Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Eva O*****, vertreten durch Dr. Tassilo Neuwirth, Dr. Alexander Neurauter und Dr. Martin Neuwirth, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Veronika Z*****, 2.) Dr. Roswitha Z*****, beide vertreten durch Dr. Hermann Gaigg, Rechtsanwalt in Wien, und 3.) G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 67.870,22 sA und Feststellung (Streitwert EUR 3.633,64), infolge der außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der drittbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 8. April 2003, GZ 13 R 28/03p-99, womit infolge Berufung der klagenden und der drittbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29. November 2002, GZ 18 Cg 124/97f-91, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (§ 510 Absatz 3, ZPO).
Der Revision der drittbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die drittbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.692 (darin enthalten EUR 282 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 3. 3. 1996 ereignete sich in Wien auf der Brigittenauerlände ein Verkehrsunfall, an dem die - am Beifahrersitz sitzende - Klägerin und die - am Fahrersitz sitzende - Erstbeklagte als Insassen des von der Zweitbeklagten gehaltenen und bei der Drittbeklagten haftpflichtversicherten PKWs VW 19 beteiligt waren. Das Fahrzeug kam von der Fahrbahn ab und fuhr gegen eine Baustellenabschrankung, wodurch sich eine Absperrplanke durch die Windschutzscheibe bohrte und die Klägerin schwer verletzte. Strittig ist die Lenkereigenschaft der Klägerin und der Erstbeklagten.
Die Klägerin begehrt Schadenersatz (Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung, weitere Heilungskosten, Verdienstentgang sowie den Ersatz weiterer Kosten und Spesen) von letztlich S 933.914,60 sA und stellt ein Feststellungsbegehren. Sie habe über Ersuchen der Erstbeklagten, die sich gebückt, aber weiter die Pedale bedient habe, das Lenkrad gehalten, weil das Fahrzeug sonst von der Fahrbahn abkommen hätte können.
Die Beklagten wendeten dagegen ein, durch die Übernahme der Lenkung des Fahrzeuges durch die Klägerin habe die Erstbeklagte ihre Eigenschaft als Mitversicherte verloren; die Klägerin sei nur so lange mitversichert gewesen, als sie das Fahrzeug tatsächlich gelenkt habe. Eine Haftung der Zweitbeklagten und der Drittbeklagten sei schon aus diesem Grund ausgeschlossen. Die Klägerin als mitversicherte Lenkerin habe keinen Direktanspruch gegen die Haftpflichtversicherung betreffend ihre eigenen, von ihr verschuldeten Verletzungen. Darüber hinaus habe sie eine Obliegenheitsverletzung zu verantworten, weil sie das Fahrzeug ohne Lenkerberechtigung gelenkt habe; sie sei daher der Drittbeklagten bis zu S 150.000 regresspflichtig. Die Geltendmachung auch dieses Teilbetrages sei schikanös; allenfalls sei das Klagebegehren in diesem Umfang "wegen Aufrechnung" abzuweisen. Vorsichtshalber werde Aufrechnung erklärt. Die Klägerin treffe ein Mitverschulden von 50 %.
Das Erstgericht stellte fest, dass die Klageforderung mit EUR 30.380,74 zu Recht und die eingewendete Gegenforderung von EUR 10.900,92 nicht zu Recht besteht und verpflichtete die Beklagten zur Zahlung von EUR 30.380,74 sA; ein Mehrbegehren von EUR 37.489,48 sA wies es ab. Es stellte die Haftung der Beklagten für zwei Drittel der zukünftigen Schäden aus dem Unfall, die Haftung der Drittbeklagten begrenzt mit der Höhe der Haftpflichtversicherungssumme fest, und wies das darüber hinausgehende Feststellungsmehrbegehren ab.
