TE Vwgh Erkenntnis 2007/6/21 2006/15/0043

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Veröffentlicht am 21.06.2007
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §114;
BAO §117;
BAO §21;
BAO §22;
BAO §23;
KStG 1988 §8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde der I GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Knöbl, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Pilgramgasse 22/1/9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 22. September 2004, GZ RV/0854-W/02 und RV/0855-W/02, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1995 und 1996, sowie Haftung für die Kapitalertragsteuer 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden GmbH waren in den Streitjahren 1995 und 1996 Mag. Gerd R. zu 25 % sowie Rechtsanwalt Dr. X. zu 75 % beteiligt, wobei Mag. Gerd R. zugleich als Geschäftsführer fungierte.

Aus Anlass einer abgabenbehördlichen Prüfung des Jahres 1996 hob die seinerzeitige Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland den an die Beschwerdeführerin für das Jahr 1995 ergangenen Körperschaftsteuerbescheid gemäß § 299 Abs. 2 BAO mit der Begründung auf, die Beschwerdeführerin habe der A. GmbH im Jahr 1995 ein Darlehen gewährt und dieses zu Unrecht in der Bilanz zum 31. Dezember 1995 sofort mit 500.000 S einzelwertberichtigt, sowie im Jahr 1996 zur Gänze als uneinbringlich ausgebucht. Bei der Darlehensnehmerin habe es sich um eine nahestehende Gesellschaft gehandelt, an der Mag. Gerd R. zu 25 %, seine Ehefrau Theresia R. zu 20 %, seine Tochter Dr. Clarissa R. zu 5 % sowie Rechtsanwalt Dr. Y. zu 50 % beteiligt gewesen seien. Mag. Gerd R. habe als Geschäftsführer beider Gesellschaften um die mangelnde Bonität der A. GmbH gewusst. Bei ordentlicher Geschäftsführung wäre einem fremden Dritten dieses Darlehen nicht gewährt worden. In steuerlicher Hinsicht stelle die Hingabe des Darlehens im Jahr 1995 eine verdeckte Ausschüttung an den gemeinsamen Gesellschafter Mag. Gerd R. dar.

Die gegen den genannten Aufhebungsbescheid vom 1. Oktober 1998 erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. September 1999, 99/13/0057, als unbegründet ab.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 1998 setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer für das Jahr 1995 neu fest und ließ dabei die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Einzelwertberichtigung in Höhe von 500.000 S nicht mehr zum Abzug zu. Entsprechend den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung wurde auch die Körperschaftsteuer für das Jahr 1996 insoweit abweichend zur eingereichten Steuererklärung festgesetzt, als das Finanzamt die restliche Forderungsabschreibung nicht als Betriebsausgabe anerkannte. Weiters wurde der Beschwerdeführerin Kapitalertragsteuer für die als Ausschüttung gewertete Darlehenshingabe vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung sowohl gegen die Körperschaftsteuerbescheide für 1995 und 1996 als auch gegen die Vorschreibung von Kapitalertragsteuer, in der sie sich gegen die Beurteilung der Darlehensgewährung als verdeckte Ausschüttung wandte.

