TE OGH 2004/9/23 6Ob150/04h

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Veröffentlicht am 23.09.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Theresia B*****, Trafikantin, ***** vertreten durch Klaus & Quendler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Monopolverwaltungsgesellschaft mbH, Porzellangasse 47, 1090 Wien, vertreten durch Dr. Josef Olischar und Mag. Martin Kratky, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 31. März 2004, GZ 6 R 62/04s-79, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 23. Dezember 2003, GZ 11 Cg 40/01b-71, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die beklagte Monopolgesellschaft hat den Bestellungsvertrag über den Betrieb einer Tabak-Trafik wegen zahlreicher Verstöße der Klägerin gegen das Verbot der Zustellung von Tabakwaren außerhalb des Standortes gekündigt. Nach den getroffenen Feststellungen erfolgte vor der Kündigung eine Verwarnung der Klägerin unter Androhung der Kündigung. Die zuständige Wirtschaftskammer hat der Kündigung zugestimmt.

Die Vorinstanzen wiesen das auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung gerichtete Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Zu den Anregungen auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zur Überprüfung des § 36 Abs 7 Tabakmonopolgesetz 1996 (TabMG) auf dessen Vereinbarkeit mit den Art 28 und 31 EG sowie auf Enleitung einer Gesetzesprüfung durch den VfGH hinsichtlich der Erwerbsfreiheit nach Art 6 StGG:Zu den Anregungen auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zur Überprüfung des Paragraph 36, Absatz 7, Tabakmonopolgesetz 1996 (TabMG) auf dessen Vereinbarkeit mit den Artikel 28 und 31 EG sowie auf Enleitung einer Gesetzesprüfung durch den VfGH hinsichtlich der Erwerbsfreiheit nach Artikel 6, StGG:

Der Oberste Gerichtshof prüfte schon mehrmals das im TabMG normierte System von staatlich zugelassenen Vertriebshändlern mit den im Gesetz vorgesehenen Beschränkungen unter Berücksichtigung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 14. 12. 1995, Rs C-387/93, Banchero, Slg 1995 I-4663). Er erachtete das Vertriebssystem als mit dem Gemeinschaftsrecht (Art 30 EGV, jetzt Art 28 EG idFd Vertrags von Amsterdam) und Art 37 EGV, jetzt Art 31 EG idFd Vertrags von Amsterdam vereinbar und verneinte insbesondere die auch hier von der Revisionswerberin relevierte Diskriminierung ausländischer oder inländischer Staatsbürger aufgrund der gesetzlichen Versorgungs- und Absatzbedingungen (6 Ob 310/00g; 9 ObA 59/02w). Er hielt auch die Befassung des VfGH zur Prüfung des § 36 Abs 7 TabMG auf seine Verfassungskonformität für entbehrlich (6 Ob 310/00g). Der Senat sieht sich nicht veranlasst, von dieser Auffassung abzugehen und den Anregungen der Revisionswerberin näherzutreten.Der Oberste Gerichtshof prüfte schon mehrmals das im TabMG normierte System von staatlich zugelassenen Vertriebshändlern mit den im Gesetz vorgesehenen Beschränkungen unter Berücksichtigung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 14. 12. 1995, Rs C-387/93, Banchero, Slg 1995 I-4663). Er erachtete das Vertriebssystem als mit dem Gemeinschaftsrecht (Artikel 30, EGV, jetzt Artikel 28, EG idFd Vertrags von Amsterdam) und Artikel 37, EGV, jetzt Artikel 31, EG idFd Vertrags von Amsterdam vereinbar und verneinte insbesondere die auch hier von der Revisionswerberin relevierte Diskriminierung ausländischer oder inländischer Staatsbürger aufgrund der gesetzlichen Versorgungs- und Absatzbedingungen (6 Ob 310/00g; 9 ObA 59/02w). Er hielt auch die Befassung des VfGH zur Prüfung des Paragraph 36, Absatz 7, TabMG auf seine Verfassungskonformität für entbehrlich (6 Ob 310/00g). Der Senat sieht sich nicht veranlasst, von dieser Auffassung abzugehen und den Anregungen der Revisionswerberin näherzutreten.

