TE Vwgh Erkenntnis 2007/6/21 2007/10/0118

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Veröffentlicht am 21.06.2007
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Index

L92057 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art130 Abs1 lita impl;
SHG Tir 1973 §1 Abs3;
SHG Tir 1973 §4 Abs1;
SHG Tir 1973 §7 Abs1;
SHG Tir 1973 §7 Abs2;
SHG Tir 1973 §7 Abs6;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Ing. Mag. HH in I, vertreten durch Dr. Andreas Kolar, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Stafflerstraße 2, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. September 2006, Zl. Va-456- 7437/1/121, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. September 2006 für den Zeitraum vom 30. Jänner bis 31. Jänner 2006 eine Unterstützung für Ernährung in der Höhe von EUR 27,18 und für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. März 2006 eine monatliche Unterstützung für Ernährung in der Höhe von EUR 93,30 bewilligt. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei seit 1. Februar 2006 als Angestellter bei der Firma Z. in einem Ausmaß von sechs Stunden pro Woche beschäftigt und erziele ein monatliches Einkommen in der Höhe von EUR 328,-- das jeweils am Monatsende ausbezahlt werde. Zuvor sei er bei der Firma B. tätig gewesen, habe aus dieser Tätigkeit aber seit Juli 2005 bis dato keinerlei Einkünfte erzielen können. Die Vermittlung einer Vollzeitbeschäftigung an den Beschwerdeführer sei in der Vergangenheit aus verschiedenen Gründen gescheitert, nunmehr seien gesundheitliche Probleme hinzugekommen, die einen beschränkten Wirkungsbereich bedingten, in dem der Beschwerdeführer beruflich tätig werden könne. Laut berufskundlichem Gutachten, das im Zuge eines Strafverfahrens beim Bezirksgericht Innsbruck erstellt worden sei, sei der Beschwerdeführer auf dem Arbeitsmarkt für eine dauerhafte Anstellung zwar als nicht vermittelbar einzustufen. Bei entsprechendem Bemühen bestünden für ihn jedoch durchaus Chancen, zumindest eine Teilzeitstelle als Hilfskraft zu erlangen. Seit 27. Juli 2006 sei der Beschwerdeführer beim Arbeitsmarktservice Tirol wieder als arbeitssuchend gemeldet. Die Voraussetzungen für eine Kürzung des Richtsatzes seien daher im Gegensatz zur Auffassung der erstinstanzlichen Behörde derzeit nicht gegeben. Ausgehend vom Zeitpunkt der Antragstellung sei dem Beschwerdeführer ab 30. Jänner 2006 der volle aliquote Richtsatz für Alleinstehende zu gewähren. Für die Monate Februar und März 2006 ergebe eine Gegenüberstellung des Sozialhilfebedarfs in der Höhe von EUR 842,83 (Richtsatz für Alleinstehende: EUR 421,30, anteilige Heizkosten: EUR 47,45 und Miete: EUR 374,08) mit den eigenen Mitteln des Beschwerdeführers (Einkommen: EUR 328,-- und Mietzinsbeihilfe: EUR 113,--) eine monatliche Unterstützung für Miete in der Höhe von EUR 261,08 und eine monatliche Unterstützung für Ernährung in der Höhe von EUR 140,75, wobei der mit Bescheid der Bürgermeisterin von Innsbruck vom 27. Februar 2006 bereits ausbezahlte Grundsicherungsbetrag berücksichtigt werden müsse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 1 Abs. 1 des im Beschwerdefall (noch) anzuwendenden Tiroler Sozialhilfegesetzes (TSHG) ist Sozialhilfe staatliche Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens.

Sozialhilfe ist gemäß § 1 Abs. 2 TSHG nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Personen zu gewähren, die sich in einer Notlage befinden.

In einer Notlage im Sinne des Gesetzes befindet sich gemäß § 1 Abs. 3 TSHG,

a) wer den Lebensunterhalt für sich nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält,

b) wer außergewöhnliche Schwierigkeiten in seinen persönlichen, familiären oder sozialen Verhältnissen (besondere Lebenslagen) nicht selbst oder mit Hilfe anderer Personen oder Einrichtungen bewältigen kann.

Sozialhilfe ist gemäß § 2 Abs. 1 TSHG auf Antrag oder von

Amts wegen zu gewähren.

Gemäß § 3 TSHG umfasst die Sozialhilfe

a)

die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes,

b)

die Hilfe in besonderen Lebenslagen,

c)

die Übernahme der Kosten einer einfachen Bestattung.

Der Lebensunterhalt umfasst gemäß § 4 Abs. 1 TSHG den Aufwand für die gewöhnlichen Bedürfnisse, wie Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, sowie den Aufwand für die persönlichen Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.

Die Sozialhilfe kann gemäß § 7 Abs. 1 TSHG in Form von Geldleistungen, Sachleistungen oder persönlicher Hilfe gewährt werden.

Das Ausmaß der Sozialhilfe ist gemäß § 7 Abs. 2 TSHG im Einzelfall unter Berücksichtigung eines zumutbaren Einsatzes der eigenen Kräfte und Mittel zu bestimmen.

Gemäß § 7 Abs. 6 TSHG hat die Landesregierung durch Verordnung nähere Vorschriften über die Form und das Ausmaß der Sozialhilfe zu erlassen. Hiebei sind unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in Tirol für die Bemessung des Lebensunterhaltes Richtsätze festzulegen.

Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen den Abspruch des angefochtenen Bescheides, es werde ihm (lediglich) für den Zeitraum vom 30. bis 31. Jänner 2006 eine Unterstützung gewährt. Er behauptet, bereits am 31. Oktober 2005 einen "Antrag auf Unterstützung ab November 2005" gestellt zu haben. Daraufhin sei ihm lediglich für die Monate November und Dezember 2005 eine Unterstützung gewährt worden, nicht jedoch für Jänner 2006, sodass er "zur Erinnerung" am 27. Jänner 2006 einen wiederholenden Antrag gestellt habe. Richtiger Weise hätte ihm daher für den gesamten Jänner 2006 der volle Richtsatz für Alleinstehende gewährt werden müssen. Weiters hätte ihm die belangte Behörde sowohl für Jänner 2006, als auch für Februar und März 2006 eine Unterstützung für Alimente, die er für die nicht bei ihm lebenden Kinder zu leisten habe, zusprechen müssen, zumal nach einem Erlass der Tiroler Landesregierung aus dem Jahre 2001 Alimentationsleistungen bei der Bemessung der Sozialhilfe zu berücksichtigen seien. Schließlich habe die belangte Behörde verkannt, dass ihm das Entgelt aus seiner Beschäftigung als Hilfskraft jeweils erst am Monatsletzten ausbezahlt werde. Im Februar 2006 habe er daher noch nicht über ein Einkommen verfügt, aus dem er seinen Bedarf hätte decken können.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf: Was zunächst die Unterstützung für Ernährung für Jänner 2006 anlangt, so wurde mit dem angefochtenen Bescheid ausgehend von einem Antrag des Beschwerdeführers vom 27. Jänner 2006 lediglich über eine Unterstützung für den Zeitraum vom 30. bis 31. Jänner 2006, nicht jedoch für den Zeitraum vom 1. bis 29. Jänner 2006 abgesprochen. Läge daher - wie der Beschwerdeführer behauptet - ein auf den letztgenannten Zeitraum abzielender Antrag unerledigt vor, wäre die Entscheidung der Behörde hierüber noch offen; darin läge jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Betreffend die Rüge, es hätten dem Beschwerdeführer auch die Unterhaltszahlungen zugesprochen werden müssen, die er für seine nicht bei ihm lebenden Kinder zu leisten habe, ist er gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 16. Oktober 2006, Zl. 2003/10/0256, zu verweisen. Diese Erwägungen treffen auch auf den vorliegenden Fall zu.

An dieser Beurteilung kann der vom Beschwerdeführer behauptete Verstoß gegen einen Erlass der Tiroler Landesregierung aus dem Jahre 2001 nichts ändern. Erlässe sind nämlich Weisungen an nachgeordnete Verwaltungsorgane. Sie zählen daher nicht zu den Rechtsvorschriften, die der Verwaltungsgerichtshof anzuwenden hat. Würde der angefochtene Bescheid gegen einen Erlass verstoßen, läge darin somit keine "Rechtswidrigkeit" im Sinne des Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 2007, Zl. 2006/10/0031).

Schließlich bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass er für den Monat Februar 2006 Anspruch auf das im angefochtenen Bescheid näher dargestellte Einkommen hatte. Er behauptet auch nicht, dass ihm einzelne der im angefochtenen Bescheid genannten Einkünfte tatsächlich nicht zugekommen seien. Der Umstand nachträglicher Auszahlung (nicht am Monatsbeginn, sondern erst im Nachhinein) ändert für sich allerdings nichts daran, dass der Beschwerdeführer für Februar 2006 eigene Mittel zur Verfügung hatte. Die Modalitäten der Auszahlung allein stehen der Beurteilung, es lägen Einkünfte für den betreffenden Monat vor, nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2006, Zl. 2004/10/0224).

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer noch, die belangte Behörde habe sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit seinen Darlegungen betreffend seine Bemühungen, einen Arbeitsplatz zu finden, nicht hinreichend auseinander gesetzt. Auch habe die belangte Behörde, indem sie keine Beweisergebnisse in die Begründung des angefochtenen Bescheides aufgenommen habe, sondern lediglich Vorbringen einander gegenübergestellt, gegen ihre Verpflichtung verstoßen, Bescheide ordnungsgemäß zu begründen. Schließlich habe sie bei ihrer Darstellung, es bestünden Chancen, dass der Beschwerdeführer zumindest eine Teilzeitstelle als Hilfskraft erlange, verkannt, dass er eine solche Teilzeitstelle als Hilfskraft bereits ausübe. Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil er nicht auch dargelegt hat, zu welchem im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentlich anders lautenden Verfahrensergebnis die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel gelangt wäre. Solche Darlegungen wären umso nötiger gewesen, als die belangte Behörde zufolge der Meldung des Beschwerdeführers beim AMS als arbeitssuchend die Voraussetzungen für eine Kürzung der richtsatzgemäßen Leistungen gerade nicht als erfüllt angesehen hat.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 21. Juni 2007

Schlagworte

Organisationsrecht Diverses Weisung Aufsicht VwRallg5/4 Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007100118.X00

Im RIS seit

19.07.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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