Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Waltraud H*****, vertreten durch Dr. Alexander Neuhauser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Wiener Linien GmbH & Co KG, 1030 Wien, Erdbergstraße 202, vertreten durch Dr. Georg Mittermayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 6.583,44, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 27. März 2003, GZ 34 R 650/02v-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirkgsgerichtes Innere Stadt Wien vom 11. September 2002, GZ 28 C 732/02h-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:
1.) Die Forderung der klagenden Partei besteht mit EUR 3.291,72 zu Recht:
2.) Die Gegenforderung der beklagten Partei besteht nicht zu Recht.
3.) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 3.291,72 samt 4 % Zinsen seit dem 6. 9. 2001 zu bezahlen.
4.) Das Begehren, die beklagte Partei sei weiters schuldig, der klagenden Partei EUR 3.291,71 samt 4 % Zinsen seit 11. 4. 2001 zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.650,62 (darin USt EUR 160 und Barauslagen EUR 660,61) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen. Im Übrigen werden die Verfahrenskosten gegenseitig aufgehoben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei Barauslagen des Rechtsmittelverfahrens von EUR 477 binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 22. 3. 2001 ereignete sich gegen 17.30 Uhr in Wien auf der Kreuzung Wolkersbergenstraße/Jakob-Stainer-Gasse ein Verkehrsunfall, an dem die Klägerin mit ihrem PKW und ein Straßenbahnzug der Linie 62 der beklagten Partei beteiligt waren.
Die Klägerin begehrte zuletzt die Zahlung von EUR 6.583,44. Sie habe mit ihrem Fahrzeug in der Wolkersbergenstraße vor der Kreuzung mit der Jakob-Stainer-Gasse vor der Verkehrslichtsignalanlage mit unvollständigem Signalbild als erstes Fahrzeug vor der Haltelinie angehalten, um einer entgegenkommenden Straßenbahn das Passieren zu ermöglichen. Nach Umschalten der Verkehrslichtsignalanlage auf freie Fahrt habe sie ihre Fahrt fortgesetzt, wobei es zur Kollision mit dem Straßenbahnzug gekommen sei, dessen Fahrer offensichtlich ein Fahrsignal nicht beachtet habe. An der Kreuzung löse eine von links kommende Straßenbahn ein Signal aus, das Rot für die Autofahrer zeige. Nach Passieren der Kreuzung werde ein zweites Signal ausgelöst, das das Rot für die Autofahrer wieder ausschalte. Wenn zeitgleich von rechts eine Straßenbahn in die Kreuzung einfahre, bewirke dies, dass die Signalanlage von dieser von rechts kommenden Straßenbahn nicht ausgelöst werde, weshalb die Straßenbahn die Kreuzung passieren könne, ohne dass Rot für die Autofahrer aufscheine. Die Beklagte hafte für eine mangelhafte Ampelanlage. Die Klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass nach Erlöschen des Rotlichtes kein Straßenbahnzug mehr die Kreuzung passieren werde.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Straßenbahnvor- und hauptsignal habe freie Fahrt für den Straßenbahnzug gezeigt. In der Wolkersbergenstraße seien mehrere Fahrzeuge in genügendem Abstand zum Straßenbahnzug gestanden, um einzubiegen. Die Klägerin sei unter Missachtung der Verkehrsampelregelung und des herannahenden bevorrangten Straßenbahnzuges in den Gleisbereich eingefahren. Der Fahrer habe trotz einer durchgeführten Notbremsung eine Kollision nicht verhindern können. Für eine allfällige Fehlfunktion der Signalanlage könne die Beklagte nicht verantwortlich gemacht werden. Die Klägerin habe nicht einmal in Richtung des sich annähernden Straßenbahnzuges geblickt.
Kompensando wurden der Schaden am Straßenbahnzug sowie Reservehaltungskosten von insgesamt S 26.498,65 eingewendet.
Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung mit EUR 6.583,44 zu Recht bestehe und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages. Den Bestand der Gegenforderung verneinte es.
Es ging von nachstehendem wesentlichen Sachverhalt aus.
Die Klägerin hielt ihr Fahrzeug in der Wolkersbergenstraße vor der Kreuzung mit der Jakob-Stainer-Gasse als erstes Fahrzeug vor der Haltelinie an, um wegen Rotlichtes der Lichtsignalanlage einer (entgegenkommenden) stadtauswärts fahrenden Straßenbahn das Passieren der Kreuzung zu ermöglichen. Nach Erlöschen des Rotlichtes fuhr sie an, um ihre Fahrt (rechts abbiegend) in Richtung Jakob-Stainer-Gasse fortzusetzen. Nach 11,5 m kam es zur Kollision mit einem Straßenbahnzug, der in der Wolkersbergenstraße in Richtung Zentrum fuhr. Vorsignal und Hauptsignal in Fahrtrichtung der Straßenbahn waren auf "finster" geschaltet. Der Straßenbahnzug hielt eine Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h ein. Als der Fahrer den in den Gleisbereich einfahrenden PKW der Klägerin wahrnahm, leitete er prompt eine Notbremsung mit voller Sandunterstützung ein, konnte aber eine Kollision nicht vermeiden. Die Klägerin hatte die Straßenbahn vor der Kollision nicht wahrgenommen; hätte sie vor dem Anfahren schräg nach hinten über einen Winkel von ca 135 Grad über die Schulter geschaut, hätte sie die herannahende Straßenbahn wahrnehmen können. An der Kreuzung ist eine Verkehrslichtsignalanlage angebracht, die lediglich ein rotes und gelbes Licht aufweist. Bei Annäherung einer Straßenbahn wird durch einen Anmeldekontakt zunächst das Vor- und Hauptsignal (für die Straßenbahn) auf Halt geschaltet, in weiterer Folge wird das Signal für den Fahrzeugverkehr zunächst auf gelb und dann auf rot geschaltet. Nach Passieren der Kreuzung wird über einen Löschkontakt bzw nach Ablauf von 16 sec das Signal für den Fahrzeugverkehr von rot auf finster geschaltet. Bei Anmeldung mehrerer Züge wird die Rotphase für den Fahrzeugverkehr erst durch den letzten Zug beendet. Ein Gegenzug kann sich durch Anmeldung in eine Freiphase dazuschalten, doch erfolgte (bis zum 8. 10. 2001) nach Ablauf einer bestimmten Maximalverlängerungszeit eine Zwangsabmeldung aller Züge. Dies bedeutet, dass nach Ablauf einer bestimmten Zeit das Signal für den Fahrzeugverkehr von Halt auf finster schaltet, ungeachtet davon, ob sich ein Zug der Kreuzung nähert oder nicht. Zum Unfallszeitpunkt war es möglich, dass bei Anmeldung von mehreren Zügen nach einer Maximalverlängerungszeit von 25 sec eine "sogenannte Zwangsabmeldung" erfolgte, wonach Vorsignal und Hauptsignal für die Straßenbahn auf "finster" geschaltet und auch die Fahrzeugsignale von rot auf "finster" geschaltet wurde. Dies war zum Unfallszeitpunkt der Fall.
Die Ampelschaltung wurde erst nach dem Unfall dahin geändert, dass die Ampel für den Fahrzeugverkehr erst dann auf "finster" geschaltet wurde, wenn alle angemeldeten Züge die Kreuzung passiert hatten.