Es ging von nachstehenden zusammengefassten entscheidungsrelevanten Feststellungen aus:
Die Klägerin fuhr als Beifahrerin in dem bei der Drittbeklagten haftpflichtversicherten PKW der Zweitbeklagten, auf dessen Fahrersitz sich die Erstbeklagte befand. Das Fahrzeug hielt eine Geschwindigkeit von 50 - 60 km/h ein. Die Erstbeklagte, die selbst erst seit einigen Monaten den Führerschein hatte, ersuchte die Klägerin, die selbst über keine Lenkerberechtigung verfügte und erst wenige Fahrstunden absolviert hatte, kurz das Lenkrad zu halten. Die Erstbeklagte wusste, dass die Klägerin Fahrschülerin war. Sie wollte aus aus einer 2-Liter-Flasche Coca-Cola, die sich im Fußraum des Beifahrersitzes befand, trinken. Die Klägerin erklärte sich aus Freundschaft dazu bereit, worauf die Erstbeklagte beide Hände vom Lenkrad nahm und nach der Flasche griff, während die Klägerin das Lenkrad umfasste. Die Erstbeklagte betätigte weiter mit den Füßen die entsprechenden Pedale. Infolge fehlender Fahrpraxis der Klägerin vermochte diese das Fahrzeug nicht geradeaus zu steuern und fuhr auf eine Abschrankung einer im Unfallbereich befindlichen Baustelle zu und zog somit das Fahrzeug nach rechts. Als die Erstbeklagte erkannte, dass das Fahrzeug eine Richtungsänderung nahm, bremste sie noch, dass die Räder blockierten. Im Zeitpunkt der Bremsung hatte die Erstbeklagte wieder das Lenkrad in ihren Händen. Das Fahrzeug geriet in die Abschrankung; ein Brett bohrte sich durch die Windschutzscheibe und verletzte die Klägerin schwer. Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich die Klägerin am Lenkrad verkrampfte, noch, dass sie nicht angegurtet war.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht das Verhalten sowohl der Erstbeklagten als auch der Klägerin als verschuldensbegründend und ging von einer Verschuldensteilung von 2:1 zu Lasten der Erstbeklagten aus. Ihr sei vorzuwerfen, dass sie der Klägerin bei einer Geschwindigkeit von 50 bis 60 km/h vorgeschlagen habe, das Lenkrad zu übernehmen, wozu der Umstand komme, dass die Klägerin über keine Lenkerberechtigung verfügt habe. Dies falle aber weniger ins Gewicht, weil auch einem Führerscheininhaber das Steuer nicht auf diese Weise überlassen werden dürfe. Die Übernahme des Lenkrades durch die Klägerin begründe ein Mitverschulden, das geringer wiege, weil die Initiative von der Erstbeklagten ausgegangen sei. Durch das Halten des Lenkrades durch die Klägerin habe diese noch nicht die "Lenkung" des Fahrzeuges übernommen, weil die Erstbeklagte weiter die Pedale bedient habe und es in ihrem Willen gestanden sei, das Fahrzeug durch Abbremsen zum Stillstand zu bringen. Es liege weder eine Obliegenheitsverletzung nach § 5 Abs 1 Z 4 KHVG vor, noch komme eine Leistungsfreiheit der Drittbeklagten oder eine Haftungsbeschränkung nach § 24 KHVG in Betracht, weshalb die Gegenforderung der Drittbeklagten nicht zu Recht bestehe.Rechtlich beurteilte das Erstgericht das Verhalten sowohl der Erstbeklagten als auch der Klägerin als verschuldensbegründend und ging von einer Verschuldensteilung von 2:1 zu Lasten der Erstbeklagten aus. Ihr sei vorzuwerfen, dass sie der Klägerin bei einer Geschwindigkeit von 50 bis 60 km/h vorgeschlagen habe, das Lenkrad zu übernehmen, wozu der Umstand komme, dass die Klägerin über keine Lenkerberechtigung verfügt habe. Dies falle aber weniger ins Gewicht, weil auch einem Führerscheininhaber das Steuer nicht auf diese Weise überlassen werden dürfe. Die Übernahme des Lenkrades durch die Klägerin begründe ein Mitverschulden, das geringer wiege, weil die Initiative von der Erstbeklagten ausgegangen sei. Durch das Halten des Lenkrades durch die Klägerin habe diese noch nicht die "Lenkung" des Fahrzeuges übernommen, weil die Erstbeklagte weiter die Pedale bedient habe und es in ihrem Willen gestanden sei, das Fahrzeug durch Abbremsen zum Stillstand zu bringen. Es liege weder eine Obliegenheitsverletzung nach Paragraph 5, Absatz eins, Ziffer 4, KHVG vor, noch komme eine Leistungsfreiheit der Drittbeklagten oder eine Haftungsbeschränkung nach § 24 KHVG in Betracht, weshalb die Gegenforderung der Drittbeklagten nicht zu Recht bestehe.
Das von der Klägerin und der Drittbeklagten angerufene Berufungsgericht gab beiden Berufungen teilweise Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Der Berufung der Klägerin folgte es insoweit, als es einen weiteren Teilbetrag für Sachschäden, deren Entstehen vom Erstgericht nicht festgestellt werden konnte, zusprach.
Der Berufung der Drittbeklagten gab es insoweit Folge, als es einen Teil des Schmerzengeldes (der gar nicht geltend gemacht worden war) abwies.
