zu beachten. Danach werden unter anderem das Höchstmaß von angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafen und das nach Tagessätzen bestimmte Höchstmaß von Geldstrafen auf die Hälfte herabgesetzt (§ 5 Z 4 und 5 JGG). Der im gegebenen Fall gemäß § 28 Abs 1 StGB maßgebliche § 126 Abs 1 StGB sieht Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vor. Daher war bei der Strafbemessung von einer gemäß § 5 Z 4 und 5 JGG herabgesetzten Strafdrohung von Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen auszugehen.

Von § 37 Abs 1 StGB wurde ersichtlich nicht Gebrauch gemacht. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn für eine Tat keine strengere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, sei es auch in Verbindung mit einer Geldstrafe, angedroht ist, statt auf eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Monaten auf eine Geldstrafe von nicht mehr als 360 Tagessätzen zu erkennen, wenn es nicht der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf, um den Täter von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Für die Anwendbarkeit des § 37 Abs 1 StGB auf Jugendstraftaten ist die nach § 5 Z 4 JGG herabgesetzte Strafdrohung maßgeblich. Daher fallen strafbare Handlungen, die im Erwachsenenstrafrecht mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe und demnach als Jugendstraftaten mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht sind, in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung (RV 486 BlgNR 17. GP, 25). Wegen solcher Taten kann also in Anwendung des § 37 Abs 1 StGB statt auf eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Monaten auf eine Geldstrafe von nicht mehr als 360 Tagessätzen erkannt werden, sofern (wie hier) die nach § 5 Z 4 JGG herabgesetzte Strafdrohung sechs Monate Freiheitsstrafe zulässt (vgl § 19 Abs 3 StGB; Maleczky, Wann ist von den geänderten Strafdrohungen des § 5 JGG auszugehen?, JAP 1991/92, 78).Für die Anwendbarkeit des § 37 Abs 1 StGB auf Jugendstraftaten ist die nach § 5 Z 4 JGG herabgesetzte Strafdrohung maßgeblich. Daher fallen strafbare Handlungen, die im Erwachsenenstrafrecht mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe und demnach als Jugendstraftaten mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht sind, in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung (RV 486 BlgNR 17. GP, 25). Wegen solcher Taten kann also in Anwendung des § 37 Abs 1 StGB statt auf eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Monaten auf eine Geldstrafe von nicht mehr als 360 Tagessätzen erkannt werden, sofern (wie hier) die nach § 5 Z 4 JGG herabgesetzte Strafdrohung sechs Monate Freiheitsstrafe zulässt vergleiche § 19 Abs 3 StGB; Maleczky, Wann ist von den geänderten Strafdrohungen des § 5 JGG auszugehen?, JAP 1991/92, 78).

Generalpräventive Erwägungen sind im Jugendstrafrecht zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, aber auf besonders gelagerte Ausnahmefälle beschränkt, in denen eine Bedachtnahme auf Belange der Generalprävention aus besonderen Gründen unerlässlich erscheint. Dies gilt gemäß § 5 Z 1 JGG hinsichtlich der einschlägigen Regelungen des allgemeinen Strafrechts (und gemäß § 14 JGG hinsichtlich der besonderen Erledigungsformen des Jugendstrafrechts), somit auch für die Anwendung des § 37 Abs 1 StGB auf Jugendstraftaten (JAB 738 BlgNR 17. GP, 4; Jesionek, JGG³ § 14 Anm 2 und 3; die weiter gehende Ansicht von Maleczky, Jugendstrafrecht³, 23, dass bei der Entscheidung, ob eine Geldstrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe zu verhängen ist, die Generalprävention überhaupt nicht zu berücksichtigen sei, findet in § 5 Z 1 JGG und den Gesetzesmaterialien keine Stütze).

Anhaltspunkte für die Anwendung des § 37 Abs 1 StGB sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Vielmehr weist die Urteilsausfertigung darauf hin, dass bei der Strafbemessung zwar von einer Halbierung der in § 126 Abs 1 StGB enthaltenen Freiheitsstrafdrohung, aber entgegen § 5 Z 5 JGG von der unveränderten Geldstrafdrohung von 360 Tagessätzen, somit von einem überhöhten Strafrahmen ausgegangen wurde.

Die Ausmessung der Strafe unter Missachtung des § 5 Z 5 JGG bewirkte zum Nachteil des Goran K***** Nichtigkeit des Urteils nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall (iVm §§ 489 Abs 1, 468 Abs 1 Z 4) StPO, auch wenn die Geldstrafe von 260 Tagessätzen nach § 37 Abs 1 StGB und § 5 Z 1 JGG zulässig gewesen wäre (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 670; 11 Os 58/01).Die Ausmessung der Strafe unter Missachtung des § 5 Z 5 JGG bewirkte zum Nachteil des Goran K***** Nichtigkeit des Urteils nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall (iVm §§ 489 Abs 1, 468 Abs 1 Z 4) StPO, auch wenn die Geldstrafe von 260 Tagessätzen nach § 37 Abs 1 StGB und § 5 Z 1 JGG zulässig gewesen wäre vergleiche Ratz, WK-StPO § 281 Rz 670; 11 Os 58/01).

Daher waren gemäß § 292 letzter Satz StPO das Urteil im Strafausspruch und der damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit aufzuheben und dem Landesgericht Klagenfurt in diesem Umfang die Verfahrenserneuerung aufzutragen.

Im erneuerten Verfahren wird außer § 5 Z 4 und 5 JGG sowie § 37 Abs 1 StGB das Verschlechterungsverbot nach § 290 Abs 2 iVm § 292 erster Satz StPO zu beachten sein, weshalb keine strengere Geldstrafe als im aufgehobenen Urteil (260 Tagessätze) und auch kein höherer Tagessatz (3 Euro) ausgemessen werden darf.

Textnummer

E73952

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0150OS00068.04.0624.000

Im RIS seit

24.07.2004

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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