Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schenk und Dr. Hurch und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gabriele P*****, 2. Margit S*****, 3. Bernhard S*****, alle vertreten durch Dr. Stephan Duschel und Mag. Klaus Hanten, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beklagten Ing. Wolfgang B*****, vertreten durch Dr. Heinz Lackner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 3. Februar 2004, GZ 40 R 3/04v-27, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 5. Oktober 2003, GZ 5 C 612/02w-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die Wohnung top Nr 1 im Haus ***** Wien, W***** Straße ***** binnen 14 Tagen geräumt zu übergeben.
Die beklagte Partei hat den klagenden Parteien die mit 8.458,18 EUR (darin enthalten 1.360,66 EUR Umsatzsteuer und 294,47 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger (sie sind zu insgesamt 7/12 Miteigentümer des Hauses Wien *****) begehren vom Beklagten Räumung der Wohnung top Nr 1 wegen titelloser Benützung und Übergabe der Wohnung an sie. Die Großmutter des Beklagten habe diese Wohnung aufgrund eines ihr höchstpersönlich eingeräumten Benützungsrechts bis zu ihrem Tod am 17. 10. 2001 bewohnt. Das ihr eingeräumte höchstpersönliche Wohnrecht sei damit erloschen. Seither stehe die Wohnung leer. Der Beklagte habe zwar ab etwa 1996 ein Jahr lang gemeinsam mit seiner Großmutter gewohnt, sei jedoch 1997 ausgezogen. Über Anfrage der Erstklägerin, ob Interesse an einer Anmietung bestehe, habe die Mutter des Beklagten - diese sei mit einem Sechstel Miteigentümerin der Liegenschaft - im Jänner 2002 erklärt, die Wohnung werde nicht angemietet, sondern aufgrund eines behaupteten Wohnrechts benützt. Der Beklagte sei nicht bereit, Mietzins oder Betriebskosten zu zahlen. Damit seien die Kläger nicht einverstanden gewesen und hätten den Beklagten - allerdings ergebnislos - zur Räumung aufgefordert.
Der Beklagte beantragte Klageabweisung und wendete ein, top 1 sei eine der beiden Hausherrnwohnungen, in der schon seine Ururgroßeltern gewohnt hätten. Die zweite Hausherrnwohnung, top Nr 5, sei von Helene S***** benutzt worden. Das Benützungsrecht des Beklagten werde auf eine Benützungsregelung aus dem Jahr 1938 gestützt. Damals sei die Wohnung top Nr 5 der Miteigentümerlinie S***** und die Wohnung top Nr 1 der Miteigentümerlinie E***** zur Benützung übergeben worden. Beide Wohnungen sollten als Hausherrnwohnung unentgeltlich benützt werden können, das Benützungsrecht sollte auf die jeweiligen Rechtsnachfolger übergehen. Auch für die Wohnung top Nr 5 sei bis zur Einbringung der vorliegenden Klage kein Mietzins bezahlt worden. Die Linie E***** werde nun ausschließlich von der Mutter des Beklagten repräsentiert. Sie sei 1/6-Miteigentümerin der Liegenschaft und habe der Benützung der Wohnung durch den Beklagten zugestimmt. Überdies habe der Beklagte seit 1994 im gemeinsamen Haushalt mit seiner Großmutter gelebt, sodass ihm auch ein Eintrittsrecht zustehe. Die Großmutter habe die Wohnung aufgrund ihrer Benützungsvereinbarung bewohnt, einen Mietvertrag habe es nie gegeben. Es sei auch nie Zins bezahlt worden. Die Betriebskosten seien aus den Mieteinnahmen der im Haus befindlichen Geschäftslokale beglichen worden. Bestritten werde auch die Aktivlegitimation, die zur Einbringung einer Räumungsklage erforderliche Mehrheit fehle.
Außer Streit steht, dass für die Wohnung top Nr 5 bis zum Jahr 2001 weder Mietzins noch Betriebskosten bezahlt wurden und dass ein schriftlicher Mietvertrag über diese Wohnung im Juni 2002 abgeschlossen wurde.
Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren ab. Es stellte noch fest, die früheren Liegenschaftseigentümer hätten die bebaute Liegenschaft 1938 ihren beiden Töchtern Leopoldine E***** und Stephanie S***** je zur Hälfte geschenkt. Den Geschenkgebern sei lebenslang ein unentgeltliches Wohnrecht an der Wohnung top Nr 1 und ein Fruchtgenussrecht an der Liegenschaft eingeräumt worden. Eine Vereinbarung, wonach die Wohnungen top Nr 5 der Miteigentümerlinie S***** und top Nr 1 der Linie E***** unbefristet und unentgeltlich zur Verfügung stehen sollten, könne ebensowenig festgestellt werden wie dass eine derartige Regelung auch für die jeweiligen Rechtsnachfolger unbeschränkt gelten sollte. In weiterer Folge sei top Nr 1 durch die Hälfteeigentümerin Leopoldine E***** und top 5 durch Stephanie S***** benutzt worden. Leopoldine E***** habe top 1 ihrer Tochter Elfriede S***** - der Großmutter des Beklagten - und deren Familie überlassen und sei in eine andere Wohnung des Hauses gezogen, für die sie Zahlungen geleistet habe. Demgegenüber habe die Großmutter des Beklagten für top 1 von Beginn an nichts zahlen müssen. Nach Stephanie S***** sei ihr Sohn Herbert S***** Hälfteeigentümer der Liegenschaft geworden. Er habe mit der Großmutter des Beklagten vereinbart, dass sie für die jeweils benützten Wohnungen top Nr 1 und top Nr 5 lebenslang weder Hauptmietzins noch Betriebskosten zu zahlen hätten. Eine Vereinbarung, wonach auch nach ihrem Tod für diese Wohnungen nichts zu zahlen sein sollte, konnte nicht festgestellt werden. Die Großmutter des Beklagten habe top Nr 1 bis zu ihrem Tod im Oktober 2001 bewohnt. Der Beklagte sei 1995 bei ihr eingezogen. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass der Beklagte bei Einbringung der Räumungsklage nicht mehr in der Wohnung gewohnt oder über eine andere Wohnmöglichkeit verfügt hätte. Es stellte fest, der Beklagte bewohne top Nr 1 mit Zustimmung seiner Mutter und Minderheitseigentümerin. Herbert S***** sei im Juni 2001 verstorben, seine Witwe leiste seither Zahlungen für die Wohnung top Nr 5, weil Herbert S***** sie und die Kläger informiert hätte, dass die unentgeltliche Benützung der Wohnung nur bis zu seinem Tod gelten sollte. Im Juni 2002 habe Helene S***** einen schriftlichen Mietvertrag für top 5 abgeschlossen. Der Abschluss eines Mietvertrags über top 1 sei gescheitert, weil eine Einigung über den Vertragsinhalt mit dem Beklagten nicht habe erzielt werden können. Die Erstklägerin habe im Juni 2001 nach dem Tod ihres Vaters die bis dahin von ihm geführte Hausverwaltung mit ausdrücklicher Zustimmung ihrer Geschwister übernommen. Die weiteren Miteigentümer seien informiert worden und hätten dagegen keinen Einwand erhoben. Die Kläger - sie verfügten über eine Anteilsmehrheit - hätten die Einbringung der Räumungsklage beschlossen; die anderen Miteigentümer seien dazu nicht befragt worden. Über die Räumungsklage sei nur die Mutter des Beklagten zufolge einer vorangehenden Klageandrohung informiert gewesen.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Beklagte benütze die Wohnung nicht titellos. Nach § 833 ABGB komme Besitz und Verwaltung einer gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu. Nur im Rahmen der ordentlichen Verwaltung und Benützung des Hauptstamms entscheide die Mehrheit an Anteilen. Die Regelung über die Benützung der gemeinsamen Sache zähle nicht zur ordentlichen Verwaltung. Mangels Einigung der Miteigentümer habe das Gericht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden. Solange dies nicht geschehen sei, könne die gemeinsame Sache grundsätzlich von allen benützt werden. Der Mutter des Beklagten stehe daher als Miteigentümerin der Liegenschaft ein Benützungsrecht an der Wohnung top 1 solange zu, als dem nicht eine bindende Vereinbarung der Miteigentümer oder eine abweichende gerichtliche Benützungsregelung entgegenstehe, wonach das Recht auf Benützung der Wohnung jemandem anderen allein zustehe. Eine Benützungsregelung für die Zeit nach dem Tod der Großmutter könne nicht festgestellt werden. Im Verfahren über den Antrag auf Benützungsregelung sei Ruhen eingetreten. Die Mutter des Beklagten sei als Miteigentümerin der Liegenschaft zur Benützung der Wohnung berechtigt. Sie müsse die Benützung nicht selbst vornehmen und könne den Beklagten dort wohnen lassen. Ihr Miteigentum als Titel der Benützung hindere das Räumungsbegehren.Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Beklagte benütze die Wohnung nicht titellos. Nach Paragraph 833, ABGB komme Besitz und Verwaltung einer gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu. Nur im Rahmen der ordentlichen Verwaltung und Benützung des Hauptstamms entscheide die Mehrheit an Anteilen. Die Regelung über die Benützung der gemeinsamen Sache zähle nicht zur ordentlichen Verwaltung. Mangels Einigung der Miteigentümer habe das Gericht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden. Solange dies nicht geschehen sei, könne die gemeinsame Sache grundsätzlich von allen benützt werden. Der Mutter des Beklagten stehe daher als Miteigentümerin der Liegenschaft ein Benützungsrecht an der Wohnung top 1 solange zu, als dem nicht eine bindende Vereinbarung der Miteigentümer oder eine abweichende gerichtliche Benützungsregelung entgegenstehe, wonach das Recht auf Benützung der Wohnung jemandem anderen allein zustehe. Eine Benützungsregelung für die Zeit nach dem Tod der Großmutter könne nicht festgestellt werden. Im Verfahren über den Antrag auf Benützungsregelung sei Ruhen eingetreten. Die Mutter des Beklagten sei als Miteigentümerin der Liegenschaft zur Benützung der Wohnung berechtigt. Sie müsse die Benützung nicht selbst vornehmen und könne den Beklagten dort wohnen lassen. Ihr Miteigentum als Titel der Benützung hindere das Räumungsbegehren.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob das Benützungsrecht eines Miteigentümers auch dann der Ausübung nach übertragbar sei, wenn eine Benützungsregelung über die gemeinschaftliche Sache nicht getroffen worden sei. Nach der zu § 828 ABGB ergangenen Rechtsprechung sei jeder Miteigentümer berechtigt, die gemeinschaftliche Sache auch ohne vorherige Absprache mit den übrigen Teilhabern zu benützen. Das Ausmaß seines Gebrauchs richte sich danach, ob die Sache eine unbeschränkte oder nur eine beschränkte Gebrauchsmöglichkeit gewähre. Sei die Gebrauchsmöglichkeit wie hier beschränkt, könne der Miteigentümer das gemeinschaftliche Gut derart gebrauchen oder benützen, dass er hiedurch den Gebrauch oder Benützung durch die übrigen Miteigentümer nicht beeinträchtigt. Dabei sei nicht auf abstrakte Gebrauchsmöglichkeiten, sondern auf den konkreten tatsächlichen Gebrauch abzustellen. Ein konkreter tatsächlicher Gebrauch der übrigen Miteigentümer, die die Räumung deshalb begehrten, weil sie die Wohnung gewinnbringend vermieten wollten, liege hier nicht vor. Der Beklagte leite seine Benützung aus der Zustimmung seiner Mutter und Miteigentümerin ab; er benütze somit nicht titellos. Dabei komme es nicht auf die Rechtsnatur dieser Zustimmung an, auch ein Prekarium wäre ausreichend. Eine eigenmächtige Durchsetzung des Anspruchs der Mitgesellschafterin auf eine der Quote entsprechende Sachbenützung liege hier nicht vor. Der Beklagte sei 1995 bei seiner Großmutter (wohl mit deren Zustimmung, Gegenteiliges sei nicht behauptet worden) eingezogen, als diese die Wohnung aufgrund der mit Herbert S***** getroffenen Benützungsvereinbarung bewohnt habe. Darin, dass der Beklagte diese Benützung nach dem Tod der Großmutter mit Zustimmung seiner Mutter fortgesetzt habe, sei eine eigenmächtige Anspruchsdurchsetzung nicht zu erblicken. Auch ein ausschließlicher Gebrauch der gemeinschaftlichen Sache liege nicht vor, benütze doch der Beklagte nur eine von mehreren Wohnungen.Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob das Benützungsrecht eines Miteigentümers auch dann der Ausübung nach übertragbar sei, wenn eine Benützungsregelung über die gemeinschaftliche Sache nicht getroffen worden sei. Nach der zu Paragraph 828, ABGB ergangenen Rechtsprechung sei jeder Miteigentümer berechtigt, die gemeinschaftliche Sache auch ohne vorherige Absprache mit den übrigen Teilhabern zu benützen. Das Ausmaß seines Gebrauchs richte sich danach, ob die Sache eine unbeschränkte oder nur eine beschränkte Gebrauchsmöglichkeit gewähre. Sei die Gebrauchsmöglichkeit wie hier beschränkt, könne der Miteigentümer das gemeinschaftliche Gut derart gebrauchen oder benützen, dass er hiedurch den Gebrauch oder Benützung durch die übrigen Miteigentümer nicht beeinträchtigt. Dabei sei nicht auf abstrakte Gebrauchsmöglichkeiten, sondern auf den konkreten tatsächlichen Gebrauch abzustellen. Ein konkreter tatsächlicher Gebrauch der übrigen Miteigentümer, die die Räumung deshalb begehrten, weil sie die Wohnung gewinnbringend vermieten wollten, liege hier nicht vor. Der Beklagte leite seine Benützung aus der Zustimmung seiner Mutter und Miteigentümerin ab; er benütze somit nicht titellos. Dabei komme es nicht auf die Rechtsnatur dieser Zustimmung an, auch ein Prekarium wäre ausreichend. Eine eigenmächtige Durchsetzung des Anspruchs der Mitgesellschafterin auf eine der Quote entsprechende Sachbenützung liege hier nicht vor. Der Beklagte sei 1995 bei seiner Großmutter (wohl mit deren Zustimmung, Gegenteiliges sei nicht behauptet worden) eingezogen, als diese die Wohnung aufgrund der mit Herbert S***** getroffenen Benützungsvereinbarung bewohnt habe. Darin, dass der Beklagte diese Benützung nach dem Tod der Großmutter mit Zustimmung seiner Mutter fortgesetzt habe, sei eine eigenmächtige Anspruchsdurchsetzung nicht zu erblicken. Auch ein ausschließlicher Gebrauch der gemeinschaftlichen Sache liege nicht vor, benütze doch der Beklagte nur eine von mehreren Wohnungen.
Die Revision der Kläger ist zulässig und berechtigt.
Der Beklagte leitet sein Benützungsrecht aus einem Eintrittsrecht nach der verstorbenen Großmutter ab, in deren Wohnung er vor ihrem Tod mit ihr gemeinsam gelebt habe, ferner aus einer Benützungsregelung zwischen den Miteigentümern des Jahres 1938 und aus einer Vereinbarung mit seiner Mutter, die als Miteigentümerin der Gesamtliegenschaft nach Auffassung des Beklagten berechtigt sei, die Wohnung selbst zu benützen und diese Befugnis der Ausübung noch an ihn übertragen habe.
Die vom Beklagten behauptete Benützungsregelung zwischen den Miteigentümern des Jahres 1938 konnte das Erstgericht nicht feststellen. Die zwischen der Großmutter des Beklagten und dem weiteren Miteigentümer getroffene Vereinbarung, wonach der Großmutter und dem zweiten Miteigentümer an den Wohnungen top Nr 1 bzw top Nr 5 ein jeweils lebenslanges unentgeltliches Nutzungsrecht zustand, beinhaltete nach den Feststellungen der Vorinstanzen nur höchstpersönliche Nutzungsrechte auf Lebenszeit der Vertragspartner. Dass diese Regelung auch für ihre Rechtsnachfolger, so etwa die Mutter des Beklagten gelten sollte, konnte nicht festgestellt werden. Die in Ansehung der Wohnung getroffene Benützungsregelung endete daher mit dem Tod der beiden Vertragspartner. Eine neue Regelung zwischen den nunmehrigen Miteigentümern wurde bislang nicht getroffen. Der Beklagte kann daher - ebenso wie seine Mutter - kein Recht an der Benützung der Wohnung top Nr 1 aus einer zwischen früheren oder nunmehrigen Miteigentümern getroffenen Benützungsregelungen ableiten. Ein Mietverhältnis mit der Großmutter des Beklagten war nie begründet worden, sodass ein Eintrittsrecht des Beklagten in allfällige Mietrechte von vornherein nicht in Betracht kommt.
