TE OGH 2004/7/27 10ObS113/04x

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Veröffentlicht am 27.07.2004
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerhard Loibl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Heinz R*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Mag. Klaus Rieger, Rechtsanwalt in Bärnbach, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, wegen Alterspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. Mai 2004, GZ 7 Rs 31/04i-12, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Auch vom Kläger wird nicht in Zweifel gezogen, dass er mit seinen in Österreich allein erworbenen Versicherungszeiten die Wartezeit für einen Anspruch auf Alterspension nach § 236 ASVG nicht erfüllt, die von ihm für die Erfüllung der Wartezeit angestrebte Berücksichtigung seiner ausländischen Beschäftigungszeiten eine entsprechende positiv-rechtliche Regelung zur Voraussetzung hat und eine solche Regelung (zwischenstaatliches Abkommen) im Verhältnis zu Zimbabwe und Südafrika fehlt. Der Kläger meint aber, seine ausländischen Beschäftigungszeiten seien als neutrale Zeiten (§ 234 ASVG) zu berücksichtigen, wodurch er die Wartezeit nach § 236 Abs 1 Z 2 lit a ASVG (180 Versicherungsmonate im Beobachtungszeitraum) erfülle. Eine solche Gleichstellung ausländischer Beschäftigungszeiten mit neutralen Zeiten ergebe sich aus der gebotenen verfassungskonformen Auslegung der Bestimmung des § 234 Abs 1 Z 9 ASVG.Auch vom Kläger wird nicht in Zweifel gezogen, dass er mit seinen in Österreich allein erworbenen Versicherungszeiten die Wartezeit für einen Anspruch auf Alterspension nach Paragraph 236, ASVG nicht erfüllt, die von ihm für die Erfüllung der Wartezeit angestrebte Berücksichtigung seiner ausländischen Beschäftigungszeiten eine entsprechende positiv-rechtliche Regelung zur Voraussetzung hat und eine solche Regelung (zwischenstaatliches Abkommen) im Verhältnis zu Zimbabwe und Südafrika fehlt. Der Kläger meint aber, seine ausländischen Beschäftigungszeiten seien als neutrale Zeiten (Paragraph 234, ASVG) zu berücksichtigen, wodurch er die Wartezeit nach Paragraph 236, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, ASVG (180 Versicherungsmonate im Beobachtungszeitraum) erfülle. Eine solche Gleichstellung ausländischer Beschäftigungszeiten mit neutralen Zeiten ergebe sich aus der gebotenen verfassungskonformen Auslegung der Bestimmung des Paragraph 234, Absatz eins, Ziffer 9, ASVG.

Die in § 234 ASVG enthaltenen neutralen Zeiten sind keine Versicherungszeiten und daher nicht leistungswirksam. Der Gesetzgeber hat Zeiten als neutrale Zeiten anerkannt, wenn dafür berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen, die nicht so gravierend erscheinen, dass eine Zuordnung zu den Ersatzzeiten erforderlich wäre. Als neutral erklärte Zeiten verlängern insbesondere den Rahmenzeitraum, innerhalb dessen die Wartezeit (§§ 235, 236 ASVG) erfüllt sein muss, und führen damit zu einer Erleichterung bei der Erfüllung dieser Voraussetzungen (Teschner in Tomandl, SV-System 16. Erg-Lfg 386). Als neutrale Zeiten zählen vor allem die Zeit zwischen dem Pensionsantrag und dem Stichtag sowie Zeiten des Kranken-(Wochen-)geldbezuges und der Arbeitslosigkeit aus der Zeit bis 1970.Die in Paragraph 234, ASVG enthaltenen neutralen Zeiten sind keine Versicherungszeiten und daher nicht leistungswirksam. Der Gesetzgeber hat Zeiten als neutrale Zeiten anerkannt, wenn dafür berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen, die nicht so gravierend erscheinen, dass eine Zuordnung zu den Ersatzzeiten erforderlich wäre. Als neutral erklärte Zeiten verlängern insbesondere den Rahmenzeitraum, innerhalb dessen die Wartezeit (Paragraphen 235,, 236 ASVG) erfüllt sein muss, und führen damit zu einer Erleichterung bei der Erfüllung dieser Voraussetzungen (Teschner in Tomandl, SV-System 16. Erg-Lfg 386). Als neutrale Zeiten zählen vor allem die Zeit zwischen dem Pensionsantrag und dem Stichtag sowie Zeiten des Kranken-(Wochen-)geldbezuges und der Arbeitslosigkeit aus der Zeit bis 1970.