Über Vorhalt der seinerzeitigen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 4. März 2002 erläuterte die Beschwerdeführerin den Hintergrund der Darlehenshingabe. Die A. GmbH habe sich mit - nicht besonders lukrativen - Reisebürotätigkeiten befasst. Daneben habe mit ähnlicher Gesellschafterstruktur die Beschwerdeführerin bestanden, die im Wesentlichen Tennisplätze vermietet und eine Tennisschule betrieben habe. Es habe Überlegungen gegeben, beide Gesellschaften zusammenzulegen, um Kosten zu sparen, oder die Reisebürotätigkeit insoweit einzuschränken, als nur mehr Sportreisen, insbesondere Tenniscamps, veranstaltet werden sollten. Bei der Suche nach preiswerten Tenniscamps habe sich die Slowakei angeboten. Da jedoch für Geschäftsabschlüsse mit der Slowakei zu dieser Zeit noch besondere Bewilligungen benötigt worden seien, hätten slowakische Berater empfohlen, ein slowakisches Reisebüro zwischenzuschalten. Auf der Suche nach einen geeigneten Partner sei "man" auf die "Familie St." gestoßen. Frau Eva St. habe beabsichtigt, in Wien ein Reisebüro aufzubauen. Anfang des Jahres 1995 hätten Gespräche mit dem Ehepaar St. über den Verkauf der Anteile an der A. GmbH begonnen. Die "tatsächliche formelle Übertragung" der Gesellschaftsanteile habe sich jedoch verzögert, weil an der Gesellschaft damals noch zwei "Kleingesellschafter" beteiligt gewesen seien, die versucht hätten, aus dem Verkauf ihrer Anteile Sondervorteile zu erlangen. Aus diesem Grund sei der formelle Verkauf der Geschäftsanteile an der A. GmbH an Eva St. erst im Oktober 1995 erfolgt. Eva St. sei aber bereits ab dem Frühjahr 1995 in Wien gewesen und habe de facto die Geschäfte der A. GmbH geführt. Sie habe zum Ankurbeln des Geschäftes bare Mittel benötigt, die ihr zu dem damaligen Zeitpunkt nicht zur Verfügung gestanden seien. Aus diesem Grund habe sie Mag. Gerd R. ersucht, der A. GmbH einen Betrag in Höhe von 1,000.000 S als Startkapital zur Verfügung zu stellen. Auf Grund der guten und angenehmen Geschäftsaussichten habe sich die Beschwerdeführerin entschlossen, der A. GmbH am 25. April 1995 600.000 S und am 29. Mai 1995 einen weiteren Betrag von 400.000 S als Darlehen zur Verfügung zu stellen.

"Infolge Personalunion zwischen den Geschäftsführern" der beiden Gesellschaften habe es der Abfassung eines formellen Darlehensvertrages nicht bedurft. Auch die Vereinbarung einer gesonderten Verzinsung sei nicht erforderlich gewesen, weil die Verzinsung "in Form von Gewinnen durch die gesteigerte Geschäftstätigkeit infolge Durchführung von Tenniscamps in Osteuropa" erfolgen sollte. Eine gesonderte Besicherung der Darlehen sei ebenfalls nicht erforderlich gewesen, weil "im Ernstfall" beabsichtigt gewesen wäre, Rechnungen der A. GmbH an die Beschwerdeführerin nicht zu bezahlen. Die A. GmbH habe das Darlehen entweder zurückzahlen oder als Anzahlung für Tennisarrangements behandeln sollen. Das Risiko sei der Beschwerdeführerin nicht besonders groß erschienen, weil die Tennisveranstaltungen in der Slowakei über die A. GmbH hätten abgewickelt werden sollen. In der Folge seien auch verschiedene Geschäfte zwischen der Beschwerdeführerin und der A. GmbH getätigt worden. Eva St. habe der Beschwerdeführerin versichert, sobald sie über die Geschäftsanteile verfügen könne, der Gesellschaft Eigenkapital zuzuführen, worauf der Geschäftsführer Mag. Gerd R. seine zuversichtliche Einschätzung der künftigen Entwicklung der A. GmbH gestützt habe.