Die Vorinstanzen haben die Auffassung vertreten, als Miteigentümerin der Gesamtliegenschaft könne die Mutter des Beklagten - solange eine Benützungsregelung nicht getroffen werde - top 1 als Teil der gemeinsamen Sache benützen, weil ihre Nutzung einem konkreten Gebrauch durch die übrigen Miteigentümer nicht entgegenstehe. Sie habe dem Beklagten gestattet, dort zu wohnen und übe so ihr Nutzungsrecht als Miteigentümerin aus. Dagegen machen die Kläger geltend, der konkrete Gebrauch der Wohnung durch die Mehrheit liege in einer gewinnbringenden Vermietung des Objekts und werde durch den von der Minderheitseigentümerin beanspruchten Alleingebrauch verhindert. An einem tatsächlichen Gebrauch der Minderheitseigentümerin (Mutter des Beklagten) fehle es, weil diese die Wohnung gar nicht selbst benütze. Im Übrigen binde ein vom Hälfte- oder Minderheitseigentümer ohne Bevollmächtigung durch die Eigentümergemeinschaft geschlossener Bestandvertrag mit einem Dritten die anderen Miteigentümer nicht. Diese könnten nach ständiger Rechtsprechung gegen den Bestandnehmer mit Räumungsklage vorgehen, weil dieser ihnen gegenüber ein gemeinsames Gut ohne zureichenden Rechtstitel benütze. Soweit daher der Beklagte die Wohnung (nur) mit Zustimmung seiner Mutter als Minderheitseigentümerin benütze, fehle es ihm an einem entsprechenden Titel gegenüber den klagenden Mehrheitseigentümern.
Rechtliche Beurteilung
Der Senat hat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung ist jeder Teilhaber einer Miteigentumsgemeinschaft berechtigt, die gemeinschaftliche Sache auch ohne vorherige Vereinbarung mit den übrigen Teilnehmern zu benützen. Das Ausmaß seines Gebrauchs richtet sich danach, ob die Sache eine unbeschränkte oder nur eine beschränkte Gebrauchsmöglichkeit gewährt. Ist die Gebrauchsmöglichkeit - wie jene an einer Wohnung - beschränkt, kann der Miteigentümer das gemeinschaftliche Gut (nur) so gebrauchen oder benützen, dass er hiedurch den Gebrauch oder die Benützung durch die anderen Miteigentümer nicht beeinträchtigt. Auf den konkreten Gebrauch durch die anderen Miteigentümer ist dabei Bedacht zu nehmen (EvBl 1993/186; 4 Ob 269/99h = SZ 72/150; 2 Ob 100/99s; 9 Ob 85/00s; RIS-Justiz RS0013197 und RS0013211).