Im Übrigen teilte es die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes, dass die Klägerin durch das Halten des Lenkrades noch nicht zur "Lenkerin" des Fahrzeuges geworden sei. Lenker eines Fahrzeuges sei derjenige, der unter eigener Verantwortung die Verrichtungen ausführe, die erforderlich seien, damit die bestimmungsgemäßen Triebkräfte auf das Fahrzeug zur Fortbewegung einwirkten (ZVR 1965/250). Ein einmaliges Eingreifen in das von jemand anderem bediente Lenkrad eines Fahrzeuges bedeute noch nicht dessen "Lenken", weil der Lenker nicht nur das Lenkrad zu betätigen, sondern beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges noch andere Vorrichtungen zu bedienen habe (ZVR 1976/300). Hier habe die Klägerin nicht für die Erstbeklagte überraschend in das Lenkrad eingegriffen, sondern über deren Ersuchen die Lenkung übernommen. Da alle weiteren für den Betrieb erforderlichen Verrichtungen von der am Fahrersitz sitzenden Erstbeklagten durchgeführt worden seien, sei die Klägerin nicht anstelle der Erstbeklagten Lenkerin geworden.
Die Klägerin und die Erstbeklagte seien auch nicht "gemeinschaftliche Führer" des PKW gewesen, weil die des Fahrens unkundige Beifahrerin (die Klägerin) das Lenkrad über Ersuchen der Lenkerin nur während kurzer Zeit gehalten habe.
Es sei aber nicht von Bedeutung, ob bloß die Erstbeklagte als Lenkerin oder die Erstbeklagte und die Klägerin gemeinsam als Lenkerinnen anzusehen seien; nach § 2 Abs 2 KHVG seien in der Haftpflichtversicherung unter anderem die Personen mitversichert, die mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeuges tätig seien. Die Erstbeklagte als berechtigte Lenkerin sei jedenfalls Mitversicherte gewesen, weshalb die Drittbeklagte den der Erstbeklagten aufgrund ihres rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens zuzurechnenden Anteil am Schaden zu ersetzen habe. In diesem Umfang sei die Klägerin "geschädigte Dritte" (JBl 1987, 188). Auf eine allfällige Obliegenheitsverletzung der Klägerin könne sich die Drittbeklagte nicht berufen, weil ein sich daraus ergebender Regress nur hinsichtlich des der Klägerin zurechenbaren Schadensteiles in Betracht käme. Dem KFZ-Haftpflichtversicherer sei es verwehrt, gegen den Ersatzanspruch eines mitversicherten Fahrzeuglenkers einzuwenden, er sei wegen einer Obliegenheitsverletzung des Lenkers leistungsfrei. Die Drittbeklagte hafte daher der Klägerin ebenso wie die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte.Es sei aber nicht von Bedeutung, ob bloß die Erstbeklagte als Lenkerin oder die Erstbeklagte und die Klägerin gemeinsam als Lenkerinnen anzusehen seien; nach § 2 Absatz 2, KHVG seien in der Haftpflichtversicherung unter anderem die Personen mitversichert, die mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeuges tätig seien. Die Erstbeklagte als berechtigte Lenkerin sei jedenfalls Mitversicherte gewesen, weshalb die Drittbeklagte den der Erstbeklagten aufgrund ihres rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens zuzurechnenden Anteil am Schaden zu ersetzen habe. In diesem Umfang sei die Klägerin "geschädigte Dritte" (JBl 1987, 188). Auf eine allfällige Obliegenheitsverletzung der Klägerin könne sich die Drittbeklagte nicht berufen, weil ein sich daraus ergebender Regress nur hinsichtlich des der Klägerin zurechenbaren Schadensteiles in Betracht käme. Dem KFZ-Haftpflichtversicherer sei es verwehrt, gegen den Ersatzanspruch eines mitversicherten Fahrzeuglenkers einzuwenden, er sei wegen einer Obliegenheitsverletzung des Lenkers leistungsfrei. Die Drittbeklagte hafte daher der Klägerin ebenso wie die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte.
Im Übrigen billigte das Berufungsgericht die Verschuldensteilung des Erstgerichtes.
Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil das Berufungsgericht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der Haftung des KFZ-Haftpflichtversicherers gefolgt sei.
In der außerordentlichen Revision der Klägerin wird alleine die Verschuldensteilung bekämpft. Die Erstbeklagte hätte statt einer Bremsung das Fahrzeug wieder in die richtige Richtung lenken können, weshalb das Verschulden der Klägerin zu vernachlässigen sei.