Am 8. August 1995 habe Mag. Gerd R. den Jahresabschluss der A. GmbH zum 31. Dezember 1994 unterfertigt und dabei erkannt, dass die Gesellschaft im Sinne des Insolvenzrechtes überschuldet sei. In der Generalversammlung der A. GmbH vom 1. September 1995 sei der Firmenwortlaut geändert und Eva St. als Geschäftsführerin eingesetzt worden. Mag. Gerd R. habe den wirtschaftlichen Niedergang der Gesellschaft erklärt und sei als Geschäftsführer abberufen worden. Eva St. habe am 1. Oktober 1995 75 % der Anteile an der A. GmbH übernommen und am 27. November 1995 den Konkursantrag eingebracht. Sie habe das Reisebüro geschlossen und "sei von der Bildfläche verschwunden". Der Grund hierfür sei wohl in familiären Schwierigkeiten der St. gelegen. Dies sei für Mag. Gerd R. jedoch nicht vorhersehbar gewesen. Infolge des Konkursantrages seien die unternehmerischen Pläne der Beschwerdeführerin zunichte gemacht worden und habe die Darlehensforderung ausgebucht werden müssen.

Mit Schreiben vom "31. 12. 2003" stellte die Beschwerdeführerin den Antrag "auf Abtretung (der unerledigten Berufungen) an den UFS nach dem UFSG sowie Anberaumung einer mündlichen Verhandlung".

In der Folge forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin u.a. auf, weitere Einzelheiten hinsichtlich der Darlehensgewährung darzulegen. Zudem fand über Antrag der Beschwerdeführerin am 19. August 2004 eine mündliche Berufungsverhandlung statt. Darin wurde ergänzend vorgebracht, dass sich Mag. Gerd R. zum Zeitpunkt der Darlehenshingabe mit seiner Ehefrau Theresia R. in einem erbitterten "Scheidungskrieg" befunden habe, sodass es unsinnig erscheine, der "Todfeindin praktisch 250.000 S zu schenken".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Die Entscheidung erging namens des Berufungssenates durch den Referenten.

Nach rechtlichen Ausführungen zum Wesen verdeckter Ausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 wird im angefochtenen Bescheid sachverhaltsbezogen ausgeführt, Mag. Gerd R. sei im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Darlehensgewährung sowohl an der Beschwerdeführerin als auch an der A. GmbH zu jeweils 25 % beteiligt und zugleich deren Geschäftsführer gewesen. Strittig seien zwei Darlehensgewährungen:

eine am 25. April 1995 erfolgte Darlehenszuzählung in Höhe von 600.000 S sowie eine weitere Darlehenshingabe am 29. Mai 1995 in Höhe von 400.000 S. Der Beschwerdeführerin sei zuzustimmen, dass es für die steuerliche Anerkennung von Darlehen nicht des Vorliegens schriftlicher Verträge bedarf. Im Beschwerdefall ließen jedoch die mündlichen Vereinbarungen eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Darlehenszuzählung erkennen. So habe die Beschwerdeführerin ausdrücklich vorgebracht, dass weder eine gesonderte Verzinsung, noch ein Rückzahlungstermin und auch keine Sicherheiten vereinbart worden seien. Damit sei die Fremdunüblichkeit der behaupteten Darlehensvereinbarung evident. Es könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass einem Fremden ein Darlehen zu den gleichen Bedingungen gewährt worden wäre. Ein fremder Gläubiger hätte sich nicht mit der bloßen Möglichkeit der Rückzahlung auf Grund des Gedeihens der unternehmerischen Tätigkeit seines Darlehensnehmers zufrieden gegeben. Zudem sei es im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation der A. GmbH auch unglaubwürdig, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Darlehenshingabe noch an die Möglichkeit einer Darlehensrückführung geglaubt habe. Nach dem Ermittlungsergebnis stelle sich der streitgegenständliche Sachverhalt nämlich wie folgt dar:

