TE OGH 2004/6/29 3Ob147/04w

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Veröffentlicht am 29.06.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Anna W*****, vertreten durch den Sachwalter Dr. Rudolf Kathrein, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Ing. Hans E*****, vertreten durch Dr. Günther Egger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen einstweiligen Unterhalts, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 30. April 2004, GZ 4 R 169/04p-33, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 2, erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind seit 1965 verheiratet, ihrer Ehe entstammen drei Kinder. In dem am 23. September 1997 vom Mann angestrengten Scheidungsverfahren wurde mit Beschluss vom 13. März 1998 das Provisorialbegehren der Frau auf Verpflichtung des Mannes zur Zahlung eines monatlichen einstweiligen Unterhalts von 20.000 S = 1.453,46 EUR für die Dauer des Ehescheidungsverfahrens wegen Rechtsmissbrauchs rechtskräftig abgewiesen (hg. 10 Ob 315/98s). Ein gleichlautender Antrag wurde mit rechtskräftigem Beschluss vom 26. November 1999 schon mangels Behauptung geänderter Verhältnisse zurückgewiesen. Das Scheidungsverfahren ist noch anhängig, nachdem mit rechtskräftigem Beschluss vom 7. Jänner 2000 gemäß § 7 ZPO das Verfahren einschließlich der Zustellung der Ehescheidungsklage für nichtig erklärt worden war.Die Streitteile sind seit 1965 verheiratet, ihrer Ehe entstammen drei Kinder. In dem am 23. September 1997 vom Mann angestrengten Scheidungsverfahren wurde mit Beschluss vom 13. März 1998 das Provisorialbegehren der Frau auf Verpflichtung des Mannes zur Zahlung eines monatlichen einstweiligen Unterhalts von 20.000 S = 1.453,46 EUR für die Dauer des Ehescheidungsverfahrens wegen Rechtsmissbrauchs rechtskräftig abgewiesen (hg. 10 Ob 315/98s). Ein gleichlautender Antrag wurde mit rechtskräftigem Beschluss vom 26. November 1999 schon mangels Behauptung geänderter Verhältnisse zurückgewiesen. Das Scheidungsverfahren ist noch anhängig, nachdem mit rechtskräftigem Beschluss vom 7. Jänner 2000 gemäß Paragraph 7, ZPO das Verfahren einschließlich der Zustellung der Ehescheidungsklage für nichtig erklärt worden war.

