TE OGH 2004/8/5 2Ob31/03b

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Veröffentlicht am 05.08.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Franz B*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1.) L***** GmbH (vormals L***** AG), *****, 2.) Walter L*****, und 3.) G***** AG, *****, alle vertreten durch Dr. Ludwig Pramer, Rechtsanwalt in Linz, wegen EUR 10.139,20, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 12. November 2002, GZ 4 R 185/02g-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 16. Juli 2002, GZ 4 Cg 220/99m-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der beklagten Parteien wird zurückgewiesen. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 765,52 (darin enthalten EUR 127,59 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO). Entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vor. Dem Klagebegehren liegt ein Verkehrsunfall im Ortsgebiet von Linz zugrunde. Der Kläger wollte aus der durch das Verkehrszeichen "Halt" benachrangten, zwei Fahrstreifen aufweisende und als Einbahn geführten Lustenauer Straße vom äußerst linken Fahrstreifen nach links in den linken Fahrstreifen der ebenfalls eine Einbahn darstellenden und zwei Fahrstreifen aufweisenden Dinghoferstraße einbiegen. Zum Zeitpunkt des Einfahrens fuhr auf dem rechten Fahrstreifen der Dinghoferstraße ein vom Zweitbeklagten gelenkter Bus der Erstbeklagten mit einer Geschwindigkeit von etwa 25 km/h. Zu diesem Zeitpunkt war der Bus noch etwa 30 bis 35 m von der Kollisionsstelle entfernt. Der Kläger musste wegen eines ausparkenden Fahrzeuges, das am linken Fahrbahnrand der Dinghoferstraße abgestellt war, unmittelbar nach der Kreuzung auf dem linken Fahrstreifen der Dinghoferstraße anhalten, wobei das Heck 1,5 m vom Kreuzungstrichter entfernt war. Für den Buslenker war 3,5 bis 4,2 Sekunden vor dem Anstoß erkennbar, dass der PKW in die Kreuzung einfährt. Eine leichte Bremsung mit Verzögerungswerten zwischen 1,4 bis 1,6 m/sek2 durch den Buslenker hätte zur Verhinderung des Unfalles ausgereicht. Nur wenn der Kläger erkannt hätte, dass er zufolge eines ausparkenden Fahrzeuges wiederum abbremsen müsse, hätte er erkennen können, dass er den Autobus im Falle eines Spurwechsels zu einer Bremsung im Ausmaß der genannten Verzögerungswerte zwingen werde. Bei einer Weiterbeschleunigung des PKWs des Klägers, wenn also kein Fahrzeug ausgeparkt hätte, wäre eine Abbremsung des Busses nicht erforderlich gewesen, und zwar auch nicht im Falle eines Fahrstreifenwechsels. Für den Kläger war nicht erkennbar, dass der auf der linken Seite der Dinghoferstraße geparkte PKW ausparken werde. Der Buslenker, der vom rechten Fahrstreifen auf den linken Fahrstreifen der Dinghoferstraße wechseln wollte, stieß mit der linken vorderen Kante auf das bereits stehende Fahrzeug des Klägers.Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO). Entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vor. Dem Klagebegehren liegt ein Verkehrsunfall im Ortsgebiet von Linz zugrunde. Der Kläger wollte aus der durch das Verkehrszeichen "Halt" benachrangten, zwei Fahrstreifen aufweisende und als Einbahn geführten Lustenauer Straße vom äußerst linken Fahrstreifen nach links in den linken Fahrstreifen der ebenfalls eine Einbahn darstellenden und zwei Fahrstreifen aufweisenden Dinghoferstraße einbiegen. Zum Zeitpunkt des Einfahrens fuhr auf dem rechten Fahrstreifen der Dinghoferstraße ein vom Zweitbeklagten gelenkter Bus der Erstbeklagten mit einer Geschwindigkeit von etwa 25 km/h. Zu diesem Zeitpunkt war der Bus noch etwa 30 bis 35 m von der Kollisionsstelle entfernt. Der Kläger musste wegen eines ausparkenden Fahrzeuges, das am linken Fahrbahnrand der Dinghoferstraße abgestellt war, unmittelbar nach der Kreuzung auf dem linken Fahrstreifen der Dinghoferstraße anhalten, wobei das Heck 1,5 m vom Kreuzungstrichter entfernt war. Für den Buslenker war 3,5 bis 4,2 Sekunden vor dem Anstoß erkennbar, dass der PKW in die Kreuzung einfährt. Eine leichte Bremsung mit Verzögerungswerten zwischen 1,4 bis 1,6 m/sek2 durch den Buslenker hätte zur Verhinderung des Unfalles ausgereicht. Nur wenn der Kläger erkannt hätte, dass er zufolge eines ausparkenden Fahrzeuges wiederum abbremsen müsse, hätte er erkennen können, dass er den Autobus im Falle eines Spurwechsels zu einer Bremsung im Ausmaß der genannten Verzögerungswerte zwingen werde. Bei einer Weiterbeschleunigung des PKWs des Klägers, wenn also kein Fahrzeug ausgeparkt hätte, wäre eine Abbremsung des Busses nicht erforderlich gewesen, und zwar auch nicht im Falle eines Fahrstreifenwechsels. Für den Kläger war nicht erkennbar, dass der auf der linken Seite der Dinghoferstraße geparkte PKW ausparken werde. Der Buslenker, der vom rechten Fahrstreifen auf den linken Fahrstreifen der Dinghoferstraße wechseln wollte, stieß mit der linken vorderen Kante auf das bereits stehende Fahrzeug des Klägers.