Die Revisionswerberin releviert zusammengefasst folgende ihrer Meinung nach erheblichen Rechtsfragen:

1. Die der Kündigung vorausgehende Verwarnung (§ 35 Abs 4 TabMG) hätte konkreter sein müssen;1. Die der Kündigung vorausgehende Verwarnung (Paragraph 35, Absatz 4, TabMG) hätte konkreter sein müssen;

2. die außergerichtliche Kündigung sei unwirksam, weil eine Kündigung nur gerichtlich erfolgen könne;

  1. 3.Ziffer 3
    die eingehaltene Kündigungsfrist sei zu kurz;
  2. 4.Ziffer 4
    die Interessenabwägung hätte zur Anwendung minderschwerer Sanktionen (Geldbuße) anstelle der existenzvernichtenden Kündigung führen müssen;
                  5.              es lägen sekundäre Feststellungsmängel zum Thema der Ungleichbehandlung der Vertragspartner der Beklagten vor (auch andere Trafikanten hätten gegen das Verbot der Zustellung von Tabakwaren außerhalb der Trafik verstoßen).
Die relevierten Rechtsfragen hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Ihnen kommt keine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu. Eine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts liegt nicht vor:Die relevierten Rechtsfragen hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Ihnen kommt keine erhebliche Bedeutung im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zu. Eine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts liegt nicht vor:
ad 1.: Die schon bei bloßem Verdacht auszusprechende Verwarnung und Androhung der Kündigung durch die Beklagte vom 27. 7. 2000 lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die Verwarnung setzt keine schon nachweisbare konkrete Vertragsverletzung voraus und kann schon bei bloßem Verdacht ausgesprochen werden.
ad 2.: Die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Vertragsbeendigung gebrauchte Formulierung, dass die Geschäfte (Führung der Trafik) binnen einer Frist "nach Eintritt der Rechtskraft der Vertragskündigung" einzustellen sind, ist im Wege der Vertragsauslegung zwanglos dahin zu verstehen, dass unter dem Begriff "Rechtskraft" die materielle Rechtswirksamkeit der Kündigung und nicht eine Vereinbarung zu verstehen ist, nach der das Dauerschuldverhältnis nur im Wege einer gerichtlichen Aufkündigung beendet werden könnte. Außergerichtliche Kündigungen sind - wie dies aus den zitierten oberstgerichtlichen Entscheidungen hervorgeht - zulässig, sie unterliegen allerdings der gerichtlichen Nachprüfung im Prozess.
ad 3.: Bei der Kündigung von auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Dauerschuldverhältnissen aus wichtigen, in der Person des Verrtagspartners liegenden Gründen gelten grundsätzlich die vertraglich vereinbarten Fristen. Mangels vertraglicher Regelung ist auf die Zumutbarkeit der Fortsetzung der Vertragsbeziehung abzustellen, die wiederum von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Die Zumutbarkeit ist nach der Gewichtigkeit der Vertragsverletzung und der Schwere des Verschuldensvorwurfs zu beurteilen. Danach kann auch eine sofortige Vertragsauflösung oder jedenfalls eine sehr kurze Kündigungsfrist wegen Wegfalls der dem Dauerschuldverhältnis zugrunde liegenden Vertrauensbasis gerechtfertigt sein (vgl RIS-Justiz RS0018353; RS0014377; RS0018305).ad 3.: Bei der Kündigung von auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Dauerschuldverhältnissen aus wichtigen, in der Person des Verrtagspartners liegenden Gründen gelten grundsätzlich die vertraglich vereinbarten Fristen. Mangels vertraglicher Regelung ist auf die Zumutbarkeit der Fortsetzung der Vertragsbeziehung abzustellen, die wiederum von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Die Zumutbarkeit ist nach der Gewichtigkeit der Vertragsverletzung und der Schwere des Verschuldensvorwurfs zu beurteilen. Danach kann auch eine sofortige Vertragsauflösung oder jedenfalls eine sehr kurze Kündigungsfrist wegen Wegfalls der dem Dauerschuldverhältnis zugrunde liegenden Vertrauensbasis gerechtfertigt sein vergleiche RIS-Justiz RS0018353; RS0014377; RS0018305).
