Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art119a Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der Marktgemeinde Preding, vertreten durch Klement Schreiner & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29/3, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 30. März 2004, GZ. FA7A - 484 - 148/02-5, betreffend Ferienwohnungsabgabe (mitbeteiligte Partei: US in Graz), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 30. Mai 2000 schrieb der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde der mitbeteiligten Partei als Eigentümerin einer Ferienwohnung gemäß § 1 und §§ 9a bis 9d des Steiermärkischen Nächtigungs- und Ferienwohnungsabgabegesetzes (NFWAG) eine jährliche Ferienwohnungsabgabe ab 1. Jänner 1999 in Höhe von S 10.000,-- vor. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Aus Anlass der Aufhebung des § 9b Abs. 3 NFWAG durch den Verfassungsgerichtshof erging an die mitbeteiligte Partei eine Mitteilung des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 13. September 2001 über die Auswirkungen dieses Erkenntnisses.
Mit Schreiben vom 23. Oktober 2001 erhob die mitbeteiligte Partei "Einspruch gegen die Festsetzung der Ferienwohnungsabgabe 2000".
Mit Bescheid vom 1. März 2002 wies der Gemeinderat der beschwerdeführende Marktgemeinde den Einspruch als unbegründet ab.
Mit Bescheid vom 19. August 2002 hob die belangte Behörde aus Anlass der dagegen erhobenen Vorstellung diesen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Marktgemeinde. Begründend wurde ausgeführt, die Berufung hätte nach einem Mängelbehebungsauftrag mangels eines tauglichen Berufungsgegenstandes zurückgewiesen werden müssen.
Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 3. Dezember 2002 wies der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde die Berufung der mitbeteiligten Partei, soweit sie sich gegen den Bescheid vom 30. Mai 2000 richte, als verspätet zurück. In Spruchpunkt 2. desselben Bescheides wurde die Berufung der mitbeteiligten Partei, soweit sie sich gegen eine Mitteilung des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 13. September 2001 richtet, als unzulässig zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 2. Jänner 2003 erhob die mitbeteiligte Partei dagegen Berufung und stellte dabei u. a. den Antrag, "den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, in eventu … den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben, in eventu die Ferienwohnunsabgabe für das Jahr 2000 mit EUR 145,-- festsetzen und über die Berufung nach Abschluss des Verfahrens eine mündliche Verhandlung … durchführen."
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 2. Jänner 2003 erhob die mitbeteiligte Partei Berufung gegen die Abweisung eines Antrages auf Herabsetzung der Ferienwohnungsabgabe für das Jahr 2000 durch Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 3. Dezember 2002.
Mit einem weiteren Schriftsatz vom 2. Jänner 2003 stellte die mitbeteiligte Partei den Antrag auf Aufhebung des Dauerbescheides vom 30. Mai 2000, weil diesem Bescheid eine vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Bestimmung zu Grunde liege.
Mit Bescheid vom 22. April 2003 wies der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde diesen Antrag mit der Begründung als unbegründet ab, dass die Aufhebung erst mit Ablauf des 31. Dezember 2000 in Kraft getreten sei. Die beschwerdeführende Marktgemeinde habe die Abgabe für das Jahr 2001 mit rechtskräftigem Bescheid vom 29. September 2002 vorgeschrieben.
Mit Bescheid ebenfalls vom 22. April 2003 wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde die Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den Zurückweisungsbescheid des Bürgermeisters vom 3. Dezember 2002 als unbegründet ab.
Die mitbeteiligte Partei erhob dagegen mit Schriftsatz vom 16. Mai 2003 Vorstellung.
Mit einem Schriftsatz vom 16. Mai 2003 erhob die mitbeteiligte Partei Berufung gegen den Abweisungsbescheid des Bürgermeisters vom 22. April 2003 (betreffend die Aufhebung des Dauerbescheides vom 30. Mai 2002). Darin stellte sie den Antrag, die Berufungsbehörde möge den bekämpften Bescheid "aufheben und den Antrag der BW stattgeben und somit den Dauerbescheid der (beschwerdeführenden Marktgemeinde) aufheben".
Mit Bescheid vom 18. Juli 2003 wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde diese Berufung als unbegründet ab.
