Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des A.B. in M, vertreten durch Dr. Rainer Beck, Rechtsanwalt, Keesgasse 5/1, 8010 Graz, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 11. Mai 2005, Zl. RV/0474-S/02, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1996 und 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.088,00 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Bediensteter der Casinos Austria AG. Er beantragte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1996 unter anderem die Absetzung von Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe von 98.256 S (Dieser Betrag ist das Kilometergeld für 40 Fahrten zu je 267 Kilometer pro einfacher Strecke).
Das Finanzamt anerkannte die geltend gemachten Aufwendungen nicht und führte in seiner Begründung aus, dass bei einem allein stehenden Steuerpflichtigen Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nur für sechs Monate als Werbungskosten anerkannt werden könnten. Da dem Beschwerdeführer bereits für das Jahr 1994 Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten anzuerkennen gewesen seien, könnten in späteren Jahren keine weiteren Aufwendungen anerkannt werden.
Gegen diesen Bescheid berief der Beschwerdeführer. Als Beilage zur Berufung legte er eine Erklärung zur Berücksichtigung des Pendler-Pauschales für die Strecke von 267 km (Graz - Zell/See) vor. Er erachte sich darin beschwert, dass die Aufwendungen für Familienheimfahrten nicht anerkannt worden seien, auch nicht einmal ein Betrag in Höhe des Pendlerpauschales von
28.800 S. Er führte aus, dass das Finanzamt auf Grund des gemeinsamen Familienwohnsitzes mit seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau in Zell am See und ihrer beruflichen Tätigkeit am Familienwohnsitz die Aufwendungen für Familienheimfahrten sowie für die doppelte Haushaltsführung - zumindest das große Pendlerpauschale in der Höhe von 28.800 S pro Jahr - hätte anerkennen müssen. Die Lebensgefährtin würde weit mehr als 20.000 S im Jahr verdienen.
Das Finanzamt wies die Berufung mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer seit Juni 1985 in Graz beschäftigt sei, dies sein Stammcasino sei und ihm daher eine Wohnsitzverlegung in den Einzugsbereich des Arbeitsortes bereits zumutbar gewesen wäre. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die nunmehrige Ehefrau in den Jahren 1996 und 1997 Einkünfte in Zell am See erzielt habe, da die Lebensgemeinschaft erst nach Beginn der Aufnahme des Dienstverhältnisses eingegangen worden sei. Zum Pendlerpauschale führte die Behörde aus, dass dieses nur zustehe, wenn überwiegend Fahrten zwischen Wohnung-Dienstort-Wohnung getätigt werden würden.
Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1997 beantragte der Beschwerdeführer erneut die Anerkennung der Aufwendungen für 40 Familienheimfahrten in Höhe von 98.256 S.
Das Finanzamt Zell am See anerkannte die geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten für 1997 mit einem Betrag von 16.800 S für die Zeit ab der Eheschließung des Beschwerdeführers mit seiner bisherigen Lebensgefährtin am 24. Mai 1997. (Der Betrag errechnet sich aus dem höchsten Pendlerpauschale für sieben Monate). In der Begründung führte das Finanzamt an, Kosten für Familienheimfahrten seien nach § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG nur insoweit Werbungskosten, als sie das höchst zulässige Pendlerpauschale nicht übersteigen.
Gegen diesen Einkommensteuerbescheid berief der Beschwerdeführer im Wesentlichen mit der gleichen Begründung wie in der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1996.
Auch diese Berufung wurde wiederum mit Berufungsvorentscheidung - unter Verweis auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung für 1996 - als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Es wurde ausgeführt, dass er sich seit Juni 1994 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit seiner späteren Ehefrau befunden habe und diese in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bezogen habe. In derartigen Fällen sehe das EStG 1988 die Berücksichtigung der Kosten einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten vor, wenn die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort beruflich veranlasst sei. Eine berufliche Veranlassung sei immer dann gegeben, wenn sich der Beschäftigungsort so weit vom Familienwohnsitz entfernt befinde, dass eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden könne, die Beibehaltung des Familienwohnsitzes nicht privat veranlasst sei oder die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden könne. Es sei dann keine private Veranlassung für die dauernde Beibehaltung des Familienwohnsitzes zu unterstellen, wenn die Ehefrau des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz relevante Einkünfte erziele.