Das Erstgericht hielt weiters fest, den Bestand der eingewendeten Gegenforderung nicht feststellen zu können.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Klägerin sei nach Erlöschen des Rotlichtes gemäß § 19 Abs 2 der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung zum Übersetzen der Eisenbahnkreuzung berechtigt gewesen. Für sie habe im Hinblick auf die von der funktionierenden Lichtsignalanlage signalisierten Freigabe für den Individualverkehr keine Veranlassung bestanden, sich durch einen Blick nach hinten über das Herannahen eines Schienenfahrzeuges zu informieren. Der Klägerin sei kein Aufmerksamkeitsfehler anzulasten, weil der erweiterte Sichtwinkel eines Autofahrers jedenfalls nicht einen Bereich von 135 Grad umfasse. Die Bestimmungen der §§ 16, 17 und 19 Abs 4 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung bezögen sich auf Eisenbahnkreuzungen ohne funktionierende Lichtsignalanlage. Die Klägerin treffe - ebenso wie den Fahrer des Straßenbahnzuges - kein Verschulden an der Kollision. Diese sei vielmehr ausschließlich auf die - nach dem Unfall behobene - extrem gefahrenträchtige Fehlschaltung der Lichtsignalanlage im Unfallszeitpunkt, die eine gleichzeitige Freischaltung für Schienen- und querenden Individualverkehr ermöglicht habe, zurückzuführen. Die beklagte Partei hafte für außergewöhnliche Betriebsgefahr, weil die Tatsache, dass eine die Eisenbahnkreuzung regelnde Lichtsignalanlage dem querenden Fahrzeugverkehr während gleichzeitiger Annäherung eines Schienenfahrzeuges durch Erlöschen des Rotlichtes freie Fahrt signalisiere, einen die außerordentliche Betriebsgefahr begründenden Umstand darstelle. Ein Schaden am Straßenbahnzug habe ziffernmäßig nicht bestimmt werden können.
Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes führte es rechtlich aus: Nach der grundlegenden allgemeinen Bestimmung des § 16 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung hätten sich Straßenbenützer bei Annäherung an Eisenbahnkreuzungen unter Beachtung der Straßenverkehrszeichen und auf Grund der vorhandenen Sichtverhältnisse so zu verhalten und insbesondere ihre Geschwindigkeit so zu wählen, dass sie erforderlichenfalls vor der Eisenbahnkreuzung verlässlich anhalten könnte. Nach § 19 Abs 1 leg cit müssten die Straßenbenützer vor der eigentlichen Bahnkreuzung anhalten, wenn an einer Eisenbahnkreuzung, die durch eine Lichtzeichenanlage gesichert sei, gelbes oder rotes Licht aufleuchte oder akustische Zeichen einer etwaigen Zusatzeinrichtung wahrgenommen würden. Wenn ein sicheres Anhalten bei Aufleuchten von gelbem Licht nicht mehr möglich sei, hätten die Fahrzeuglenker weiter zu fahren. Nach Abs 2 dieser Bestimmung dürfe die Eisenbahnkreuzung erst übersetzt werden, wenn an der Lichtzeichenanlage das gelbe und rote Licht erloschen seien und akustische Zeichen einer etwaigen Zusatzeinrichtung verstummt seien. Nach Abs 4 sei vor der Lichtzeichenanlage dann anzuhalten, wenn bei dieser das Straßenverkehrszeichen "Halt" angebracht sei oder wenn keine Lichtzeichen wahrnehmbar seien und die Annäherung eines Schienenfahrzeuges wahrgenommen werde. Die Eisenbahnkreuzung dürfe erst und nur dann übersetzt werden, wenn sich die Straßenbenützer durch alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel überzeugt hätten, dass ein gefahrloses Übersetzen möglich sei. Hier sei die Eisenbahnkreuzung durch eine funktionierende Lichtzeichenanlage gesichert gewesen. Die Klägerin habe zunächst wegen Rotlichtes der Lichtsignalanlage angehalten. Nach Erlöschen des Rotlichtes habe sie mit der Übersetzung der Eisenbahnkreuzung begonnen, wozu sie berechtigt gewesen sei. Die Klägerin, die auf die Funktionstüchtigkeit der Ampelanlage habe vertrauen dürfen, sie sei nicht verpflichtet gewesen, ihren Kopf um einen Winkel von ca 135 Grad zu drehen und über ihre Schulter nach hinten zu blicken, bevor sie losgefahren sei. Sie habe sich