Auch die vom Kläger angestrebte Berücksichtigung ausländischer Beschäftigungszeiten als neutrale Monate setzt eine - hier unbestritten nicht vorliegende - Regelung in einem zwischenstaatlichen Abkommen zwischen den beteiligten Staaten voraus (SSV-NF 14/135 ua). Die vom Kläger weiters analog herangezogene Bestimmung des § 234 Abs 1 Z 9 ASVG anerkennt Zeiten einer Untersuchungshaft, wenn das strafgerichtliche Verfahren gemäß § 90 oder § 109 der Strafprozessordnung eingestellt worden ist oder mit einem Freispruch geendet hat, sowie Zeiten einer Strafhaft, wenn das wiederaufgenommene strafgerichtliche Verfahren eingestellt worden ist oder mit einem Freispruch geendet hat, ferner Zeiten einer Strafhaft aufgrund einer Tat, die nach den österreichischen Gesetzen im Zeitpunkt der Begehung der Tat strafbar war, nach den österreichischen Gesetzen bei Eintritt des Versicherungsfalles jedoch nicht mehr strafbar ist, als neutral. Diese Bestimmung regelt somit im Leistungsrecht der Pensionsversicherung die Fälle, in denen wegen vorübergehender Unterbrechungen des Versicherungsverhältnisses zwecks Vermeidung versicherungsrechtlicher Nachteile zwar keine Versicherungszeiten gewährt werden, diese Zeiten aber als sogenannte "neutrale Monate" gewertet werden, um einen möglichst nahtlosen Versicherungsverlauf zu gewährleisten. Der Gesetzgeber wollte damit bei den Strafverfahren, die mit einer Einstellung gemäß § 90 oder § 109 StPO oder einem Freispruch endeten, für Zeiten einer Untersuchungshaft zumindest eine Lösung im Sinne einer Überbrückung von Versicherungszeiten vor der Untersuchungshaft mit jenen nach dieser Haft treffen. Die gleiche Situation besteht auch, wenn eine Strafhaft für eine Tat verbüßt wurde, die zwar im Zeitpunkt der Begehung der Tat nach einem österreichischen Strafgesetz strafbar war, bei Eintritt des Versicherungsfalles aber straffrei ist. Dies kann vor allem bei Haftzeiten wegen Abtreibung, Amtsehrenbeleidigung oder Ehestörung der Fall sein, die seit 1975 (Inkrafttreten des Strafgesetzbuches) nicht mehr strafbar sind. Außerdem werden noch jene Zeiten als neutrale Zeiten gewertet, wenn eine Strafhaft verbüßt wurde, aber nach Wiederaufnahme des strafgerichtlichen Verfahrens dieses mit einem Freispruch geendet hat (vgl Rudda, Die Auswirkungen von Straftaten aus der Sicht des Sozialrechts, SozSi 1997, 120 ff [132]).Auch die vom Kläger angestrebte Berücksichtigung ausländischer Beschäftigungszeiten als neutrale Monate setzt eine - hier unbestritten nicht vorliegende - Regelung in einem zwischenstaatlichen Abkommen zwischen den beteiligten Staaten voraus (SSV-NF 14/135 ua). Die vom Kläger weiters analog herangezogene Bestimmung des Paragraph 234, Absatz eins, Ziffer 9, ASVG anerkennt Zeiten einer Untersuchungshaft, wenn das strafgerichtliche Verfahren gemäß Paragraph 90, oder Paragraph 109, der Strafprozessordnung eingestellt worden ist oder mit einem Freispruch geendet hat, sowie Zeiten einer Strafhaft, wenn das wiederaufgenommene strafgerichtliche Verfahren eingestellt worden ist oder mit einem Freispruch geendet hat, ferner Zeiten einer Strafhaft aufgrund einer Tat, die nach den österreichischen Gesetzen im Zeitpunkt der Begehung der Tat strafbar war, nach den österreichischen Gesetzen bei Eintritt des Versicherungsfalles jedoch nicht mehr strafbar ist, als neutral. Diese Bestimmung regelt somit im Leistungsrecht der Pensionsversicherung die Fälle, in denen wegen vorübergehender Unterbrechungen des Versicherungsverhältnisses zwecks Vermeidung versicherungsrechtlicher Nachteile zwar keine Versicherungszeiten gewährt werden, diese Zeiten aber als sogenannte "neutrale Monate" gewertet werden, um einen möglichst nahtlosen Versicherungsverlauf zu gewährleisten. Der Gesetzgeber wollte damit bei den Strafverfahren, die mit einer Einstellung gemäß Paragraph 90, oder Paragraph 109, StPO oder einem Freispruch endeten, für Zeiten einer Untersuchungshaft zumindest eine Lösung im Sinne einer Überbrückung von Versicherungszeiten vor der Untersuchungshaft mit jenen nach dieser Haft treffen. Die gleiche Situation besteht auch, wenn eine Strafhaft für eine Tat verbüßt wurde, die zwar im Zeitpunkt der Begehung der Tat nach einem österreichischen Strafgesetz strafbar war, bei Eintritt des Versicherungsfalles aber straffrei ist. Dies kann vor allem bei Haftzeiten wegen Abtreibung, Amtsehrenbeleidigung oder Ehestörung der Fall sein, die seit 1975 (Inkrafttreten des Strafgesetzbuches) nicht mehr strafbar sind. Außerdem werden noch jene Zeiten als neutrale Zeiten gewertet, wenn eine Strafhaft verbüßt wurde, aber nach Wiederaufnahme des strafgerichtlichen Verfahrens dieses mit einem Freispruch geendet hat vergleiche Rudda, Die Auswirkungen von Straftaten aus der Sicht des Sozialrechts, SozSi 1997, 120 ff [132]).