Weiters wurde im Vorlageantrag auf das Lohnsteuerprotokoll der Finanzverwaltung 1999, AÖFV 197/1999, verwiesen. Dort wird zur doppelten Haushaltsführung eines verheirateten Steuerpflichtigen Folgendes ausgeführt:
"Ein verheirateter Steuerpflichtiger hat seinen Wohnort in der Steiermark und seinen Arbeitsort in Salzburg. Für die Jahre 1990 bis 1992 wurden Kosten der doppelten Haushaltsführung (Wohnungskosten am Arbeitsort Salzburg, Familienheimfahrten) als Werbungskosten berücksichtigt. In den Jahren 1993 bis 1995 wurden keine Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung mit der Begründung gewährt, dass die Beibehaltung des Wohnsitzes in der Steiermark ausschließlich aus privaten Gründen erfolgte. Die Einkünfte der Ehegattin am Wohnort betrugen während dieser Zeit jährlich unter 20.000 S. Im Jahre 1996 beantragt der Steuerpflichtige (der noch immer in Salzburg nicht selbständig tätig ist) neuerlich Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung mit der Begründung, dass die Einkünfte seiner Ehegattin am Wohnort in der Steiermark pro Jahr 200.000 S betragen. Stehen nunmehr für den Steuerpflichtigen Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung zu?
(Antwort der Finanzverwaltung:)
Werbungskosten stehen unter anderem dann zu, wenn ein (Ehe)Partner eine Beschäftigung an einem anderen als dem bisherigen Wohnort aufnimmt und der Familienwohnsitz an diesen Ort verlegt wird. Behält der andere Ehepartner den bisherigen Arbeitsort und die bisherige Wohnung (an diesem Arbeitsort) bei, stehen für diesen Kosten der doppelten Haushaltsführung zu.
Analog dieser Regelung stehen daher auch im gegenständlichen Fall Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung zu, wenn die Beschäftigung der Ehegattin in der Steiermark nachhaltig und nicht nur vorübergehend erfolgt. Bei Wegfall der Beschäftigung ist die Beibehaltung des Wohnsitzes allerdings ohne Übergangsfristen als privat veranlasst anzusehen."
In der auf einen Erörterungstermin folgenden schriftlichen Stellungnahme änderte der Beschwerdeführer das Berufungsbegehren von jeweils 98.256,00 S jährlich auf 64.800,00 S jährlich ab. Seiner Berechnung legte der Beschwerdeführer das höchst zulässige Pendlerpauschale von 28.800 S zuzüglich der Kosten einer zweckentsprechenden Zweitwohnung, wobei eine monatliche Miete von 3.000 S angenommen wurde, zu Grunde. Der Beschwerdeführer bezog sich dabei auf den als LStR 2002 bezeichneten Erlass des Bundesministers für Finanzen, welcher vorsieht, dass für eine über 120 Kilometer hinausgehende Wegstrecke die tatsächlichen Fahrtkosten geltend gemacht werden können. Diese dürfen jedoch nicht höher sein als die Kosten einer zweckentsprechenden Zweitwohnung und die mit dem höchsten Pendlerpauschale begrenzten Familienheimfahrten.
Die belangte Behörde wies die Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997 ab und änderte jenen betreffend die Einkommensteuer 1997 ab, indem es auch den vom Finanzamt anerkannten Familienheimfahrten für den Zeitraum Juni bis Dezember 1997 die Anerkennung versagte.
Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer seit 1. Juli 1987 durchgehend im Casino Graz beschäftigt sei. Er habe seit 1. Juli 1987 in Graz ein Zimmer und ab Juli 1997 eine Mietwohnung bewohnt. Nach der meldeamtlichen Bestätigung habe er seinen Hauptwohnsitz bis zum Juni 1992 in Zell am See, dann in Mittersill gehabt. Im Oktober 1993 habe er seinen Wohnsitz wiederum nach Zell am See verlegt.