Im vorliegenden, am 10. Oktober 2000 eingeleiteten Verfahren begehrt die Frau vom Mann gemäß § 94 ABGB rückständigen Unterhalt und laufenden Unterhalt von monatlich 27.000 S = 1.962,17 EUR sowie einen Provisorialunterhalt gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO von monatlich 20.000 S = 1.453,46 EUR für die Dauer des Unterhaltsverfahrens. Die Vorinstanzen wiesen letzteren Antrag zusammengefasst wegen Verwirkung deshalb ab, weil die Frau mehrere in ihrem grundbücherlichen Alleineigentum stehende Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum verbunden ist, ohne Kenntnis ihres Mannes pfandrechtlich belastet hatte. Die Ehegatten hatten diese Wohnungen unter Heranziehung von Fremdmitteln und von Erträgnissen aus dem vom Mann betriebenen Unternehmen gekauft. Die Wohnungen dienten zur Existenzsicherung und dazu, den Kindern je eine Wohnung (entgeltlich) zukommen zu lassen. Die Frau hatte vor etlichen Jahren einen Mann kennen gelernt, zu dem sie geschäftliche und freundschaftliche Kontakte unterhält. Obwohl ihr bekannt war, dass dieser auf Grund von Vorstrafen die Geschäftsführertätigkeit nicht ausüben kann, hielt sie seine Konzepte für förderungswürdig, übernahm für seine Kredite Haftungen, verpfändete die erwähnten Liegenschaftsanteile und übernahm insgesamt Haftungen im Umfang von 13,624.100 S = 990.101,96 EUR. Alle Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum verbunden ist, sind unmittelbar von der Zwangsversteigerung bedroht. Manche Wohnungen stehen unter Zwangsverwaltung. Die Klägerin leidet an einer affektiven Psychose. Im Zeitraum von 1993 bis Frühjahr 1996, in der die erwähnten Kredite (und Pfandbelastungen) aufgenommen wurden, können tiefgreifende Störungen ihrer geistigen Gesundheit nicht festgestellt werden. Wenn zu dieser Zeit eine Störung vorhanden war, dann war diese nicht von jener Art, dass das Bewusstsein für den Gegenstand eines Kredits oder was ein solcher bedeutet, nicht mehr gegeben war. Die Frau war in diesem Zeitraum in der Lage, die Tragweite der abgeschlossenen Kreditverträge zu überblicken und sich gemäß dieser Erkenntnis zu verhalten.Im vorliegenden, am 10. Oktober 2000 eingeleiteten Verfahren begehrt die Frau vom Mann gemäß Paragraph 94, ABGB rückständigen Unterhalt und laufenden Unterhalt von monatlich 27.000 S = 1.962,17 EUR sowie einen Provisorialunterhalt gemäß Paragraph 382, Absatz eins, Ziffer 8, Litera a, EO von monatlich 20.000 S = 1.453,46 EUR für die Dauer des Unterhaltsverfahrens. Die Vorinstanzen wiesen letzteren Antrag zusammengefasst wegen Verwirkung deshalb ab, weil die Frau mehrere in ihrem grundbücherlichen Alleineigentum stehende Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum verbunden ist, ohne Kenntnis ihres Mannes pfandrechtlich belastet hatte. Die Ehegatten hatten diese Wohnungen unter Heranziehung von Fremdmitteln und von Erträgnissen aus dem vom Mann betriebenen Unternehmen gekauft. Die Wohnungen dienten zur Existenzsicherung und dazu, den Kindern je eine Wohnung (entgeltlich) zukommen zu lassen. Die Frau hatte vor etlichen Jahren einen Mann kennen gelernt, zu dem sie geschäftliche und freundschaftliche Kontakte unterhält. Obwohl ihr bekannt war, dass dieser auf Grund von Vorstrafen die Geschäftsführertätigkeit nicht ausüben kann, hielt sie seine Konzepte für förderungswürdig, übernahm für seine Kredite Haftungen, verpfändete die erwähnten Liegenschaftsanteile und übernahm insgesamt Haftungen im Umfang von 13,624.100 S = 990.101,96 EUR. Alle Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum verbunden ist, sind unmittelbar von der Zwangsversteigerung bedroht. Manche Wohnungen stehen unter Zwangsverwaltung. Die Klägerin leidet an einer affektiven Psychose. Im Zeitraum von 1993 bis Frühjahr 1996, in der die erwähnten Kredite (und Pfandbelastungen) aufgenommen wurden, können tiefgreifende Störungen ihrer geistigen Gesundheit nicht festgestellt werden. Wenn zu dieser Zeit eine Störung vorhanden war, dann war diese nicht von jener Art, dass das Bewusstsein für den Gegenstand eines Kredits oder was ein solcher bedeutet, nicht mehr gegeben war. Die Frau war in diesem Zeitraum in der Lage, die Tragweite der abgeschlossenen Kreditverträge zu überblicken und sich gemäß dieser Erkenntnis zu verhalten.

Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, bei diesem Sachverhalt könne weder von Leichtgläubigkeit noch von unglücklichen Investitionen die Rede sein. Die Frau habe auf ihre Familie keine Rücksicht genommen; durch ihre Finanzgebarung ohne jegliche Wirtschaftlichkeitsüberlegungen bei gleichzeitig akutem Informationsdefizit über die Verwendung der Gelder habe sie nicht bloß massiv zum Nachteil des Mannes gehandelt, sondern auch in Kauf genommen, dass die beiden Eigentumswohnungen, in denen die beiden volljährigen ehelichen Kinder seit längerem als Bestandnehmer wohnen und die ihnen entgeltlich zukommen sollten und auf welche sie auch schon massive Anzahlungen geleistet hatten, ebenfalls zwangsversteigert werden. Auf Grund des Gesamtverhaltens habe die Frau einen massiven Eingriff in die wirtschaftliche Sphäre des Mannes und sohin die Setzung eines Unterhaltsverwirkungstatbestands zu verantworten.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Frau, in dem sie geltend macht, es fehle Rsp des Obersten Gerichtshofs zum hier zu beurteilenden Sachverhalt, ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der E 5 Ob 38/99w = EFSlg

88.842 mwN erkannt, dass auch schwere Verfehlungen gegen die wirtschaftliche Sphäre des Antragsgegners den Missbrauchstatbestand erfüllen, an die erforderliche Schwere des ehewidrigen Verhaltens aber ein sehr strenger Maßstab anzulegen sei (ebenso Schwimann in Schwimann2 § 94 ABGB Rz 31 mN der zweitinstanzlichen Rsp). Rechtsmißbrauch sei nur dann anzunehmen, wenn der fordernde Ehegatte in seinem Verhalten erkennen lasse, dass er nicht nur einzelne aus dem ehelichen Verhältnis entspringende Verpflichtungen hintansetze, sondern sich schlechtweg über alle Bindungen aus der ehelichen Partnerschaft hinwegzusetzen bereit sei, dennoch aber vom anderen Partner die Erfüllung der ehelichen Verpflichtungen begehre. Die Beurteilung im Einzelfall, ob ein derart besonders krasser Fall vorliegt, in welchem die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs (wegen des Verhaltens des betreffenden Ehegattens) grob unbillig erscheinen würde (RIS-Justiz RS0009759), stellt grundsätzlich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar. Nach dem hier festgestellten Sachverhalt ist der Frau ihr Verhalten auch als Verschulden anzurechnen. Die Bejahung der Voraussetzungen für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs durch die Vorinstanzen im vorliegenden Fall stellt jedenfalls keine auffallende Fehlbeurteilung dar, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).88.842 mwN erkannt, dass auch schwere Verfehlungen gegen die wirtschaftliche Sphäre des Antragsgegners den Missbrauchstatbestand erfüllen, an die erforderliche Schwere des ehewidrigen Verhaltens aber ein sehr strenger Maßstab anzulegen sei (ebenso Schwimann in Schwimann2 Paragraph 94, ABGB Rz 31 mN der zweitinstanzlichen Rsp). Rechtsmißbrauch sei nur dann anzunehmen, wenn der fordernde Ehegatte in seinem Verhalten erkennen lasse, dass er nicht nur einzelne aus dem ehelichen Verhältnis entspringende Verpflichtungen hintansetze, sondern sich schlechtweg über alle Bindungen aus der ehelichen Partnerschaft hinwegzusetzen bereit sei, dennoch aber vom anderen Partner die Erfüllung der ehelichen Verpflichtungen begehre. Die Beurteilung im Einzelfall, ob ein derart besonders krasser Fall vorliegt, in welchem die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs (wegen des Verhaltens des betreffenden Ehegattens) grob unbillig erscheinen würde (RIS-Justiz RS0009759), stellt grundsätzlich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar. Nach dem hier festgestellten Sachverhalt ist der Frau ihr Verhalten auch als Verschulden anzurechnen. Die Bejahung der Voraussetzungen für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs durch die Vorinstanzen im vorliegenden Fall stellt jedenfalls keine auffallende Fehlbeurteilung dar, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Anmerkung

E74070 3Ob147.04w

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0030OB00147.04W.0629.000

Dokumentnummer

JJT_20040629_OGH0002_0030OB00147_04W0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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