TE OGH 2004/9/23 2Ob193/04b

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Veröffentlicht am 23.09.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Versicherungs-AG, *****, vertreten durch Dr. Paul Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1.) Markus L*****, vertreten durch Dr. Odo Schrott, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2.) Matthias F*****, vertreten durch Dr. Peter Kaltschmid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 26.025,08 sA und Feststellung, über die Revisionen der klagenden Partei und der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Mai 2004, GZ 5 R 11/04p-20, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 7. Jänner 2004, GZ 57 Cg 34/03s-14, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Revisionen wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Am 16. 1. 2001 gegen 5.25 Uhr ereignete sich in M***** ein Verkehrsunfall, bei welchem der von Bernd R***** gelenkte PKW in einer Kurve über den Fahrbahnrand hinausgeriet und im freien Fall auf einen Schotterweg einer Deponie stürzte. Bei diesem Unfall wurde der im PKW befindliche Beifahrer Reinhard S***** schwer verletzt. Bernd R***** war zur Unfallszeit stark alkoholisiert; bezogen auf den Unfallszeitpunkt belief sich sein Blutalkoholgehalt auf 1,5 Promille.

Die klagende Partei, die zum Unfallszeitpunkt Haftpflichtversicherer des verunfallten PKWs war, wurde auf Grund der von Reinhard S***** erlittenen Verletzungen in Anspruch genommen und musste Schadenersatzzahlungen im Gesamtbetrag von EUR 26.025,08 leisten. Es ist nicht auszuschließen, dass die klagende Partei noch weitere Schadenersatzzahlungen zu leisten haben wird.

Mit der am 3. 4. 2003 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei die solidarische Verpflichtung der beiden Beklagten zur Zahlung von EUR 26.025,08 sA sowie die Feststellung, dass die Beklagten zur ungeteilten Hand ihr gegenüber für sämtliche Schäden aus dem Unfall vom 16. 1. 2001 haften.

Die klagende Partei brachte zusammengefasst vor, dass die Forderungen des Geschädigten Reinhard S***** aus dem Unfallereignis vom 16. 1. 2001 im Ausmaß der erfolgten Schadenersatzzahlungen zufolge Legalzession an sie als Haftpflichtversicherer des verunfallten PKW übergegangen seien. Da angesichts der schweren Verletzungen des Reinhard S***** mit weiteren Schadenersatzforderungen zu rechnen sei, habe sie ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.

Unmittelbar vor dem Unfall seien Bernd R***** und Reinhard S***** Gäste in einem vom Erstbeklagten betriebenen Lokal in M***** gewesen. Dort habe ihnen der in diesem gastgewerblichen Betrieb als Barkeeper beschäftigte Zweitbeklagte große Mengen Alkohol ausgeschenkt. In den Morgenstunden des 16. 1. 2001 habe der Zweitbeklagte das Lokal schließen wollen und die anwesenden Gäste zum Verlassen der Gastwirtschaft aufgefordert. Er habe Bernd R***** ersucht, in seinem PKW den an der Bar infolge Alkoholgenusses schlafenden Reinhard S***** nach F***** mitzunehmen, welchem Ansinnen R***** nur auf Grund des Drängens des Zweitbeklagten nachgekommen sei. Reinhard S*****, der auf Grund seiner starken Alkoholisierung nicht mehr gehfähig gewesen sei, sei vom Zweitbeklagten zum Fahrzeug des Bernd R***** gebracht worden. Für den Zweitbeklagten sei es vorhersehbar gewesen, dass angesichts der starken Alkoholisierung des Bernd R***** ein Unfall passieren könne. Durch sein Verhalten habe der Zweitbeklagte eine Gefahrenlage geschaffen, wodurch die nahe Gefahr eines Schadenseintrittes für Reinhard S***** bewirkt worden sei. Als Ausfluss des Ingerenzprinzips sei der Zweitbeklagte daher gegenüber der klagenden Partei schadenersatzpflichtig.

Auf Grund der erfolgten Alkoholausschenkung durch den Zweitbeklagten sei zwischen dem später verunfallten Reinhard S***** und dem Erstbeklagten als Betreiber des gastgewerblichen Betriebs ein Vertragsverhältnis entstanden. Zu den Nebenpflichten dieses Bewirtungsvertrages zählten Schutz- und Sorgfaltspflichten, für deren Einhaltung der Erstbeklagte zu sorgen habe. Da das Zusperren eines Lokals und die Räumung desselben in einem Naheverhältnis zu der rechtsgeschäftlichen Beziehung des Erstbeklagten zu seinen Gästen stehe, sei der Zweitbeklagte in Ansehung der von ihm in diesem Zusammenhang gesetzten Handlungen als Erfüllungsgehilfe des Erstbeklagten anzusehen. Da der Zweitbeklagte gewusst habe, dass Bernd R***** fahruntüchtig sei, hätte er diesen weder zum Antritt der Fahrt verleiten noch dazu auffordern dürfen, den stark alkoholisierten und "weggetretenen" Reinhard S***** mit sich im Auto mitzunehmen. Dieses innerhalb der Sphäre des rechtsgeschäftlichen Kontaktes des Gastes Reinhard S***** zum Erstbeklagten anzusiedelnde Verhalten sei vorhersehbar geeignet gewesen, die körperliche Integrität des Reinhard S***** zu beeinträchtigen, sodass eine Verletzung vertraglicher Schutzpflichten vorliege. Für die Folgen der Verletzung dieser Vertragspflichten habe der Erstbeklagte, der sich das Verhalten seines Erfüllungsgehilfen anrechnen lassen müsse, zu haften.