Gemeinsam ist diesen erwähnten Fallgruppen, dass dem Untersuchungs- oder Strafgefangenen unter allen Umständen eine unselbständige Erwerbstätigkeit während der Haft durch den Staat verwehrt war, sodass es als gerechtfertigt angesehen werden kann, solche Haftzeiten unter den erwähnten besonderen Voraussetzungen (ungerechtfertigte Haft bzw Verurteilung sowie nicht mehr gerechtfertigte Verurteilung) als neutrale Zeiten anzuerkennen (vgl Marschall in seiner Entscheidungsbesprechung in ZAS 1980/11, 71 f). Demgegenüber war der Kläger nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes im maßgebenden Zeitraum von 1968 bis 1990 in keiner Weise daran gehindert, durch eine Beschäftigung im Inland oder auch im Ausland einen gesetzlichen Pensionsanspruch zu erwerben oder einen Teil seines Einkommens für eine private Pensionsvorsorge zu verwenden. Damit unterscheiden sich aber die ausländischen Beschäftigungszeiten des Klägers von dem sozial anerkannten Hinderungsgrund des § 234 Abs 1 Z 9 ASVG so wesentlich, dass ihre Nichtanerkennung als neutrale Zeiten nicht gleichheitswidrig erscheint.Gemeinsam ist diesen erwähnten Fallgruppen, dass dem Untersuchungs- oder Strafgefangenen unter allen Umständen eine unselbständige Erwerbstätigkeit während der Haft durch den Staat verwehrt war, sodass es als gerechtfertigt angesehen werden kann, solche Haftzeiten unter den erwähnten besonderen Voraussetzungen (ungerechtfertigte Haft bzw Verurteilung sowie nicht mehr gerechtfertigte Verurteilung) als neutrale Zeiten anzuerkennen vergleiche Marschall in seiner Entscheidungsbesprechung in ZAS 1980/11, 71 f). Demgegenüber war der Kläger nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes im maßgebenden Zeitraum von 1968 bis 1990 in keiner Weise daran gehindert, durch eine Beschäftigung im Inland oder auch im Ausland einen gesetzlichen Pensionsanspruch zu erwerben oder einen Teil seines Einkommens für eine private Pensionsvorsorge zu verwenden. Damit unterscheiden sich aber die ausländischen Beschäftigungszeiten des Klägers von dem sozial anerkannten Hinderungsgrund des Paragraph 234, Absatz eins, Ziffer 9, ASVG so wesentlich, dass ihre Nichtanerkennung als neutrale Zeiten nicht gleichheitswidrig erscheint.

Da somit auch der erkennende Senat die vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilt, erweist sich die außerordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage als unzulässig.

Textnummer

E74194

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:010OBS00113.04X.0727.000

Im RIS seit

26.08.2004

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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