Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. August 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Finster als Schriftführerin in der Strafsache gegen Viktor N***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 dritter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über den Antrag des Angeklagten Viktor N***** auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 9. Jänner 2004, GZ 24 Hv 225/03g-107, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Angeklagten wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung bewilligt.
Text
Gründe:
Mit dem oben bezeichneten Urteil wurde unter anderem Viktor N***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 dritter Fall StGB (I.) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (III.) und des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (IV.) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.Mit dem oben bezeichneten Urteil wurde unter anderem Viktor N***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 dritter Fall StGB (römisch eins.) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (römisch III.) und des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (römisch IV.) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Nach Urteilsverkündung am Freitag, dem 9. Jänner 2004, erbat Viktor N***** drei Tage Bedenkzeit (AS 259/III). Mit Schriftsatz vom 12. Jänner 2004, der erst am 13. Jänner 2004 beim Landesgericht Innsbruck überreicht wurde, meldete dessen Verfahrenshilfeverteidiger, Dr. Lothar Stix, Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 111).
Nach Urteilszustellung am 26. Februar 2004 (AS 334/III) führte er beide Rechtsmittel mit einem am 17. März 2004 beim Landesgericht Innsbruck überreichten Schriftsatz aus (ON 126).
In ihrer Stellungnahme vom 3. Mai 2004 vertrat die Generalprokuratur gegenüber dem Obersten Gerichtshof die Ansicht, dass die erwähnten Rechtsmittel wegen verspäteter Anmeldung bei nichtöffentlicher Beratung gemäß §§ 344, 285d Abs 1 Z 1, 296 Abs 2, 294 Abs 4 StPO zurückzuweisen wären.
Diese Stellungnahme der Generalprokuratur wurde durch den Obersten Gerichtshof (per Telefax) dem Verteidiger zugestellt (§ 35 Abs 2 StPO).
Mit einem am 17. Mai 2004 beim Landesgericht Innsbruck überreichten Schriftsatz beantragte der Verfahrenshilfeverteidiger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung und holte zugleich die Rechtsmittelanmeldung nach.
Nach dem durch eidesstattliche Erklärung bescheinigten Vorbringen unterfertigte Dr. Stix am Montag, dem 12. Jänner 2004, gegen 20.15 Uhr die von seiner seit ca zwei Jahren bei ihm beschäftigten und stets zuverlässigen Konzipientin Mag. Tanja S***** schriftlich vorbereitete Rechtsmittelanmeldung und gab dieser den Auftrag zu fristgerechter Einbringung, wobei er von unverzüglicher Postaufgabe ausging. Weil die Genannte infolge eines einmaligen Versehens die Tage des vorangegangenen Wochenendes nicht mitzählte und deswegen irrig den Fristablauf mit 14. Jänner 2004 berechnete, überreichte sie den Schriftsatz erst am 13. Jänner 2004 beim Landesgericht Innsbruck und bestätigte gegenüber Dr. Stix die fristgerechte Einbringung, welcher erst durch die Zustellung der Stellungnahme der Generalprokuratur zur Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO am 12. Mai 2004 Kenntnis vom Fristversäumnis erlangte.
Rechtliche Beurteilung
Das Wiedereinsetzungsbegehren ist berechtigt.
Für den Verfahrenshilfeverteidiger, Rechtsanwalt Dr. Lothar Stix, war das einmalige Fehlverhalten seiner seit zwei Jahren bei ihm beschäftigten und stets zuverlässigen Rechtsanwaltsanwärterin Mag. Tanja S***** ein unvorhersehbarer, demnach unabwendbarer Umstand, an dem ihn angesichts der ausreichenden Vorsorge für die rechtzeitige Anmeldung kein Verschulden trifft und der es ihm unmöglich machte, innerhalb offener Frist die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung anzumelden (Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 364 E 41; 11 Os 45/91; 15 Os 19/99).
Da somit sämtliche Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorliegen, war dem Antrag - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - Folge zu geben.
Textnummer
E74532European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0150OS00047.04.0811.000Im RIS seit
10.09.2004Zuletzt aktualisiert am
15.10.2010