Die A. GmbH sei im Jahr 1978 vom Ehepaar Mag. Gerd R. und Theresia R. gegründet worden, wobei in späterer Folge als Gesellschafter "Mag. Gerd R. zu 25 %, seine Gattin Theresia R. ebenfalls zu 25 %, ihre Tochter Dr. Clarissa R. zu 5 %, sowie Rechtsanwalt Dr. Y. als Treuhänder für Mag. Gerd R. zu 50 % ausgewiesen sind". Die A. GmbH habe ursprünglich sowohl das Tenniscenter als auch das Reisebüro betrieben. Dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 1993 sei zu entnehmen, dass sich im Bereich "Reisebüro", wie im Einzelnen dargestellt, nur ein sehr niedriger "Rohertrag in Prozent vom Erlös" ergeben habe, während der Bereich "Tenniscenter" einen wesentlich höheren Rohertrag aufgewiesen habe. Auch für die Vorjahre zeige sich kein anderes Bild. Vor diesem Hintergrund könne gesagt werden, dass das Tenniscenter der lukrativere Unternehmensbereich der A. GmbH gewesen sei. Demgegenüber habe der ursprüngliche Unternehmensgegenstand der im Jahr 1983 gegründeten Beschwerdeführerin in der Grundstücksvermietung bestanden. Bis einschließlich 1993 habe die Beschwerdeführerin lediglich Erlöse aus der Vermietung eines Grundstückes an die A. GmbH erzielt.

In dem am 27. Februar 1995 unterfertigten Jahresabschluss der A. GmbH zum 31. Dezember 1993 werde ein Verlust von rund 1,6 Mio. S ausgewiesen. Unter dem Punkt "nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" finde sich die Erklärung, dass die negativen Eigenmittel knapp 1 Mio. S betragen würden, eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes aber nicht vorliege, weil der Gesellschafter-Geschäftsführer Mag. Gerd R. die verbindliche Zusage abgegeben habe, so lange keine Befriedigung seiner Forderung zu begehren, als andere Gläubiger unbefriedigt seien, sowie in einem eventuellen Insolvenzverfahren hinter allen anderen Gläubigern unter Verzicht auf abgesonderte Befriedigung und Aussonderung zurückzustehen.

Mit Vertrag vom 1. Februar 1994 habe die A. GmbH sämtliche Vermögensgegenstände des Tenniscenters an die Beschwerdeführerin veräußert. Der Nettokaufpreis sei mit rund 2,6 Mio. S bestimmt und derart beglichen worden, dass die Beschwerdeführerin Verbindlichkeiten der A. GmbH in dieser Höhe übernommen habe. Unter den übernommenen Verbindlichkeiten hätten sich auch die "Gehaltsverbindlichkeiten gegenüber Mag. Gerd R." in Höhe von 628.343,35 S sowie "Verbindlichkeiten für Verrechnungsgeld von Geschäftsführer Mag. Gerd R." in Höhe von 113.039,59 S befunden. Ab dem Jahr 1994 habe demnach die A. GmbH lediglich das Reisebüro betrieben, während die Beschwerdeführerin das Tenniscenter geführt habe.

Am 8. August 1995 habe Mag. Gerd R. den Jahresabschluss der A. GmbH zum 31. Dezember 1994 unterfertigt. Dieser habe einen Jahresverlust von rund 730.000 S sowie einen gesamten Bilanzverlust von knapp 2,4 Mio. S aufgewiesen. Der Jahresabschluss enthalte die von Mag. Gerd R. mit 7. August 1995 datierte Erklärung, wonach die negativen Eigenmittel 1,75 Mio. S betragen würden und die Gesellschaft damit überschuldet wäre.

Mit Buchungsdatum 31. Juli 1995 habe die Beschwerdeführerin die Forderung gegenüber der A. GmbH zunächst in voller Höhe wertberichtigt. Zum 31. Dezember 1995 sei die Wertberichtigung auf einen Betrag von 500.000 S korrigiert worden.

