TE OGH 2004/7/6 4Ob156/04a

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Veröffentlicht am 06.07.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundesverband der Diplomierten PhysiotherapeutInnen Österreichs, *****, vertreten durch Ferner Hornung & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Lilla K*****, vertreten durch Dr. Witt & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 36.000 EUR), über den Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 19. April 2004, GZ 4 R 43/04d-8, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 15. Dezember 2003, GZ 24 Cg 219/03v-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig:Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (Paragraph 526, Absatz 2, ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO nicht zulässig:

Das Rekursgericht hat den Revisionsrekurs für zulässig erklärt, „weil höchstgerichtliche Entscheidungen zur Frage, welche Heilbehandlungen nur von Ärzten und Physiotherapeuten ausgeübt werden dürfen, spärlich sind". Die Beklagte führt zur Zulässigkeit aus, dass die angefochtene Entscheidung von den wenigen zu dieser Thematik ergangenen Entscheidungen abweiche und Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Ausübung der „cranio-sacralen Osteopathie" aufgrund eines Gewerbescheins zulässig oder den Ärzten oder Physiotherapeuten vorbehalten sei.

Von der zuletzt genannten Frage hängt die Entscheidung nicht ab; Entscheidungen, von denen der angefochtene Beschluss abweichen soll, führt die Beklagte nicht an. Es trifft auch nicht zu, dass die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung widerspräche:

Ein Nichtarzt handelt sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn er den eigenen (oder fremden) Wettbewerb durch Tätigkeiten fördert, die in den Ärztevorbehalt eingreifen (4 Ob 166/03w = ÖBl 2004, 14 - Natur- und Geistheiler). Gleiches gilt, wenn Blut- oder Harnanalysen von einem Unternehmen angeboten werden, das nicht die nach dem Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-Gesetz) erforderliche Befugnis zur Erbringung medizinisch-technischer Dienste besitzt (4 Ob 17/04k). Nichts anderes kann gelten, wenn Leistungen angeboten werden, die als mechanotherapeutische Maßnahmen unter § 2 Abs 1 MTD-Gesetz fallen. Nach dem festgestellten Sachverhalt bietet die - weder als Ärztin noch als Physiotherapeutin zugelassene - Beklagte in verschiedenen Werbeschriften (ua) eine Behandlung an, die „entlang der Wirbelsäule mit feinen Bewegungen mobilisiert" und zu einer „spürbaren Verbesserung und mehr Beweglichkeit" bei „allgemeinen Verspannungen des Rückens, bei Schmerzen im Schulterbereich, bei Rundrücken, bei Problemen mit der Halswirbelsäule, bei Skoliose, bei Fehlhaltungen von Kindern, bei Bandscheibenvorfall, nach Unfällen und Stürzen, nach Operationen, bei Kreuzschmerzen und Ischiasbeschwerden, bei Beschwerden des Kreuzbeines" führen soll. Die Beklagte bietet darüber hinaus auch (ua) Lymphdrainagen und Fußreflexzonenmassagen an. Dass die Beklagte diese Behandlungen auch tatsächlich anbietet und ausführt bestreitet sie nicht. Für die Beurteilung, ob die Beklagte entgegen § 4 MTD-Gesetz Tätigkeiten in den gehobenen medizinisch-technischen Diensten ausübt, zu denen auch der physiotherapeutische Dienst gehört, ist allein maßgebend, welche Behandlungen sie tatsächlich anbietet und damit auch ausübt. Der physiotherapeutische Dienst umfasst nach § 2 Abs 1 MTD-Gesetz die eigenverantwortliche Anwendung aller physiotherapeutischen Maßnahmen nach ärztlicher Anordnung im intra- und extramuralen Bereich, unter besonderer Berücksichtigung funktioneller Zusammenhänge auf den Gebieten der Gesundheitserziehung, Prophylaxe, Therapie und Rehabilitation. Dazu gehören insbesondere mechanotherapeutische Maßnahmen, wie (ua) alle Arten von Bewegungstherapien, Reflexzonentherapien und Lymphdrainagen.Ein Nichtarzt handelt sittenwidrig im Sinne des Paragraph eins, UWG, wenn er den eigenen (oder fremden) Wettbewerb durch Tätigkeiten fördert, die in den Ärztevorbehalt eingreifen (4 Ob 166/03w = ÖBl 2004, 14 - Natur- und Geistheiler). Gleiches gilt, wenn Blut- oder Harnanalysen von einem Unternehmen angeboten werden, das nicht die nach dem Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-Gesetz) erforderliche Befugnis zur Erbringung medizinisch-technischer Dienste besitzt (4 Ob 17/04k). Nichts anderes kann gelten, wenn Leistungen angeboten werden, die als mechanotherapeutische Maßnahmen unter Paragraph 2, Absatz eins, MTD-Gesetz fallen. Nach dem festgestellten Sachverhalt bietet die - weder als Ärztin noch als Physiotherapeutin zugelassene - Beklagte in verschiedenen Werbeschriften (ua) eine Behandlung an, die „entlang der Wirbelsäule mit feinen Bewegungen mobilisiert" und zu einer „spürbaren Verbesserung und mehr Beweglichkeit" bei „allgemeinen Verspannungen des Rückens, bei Schmerzen im Schulterbereich, bei Rundrücken, bei Problemen mit der Halswirbelsäule, bei Skoliose, bei Fehlhaltungen von Kindern, bei Bandscheibenvorfall, nach Unfällen und Stürzen, nach Operationen, bei Kreuzschmerzen und Ischiasbeschwerden, bei Beschwerden des Kreuzbeines" führen soll. Die Beklagte bietet darüber hinaus auch (ua) Lymphdrainagen und Fußreflexzonenmassagen an. Dass die Beklagte diese Behandlungen auch tatsächlich anbietet und ausführt bestreitet sie nicht. Für die Beurteilung, ob die Beklagte entgegen Paragraph 4, MTD-Gesetz Tätigkeiten in den gehobenen medizinisch-technischen Diensten ausübt, zu denen auch der physiotherapeutische Dienst gehört, ist allein maßgebend, welche Behandlungen sie tatsächlich anbietet und damit auch ausübt. Der physiotherapeutische Dienst umfasst nach Paragraph 2, Absatz eins, MTD-Gesetz die eigenverantwortliche Anwendung aller physiotherapeutischen Maßnahmen nach ärztlicher Anordnung im intra- und extramuralen Bereich, unter besonderer Berücksichtigung funktioneller Zusammenhänge auf den Gebieten der Gesundheitserziehung, Prophylaxe, Therapie und Rehabilitation. Dazu gehören insbesondere mechanotherapeutische Maßnahmen, wie (ua) alle Arten von Bewegungstherapien, Reflexzonentherapien und Lymphdrainagen.