Im Jänner 1989 habe der Beschwerdeführer neben seiner beruflichen Tätigkeit in Graz einen Betrieb (Parfümerie) in Saalfelden, welches ca. 14 km von seinem damaligen Wohnsitz in Zell am See entfernt sei, eröffnet. Den Betrieb habe er im Juli 1991 wieder aufgegeben.
Im Jahr 1992 habe er in Zell am See seine zukünftige Ehefrau kennengelernt. Die Eheschließung habe im Mai 1997 stattgefunden. Zu Beginn hätten beide in einem Personalzimmer des jeweiligen Arbeitgebers der zukünftigen Ehefrau gewohnt. Im September 1993 sei gemeinsam eine Wohnung in Zell am See gemietet worden. Nach der Geburt der gemeinsamen Tochter sei das Ehepaar im Jänner 1999 in die Nähe von Graz, nach Marhof bei Stainz, übersiedelt.
Als Grund für die Beibehaltung des Wohnsitzes in Zell am See habe der Beschwerdeführer angegeben, dass die Gegend um Zell am See seine Heimat sei und er es daher unterlassen habe, eine Wohnung in Graz zu mieten oder zu kaufen.
Die belangte Behörde führte aus, dass es zumutbar gewesen wäre, nach Ablauf von sechs Monaten ab Aufnahme seiner ständigen Beschäftigung in Graz im Juli 1987 - somit ab Jänner 1988 - seinen Wohnsitz in die Nähe seines Beschäftigungsortes Graz zu verlegen, da er zu diesem Zeitpunkt ledig und alleinstehend gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe es aus privaten Gründen unterlassen, den Wohnsitz zu verlegen, und habe den Wohnsitz in Zell am See über Jahre hindurch aufrecht erhalten. Er habe durch das Wohnen in einem Zimmer in Graz und seit Juli 1987 einen eigenen (bescheidenen) Haushalt gegründet. Er habe seinen Wohnsitz in Zell am See beibehalten, weil die Gegend um Zell am See die Heimat gewesen sei und er private Kontakte habe pflegen wollen. Daher würden in der Folge auch bei einer Änderung der Verhältnisse - die Gründung eines Betriebes in der Nähe von Zell am See im Jänner 1989, das Eingehen der Lebensgemeinschaft ab September 1993 sowie die Heirat im Mai 1997 - keine abzugsfähigen Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung entstehen. Dass im Nachhinein Umstände aufgetreten seien, welche eine Wohnsitzverlegung unzumutbar machten, hätten sie zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit bestanden, würde an der Nichtberücksichtigung als Werbungskosten nichts ändern, da die seinerzeitige Beibehaltung des Wohnsitzes privat veranlasst gewesen sei. Die Behörde verweist auf das hg. Erkenntnis vom 19. September 1995, 91/14/0227. Selbst wenn man die unternehmerische Tätigkeit (Parfümerie) als Grund für eine Unzumutbarkeit anerkennen würde, wäre es dem Beschwerdeführer binnen sechs Monaten nach Unternehmensschließung, sohin im Jänner 1992, zumutbar gewesen, seinen Wohnsitz nach Graz zu verlegen, da er zu diesem Zeitpunkt ledig und allein stehend gewesen sei.
Weiters führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Eingehens der Lebensgemeinschaft im September 1993 bereits über sechs Jahre hindurch durchgehend in Graz beschäftigt gewesen sei, sodass die Lebensgemeinschaft nicht als Grund für eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung erachtet werden könne. Der Beschwerdeführer habe seine spätere Ehefrau im Jahr 1992 kennen gelernt. Die belangte Behörde geht davon aus, dass eine Lebensgemeinschaft im September 1993 begründet worden sei, da zu diesem Zeitpunkt die erste gemeinsame Wohnung in Zell am See bezogen worden sei. Der Zeitpunkt der Begründung der Lebensgemeinschaft sei nach Ansicht der belangten Behörde jedoch für die Unzumutbarkeitsprüfung unbeachtlich, da die maßgebliche Prüfung einer möglichen Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung für Jänner 1992 bzw. für Jänner 1988 vorzunehmen sei.