Der Erstbeklagte wendete ein, der Zweitbeklagte habe ein Verhalten gesetzt, welches den ausdrücklichen Anweisungen des Erstbeklagten widersprochen habe. Dieser habe nämlich dem Zweitbeklagten die Weisung erteilt, dass er weder an betrunkene Gäste ausschenken noch diese zum Lenken eines Kraftfahrzeuges ermuntern dürfe. Das - vorsätzliche - Verhalten des Zweitbeklagten sei daher dem Erstbeklagten im Rahmen dessen Erfüllungsgehilfenhaftung nicht zuzurechnen. Im Übrigen habe Reinhard S***** mit Bernd R***** größere Mengen Alkohol konsumiert, sodass ihn am Zustandekommen des Verkehrsunfalles ein Mitverschulden im Ausmaß von mindestens 50 % treffe.

Der Zweitbeklagte wendete ein, dass er keinerlei rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten gesetzt habe und ihn daher keine Haftung für die Unfallsfolgen treffe. Er habe als beim Erstbeklagten beschäftigter Kellner in der Unfallsnacht seinen Dienst in der Bar des Erstbeklagten verrichtet. Der später verunglückte Beifahrer Reinhard S***** sei am Abend des 15. 12. 2001 allein in die Bar gekommen und nach dem Konsum einer Mischung aus Rotwein und Cola nach einiger Zeit an der Bar eingeschlafen. Gegen 3.30 Uhr bis 4.00 Uhr Früh des 16. 12. 2001 hätten Bernd R*****, Mario N***** und Monika S***** das Lokal betreten, wobei dem Zweitbeklagten nicht bekannt sei, ob R*****, der ebenso wie N***** nicht alkoholisiert gewirkt habe, zu diesem Zeitpunkt bereits alkoholische Getränke konsumiert gehabt habe. In der Folge habe der Zweitbeklagte mit Bernd R***** und Mario N***** Dart gespielt, wobei Karin B***** N***** und R***** jeweils ein Bier serviert habe. Nach und nach hätten N***** und R***** auch Schnaps getrunken. Der Zweitbeklagte habe R***** und N***** gefragt, ob diese allenfalls Reinhard S***** mitnehmen könnten, womit Bernd R***** einverstanden gewesen sei. Reinhard S***** sei lediglich schlaftrunken, jedoch dennoch gehfähig gewesen, sodass es nicht richtig sei, dass der Zweitbeklagte Reinhard S***** zum Auto geführt habe und ihm beim Einsteigen behilflich gewesen sei. Zwar sei es dem Zweitbeklagten auf Grund der Anzahl der konsumierten Schnäpse klar gewesen, dass sowohl R***** als auch N***** nicht mehr nüchtern seien und daher die Verwendung eines Taxis sinnvoller wäre. Er habe sie jedoch nicht abhalten können, mit dem Auto zu fahren, dies insbesondere deshalb, als sie nicht den Eindruck der Fahruntauglichkeit erweckt hätten. Im Übrigen hätten sowohl der Zweitbeklagte als auch Karin B***** R***** und N***** wiederholt aufgefordert, für die Heimfahrt ein Taxi zu verwenden. Da S***** selbst keine Vorkehrungen für seine Heimfahrt getroffen habe, treffe ihn ein erhebliches Mitverschulden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren in Bezug auf beide beklagte Parteien ab. Es ging hiebei im Wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

In der Nacht vom 15. auf den 16. 1. 2001 war der Zweitbeklagte als angestellter Barkeeper in dem dem Erstbeklagten gehörigen und von ihm betriebenen gastgewerblichen Betrieb (im Folgenden: Bar) tätig, wobei ihm - wie meistens an Freitagen und Samstagen - seine Lebensgefährtin Karin B***** behilflich war.

Der zwischen 20.30 Uhr und 21.00 Uhr des 15. 1. 2001 in der Bar eingetroffene Reinhard S***** trank dort mehrere - möglicherweise 10 bis 12 - Glas (1/4 l) Cola-Rot, ein je zur Hälfte aus Cola und Rotwein zusammengesetztes Mixgetränk. Wie schon bei früheren Besuchen schlief S***** im Laufe der Nacht an der Bar ein.

Gegen 4.00 Uhr des 16. 1. 2001 erschienen Bernd R***** und Mario N*****, die jeweils mit ihren eigenen Kraftfahrzeugen zugefahren waren, sowie Monika S***** in der Bar. Ob R***** und N***** vor dem Besuch dieses Gastlokals bereits Alkohol zu sich genommen hatten, kann nicht festgestellt werden. Nachdem R***** zunächst ein bis zwei Bier und Nagl Baccardi-Cola konsumiert hatten, begannen sie mit dem Zweitbeklagten Dart zu spielen. Dabei wurde immer wieder eine Runde Schnaps bestellt, sodass letztlich Mario N***** und Bernd R***** jeweils zwischen 5 und 10 Schnäpse konsumierten. Die genaue Menge der konsumierten alkoholischen Getränke lässt sich jedoch nicht feststellen. Vorerst wurden die Gäste sowohl von Karin B***** als auch vom Zweitbeklagten bedient. Karin B*****, die N***** und R***** wiederholt aufgefordert hatte, mit dem Taxi heimzufahren, verließ die Bar etwa eine halbe Stunde vor der Schließung des Gastlokals.