Am 1. September 1995 habe bei der A. GmbH eine außerordentliche Generalversammlung stattgefunden. Dabei sei es zur Umbenennung der A. GmbH in Reisebüro B. GmbH gekommen und Mag. Gerd R. als Geschäftsführer abberufen worden. Beide Beschlüsse seien jeweils mit den Stimmen des Mag. Gerd R. sowie des Rechtsanwaltes Dr. Y. gegen die Stimmen von Theresia R. und Dr. Clarissa R. erfolgt. Dr. Z. habe als Vertreter von Theresia R. und Dr. Clarissa R. erklärt, dass ein Geschäftsführerwechsel für die Gesellschaft nachteilig und untunlich sei, weil sich die Gesellschaft in äußerst schlechter wirtschaftlicher Lage befinde und in unmittelbarer Zukunft profunde Auskünfte über die Gründe des Niederganges des Unternehmens und des Verbleibs des Vermögens erforderlich sein würden. Diese Auskünfte könnte nur der bisherige langjährige Geschäftsführer erteilen. Weiters hätten Mag. Gerd R. und Dr. Y. als neu zu bestellende Geschäftsführerin Eva St. vorgeschlagen. Auch dieser Antrag sei nur mit deren Stimmen angenommen worden. Über die Frage von Dr. Z., ob Eva St. die entsprechenden Fachkenntnisse besitze, um ein Reisebüro zu führen, habe Dr. Y erklärt, dass die Absicht bestünde, sowohl seine Anteile als auch jene des Mag. Gerd R. an Eva St. zu verkaufen, sodass es Sache der neuen Gesellschafterin und Geschäftsführerin sei, hierfür Sorge zu tragen. Von Dr. Z. zum Verkauf des Tenniscenters an die Beschwerdeführerin im Jahr 1994 befragt, habe Mag. Gerd R. erklärt, dass die Veräußerung erforderlich gewesen wäre, um die Liquidität der A. GmbH aufrecht zu erhalten.

Am 13. Oktober 1995 hätten Mag. Gerd R. und Dr. Y. ihre Anteile an der A. GmbH (der nunmehrigen Reisebüro B. GmbH) Eva St. um einen Abtretungspreis von 20.000 S (für die voll einbezahlte Stammeinlage von 125.000 S) bzw. 40.000 S (für die voll eingezahlte Stammeinlage von 250.000 S) abgetreten. In Punkt 7 dieses Abtretungsvertrages werde festgehalten, dass der Übernehmerin die wirtschaftliche Situation des Unternehmens bekannt sei.

Am 29. November 1995 sei beim Handelsgericht Wien ein von Eva St. am 12. Oktober 1995 unterfertigter Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über die Reisebüro B. GmbH eingelangt. Dieser Antrag sei am 19. April 1996 mangels Vermögens abgewiesen worden.

Weiters habe auch Theresia R. einen Antrag auf Konkurseröffnung betreffend die Reisebüro B. GmbH eingebracht. Im Antrag habe Theresia R. ihren damaligen Ehemann Mag. Gerd R. beschuldigt, das Unternehmen dadurch kridamäßig ausgebeutet zu haben, dass er den wesentlichen Teil des Firmenvermögens, nämlich das lukrative Tenniscenter gegen überwiegend fadenscheinige Valuta "auf eine Zweitfirma, die ihm unmittelbar bzw. über seinen Treuhänder mittelbar" gehörige Beschwerdeführerin verschoben habe.

Nach Ansicht der belangten Behörde habe Mag. Gerd R. im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Darlehenshingabe Kenntnis von der unmittelbar bevorstehenden Insolvenz der A. GmbH gehabt. Ob er, wie von seiner geschiedenen Ehefrau Theresia R. angenommen, die A. GmbH in den Konkurs geführt habe, könne dahingestellt bleiben. Mit dem Verkauf des Tenniscenters an die Beschwerdeführerin im Februar 1994 sei die A. GmbH nicht mehr lebensfähig gewesen. Die im Jahresabschluss der A. GmbH zum 31. Dezember 1993 abgegebene "Rückstehungserklärung" von Mag. Gerd R. sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass durch den Verkauf des Tenniscenters an die Beschwerdeführerin die Verbindlichkeiten des Mag. Gerd R. zu einem wesentlichen Teil auf die Beschwerdeführerin übergegangen seien. Die im angefochtenen Bescheid dargestellten wirtschaftlichen Daten der A. GmbH zum 31. Dezember 1994 belegten, dass - wie schon in den Vorjahren im gesondert zu betrachtenden Bereich "Reisebüro" - der Rohertrag zur Deckung der Fixkosten nicht ausgereicht habe. Auf Grund dieser wirtschaftlichen Situation der A. GmbH habe die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Darlehensgewährung objektiv gesehen, nicht mit einer Darlehensrückzahlung rechnen können.