ad 4.: Ob bei der Kündigung des Bestellungsvertrages überhaupt die Möglichkeit der Anwendung gelinderer Sanktionsmittel besteht und verneinendenfalls, ob damit durch das spätere Gesetz die bessere vertragliche Rechtsposition des Trafikanten aufgrund des Bestellungsvertrages in bedenklicher Weise verschlechtert wurde (dazu die von der Revisionswerberin zitierte Entscheidung 1 Ob 240/00a), ist hier nicht entscheidungswesentlich, weil die vorgenommene Interessenabwägung aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen nicht zu beanstanden ist. Die Beurteilung der Vertragsverletzungen nach Häufigkeit und Gewichtigkeit ist immer eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Ermessensentscheidung. Die Ansicht des Berufungsgerichtes (das ohnehin von der Möglichkeit einer Geldbuße ausging), dass die Interessenabwägung hier zu Lasten der Klägerin ausschlage, und die Kündigung als schärfste Sanktion gerechtfertigt sei, ist keine aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung. ad 5.: Die Revisionsausführungen zum Thema der Ungleichbehandlung ihrer Vertragspartner durch die Beklagte sind schon mangels eines ausreichend konkretisierten Vorbringens der Klägerin im Verfahren erster Instanz nicht stichhältig. Zutreffend hat das Berufungsgericht dem Umstand keine Bedeutung zugemessen, dass (allenfalls) auch andere Trafikanten vertragswidrige Zustellungen von Tabakwaren außerhalb ihres Standorts vornahmen. Mit dem rechtswidrigen Verhalten anderer Personen kann ein Täter sein eigenes rechtswidriges Verhalten nicht rechtfertigen. Im Bereich vertraglicher Rechtsbeziehungen könnte höchstens der Einwand des Rechtsmissbrauchs eine Rolle spielen, auf den sich die Klägerin konkret aber nicht gestützt hat. Dazu hätte sie behaupten und beweisen müssen, dass die Beklagte Kenntnis von Vertragsverletzungen (derselben Art) aller oder doch zumindest der Mehrzahl der ortsansässigen Mitbewerber der Klägerin gehabt, Kündigungen aber unterlassen und lediglich gegenüber der Klägerin die Kündigung mit Schädigungsvorsatz ausgesprochen habe. Auf eine solche Diskrimierung, die allenfalls unter § 1295 Abs 2 ABGB subsumierbar wäre, berief sich die Klägerin aber nicht.ad 4.: Ob bei der Kündigung des Bestellungsvertrages überhaupt die Möglichkeit der Anwendung gelinderer Sanktionsmittel besteht und verneinendenfalls, ob damit durch das spätere Gesetz die bessere vertragliche Rechtsposition des Trafikanten aufgrund des Bestellungsvertrages in bedenklicher Weise verschlechtert wurde (dazu die von der Revisionswerberin zitierte Entscheidung 1 Ob 240/00a), ist hier nicht entscheidungswesentlich, weil die vorgenommene Interessenabwägung aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen nicht zu beanstanden ist. Die Beurteilung der Vertragsverletzungen nach Häufigkeit und Gewichtigkeit ist immer eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Ermessensentscheidung. Die Ansicht des Berufungsgerichtes (das ohnehin von der Möglichkeit einer Geldbuße ausging), dass die Interessenabwägung hier zu Lasten der Klägerin ausschlage, und die Kündigung als schärfste Sanktion gerechtfertigt sei, ist keine aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung. ad 5.: Die Revisionsausführungen zum Thema der Ungleichbehandlung ihrer Vertragspartner durch die Beklagte sind schon mangels eines ausreichend konkretisierten Vorbringens der Klägerin im Verfahren erster Instanz nicht stichhältig. Zutreffend hat das Berufungsgericht dem Umstand keine Bedeutung zugemessen, dass (allenfalls) auch andere Trafikanten vertragswidrige Zustellungen von Tabakwaren außerhalb ihres Standorts vornahmen. Mit dem rechtswidrigen Verhalten anderer Personen kann ein Täter sein eigenes rechtswidriges Verhalten nicht rechtfertigen. Im Bereich vertraglicher Rechtsbeziehungen könnte höchstens der Einwand des Rechtsmissbrauchs eine Rolle spielen, auf den sich die Klägerin konkret aber nicht gestützt hat. Dazu hätte sie behaupten und beweisen müssen, dass die Beklagte Kenntnis von Vertragsverletzungen (derselben Art) aller oder doch zumindest der Mehrzahl der ortsansässigen Mitbewerber der Klägerin gehabt, Kündigungen aber unterlassen und lediglich gegenüber der Klägerin die Kündigung mit Schädigungsvorsatz ausgesprochen habe. Auf eine solche Diskrimierung, die allenfalls unter Paragraph 1295, Absatz 2, ABGB subsumierbar wäre, berief sich die Klägerin aber nicht.

Anmerkung

E74789 6Ob150.04h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0060OB00150.04H.0923.000

Dokumentnummer

JJT_20040923_OGH0002_0060OB00150_04H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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