Die mitbeteiligte Partei erhob mit Schriftsatz vom 8. August 2003 Vorstellung.
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 18. Juli 2003 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Marktgemeinde.
Begründend führte die belangte Behörde aus, aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergebe sich, dass die mitbeteiligte Partei mit Schriftsatz vom 2. Jänner 2003 die Aufhebung des Bescheides vom 30. Mai 2000 beantragt habe. Dieser Antrag sei im Rahmen einer Berufung gestellt worden, über die gemäß § 93 Abs. 1 Stmk Gemeindeordnung 1967 der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde hätten entscheiden müssen. Im Beschwerdefall habe aber der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde - und somit ein unzuständiges Organ - den Antrag mit Bescheid vom 22. April 2003 als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen - erstinstanzlichen - Bescheid sei Berufung vom 16. Mai 2003 eingebracht worden, welche vom Gemeinderat mit Bescheid vom 18. Juli 2003 als unbegründet abgewiesen worden sei. Der Gemeinderat habe die vorhin aufgezeigte Unzuständigkeit jedoch nicht aufgegriffen und daher seinerseits den Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet. Er sei aus diesem Grunde aufzuheben gewesen, sodass auf das übrige Vorbringen der Vorstellungswerberin nicht weiter eingegangen werden müsse.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei erstattete keine Äußerung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 1 Stmk Nächtigungs- und Ferienwohnungsabgabegesetz (NFWAG), LGBl. Nr. 54/1980 idF LGBl. Nr. 39/1998, ist die Ferienwohnungsabgabe eine ausschließliche Gemeindeabgabe iSd § 6 Z 5 F-VG 1948 idF BGBl. Nr. 201/1996.
Mit der Vollziehung des II. Abschnitts des NFWAG ist gemäß § 9d Abs. 2 leg. cit. die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich betraut.
Gemäß § 45 Abs. 2 Stmk GemO obliegt dem Bürgermeister die Entscheidung und Verfügung in allen gemeindebehördlichen Angelegenheiten, sofern hiefür gesetzlich nicht ein anderes Gemeindeorgan zuständig ist.
Gemäß § 93 Abs. 1 Stmk GemO geht der Instanzenzug gegen Bescheide in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches an den Gemeinderat. Dieser übt auch die in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse aus.
Die belangte Behörde hat den Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 18. Juli 2003 mit der Begründung aufgehoben, dieser habe den Umstand, dass über den Antrag auf Aufhebung des Dauerbescheides unzuständigerweise der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde entschieden habe, nicht aufgegriffen und damit den mit Vorstellung bekämpften Berufungsbescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.
Die beschwerdeführende Marktgemeinde wendet sich dagegen mit dem Vorbringen, der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde sei zur Entscheidung über den Aufhebungsantrag vom 2. Jänner 2003 berechtigt gewesen, weil dieser Antrag lediglich zeitgleich mit der Berufung, aber in einem gesonderten Schriftsatz gestellt worden sei.
Dies wird von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift auch zugestanden. Die belangte Behörde beantragte dennoch die Abweisung der Beschwerde mit der Begründung, dass ihr zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Vorstellung vom 15. Mai 2003 ein gesonderter Antrag der mitbeteiligten Partei nicht vorgelegen sei. Die belangte Behörde sei daher in ihrer angefochtenen Entscheidung ausschließlich auf die Berufung vom 2. Jänner 2003 eingegangen, in deren Rahmen der gegenständliche Antrag gestellt worden sei. Dass die beschwerdeführende Marktgemeinde die Akten - auch nach mehrmaliger Urgenz seitens der belangten Behörde - nur unvollständig vorgelegt habe, könne nicht zu Lasten der belangten Behörde oder der mitbeteiligten Partei ausgelegt werden.
Damit verkennt die belangte Behörde die Rechtslage, weil auch von der Berufungsbehörde unvollständig vorgelegte Verwaltungsakten die Vorstellungsbehörde nicht berechtigen, ihrer Entscheidung Sachverhaltsannahmen zu Grunde zu legen, welche weder in den Akten(teilen) noch in den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Deckung finden.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. Juni 2007
Schlagworte
Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der VorstellungsbehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004170083.X00Im RIS seit
15.08.2007