Gegen 5.00 Uhr beschloss der Zweitbeklagte "Sperrstunde" zu machen, und erkundigte sich, ob er für jemanden ein Taxi rufen solle, was jedoch abgelehnt wurde. Über Fragen des Zweitbeklagten erklärte sich Bernd R***** einverstanden, den zu diesem Zeitpunkt noch schlafenden Reinhard S***** mitzunehmen. Der Zweitbeklagte weckte daraufhin S***** auf, um ihn zu fragen, ob er ihm ein Taxi holen solle; S***** wollte jedoch lediglich weiterschlafen. Schließlich wurde er doch munter, zeigte sich aber sehr schlaftrunken. Er wurde vom Zweitbeklagten sowie von Mario N***** und Bernd R***** hinausbegleitet und dabei von einem seiner Begleiter - von wem, lässt sich nicht feststellen - geführt. Als sich S***** bereits beim Auto des Bernd R***** befand, rief ihm ein Lokalgast von der Lokaltüre aus zu, er habe seine Zigaretten vergessen. Daraufhin ging S***** alleine zum Lokal zurück, um seine Zigaretten zu holen, und stieg in der Folge in das Fahrzeug des Bernd R***** ein. Nicht festgestellt werden kann, ob S***** jemand beim Hineinsetzen in das Fahrzeug sowie beim Anschnallen geholfen hat. Trotz des von ihnen in der Bar konsumierten Alkohols wirkten Mario N***** und Bernd R*****, der weder torkelte noch lallte, auf die übrigen Anwesenden weder stark alkoholisiert noch absolut fahruntauglich. B***** und dem Zweitbeklagten war allerdings bewusst, dass die beiden auf Grund des von ihnen konsumierten Alkohols besser nicht mehr selbst mit dem Auto fahren sollten.

In der Bar war es durchaus üblich, für Gäste über deren Aufforderung Taxis zu rufen. Reinhard S*****, der selbst kein Auto besaß, fuhr üblicherweise stets mit dem Taxi nach Hause. Auch in der Unfallsnacht wäre es für ihn kein Problem gewesen, mit dem Taxi nach Hause zu fahren, zumal er ausreichend Geld bei sich hatte. Im Zeitpunkt des Antritts der Unfallsfahrt war er bereits ziemlich betrunken.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht folgende Auffassung: R***** und S***** seien zwar alkoholisiert gewesen, sie hätten sich jedoch ganz offensichtlich nicht in einem solchen Zustand befunden, der für jedermann offensichtlich hätte werden lassen, dass sie nicht mehr in der Lage gewesen wären, selbst Entscheidungen zu treffen. Eine Verletzung der vertraglichen Schutzpflicht seitens der beklagten Parteien könne nicht darin erblickt werden, dass es der Zweitbeklagte unterlassen habe, Bernd R***** am Benützen seines eigenen Fahrzeuges bzw Reinhard S***** am Mitfahren in dem von R***** gelenkten PKW zu hindern. Beide seien erwachsene, offensichtlich handlungsfähige Menschen, sodass der Zweitbeklagte kein Recht gehabt habe, diese in ihrer eigenen Entscheidungsfreiheit und Handlungsfähigkeit zu beschränken. Abgesehen davon wäre es ihm wohl auch kaum möglich gewesen, erwachsene Männer allein festzuhalten. Insbesondere sei es schlussendlich nicht in seiner Macht gestanden, seine Gäste zur Benützung eines Taxis zu zwingen und insbesondere Reinhard S***** am Mitfahren mit einem alkoholisierten Fahrzeuglenker zu hindern. Würde man eine solche Vorgangsweise vom Zweitbeklagten verlangen, so würde das zu einer massiven Überspannung der vertraglichen Schutzpflichten des Gastwirtes im Rahmen des rechtsgeschäftlichen Kontaktes führen, weil diesfalls sämtliche Kellner ihre Gäste auch bei geringem Alkoholkonsum an der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges hindern müssten. Wollte man eine derartige - in der Praxis wohl undurchführbare - Vorgangsweise verlangen, so würde ihre Durchführung zu massiven Problemen in der Gastronomie sowie zu einer "Freiheitsberaubung" mündiger Lokalbesucher führen.