nicht davon überzeugen müssen, dass keine Straßenbahn herannahe, weil es für sie keine Veranlassung gegeben habe, einen technischen Störfall oder eine Fehlschaltung in Betracht zu ziehen. Hier sei nicht vom "Fehlen" eines Lichtzeichens auf der Lichtzeichenanlage im Sinne des § 19 Abs 4 Straßenbahnkreuzungs-Verordnung auszugehen, weshalb die Bestimmung nicht zum Tragen komme. Der Klägerin sei nicht vorzuwerfen, dass sie die Annäherung des Straßenbahnzuges nicht wahrgenommen habe. Auch das Vorliegen einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr sei zu bejahen, wenn eine funktionierende Lichtsignalanlage dem querenden Fahrzeugverkehr nicht signalisiere, dass sich eine Straßenbahn annähere.Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes führte es rechtlich aus: Nach der grundlegenden allgemeinen Bestimmung des § 16 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung hätten sich Straßenbenützer bei Annäherung an Eisenbahnkreuzungen unter Beachtung der Straßenverkehrszeichen und auf Grund der vorhandenen Sichtverhältnisse so zu verhalten und insbesondere ihre Geschwindigkeit so zu wählen, dass sie erforderlichenfalls vor der Eisenbahnkreuzung verlässlich anhalten könnte. Nach § 19 Absatz eins, leg cit müssten die Straßenbenützer vor der eigentlichen Bahnkreuzung anhalten, wenn an einer Eisenbahnkreuzung, die durch eine Lichtzeichenanlage gesichert sei, gelbes oder rotes Licht aufleuchte oder akustische Zeichen einer etwaigen Zusatzeinrichtung wahrgenommen würden. Wenn ein sicheres Anhalten bei Aufleuchten von gelbem Licht nicht mehr möglich sei, hätten die Fahrzeuglenker weiter zu fahren. Nach Abs 2 dieser Bestimmung dürfe die Eisenbahnkreuzung erst übersetzt werden, wenn an der Lichtzeichenanlage das gelbe und rote Licht erloschen seien und akustische Zeichen einer etwaigen Zusatzeinrichtung verstummt seien. Nach Abs 4 sei vor der Lichtzeichenanlage dann anzuhalten, wenn bei dieser das Straßenverkehrszeichen "Halt" angebracht sei oder wenn keine Lichtzeichen wahrnehmbar seien und die Annäherung eines Schienenfahrzeuges wahrgenommen werde. Die Eisenbahnkreuzung dürfe erst und nur dann übersetzt werden, wenn sich die Straßenbenützer durch alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel überzeugt hätten, dass ein gefahrloses Übersetzen möglich sei. Hier sei die Eisenbahnkreuzung durch eine funktionierende Lichtzeichenanlage gesichert gewesen. Die Klägerin habe zunächst wegen Rotlichtes der Lichtsignalanlage angehalten. Nach Erlöschen des Rotlichtes habe sie mit der Übersetzung der Eisenbahnkreuzung begonnen, wozu sie berechtigt gewesen sei. Die Klägerin, die auf die Funktionstüchtigkeit der Ampelanlage habe vertrauen dürfen, sie sei nicht verpflichtet gewesen, ihren Kopf um einen Winkel von ca 135 Grad zu drehen und über ihre Schulter nach hinten zu blicken, bevor sie losgefahren sei. Sie habe sich nicht davon überzeugen müssen, dass keine Straßenbahn herannahe, weil es für sie keine Veranlassung gegeben habe, einen technischen Störfall oder eine Fehlschaltung in Betracht zu ziehen. Hier sei nicht vom "Fehlen" eines Lichtzeichens auf der Lichtzeichenanlage im Sinne des § 19 Abs 4 Straßenbahnkreuzungs-Verordnung auszugehen, weshalb die Bestimmung nicht zum Tragen komme. Der Klägerin sei nicht vorzuwerfen, dass sie die Annäherung des Straßenbahnzuges nicht wahrgenommen habe. Auch das Vorliegen einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr sei zu bejahen, wenn eine funktionierende Lichtsignalanlage dem querenden Fahrzeugverkehr nicht signalisiere, dass sich eine Straßenbahn annähere.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Rechtsfrage, ob das Erlöschen des gelben und des roten Lichtes an der Lichtzeichenanlage dem Fehlen eines Lichtzeichens gleichzusetzen sei, oberstgerichtliche Judikatur nicht bekannt sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist teilweise berechtigt.
Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft. Er liegt nicht vor, was nicht weiter zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Rechtsrüge ist teilweise berechtigt.Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft. Er liegt nicht vor, was nicht weiter zu begründen ist (§ 510 Absatz 3, ZPO). Die Rechtsrüge ist teilweise berechtigt.
Der erkennende Senat hatte sich in jüngster Zeit zweimal mit dem Verhalten von Kraftfahrern im Bereich von durch Lichtsignal geregelten Eisenbahnkreuzungen zu beschäftigen (ZVR 2002/38; 2 Ob 183/03f). Die darin ausgesprochenen Grundsätze wurden von den Vorinstanzen nicht ausreichend beachtet.
Unstrittig ist, dass im vorliegenden Fall für das Verhalten bei Annäherung an schienengleiche Eisenbahnübergänge und bei der Übersetzung solcher Übergänge die eisenbahnrechtlichen Vorschriften zu beachten sind. Unstrittig kam hier die Eisenbahn-KreuzungsVO 1961 (idF BGBl 1988/123) zur Anwendung.Unstrittig ist, dass im vorliegenden Fall für das Verhalten bei Annäherung an schienengleiche Eisenbahnübergänge und bei der Übersetzung solcher Übergänge die eisenbahnrechtlichen Vorschriften zu beachten sind. Unstrittig kam hier die Eisenbahn-KreuzungsVO 1961 in der Fassung BGBl 1988/123) zur Anwendung.
Nach § 16 Abs 1 Eisenbahn-KreuzungsVO haben sich Straßenbenützer bei Annäherung an Eisenbahnkreuzungen unter Beachtung der Straßenverkehrszeichen und auf Grund der vorhandenen Sichtverhältnisses so zu verhalten und insbesondere ihre Geschwindigkeit so zu wählen, dass sie erforderlichenfalls vor der Eisenbahnkreuzung verlässlich anhalten können. Nach § 19 Abs 1 leg cit müssen die Straßenbenützer vor der eigentlichen Bahnkreuzung anhalten, wenn an einer Eisenbahnkreuzung, die durch eine Lichtzeichenanlage gesichert ist, gelbes oder rotes Licht aufleuchtet oder akustische Zeichen einer etwaigen Zusatzeinrichtung wahrgenommen werden. Nach Abs 2 dieser Bestimmung darf die Eisenbahnkreuzung erst dann übersetzt werden, wenn an der Lichtzeichenanlage das gelbe und rote Licht erloschen sind und akustische Zeichen einer etwaigen Zusatzeinrichtung verstummt sind. Abs 3 leg cit bestimmt, dass die Straßenbenützer besonders darauf zu achten haben, ob nicht nach der Vorbeifahrt eines Schienenfahrzeuges ein weiteres nachfolgt oder ob sich nicht aus der Gegenrichtung ein Schienenfahrzeug nähert. Nach Abs 4 ist vor der Lichtzeichensignalanlage dann anzuhalten, wenn bei dieser das Straßenverkehrszeichen "Halt" angebracht ist oder wenn keine Lichtzeichen wahrnehmbar sind und die Annäherung eines Schienenfahrzeuges wahrgenommen wird. Die Eisenbahnkreuzung darf erst und nur dann übersetzt werden, wenn sich die Straßenbenützer durch alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel überzeugt haben, dass ein gefahrloses Übersetzen möglich ist.Nach § 16 Absatz eins, Eisenbahn-KreuzungsVO haben sich Straßenbenützer bei Annäherung an Eisenbahnkreuzungen unter Beachtung der Straßenverkehrszeichen und auf Grund der vorhandenen Sichtverhältnisses so zu verhalten und insbesondere ihre Geschwindigkeit so zu wählen, dass sie erforderlichenfalls vor der Eisenbahnkreuzung verlässlich anhalten können. Nach § 19 Absatz eins, leg cit müssen die Straßenbenützer vor der eigentlichen Bahnkreuzung anhalten, wenn an einer Eisenbahnkreuzung, die durch eine Lichtzeichenanlage gesichert ist, gelbes oder rotes Licht aufleuchtet