Ein latentes Versetzungsrisiko habe nicht bestanden. Der Beschwerdeführer sei auf den Zeitraum Juli 1987 bis Juni 1992 bezogen kein einziges Mal versetzt worden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachte sich in seinem Recht auf steuerliche Anerkennung der Kosten für Familienheimfahrten und der Kosten der doppelten Haushaltsführung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Gemäß § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für "Familienheimfahrten" bzw "doppelte Haushaltsführung", wie z. B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 2000, 96/14/0177). Die Beibehaltung eines Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursache insbesondere in der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen oder in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Ehegatten haben (vgl in diesem Sinne die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 1998, 96/15/0171 und vom 17. Februar 1999, 95/14/0059).
Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. im Ergebnis die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1996, 95/14/0124 und vom 15. November 2005, 2005/14/0039). Unterhält ein Steuerpflichtiger einen vom Beschäftigungsort entfernten (Familien)Wohnsitz, und ist in einem Streitjahr die Verlegung des Familienwohnsitzes - etwa im Hinblick auf die dort wohnhafte, berufstätige Ehefrau - unzumutbar, sind die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung der Aufwendungen für Familienheimfahrten gegeben. Es kommt nicht darauf an, ob in einem früheren Zeitraum, insbesondere bei Eingehen der Beschäftigung (am neuen Beschäftigungsort), die Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung gegeben gewesen ist. Die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in einem Streitjahr hängt nämlich nicht davon ab, ob in einem Vorjahr die - tatsächlich nicht erfolgte - Verlegung des Wohnsitzes zumutbar gewesen ist.
Wenn dem Abgabepflichtigen im Streitjahr die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes nicht zumutbar ist, macht es keinen Unterscheid, ob die Unzumutbarkeit bereits früher vorgelegen ist oder nicht. Danach zu unterscheiden, ob der Steuerpflichtige an seinem (Familien)Wohnsitz die Lebensgemeinschaft mit einer (Einkommen erzielenden) Lebensgefährtin schon vor oder erst nach der Aufnahme seiner Berufstätigkeit an einem anderen Ort begründet, führte zu einem Verstoß gegen das durch Art 7 Abs 1 B-VG festgelegte Sachlichkeitsgebot.
Indem die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Zumutbarkeitsprüfung für die den Streitjahren vorangehenden Jahre für wesentlich erachtete, hat sie die Rechtslage verkannt. Die nur in früheren Jahren (und nicht mehr in den Streitjahren) gegebene Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung steht als solche dem Werbungskostenabzug nicht entgegen.
Die Behörde stützt sich in ihrer Begründung auf das hg. Erkenntnis vom 19. September 1995, 91/14/0227, worin der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass es dem Beschwerdeführer "seit langem" zumutbar gewesen wäre, seinen Familienwohnsitz zum Beschäftigungsort zu verlegen. Dabei übersieht die belangte Behörde, dass jenem Erkenntnis ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde liegt. Während der vorliegende Beschwerdefall dadurch charakterisiert ist, dass aus der Sicht der Streitjahre die Verlegung des Familienwohnsitzes als nicht zumutbar anzusehen ist, betraf jenes zitierte Erkenntnis den Fall, in welchem sowohl im Streitjahr als auch in den Vorjahren die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort (durchgehend) zumutbar gewesen ist. In solchen Fällen der grundsätzlichen Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung wird dem Steuerpflichtigen allerdings, weil es Zeit in Anspruch nimmt, die Wohnsituation am Beschäftigungsort zu gestalten, eine gewisse Übergangsfrist (ab Eintritt der Zumutbarkeit) zur Wohnsitzverlegung eingeräumt, für welche er Aufwendungen für Familienheimfahrten noch steuerlich geltend machen kann. Mit dem Ausdruck "seit langem" zeigt jenes zitierte Erkenntnis auf, dass diese Frist abgelaufen gewesen ist.
Der angefochtene Bescheid ist somit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 2003/333.
Wien, am 21. Juni 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005150079.X00Im RIS seit
17.07.2007Zuletzt aktualisiert am
17.05.2013