Für die Beurteilung ist im vorliegenden Fall der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem das höchstpersönliche lebenslange Wohnungsgebrauchsrecht der Großmutter des Beklagten wegfiel. Zu diesem Zeitpunkt (Tod der Großmutter) entfiel auch die zwischen den Voreigentümern vereinbarte Benützungsregelung. Keiner der nunmehrigen Eigentümer gebrauchte die Wohnung zu diesem Zeitpunkt. Auch der Beklagte wohnte dort lediglich aufgrund seiner familienrechtlichen Stellung zur Großmutter und zunächst keineswegs aufgrund eines von seiner Mutter als Miteigentümerin abgeleiteten Rechts. Es hätte daher einer Benützungsregelung zwischen den Miteigentümern - notfalls unter Anrufung des Gerichts - bedurft, um einem der nunmehrigen Miteigentümer die alleinige Nutzung an der Wohnung zu verschaffen, weil sowohl die Mehrheit (die Kläger) als auch die Minderheitseigentümerin (Mutter des Beklagten) eine bestimmte Nutzung beanspruchten. Die Kläger beabsichtigten, die Wohnung gewinnbringend zu vermieten, wogegen die Minderheitseigentümerin ein Gebrauchsrecht ihres Sohnes anstrebte. Keiner der Miteigentümer konnte sich daher - mangels Benützungsregelung - auf ein ihm allein zustehendes, alle übrigen Miteigentümer ausschließendes Benützungsrecht berufen, weil damit zwangsläufig in die allen übrigen Miteigentümern stehenden - und auch beanspruchten - Gebrauchsrechte am gemeinsamen Gut eingegriffen würde. Die Absicht der Kläger, die Wohnung gewinnbringend zu vermieten, reichte im hier gegebenen Zusammenhang für die Annahme eines konkreten Gebrauchs im Sinn der dargelegten Grundsätze der Rechtsprechung aus. Als Mehrheitseigentümer könnten sie die Vermietung an Dritte zu ortsüblichen Bedingungen im Rahmen der ordentlichen Verwaltung auch vornehmen. Die von der Mehrheit beabsichtigte Vermietung der Wohnung steht einer Ingebrauchnahme durch die Minderheitseigentümerin zur alleinigen Benützung entgegen. Mangels eigenem ausschließlichen Gebrauchsrechts konnte die Minderheitseigentümerin dem Beklagten auch keinen die Räumungsklage hindernden Titel verschaffen.
Die vom Beklagten zitierte Entscheidung 9 Ob 85/00s steht dieser Auffassung nicht entgegen. Im damals zu beurteilenden Fall hatte der Kläger gar nicht vorgebracht, einen konkreten Gebrauch für sich zu beanspruchen.
Die Entscheidung 4 Ob 269/99h (SZ 72/150) beurteilte die Absicht der Mehrheitseigentümer zum Verkauf der geräumten Liegenschaft nicht als konkrete Benützungshandlung, die der damals Beklagte durch seine Benützung des Hauses hätte stören können. Wollte man dieser Entscheidung folgend ein Wohnungsgebrauchsrecht der Mutter des Beklagten als Minderheitseigentümerin mangels einer konkreten Benützung der Wohnung durch die Mehrheit bejahen, wäre nur eine gegen die Minderheitsgesellschafterin selbst gerichtete Räumungsklage unberechtigt. An der Berechtigung der Räumungsklage gegen den Beklagten, der die Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarung (nach den Feststellungen kommt eine Bittleihe in Frage) mit der Minderheitseigentümerin tatsächlich benützt, änderte dies nichts. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrmals ausgesprochen, dass ein mit einem Minderheitseigentümer ohne Zustimmung durch die anderen Teilhaber geschlossener Bestandvertrag kein auch die Eigentümergemeinschaft als solche bindender Rechtstitel zum Gebrauch des Gemeinschaftsgutes (oder einzelner Teile davon) ist und einer Räumungsklage der anderen Miteigentümer (bzw der Mehrheit) nicht entgegensteht, es sei denn, die anderen Miteigentümer hätten der Begründung des Benützungsverhältnisses zugestimmt (EvBl 1993/186 mwN; MietSlg 50.057). Diese Auffassung wird damit begründet, dass der Abschluss von Bestandverträgen regelmäßig als Akt der ordentlichen Verwaltung des gemeinschaftlichen Guts anzusehen ist, sodass die Eigentumsgemeinschaft an einen von einem oder einzelnen Miteigentümern abgeschlossenen Bestand- oder sonstigen Gebrauchsvertrag über das gemeinschaftliche Gut oder Teile hievon nur dann gebunden ist, wenn die am Vertrag beteiligten Eigentumsgenossen die Anteilsmehrheit repräsentieren (SZ 60/183; EvBl 1993/186). Diese Erwägungen treffen aber nicht nur für Miet- oder Pachtverträge, sondern auch für andere Fälle vertraglicher Begründung von Nutzungsrechten an einer gemeinsamen Sache (etwa auch durch Bittleihe) zu. Sie erlauben daher eine Anwendung der zum Abschluss von Bestandverträgen durch einen Minderheitseigentümer entwickelten Rechtsprechung auch auf den vorliegenden Fall. Den Feststellungen der Vorinstanzen ist zu entnehmen, dass die Minderheitseigentümerin ihrem Sohn, dem Beklagten, die Benützung der Wohnung durch Vereinbarung gestattet hat. Diese Vereinbarung verschaffte ihm aber mangels Zustimmung der übrigen Miteigentümer keinen die Eigentümergemeinschaft bindenden Titel und hindert daher die Räumungsklage der Mehrheit nicht. Das Räumungsbegehren der Mehrheitseigentümer ist berechtigt. Die ohne Titel benützte Wohnung ist den Klägern als den gemäß § 833 ABGB zur ordentlichen Verwaltung des Hauses Berechtigten zu übergeben (4 Ob 269/99h = SZ 72/150 mwN).Die Entscheidung 4 Ob 269/99h (SZ 72/150) beurteilte die Absicht der Mehrheitseigentümer zum Verkauf der geräumten Liegenschaft nicht als konkrete Benützungshandlung, die der damals Beklagte durch seine Benützung des Hauses hätte stören können. Wollte man dieser Entscheidung folgend ein Wohnungsgebrauchsrecht der Mutter des Beklagten als Minderheitseigentümerin mangels einer konkreten Benützung der Wohnung durch die Mehrheit bejahen, wäre nur eine gegen die Minderheitsgesellschafterin selbst gerichtete Räumungsklage unberechtigt. An der Berechtigung der Räumungsklage gegen den Beklagten, der die Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarung (nach den Feststellungen kommt eine Bittleihe in Frage) mit der Minderheitseigentümerin tatsächlich benützt, änderte dies nichts. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrmals ausgesprochen, dass ein mit einem Minderheitseigentümer ohne Zustimmung durch die anderen Teilhaber geschlossener Bestandvertrag kein auch die Eigentümergemeinschaft als solche bindender Rechtstitel zum Gebrauch des Gemeinschaftsgutes (oder einzelner Teile davon) ist und einer Räumungsklage der anderen Miteigentümer (bzw der Mehrheit) nicht entgegensteht, es sei denn, die anderen Miteigentümer hätten der Begründung des Benützungsverhältnisses zugestimmt (EvBl 1993/186 mwN; MietSlg 50.057). Diese Auffassung wird damit begründet, dass der Abschluss von Bestandverträgen regelmäßig als Akt der ordentlichen Verwaltung des gemeinschaftlichen Guts anzusehen ist, sodass die Eigentumsgemeinschaft an einen von einem oder einzelnen Miteigentümern abgeschlossenen Bestand- oder sonstigen Gebrauchsvertrag über das gemeinschaftliche Gut oder Teile hievon nur dann gebunden ist, wenn die am Vertrag beteiligten Eigentumsgenossen die Anteilsmehrheit repräsentieren (SZ 60/183; EvBl 1993/186). Diese Erwägungen treffen aber nicht nur für Miet- oder Pachtverträge, sondern auch für andere Fälle vertraglicher Begründung von Nutzungsrechten an einer gemeinsamen Sache (etwa auch durch Bittleihe) zu. Sie erlauben daher eine Anwendung der zum Abschluss von Bestandverträgen durch einen Minderheitseigentümer entwickelten Rechtsprechung auch auf den vorliegenden Fall. Den Feststellungen der Vorinstanzen ist zu entnehmen, dass die Minderheitseigentümerin ihrem Sohn, dem Beklagten, die Benützung der Wohnung durch Vereinbarung gestattet hat. Diese Vereinbarung verschaffte ihm aber mangels Zustimmung der übrigen Miteigentümer keinen die Eigentümergemeinschaft bindenden Titel und hindert daher die Räumungsklage der Mehrheit nicht. Das Räumungsbegehren der Mehrheitseigentümer ist berechtigt. Die ohne Titel benützte Wohnung ist den Klägern als den gemäß Paragraph 833, ABGB zur ordentlichen Verwaltung des Hauses Berechtigten zu übergeben (4 Ob 269/99h = SZ 72/150 mwN).
Der Revision der Kläger wird daher Folge gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 41 und 50 Absatz eins, ZPO.
Textnummer
E74169European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0060OB00119.04Z.0708.000Im RIS seit
07.08.2004Zuletzt aktualisiert am
10.04.2012