In der außerordentlichen Revision der Drittbeklagten wird - zusammengefasst - geltend gemacht, es fehlten Entscheidungen über eine Sachverhaltskonstellation, in der ein Beifahrer, der das Lenkrad über Wunsch der am Fahrersitz verbleibenden Lenkerin übernommen habe, sich in weiterer Folge verletzte. Zu prüfen sei die Frage, ob die verletzte "Mitlenkerin" ihre Ansprüche gegen die überlassende Lenkerin geltend machen könne und ob sie als "lenkende Beifahrerin" "Mitversicherte" sei und sohin gehindert sei, ihre Ansprüche gegen den Haftpflichtversicherer zu richten. Weiters sei zu prüfen, ob sich die Haftpflichtversicherung bei einem eine Obliegenheit verletzenden selbst geschädigten Lenker regressieren könne.
Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision der Drittbeklagten zurückzuweisen, bzw ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.
Ob die Verschuldensteilung angemessen ist, ist eine bloße Ermessensentscheidung, bei der im Allgemeinen eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu lösen ist (RIS-Justiz RS0087606). Eine korrekturbedürftige Fehlentscheidung liegt jedenfalls nicht vor. Das Verschulden der Klägerin kann nicht zur Gänze außer Acht gelassen werden.
Zur außerordentlichen Revision der Drittbeklagten:
Die Revision ist zulässig, weil jüngere Rechtsprechung zur Frage der Lenkereigenschaft fehlt; sie ist aber nicht berechtigt.
Vorweg kann auf die ausführliche und zutreffende Beurteilung des Berufungsgerichtes verwiesen werden.
Wie bereits vom Berufungsgericht dargelegt, ist Lenker eines Fahrzeuges derjenige, der die Verrichtungen ausführt, die erforderlich sind, damit die bestimmungsgemäßen Triebkräfte auf das Fahrzeug zur Fortbewegung einwirken (7 Ob 315/64 = VersR 1965, 1111 = VersR 1966, 942 = ZVR 1965/250; 7 Ob 197/75 = JBl 1976, 490 = VersR 1977, 291 [Migsch] = ZVR 1976/300). Damit war die am Fahrersitz sitzende und das Lenkrad und die Pedale bedienende Erstbeklagte Lenkerin des Fahrzeuges.
Diese Lenkereigenschaft hat sie auch durch das kurzzeitige Halten des Lenkrades durch die Klägerin nicht verloren. In der Rechtsprechung wurde dazu bereits ausgeführt, dass durch ein Eingreifen in das im Übrigen von jemand anderem bediente Lenkrad, um das Fahrzeug zu verreißen, noch nicht dessen Lenken bedeutet, man also durch eine derartige Handlung noch nicht zum "Lenker" wird (ZVR 1976/300). Festgehalten wurde auch, dass durch eine einmalige Handlung, wie das Anreißen der Handbremse, nicht eine dem Lenken und dem Bedienen der sonstigen Armaturen durch den Lenker gleichwertige dauernde Tätigkeit ausgeübt wird (7 Ob 32/95 = SZ 69/118 = ecolex 1997, 160 = VersR 1997, 603 = VR 1997, 71 = ZVR 1997/97).
Diese Grundsätze sind auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Die am Beifahrersitz sitzende Klägerin hat über Ersuchen der Erstbeklagten das Lenkrad nur kurze Zeit gehalten, um das mit 50 bis 60 km/h fahrende Fahrzeug auf der Straße zu halten. Da sie aber die sonstigen zur Bedienung des Fahrzeuges notwendigen Armaturen (Pedale) weiterhin nicht betätigen konnte, war sie im Sinne der dargestellten Rechtsprechung noch nicht als Lenkerin das Fahrzeuges anzusehen. Die Erstbeklagte hat dadurch ihre Eigenschaft als "Lenkerin" nicht verloren. Damit blieb die Klägerin Beifahrerin und war nicht Lenkerin. Als solche stehen ihr daher eigene Schadenersatzansprüche gegen Lenker, Halter und Haftpflichtversicherer zu.
War aber die Klägerin nicht als "Lenkerin" des Fahrzeuges anzusehen, muss auf die Frage, ob ihr eine Obliegenheitsverletzung (wegen Fahrens ohne entsprechende Lenkerberechtigung) anzulasten ist, nicht mehr eingegangen werden. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Drittbeklagte (dann) zum Regress gegen den Ersatzanspruch eines mitversicherten Lenkers berechtigt gewesen wäre (dies verneinend ZVR 2000/38 mit im Ergebnis zustimmender Besprechung von Migsch wbl 2000, 305).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Textnummer
E74583European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00145.03T.0923.000Im RIS seit
23.10.2004Zuletzt aktualisiert am
19.04.2011