Soweit die Beschwerdeführerin auf in Eva St. gesetzte Hoffnungen verwiesen habe, müsse das diesbezügliche Vorbringen als "äußerst diffus" bezeichnet werden. Obwohl Eva St. nach Aussage der Beschwerdeführerin schon ab Frühjahr 1995 die Geschäfte der A. GmbH geführt haben solle, sei sie in Wien nie gemeldet gewesen. Auch fänden sich für die behauptete Zusammenarbeit zwischen der Beschwerdeführerin und der A. GmbH keine für die belangte Behörde nachvollziehbaren Hinweise. Insbesondere biete auch das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Prospekt betreffend die Abhaltung von Tenniscamps in einem slowakischen Schlosshotel dafür keine Anhaltspunkte.

Der A. GmbH habe das erforderliche Kapital gefehlt. Dieses Kapital zuzuführen, sei Sache des Gesellschafters Mag. Gerd R. gewesen. Dieser habe Interesse am Weiterbestand der Gesellschaft gehabt und nicht die Beschwerdeführerin als etwaige Geschäftspartnerin. Die Beschwerdeführerin habe zudem selbst nicht über das erforderliche Kapital verfügt und ihrerseits einen Kredit aufnehmen müssen, welcher durch ein Mag. Gerd R. gehörendes Grundstück besichert worden sei. Indem die Beschwerdeführerin die seitens des Gesellschafters erforderliche Kapitalzufuhr übernommen habe, habe sie ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer Mag. Gerd R. einen Vorteil gewährt, den sie einem fremden Dritten nicht in dieser Art und Weise gewährt hätte. Der steuerliche Gewinn der Beschwerdeführerin dürfe durch diese gesellschaftlich veranlasste Maßnahme nicht gemindert werden, sodass die in den Jahren 1995 und 1996 geltend gemachten Wertberichtigungen steuerlich nicht berücksichtigt werden könnten und im Jahr der Darlehensgewährung vom Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung auszugehen sei.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 3. Juli 2002 auf die Bestimmung des § 117 BAO verwiesen habe, habe das Finanzamt zu Recht die Berufung auf diese Bestimmung als verfehlt bezeichnet. Im Beschwerdefall sei nicht zu erkennen, welche auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes oder auf einen Erlass sich stützende Rechtsauslegung den jeweiligen Bescheiden zu Grunde gelegen sein solle, geschweige denn, welche "spätere Änderung der Rechtsauslegung" vorliege.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursache ist an Hand eines Fremdvergleiches zu ermitteln, wobei Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern an jenen Kriterien zu messen sind, die für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelt wurden. Die Vereinbarung muss demnach nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, 95/14/0074, mit weiteren Nachweisen).

Für Verträge, die zwischen Gesellschaften abgeschlossen werden, die von der gleichen Person vertreten oder wirtschaftlich dominiert werden, sind wegen des in solchen Fällen typischerweise zu besorgenden Wegfalls der sonst bei Vertragsabschlüssen zu unterstellenden Interessengegensätze aus dem Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung die gleichen Anforderungen zu erheben.

Dass eine verdeckte Ausschüttung nicht notwendig an den Gesellschafter der ausschüttenden Gesellschaft gehen muss, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen und dabei zum Ausdruck gebracht, dass eine verdeckte Ausschüttung auch dann dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zuzurechnen ist, wenn die von der Gesellschaft gewährten Vorteile nicht diesem, sondern einer ihm nahe stehenden Person zufließen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1998, 96/15/0114, mit weiteren Nachweisen). Dabei begründen auch beteiligungsmäßige Verflechtungen ein "Nahestehen" (vgl. mit weiterführenden Hinweisen Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 1988, Tz. 144 zu § 8).