oder akustische Zeichen einer etwaigen Zusatzeinrichtung wahrgenommen werden. Nach Abs 2 dieser Bestimmung darf die Eisenbahnkreuzung erst dann übersetzt werden, wenn an der Lichtzeichenanlage das gelbe und rote Licht erloschen sind und akustische Zeichen einer etwaigen Zusatzeinrichtung verstummt sind. Abs 3 leg cit bestimmt, dass die Straßenbenützer besonders darauf zu achten haben, ob nicht nach der Vorbeifahrt eines Schienenfahrzeuges ein weiteres nachfolgt oder ob sich nicht aus der Gegenrichtung ein Schienenfahrzeug nähert. Nach Abs 4 ist vor der Lichtzeichensignalanlage dann anzuhalten, wenn bei dieser das Straßenverkehrszeichen "Halt" angebracht ist oder wenn keine Lichtzeichen wahrnehmbar sind und die Annäherung eines Schienenfahrzeuges wahrgenommen wird. Die Eisenbahnkreuzung darf erst und nur dann übersetzt werden, wenn sich die Straßenbenützer durch alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel überzeugt haben, dass ein gefahrloses Übersetzen möglich ist.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 2 Ob 224/00f (ZVR 2002/38), in einem Fall des § 19 Abs 4 Eisenbahn-KreuzungsVO ausgesprochen hat, bedeutet der Umstand, dass eine Lichtzeichenanlage einer Eisenbahnkreuzung (für den sich annähernden Verkehr) kein Lichtzeichen gibt, nicht freie Fahrt für kreuzende Fahrzeuge; die Fahrzeuglenker haben sich unter Einhaltung der in den §§ 15 und 17 Eisenbahn-KreuzungsVO gegebenen Anordnungen der Kreuzung zu nähern, um der in § 19 Abs 4 Eisenbahn-KreuzungsVO normierten Verpflichtung, auch bei Fehlen eines Lichtzeichens an der Lichtzeichenanlage vor einem (dennoch) herannahenden Zug anzuhalten, entsprechen zu können. Auch das Erlöschen eines Lichtzeichens bedeutet nicht freie Fahrt für den (vor der Kreuzung anhaltenden) Fahrzeuglenker. Hier greift allerdings § 19 Abs 3 Eisenbahn-KreuzungsVO ein, wonach die Straßenbenützer besonders darauf zu achten haben, ob nicht nach der Vorbeifahrt eines Schienenfahrzeuges ein weiteres nachfolgt oder ob sich nicht aus der Gegenrichtung ein Schienenfahrzeug nähert. Auch das Erlöschen eines Lichtzeichens bedeutet daher nicht freie Fahrt für den vor der Eisenbahnkreuzung anhaltenden Verkehr.Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 2 Ob 224/00f (ZVR 2002/38), in einem Fall des § 19 Abs 4 Eisenbahn-KreuzungsVO ausgesprochen hat, bedeutet der Umstand, dass eine Lichtzeichenanlage einer Eisenbahnkreuzung (für den sich annähernden Verkehr) kein Lichtzeichen gibt, nicht freie Fahrt für kreuzende Fahrzeuge; die Fahrzeuglenker haben sich unter Einhaltung der in den §§ 15 und 17 Eisenbahn-KreuzungsVO gegebenen Anordnungen der Kreuzung zu nähern, um der in § 19 Abs 4 Eisenbahn-KreuzungsVO normierten Verpflichtung, auch bei Fehlen eines Lichtzeichens an der Lichtzeichenanlage vor einem (dennoch) herannahenden Zug anzuhalten, entsprechen zu können. Auch das Erlöschen eines Lichtzeichens bedeutet nicht freie Fahrt für den (vor der Kreuzung anhaltenden) Fahrzeuglenker. Hier greift allerdings § 19 Absatz 3, Eisenbahn-KreuzungsVO ein, wonach die Straßenbenützer besonders darauf zu achten haben, ob nicht nach der Vorbeifahrt eines Schienenfahrzeuges ein weiteres nachfolgt oder ob sich nicht aus der Gegenrichtung ein Schienenfahrzeug nähert. Auch das Erlöschen eines Lichtzeichens bedeutet daher nicht freie Fahrt für den vor der Eisenbahnkreuzung anhaltenden Verkehr.