Der Erstbeklagte habe sich zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht in seinem Lokal aufgehalten und somit keinerlei Einfluss auf die Geschehnisse rund um den späteren Unfall gehabt. Da sich der Zweitbeklagte, der als Erfüllungsgehilfe des Erstbeklagten zu gelten habe, nichts zu Schulden kommen habe lassen, sei auch eine Haftung des Erstbeklagten zu verneinen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, dass dem gegen den Zweitbeklagten gerichteten Klagebegehren stattgegeben wurde; die Abweisung des gegen den Erstbeklagten gerichteten Klagebegehrens wurde bestätigt. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei und führte im Wesentlichen folgendes aus:

Das Berufungsgericht hege Zweifel an der Richtigkeit der in Berufung gerügten Feststellungen und der diesen zugrundeliegenden erstinstanzlichen Beweiswürdigung. Es sehe sich jedoch dennoch nicht veranlasst, auf die - durchaus beachtenswerte Argumente enthaltende - Beweisrüge einzugehen, weil bereits auf Basis der vom Erstgericht geschaffenen Sachverhaltsgrundlage eine Haftung des Zweitbeklagten zu bejahen sei, hingegen selbst auf Grundlage der von der Berufungswerberin in ihrer Beweisrüge angestrebten Feststellungen eine Haftung des Erstbeklagten nicht bestehe.

Zur Haftung des Zweitbeklagten:

Eine Haftung des Zweitbeklagten, der in keinem Vertragsverhältnis zum Verletzten gestanden sei, sei nach dem Ingerenzprinzip gegeben: Den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen des ABGB im Verein mit den Bestimmungen des Strafgesetzbuches zum Schutz des Lebens und der körperlichen Sicherheit sei die allgemeine Rechtspflicht zu entnehmen, die körperliche Unversehrtheit und das Eigentum eines anderen nicht zu gefährden. Aus dieser Pflicht würden Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten abgeleitet. Derjenige, der eine Gefahrenquelle schaffe, habe alles vorzukehren, um Schädigungen zu verhindern, soweit eine solche Gefahrenquelle für ihn bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennbar sei. Allerdings dürfe durch die Anerkennung solcher Verkehrssicherungspflichten der das Schadenersatzrecht beherrschende, sich aus § 1295 ABGB ergebende Verschuldensgrundsatz nicht durch eine vom Verschulden losgelöste Haftung ersetzt werden. Daher seien Abwehrmaßnahmen stets nur im Rahmen des Zumutbaren zu treffen, wobei es im Einzelfall auf die Wahrscheinlichkeit der Schädigung ankomme. Die "verpflichtende Vorhandlung", durch die eine - bisher nicht bestehende - "Gefahrenquelle" geschaffen werde, könne nicht nur in der Errichtung eines gefährlichen Werkes oder einer sonstigen gefährlichen "Anlage" im weitesten Sinn, sondern auch darin bestehen, dass jemand zu einer Handlung verleitet werde, durch die er in eine gefährliche Lage komme. Voraussetzung der Verantwortlichkeit sei, dass durch die Vorhandlung die nahe Gefahr eines Schadenseintritts herbeigeführt werde.

Eine derartige "nahe Gefahrenlage" sei vom Zweitbeklagten zweifellos geschaffen worden, indem er in seiner Stellung als Barkeeper den stark alkoholisierten Lokalgast Bernd R*****, dessen alkoholbedingte Fahruntauglichkeit ihm schon auf Grund es unmittelbar beobachteten Alkoholkonsums bekannt gewesen sei oder bekannt hätte sein müssen, ersucht und aufgefordert habe, den Lokalgast und später verunfallten Beifahrer Reinhard S***** in seinem PKW mitzunehmen. Wenn das Erstgericht in diesem Zusammenhang die Eigenverantwortung und Handlungsfähigkeit der beteiligten Personen hervorhebe, sei darauf hinzuweisen, dass Reinhard S***** sachverhaltsgemäß nach durchaus beträchtlichem Alkoholkonsum (ca 1 ¼ bis 1 ½ l Rotwein) an der Bar eingeschlafen gewesen sei und vom Zweitbeklagten vorerst habe geweckt werden müssen, einen schlaftrunkenen Eindruck gemacht habe und - selbst noch im Zeitpunkt des Antritts der Unfallsfahrt - "ziemlich alkoholisiert" gewesen sei. Gerade im Hinblick auf den erkennbaren Alkoholisierungs- und Ermüdungszustand sei für jedermann auf eine schwerwiegende Beeinträchtigung dieses Lokalgastes in seiner Fähigkeit zu einem angepassten und vernunftgemäßen Handeln, das in einer Ablehnung der vom Zweitbeklagten organisierten Mitfahrgelegenheit und in der - von ihm ohnehin üblicherweise gepflogenen - Vornahme der Heimfahrt in einem Taxi bestanden hätte, zu schließen. Dass durch die Organisation der Heimfahrt in einem von einem stark alkoholisierten Lenker chauffierten PKW die von der Rechtsprechung geforderte nahe Gefahr eines Schadenseintritts herbeigeführt werde, sei offensichtlich und bedürfe keiner weiteren Erörterung.