Die belangte Behörde hat ihrem Bescheid die zutreffende Rechtsansicht zu Grunde gelegt, dass die Darlehenshingabe an eine beteiligungsmäßig verbundene Gesellschaft eine verdeckte Ausschüttung darstellt, wenn die Darlehensrückzahlung von vornherein nicht ernsthaft gewollt oder schon bei der Zuzählung praktisch unmöglich war. Sie ist zur Sachverhaltsfeststellung gelangt, dass im Beschwerdefall weder Wille noch Möglichkeit der Rückzahlung der empfangenen Gelder bestanden habe und eine Darlehensvereinbarung somit nicht als erwiesen angenommen werden könne.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof insofern zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, sie somit den Denkgesetzen und dem allgemeinen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. August 2002, 96/14/0166). Derartige Mängel der Beweiswürdigung zeigt das Beschwerdevorbringen nicht auf.

Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, dass in der mündlichen Berufungsverhandlung zwar die strittige Darlehensgewährung erörtert worden, eine Protokollierung dieser halbstündigen Erörterung aber nicht erfolgt sei. Diesbezüglich sei das Verfahren mangelhaft geblieben.

In der Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2004 wird festgehalten, dass der Referent den Sachverhalt vorgetragen und die Parteien ihr bisheriges Vorbringen - ergänzt um Ausführungen zum "Scheidungskrieg", in dem sich Mag. Gerd R. im Zeitpunkt der Darlehenshingabe befunden habe - wiederholt hätten. Welches neue Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung erstattet worden sei, das nicht protokolliert und deshalb im Rahmen der Beweiswürdigung der belangten Behörde unberücksichtigt geblieben sei, zeigt die Beschwerde nicht auf.

Die Beschwerdeführerin rügt weiters, in der Niederschrift vom 19. August 2004 sei davon die Rede, dass der Vertreter des Finanzamtes die Abweisung der Berufung beantragt habe, obwohl dieser über eine entsprechende Frage des Referenten nur erklärt habe, dass er der Berufung nicht stattgeben würde. Ob die in der Niederschrift festgehaltene Antragstellung erfolgt ist - wie in der Gegenschrift der belangten Behörde bekräftigt -, kann dahingestellt bleiben, weil die belangte Behörde auch ohne entsprechenden ausdrücklichen Antrag des Finanzamtes zur Abweisung der Berufungen berechtigt war. Gemäß § 282 Abs. 1 BAO in der Fassung des BGBl. I Nr. 97/2002 obliegt die Entscheidung über Berufungen namens des Berufungssenates dem Referenten. Die in der Beschwerde angedeutete unzureichende Besetzung der entscheidenden Behörde liegt daher nicht vor, zumal die Beschwerdeführerin auch nicht behauptet, einen rechtzeitigen Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat gestellt zu haben.

Der Hinweis auf § 117 BAO geht mittlerweile schon deshalb fehl, weil diese Bestimmung mit Erkenntnis des Verfassungsgerichthofes vom 2. Dezember 2004, G 95/04, aufgehoben wurde und der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich ausgesprochen hat, dass die Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist, was auch für vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängige Verfahren zu gelten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2006, 2003/13/0139).