Der erkennende Senat hat im ersten Rechtsgang (2 Ob 117/00x) bereits ausgeführt, dem Kläger wäre eine Vorrangverletzung dann nicht vorzuwerfen, wenn der zweitbeklagte Buslenker zum Zeitpunkt des Einfahrens des Klägers in die Kreuzung noch so weit entfernt gewesen wäre, dass er durch das Fahrmanöver des Klägers weder zu einem unvermittelten Bremsen noch zum Ablenken gezwungen worden wäre, wobei bereits eine Bremsverzögerung von 2,6 m/sek2 nicht als geringfügige Verzögerung angesehen werden könnte, und deshalb weitere Feststellungen über das Fahrmanöver des Klägers für erforderlich erachtet. Im zweiten Rechtsgang hat das Erstgericht die oben dargestellten Feststellungen getroffen.

Beide Vorinstanzen haben eine Vorrangverletzung des Klägers, der aus der benachrangten Lustenauer Straße in die bevorrangte Dinghoferstraße eingebogen ist, verneint, weil der zweitbeklagte Buslenker durch das Einfahren des Klägers trotz des ausparkenden Fahrzeuges nur zu einer leichten Verzögerung von 1,4 bis 1,6 m/sek2 gezwungen gewesen wäre. Diese geringen Verzögerungswerte reichten für eine Vorrangverletzung nicht aus. Hingegen habe der Buslenker mit einem verkehrsbedingten Anhalten des rechtmäßig in die Kreuzung einfahrenden Klägers rechnen und den erforderlichen Sicherheitsabstand einhalten müssen.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch aber über Antrag gemäß § 508 ZPO dahin ab, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt wurde, weil die Revisionswerber dargetan hätten, dass "das Berufungsurteil durch die in dieser Rechtssache ergangene oberstgerichtliche Entscheidung 2 Ob 117/00x doch nicht umfassend gedeckt" sei.Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch aber über Antrag gemäß Paragraph 508, ZPO dahin ab, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt wurde, weil die Revisionswerber dargetan hätten, dass "das Berufungsurteil durch die in dieser Rechtssache ergangene oberstgerichtliche Entscheidung 2 Ob 117/00x doch nicht umfassend gedeckt" sei.

Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Die Revisionswerber machen im Wesentlichen geltend, dass nach ständiger Rechtsprechung der Wartepflichtige verhalten ist, nicht nur durch den Beginn seines die Fahrweise des Vorrangberechtigten allenfalls beeinträchtigenden Fahrmanövers, sondern durch die gesamte Durchführung dieses Fahrmanövers bis zu seiner Beendigung den Vorrangberechtigten nicht zu einem unvermittelten Bremsen oder zum Ablenken seines Fahrzeuges zu nötigen. Der Wartepflichtige genüge seiner Wartepflicht nur dann, wenn er während der gesamten Durchführung seines Fahrmanövers bis zur Erreichen der Fahrgeschwindigkeit des Bevorrangten den Vorrangberechtigten nicht zum unvermittelten Bremsen oder Ablenken seines Fahrzeuges nötige. Der Kläger beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Nach der ständigen Rechtsprechung soll durch § 19 Abs 7 StVO sichergestellt werden, dass der Wartepflichtige nicht nur durch den Beginn seines die Fahrweise des Vorrangberechtigten allenfalls beeinträchtigenden Fahrmanövers (Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen), sondern durch die Durchführung dieses Fahrmanövers bis zu seiner Beendigung den Vorrangberechtigten nicht in der in dieser Gesetzesstelle dargestellten Weise behindern, also zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken seines Fahrzeuges nötigen darf (RIS-Justiz RS0074800 mwN).Nach der ständigen Rechtsprechung soll durch Paragraph 19, Absatz 7, StVO sichergestellt werden, dass der Wartepflichtige nicht nur durch den Beginn seines die Fahrweise des Vorrangberechtigten allenfalls beeinträchtigenden Fahrmanövers (Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen), sondern durch die Durchführung dieses Fahrmanövers bis zu seiner Beendigung den Vorrangberechtigten nicht in der in dieser Gesetzesstelle dargestellten Weise behindern, also zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken seines Fahrzeuges nötigen darf (RIS-Justiz RS0074800 mwN).

Der vorliegende Sachverhalt ist dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger zu einem Zeitpunkt sein Einfahrmanöver begann, als der Zweitbeklagte noch 30 bis 35 m entfernt war und sein Fahrmanöver hätte fortsetzen können, ohne den Buslenker zu einem Abbremsung zu zwingen, wenn er nicht durch einen ausparkenden PKW an seiner Weiterfahrt gehindert gewesen wäre. Für den Kläger war allerdings nach den Feststellungen nicht erkennbar, dass der PKW ausparken werde. Die Beurteilung der Vorinstanzen, der Kläger habe den Buslenker weder zum "unvermittelten" Bremsen noch zum Auslenken genötigt, weshalb eine Vorrangverletzung nicht anzulasten sei, liegt daher im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Der Kläger hätte nämlich ohne die nicht voraussehbare Verkehrsbehinderung sein Fahrmanöver ohne Behinderung des bevorrangten Querverkehrs beenden können. Da auch im Rechtsmittel der beklagten Parteien auch sonst keine erheblichen Rechtsfragen aufgezeigt werden, war es als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, weil der Kläger auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO, weil der Kläger auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

Anmerkung

E74406 2Ob31.03b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00031.03B.0805.000

Dokumentnummer

JJT_20040805_OGH0002_0020OB00031_03B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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