Da der Zweitbeklagte somit eine für ihn bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennbare Gefahrenquelle geschaffen habe, habe ihm die Verpflichtung oblegen, alles vorzukehren, um eine Schädigung des Lokalgastes Reinhard S***** hintanzuhalten. In diesem Sinne wäre er verpflichtet gewesen, Reinhard S***** am Einsteigen in den PKW des Bernd R***** zu hindern und ihm eine andere, ungefährliche Heimfahrtgelegenheit - etwa durch Herbeirufung eines Taxis - zu organisieren. In Ansehung der Größe der mit einer Mitfahrt in einem von einem stark alkoholisierten Lenker chauffierten PKW ausgehenden Gefahr wäre es für den sicherungspflichtigen Zweitbeklagten zweifellos zumutbar gewesen, die aufgezeigten Abwehrmaßnahmen zu setzen. Damit sei aber eine Haftung des Zweitbeklagten für die Unfallfolgen, soweit sie Reinhard S***** betreffen, zu bejahen.

Zur Haftung des Erstbeklagten:

Bei dem zufolge der unstrittigen Unternehmereigenschaft des Erstbeklagten anzunehmenden Bewirtungsvertrag, der zwischen dem Erstbeklagten und S***** zustandegekommen sei, würden sich die rechtlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien nicht in der für den Vertrag wesentlichen Hauptleistungspflicht, also der Alkoholausschenkung erschöpfen, sondern zu diesem Schuldverhältnis Nebenpflichten hinzutreten, zu denen insbesondere die Schutz- und Sorgfaltspflichten zählten. Eine Schutzpflicht aus dem Vertrag in Bezug auf die Person und das Vermögen des Partners sei grundsätzlich zu bejahen, doch beschränke sich diese auf die Sphäre des rechtsgeschäftlichen Kontaktes und die dort erhöhte Gefährdungsmöglichkeit. Der Schuldner solle nämlich seine Erfüllungshandlung so setzen, dass der Gläubiger weder an seiner Person noch an seinen sonstigen Rechtsgütern geschädigt werde. In diesem Sinne habe das Erstgericht zutreffend ausgeführt, dass es zu den Schutzpflichten eines Gastwirtes gehöre, einen durch Trunkenheit beeinträchtigten Gast nur in der Weise aus dem Lokal zu schaffen, dass dessen körperliche Integrität nicht beeinträchtigt werde. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass diese Art der Beeinträchtigung gerade durch die Erfüllung der Hauptleistung, nämlich des Alkoholausschankes bewirkt werde, wobei schon nach allgemeiner Lebenserfahrung mit erhöhtem Alkoholkonsum und insbesondere bei Betrunkenen ein kritikloses Verhalten eintrete, das erhöhte Vorsicht und besonderes Geschick im Umgang mit solchen Gästen erfordere. Insoweit sei von einem Gastwirt die Aufwendung besonderer Sorgfalt und ein entsprechend geschicktes Verhalten zu verlangen.

Der Bewirtungsvertrag ende nicht schon mit der Konsumation des verkauften Getränkes und der Bezahlung, sondern dauere vielmehr bis zur Beendigung des durch den Vertrag zwischen den Vertragspartnern begründeten Naheverhältnisses. In diesem Sinn sei ausgesprochen worden, dass es etwa zur vertraglichen Schutzpflicht des Gastwirtes im Rahmen des rechtsgeschäftlichen Kontaktes gehöre, einen durch Trunkenheit beeinträchtigten Gast so aus dem Lokal zu schaffen, dass dessen körperliche Integrität nicht beeinträchtigt werde (SZ 51/55). Auch könne rücksichtlich einer alkoholbedingten Beeinträchtigung des Gastes in seiner Fähigkeit zu einem vernünftigen Handeln bei einer gegen seinen Willen erfolgenden Entfernung aus dem Lokal nicht von einer Beendigung des Naheverhältnisses gesprochen werden, wenn er etwa von einem Hausburschen genötigt werde, das Lokal zu verlassen (JBl 1991, 387).

Hier sei jedoch die Realisierung der vom Zweitbeklagten (als potentiellem Erfüllungsgehilfen des Erstbeklagten) geschaffenen Gefahrenlage erst eingetreten, nachdem Reinhard S***** in den PKW des Bernd R***** eingestiegen sei und nach einer Fahrzeit von etwa fünf Minuten das Unfallereignis, bei dem sich S***** die den Klagsforderungen zugrundeliegenden Verletzungen zugezogen habe, stattgefunden habe. Damit liege aber das für den aufrechten Bestand der aus dem Bewirtungsvertrag erfließenden Schutz- und Sicherungspflichten geforderte Naheverhältnis sowohl in zeitlicher Hinsicht - bezogen auf den Zeitpunkt des Verlassens des Gastlokals - als auch in räumlicher Hinsicht - bezogen auf das Areal der Bar - nicht mehr vor. Da schon deswegen eine Haftung des Erstbeklagten ausscheide, könne es dahingestellt bleiben, ob in Bezug auf jene Handlungen, durch die der Zweitbeklagte eine Gefahrenlage für Reinhard S***** geschaffen habe, der für eine Erfüllungsgehilfenhaftung im Sinne des § 1313a ABGB verlangte innere Zusammenhang der schädigenden Handlung des Erfüllungsgehilfen mit der Vertragserfüllung zu bejahen sei oder ob die zur Entstehung der Gefahrenlage für Reinhard S***** als Gläubiger der Bewirtungsvertrages führenden Handlungen des Zweitbeklagten als Gehilfen nur gelegentlich (anlässlich) der Erfüllung gesetzt worden sei.