In der Sache selbst wirft die Beschwerdeführerin der belangten Behörde vor, sie habe die "Gesellschafterstruktur" der A. GmbH verkannt und sei deshalb zur Annahme einer Fremdunüblichkeit der Darlehensgewährung gelangt. Auf Seite 15 (gemeint wohl Seite 14) des angefochtenen Bescheides werde das Beteiligungsausmaß der Theresia R. mit 25 % (anstatt richtig 20 %) angenommen, sodass sich die Gesellschaftsanteile auf insgesamt 105 % addierten. Zudem sei dem Akt kein Hinweis zu entnehmen, dass Rechtsanwalt Dr. Y. als Treuhänder des Mag. Gerd R. fungiert habe.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, weil es am Kern der Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde vorbeigeht, Mag. Gerd R. sei an beiden Gesellschaften beteiligt gewesen und habe als Gesellschafter-Geschäftsführer die Hingabe der Gelder veranlasst, obwohl ihm schon im Zeitpunkt der Darlehenszuzählung bekannt gewesen sei, dass eine Rückzahlung nicht erfolgen werde. Die belangte Behörde hat die für den Beschwerdefall entscheidenden Sachverhaltsannahmen auf den Umstand gestützt, dass die A. GmbH bereits zum 31. Dezember 1993 überschuldet gewesen sei und sie zudem im Februar 1994 ihren lukrativeren Betriebsteil der Beschwerdeführerin gegen Übernahme eines Teiles ihrer Schulden verkauft habe. Diesen entscheidungswesentlichen Feststellungen tritt die Beschwerdeführerin nicht entgegen. Mit dem Beschwerdevorbringen, "wirtschaftlicher Nutznießer" seien jene "Lieferanten" der A. GmbH gewesen, deren Verbindlichkeiten mit den Darlehen hätten befriedigt werden können, während sie im Konkursverfahren um ihre Forderungen "umgefallen" wären, räumt die Beschwerdeführerin vielmehr selbst ein, dass ohne Hingabe der Gelder bereits zu einem früheren Zeitpunkt (und insbesondere vor Abtretung der Gesellschaftsanteile an Eva St. und Abberufung des Mag. Gerd R. als Geschäftsführer der A. GmbH) die Gesellschaft insolvent geworden und Konkurs hätte anmelden müssen. Dass die A. GmbH die Gelder nicht dazu verwendet hat, Forderungen des Mag. Gerd R. zu befriedigen, steht der Annahme verdeckter Ausschüttungen an eine Mag. Gerd R. nahestehende Gesellschaft nicht entgegen.

Für die Annahme verdeckter Ausschüttungen ist es auch unerheblich, ob Theresia R. gegen die A. GmbH Forderungen in der von ihr behaupteten Höhe hatte. Dass sich Mag. Gerd R. und Theresia R. im Zeitpunkt der Darlehensgewährung bereits in einem laufenden Scheidungsverfahren befunden haben, lässt die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe der A. GmbH (an der auch die Ehefrau beteiligt war) nicht rückzahlbares Kapital zugeführt, schon deshalb nicht als unschlüssig erscheinen, weil mit der Geldhingabe und der dadurch möglichen (vorübergehenden) Weiterführung der A. GmbH den im Zuge der Scheidung gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer erhobenen Vorwürfen, die Überschuldung der Gesellschaft herbeigeführt zu haben, begegnet werden konnte.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, sie habe ein vitales Interesse an einer Geschäftsbeziehung mit der A. GmbH gehabt und ihr aus diesem Grund, und nicht um ihren Gesellschafter-Geschäftsführer zu begünstigen, ein Darlehen gewährt, entfernt sie sich - ohne eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur gesetzmäßigen Darstellung zu bringen - in unzulässiger Weise vom festgestellten Sachverhalt, für die behauptete betriebliche Veranlassung der Geldhingabe fehle jeder Anhaltspunkt.

Dass die Zuführung der beiden Geldbeträge gesellschaftsrechtlich veranlasst gewesen ist, konnte die belangte Behörde schließlich auch unbedenklich darauf stützen, dass die Beschwerdeführerin auf klare Vereinbarungen über eine Rückzahlung und eine Verzinsung des Kapitals ebenso verzichtet hat wie auf die Bestellung fremdüblicher Sicherheiten.

Die Beschwerde vermag somit insgesamt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Juni 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006150043.X00

Im RIS seit

17.07.2007

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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