Bei einem Blick über die Schulter hätte die Klägerin aber erkennen können, dass sich ein Straßenbahnzug aus der Gegenrichtung mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h nähert. Dass sie es unterlassen hat, sich vor dem Anfahren entsprechend § 19 Abs 3 Eisenbahn-KreuzungsVO zu überzeugen, ob ein Übersetzen der Kreuzung auch gefahrlos möglich ist, ist ihr als Mitverschulden zuzurechnen.Bei einem Blick über die Schulter hätte die Klägerin aber erkennen können, dass sich ein Straßenbahnzug aus der Gegenrichtung mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h nähert. Dass sie es unterlassen hat, sich vor dem Anfahren entsprechend § 19 Absatz 3, Eisenbahn-KreuzungsVO zu überzeugen, ob ein Übersetzen der Kreuzung auch gefahrlos möglich ist, ist ihr als Mitverschulden zuzurechnen.
Soweit die Vorinstanzen die - zum Unfallszeitpunkt - mögliche Schaltung der Lichtsignalanlage in der Weise, dass trotz Herannahen eines Straßenbahnzuges das für den Individualverkehr geltende Rotlicht erlischt, als außergewöhnliche Betriebsgefahr angesehen haben, ist dies nicht zu beanstanden (vgl ZVR 2002/38). Eine Haftungsteilung von 1 : 1 erscheint angemessen (vgl ZVR 1999/36).Soweit die Vorinstanzen die - zum Unfallszeitpunkt - mögliche Schaltung der Lichtsignalanlage in der Weise, dass trotz Herannahen eines Straßenbahnzuges das für den Individualverkehr geltende Rotlicht erlischt, als außergewöhnliche Betriebsgefahr angesehen haben, ist dies nicht zu beanstanden vergleiche ZVR 2002/38). Eine Haftungsteilung von 1 : 1 erscheint angemessen vergleiche ZVR 1999/36).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43, 50 ZPO. Der Klägerin ist im ersten Verfahrensabschnitt bis zur Ausdehnung des Klagebegehrens in der letzten mündlichen Streitverhandlung zur Gänze durchgedrungen. Ihr waren daher für den ersten Verfahrensabschnitt die Prozesskosten einschließlich der Barauslagen zur Gänze zuzusprechen. Im letzten Verfahrensabschnitt (mündliche Streitverhandlung vom 29. 5. 2002 sowie im Rechtsmittelverfahren) ist die Klägerin nur zur Hälfte durchgedrungen. Demnach waren die Prozesskosten gegenseitig aufzuheben; die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz der Hälfte ihrer Barauslagen und hat der beklagten Partei die Hälfte ihrer Barauslagen zu ersetzen.
Textnummer
E74584European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00159.03A.0923.000Im RIS seit
23.10.2004Zuletzt aktualisiert am
19.04.2011