Da den dem vorliegenden Rechtsstreit innewohnenden Rechtsfragen eine über den Einzelfall hinausgehende allgemeine rechtliche Bedeutung zukomme und eine ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den hier wesentlichen Abgrenzungsfragen (Anwendbarkeit des Ingerenzprinzips bei der Beurteilung der Haftung des Zweitbeklagten; Annahme eines ausreichenden, den aufrechten Bestand des Gastwirtvertrages zwischen dem Erstbeklagten und Reinhard S***** und der daraus erfließenden Schutz- und Sicherungspflichten prolongierenden Naheverhältnisses) nicht vorliege, habe sich das Berufungsgericht zur Zulassung der ordentlichen Revision iSd § 502 Abs 1 ZPO veranlasst gesehen.Da den dem vorliegenden Rechtsstreit innewohnenden Rechtsfragen eine über den Einzelfall hinausgehende allgemeine rechtliche Bedeutung zukomme und eine ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den hier wesentlichen Abgrenzungsfragen (Anwendbarkeit des Ingerenzprinzips bei der Beurteilung der Haftung des Zweitbeklagten; Annahme eines ausreichenden, den aufrechten Bestand des Gastwirtvertrages zwischen dem Erstbeklagten und Reinhard S***** und der daraus erfließenden Schutz- und Sicherungspflichten prolongierenden Naheverhältnisses) nicht vorliege, habe sich das Berufungsgericht zur Zulassung der ordentlichen Revision iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO veranlasst gesehen.

Gegen den abweisenden Teil dieser Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei, erkennbar gegen den stattgebenden Teil die Revision des Zweitbeklagten. Die klagende Partei beantragt die gänzliche Klagsstattgebung, der Zweitbeklagte die gänzliche Klagsabweisung; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Die klagende Partei und der Erstbeklagte beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, der jeweils gegnerischen Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zulässig und im Sinne der Aufhebungsanträge auch berechtigt.

Zur Revision des Zweitbeklagten:

Der Zweitbeklagte macht im Wesentlichen geltend, S***** habe sich selbst in eine gefährliche Lage gebracht, indem er sich in einer Winternacht erheblich betrunken und nicht dafür vorgesorgt habe, wie er nach der Sperrstunde nach Hause komme. Aus dem Umstand allein, dass sich der Zweitbeklagte für ihn um eine Heimfahrmöglichkeit gekümmert habe, lasse sich eine Haftung für den später eingetretenen Unfall nicht begründen. Wäre der Zweitbeklagte einfach untätig geblieben und hätte er S***** vor die Tür des Lokales gebracht und dann abgesperrt, wäre für S***** in der Winternacht eine viel größere Gefährdung gegeben gewesen. S***** sei immerhin imstande gewesen, allein die im Lokal vergessenen Zigaretten zu holen.

Hiezu wurde erwogen:

Bei der Prüfung einer deliktischen Haftung des Zweitbeklagten - die durch eine vertragliche Erfüllungsgehilfenhaftung des Erstbeklagten nicht ausgeschlossen würde (vgl Koziol/Welser II12 336) - ist das Berufungsgericht zutreffend vom so genannten Ingerenzprinzip ausgegangen. Danach hat, wer eine Gefahrenquelle schafft, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung abzuwenden; die Verursachung einer Gefahrensituation rechtfertigt die Auferlegung verstärkter Sorgfaltspflichten; Voraussetzung ist das bei gehöriger Sorgfalt mögliche Erkennen einer Gefahrenlage; diese Sorgfaltspflicht darf allerdings nicht überspannt werden; dies würde dazu führen, in Wahrheit eine vom Verschulden losgelöste Haftung zu begründen; die Grenzen des Zumutbaren sind zu beachten; im Einzelfall kommt es auf die Wahrscheinlichkeit der Schädigung an (RIS-Justiz RS0022778, RS0023487). Eine Gefahrenquelle kann auch dadurch geschaffen werden, dass jemand zu einer Handlung verleitet wird, durch die er in eine gefährliche Lage kommt (RIS-Justiz RS0022470).Bei der Prüfung einer deliktischen Haftung des Zweitbeklagten - die durch eine vertragliche Erfüllungsgehilfenhaftung des Erstbeklagten nicht ausgeschlossen würde vergleiche Koziol/Welser II12 336) - ist das Berufungsgericht zutreffend vom so genannten Ingerenzprinzip ausgegangen. Danach hat, wer eine Gefahrenquelle schafft, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung abzuwenden; die Verursachung einer Gefahrensituation rechtfertigt die Auferlegung verstärkter Sorgfaltspflichten; Voraussetzung ist das bei gehöriger Sorgfalt mögliche Erkennen einer Gefahrenlage; diese Sorgfaltspflicht darf allerdings nicht überspannt werden; dies würde dazu führen, in Wahrheit eine vom Verschulden losgelöste Haftung zu begründen; die Grenzen des Zumutbaren sind zu beachten; im Einzelfall kommt es auf die Wahrscheinlichkeit der Schädigung an (RIS-Justiz RS0022778, RS0023487). Eine Gefahrenquelle kann auch dadurch geschaffen werden, dass jemand zu einer Handlung verleitet wird, durch die er in eine gefährliche Lage kommt (RIS-Justiz RS0022470).