Die von der Beklagten angebotene Therapie fällt damit schon nach dem klaren Gesetzeswortlaut unter § 2 Abs 1 MTD-Gesetz. Dass noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage besteht, vermag daher eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht zu begründen.Die von der Beklagten angebotene Therapie fällt damit schon nach dem klaren Gesetzeswortlaut unter Paragraph 2, Absatz eins, MTD-Gesetz. Dass noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage besteht, vermag daher eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO nicht zu begründen.

Auf die von der Beklagten breit erörterte Frage, was unter „cranio-sacraler Osteopathie" zu verstehen ist und ob es sich dabei um eine auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Tätigkeit handelt, kommt es bei dieser Sachlage nicht an. Maßgebend ist, dass die Beklagte die Behandlung krankhafter Zustände (wie Schmerzen im Schulterbereich, Bandscheibenvorfall) durch mechanotherapeutische Maßnahmen anbietet. Das, wie die Beklagte behauptet, ein redlicher Erklärungsempfänger die in den Aushängen und Faltblättern enthaltenen Formulierungen nicht in dem Sinn verstehen könne, dass die „cranio-sacrale Osteopathie" eine medizinische Heilbehandlung sei, die geeignet sei, Zustände mit Krankheitswert zu therapieren oder zu heilen, wird schon durch den Inhalt der Druckschriften widerlegt und wäre im Übrigen auch nicht maßgebend, weil es allein darauf ankommt, welche Behandlungen die Beklagten tatsächlich anbietet und ausübt (ÖBl 1992, 209 - Ferienwohnungen ua). Dass die von ihr angebotenen Behandlungen unter § 2 Abs 1 MTD-Gesetz fallen, wurde bereits oben dargelegt.Auf die von der Beklagten breit erörterte Frage, was unter „cranio-sacraler Osteopathie" zu verstehen ist und ob es sich dabei um eine auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Tätigkeit handelt, kommt es bei dieser Sachlage nicht an. Maßgebend ist, dass die Beklagte die Behandlung krankhafter Zustände (wie Schmerzen im Schulterbereich, Bandscheibenvorfall) durch mechanotherapeutische Maßnahmen anbietet. Das, wie die Beklagte behauptet, ein redlicher Erklärungsempfänger die in den Aushängen und Faltblättern enthaltenen Formulierungen nicht in dem Sinn verstehen könne, dass die „cranio-sacrale Osteopathie" eine medizinische Heilbehandlung sei, die geeignet sei, Zustände mit Krankheitswert zu therapieren oder zu heilen, wird schon durch den Inhalt der Druckschriften widerlegt und wäre im Übrigen auch nicht maßgebend, weil es allein darauf ankommt, welche Behandlungen die Beklagten tatsächlich anbietet und ausübt (ÖBl 1992, 209 - Ferienwohnungen ua). Dass die von ihr angebotenen Behandlungen unter Paragraph 2, Absatz eins, MTD-Gesetz fallen, wurde bereits oben dargelegt.

Der Revisionsrekurs war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses der Beklagten hingewiesen; seine Revisionsrekursbeantwortung war daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses der Beklagten hingewiesen; seine Revisionsrekursbeantwortung war daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

Anmerkung

E739094Ob156.04a

Schlagworte

Kennung XPUBL - XBEITRDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inÖBl-LS 2004/132 = RdM 2005,26 = Schimanko, RdM 2008/124 S 170 -Schimanko, RdM 2008,170XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0040OB00156.04A.0706.000

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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