Das Berufungsgericht hat dem Zweitbeklagten angelastet, er habe für S***** eine solche Gefahrenlage dadurch geschaffen, dass er als Barkeeper einen erkennbar stark alkoholisierten Lokalgast aufgefordert habe, S***** in seinem PKW mitzunehmen; er hätte S***** am Einsteigen hindern und für ihn eine ungefährliche Heimfahrgelegenheit organisieren müssen. Das Erstgericht hat hiezu festgestellt, "über Fragen" des Zweitbeklagten habe sich R***** hiemit einverstanden erklärt. Wie aus den Ausführungen des Erstgerichtes in seiner Beweiswürdigung und in seiner rechtlichen Beurteilung deutlich wird, hat sich nicht genauer feststellen lassen, wer schlussendlich die Idee hatte, dass S***** mit R***** mitfahren sollte. Der Zweitbeklagte habe zwar gefragt, ob jemand S***** mitnehmen würde; dass er R***** geradezu dazu gedrängt habe, und dass er S***** zum Auto geführt sowie in dieses hineingesetzt habe, lasse sich jedoch nicht feststellen. Auch lasse sich nicht feststellen, dass R***** einen derart fahruntauglichen Eindruck gemacht habe, dass vom Zweitbeklagten hätte verlangt werden können, S***** unter allen Umständen am Einsteigen zu hindern.

Von den solcherart verdeutlichten Feststellungen des Erstgerichtes ausgehend, stellt sich die Auffassung des Berufungsgerichtes nach Ansicht des erkennenden Senates als Überspannung der Sorgfaltspflichten des Zweitbeklagten als Barkeeper (Kellner) dar. Dieser hatte zunächst die Aufgabe, die Bargäste mit den von ihnen bestellten Alkoholika zu versorgen, andererseits musste er sodann zusehen, wie er zur Sperrstunde die alkoholisierten Gäste ohne deren Schädigung aus dem Lokal brachte. Einen Gast wie S***** in einer alpinen Winternacht einfach vor die Tür zu setzen und dort in seinem Zustand seinem Schicksal zu überlassen, war zweifellos keine taugliche Alternative. Die Bestellung eines Taxis wurde vom Zweitbeklagten ohnehin angeboten. Nachdem er von S***** hiezu keine vernünftige Antwort erhielt, wäre es bei nachträglicher Betrachtung vorzuziehen gewesen, wenn er für ihn dennoch - als Geschäftsführer ohne Auftrag - ein Taxi gerufen hätte. Seine Frage an andere Lokalgäste nach einer Mitfahrgelegenheit reicht unter den vom Erstgericht festgestellten Umständen aber - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht aus, um seine Haftung für die Unfallsfolgen nach dem Ingerenzprinzip zu begründen.

Allerdings hat die klagende Partei in ihrer Berufung diese Feststellungen gerügt und weitergehende Feststellungen dahin gefordert, von der Bestellung eines Taxis sei nicht die Rede gewesen, der Zweitbeklagte habe R***** überredet S***** mitzunehmen, er habe S***** geführt und ins Auto gesetzt. Sollten solche Feststellungen getroffen werden, wäre der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes beizutreten und dem Beklagten die Verletzung der angesichts der erkennbaren Gefahrenlage gebotenen Sorgfalt vorzuwerfen. Dem nachträglichen Zigarettenholen des Geschädigten käme in diesem Zusammenhang keine entscheidende Bedeutung zu, weil daraus allein angesichts seines Zustandes kein freier Willensentschluss ableitbar ist.

Die Erledigung der in der Berufung der klagenden Partei erhobenen Beweisrüge ist somit unvermeidlich, was die Aufhebung des stattgebenden Teiles des angefochtenen Urteils zur Folge hat. Sollte es im fortgesetzten Verfahren bei den Feststellungen des Erstgerichts bleiben, wäre dessen Urteil hinsichtlich des Zweitbeklagten zu bestätigen. Sollte hingegen die Beweisrüge der klagenden Partei erfolgreich sein, wäre neuerlich mit Verurteilung des Zweitbeklagten vorzugehen. Zu dessen (entgegen der Darstellung des Berufungsgerichtes schon in erster Instanz im Schriftsatz ON 10 substantiierten) Mitverschuldenseinwand (fehlende Eigenvorsorge des Verletzten) ist noch zu bemerken, dass S***** nach den getroffenen Feststellungen ohnehin üblicherweise stets mit dem Taxi nach Hause fuhr und insoweit auch keine Probleme mit Taxiunternehmern hatte. Er durfte daher, als er sich in der Unfallsnacht dem Alkoholkonsum hingab, annehmen auch diesmal mit dem Taxi nach Hause zu kommen (vgl auch 2 Ob 178/04x mwN). Ein Mitverschulden wäre ihm freilich anzulasten, wenn er zu einem alkoholisierten Fahrzeuglenker ins Auto gestiegen wäre, obwohl dessen Fahruntüchtigkeit für ihn erkennbar war (vgl RIS-Justiz RS0027145, RS0027110); solches haben die Vorinstanzen aber nicht festgestellt.Die Erledigung der in der Berufung der klagenden Partei erhobenen Beweisrüge ist somit unvermeidlich, was die Aufhebung des stattgebenden Teiles des angefochtenen Urteils zur Folge hat. Sollte es im fortgesetzten Verfahren bei den Feststellungen des Erstgerichts bleiben, wäre dessen Urteil hinsichtlich des Zweitbeklagten zu bestätigen. Sollte hingegen die Beweisrüge der klagenden Partei erfolgreich sein, wäre neuerlich mit Verurteilung des Zweitbeklagten vorzugehen. Zu dessen (entgegen der Darstellung des Berufungsgerichtes schon in erster Instanz im Schriftsatz ON 10 substantiierten) Mitverschuldenseinwand (fehlende Eigenvorsorge des Verletzten) ist noch zu bemerken, dass S***** nach den getroffenen Feststellungen ohnehin üblicherweise stets mit dem Taxi nach Hause fuhr und insoweit auch keine Probleme mit Taxiunternehmern hatte. Er durfte daher, als er sich in der Unfallsnacht dem Alkoholkonsum hingab, annehmen auch diesmal mit dem Taxi nach Hause zu kommen vergleiche auch 2 Ob 178/04x mwN). Ein Mitverschulden wäre ihm freilich anzulasten, wenn er zu einem alkoholisierten Fahrzeuglenker ins Auto gestiegen wäre, obwohl dessen Fahruntüchtigkeit für ihn erkennbar war vergleiche RIS-Justiz RS0027145, RS0027110); solches haben die Vorinstanzen aber nicht festgestellt.

Zur Revision der klagenden Partei:

Die klagende Partei macht im Wesentlichen geltend, das für den aufrechten Bestand der aus dem Bewirtungsvertrag erfließenden Schutz- und Sicherungspflichten geforderte Naheverhältnis sei sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht gegeben; der Erstbeklagte hafte für den Zweitbeklagten als seinen Erfüllungsgehilfen gemäß § 1313a ABGB.

Hiezu wurde erwogen:

Im Falle eines alkoholisierten Gastes, der vom Hausburschen eines Berggasthauses veranlasst wurde, das Lokal zur Sperrstunde zu verlassen und die Schi anzuschnallen, worauf er bei der folgenden nächtlichen Abfahrt stürzte und sich verletzte, wurde zu 7 Ob 524/90 = JBl 1991, 387 (unter Hinweis auf den vom Sachverhalt mit dem vorliegenden weniger vergleichbaren Fall von SZ 51/55) folgendes ausgeführt:

Beim Bewirtungsvertrag erschöpfen sich die rechtlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien nicht in der für den Vertrag wesentlichen Hauptleistungspflicht, also der in Anspruch genommenen Alkoholausschenkung. Zu den Schutzpflichten eines Gastwirtes gehört, einen durch Trunkenheit beeinträchtigten Gast nur in der Weise aus dem Lokal zu schaffen, dass dessen körperliche Integrität nicht beeinträchtigt wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass diese Art der Beeinträchtigung gerade durch die Erfüllung der Hauptleistung, nämlich des Alkoholausschankes bewirkt wird, wobei schon nach allgemeiner Lebenserfahrung mit erhöhtem Alkoholkonsum und insbesondere bei Betrunkenen ein kritikloses Verhalten eintritt, das erhöhte Vorsicht und besonderes Geschick im Umgang mit solchen Gästen erfordert. Vom Gastwirt ist daher auch in diesem Zusammenhang die Aufwendung besonderer Sorgfalt und ein entsprechend geschicktes Verhalten zu verlangen (§ 1299 ABGB). Die Schutzpflichten des Gastwirtes dauern so lange an, als das durch den Bewirtungsvertrag begründete Naheverhältnis zwischen den Vertragspartner weiter besteht. Auch unerlaubte Handlungen können in Erfüllung einer vertraglichen Pflicht in einer dem Schuldner zurechenbaren Weise vom Erfüllungsgehilfen begangen werden. Es wird jedoch hiezu ein innerer Sachzusammenhang der schädigenden Handlung des Erfüllungsgehilfen mit der Vertragserfüllung gefordert und davon jede Schädigung ausgeschlossen, die der Gehilfe dem Gläubiger nur gelegentlich (anlässlich) der Erfüllung zugefügt hat und die einer selbständigen unerlaubten Handlung entsprungen ist. Greift die unerlaubte Handlung des Gehilfen aber in den Aufgabenbereich, zu dessen Wahrnehmung er vom Schuldner bestimmt worden ist, dann hat der Schuldner dafür einzustehen (vgl auch RIS-Justiz RS0028626, RS0028429).Beim Bewirtungsvertrag erschöpfen sich die rechtlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien nicht in der für den Vertrag wesentlichen Hauptleistungspflicht, also der in Anspruch genommenen Alkoholausschenkung. Zu den Schutzpflichten eines Gastwirtes gehört, einen durch Trunkenheit beeinträchtigten Gast nur in der Weise aus dem Lokal zu schaffen, dass dessen körperliche Integrität nicht beeinträchtigt wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass diese Art der Beeinträchtigung gerade durch die Erfüllung der Hauptleistung, nämlich des Alkoholausschankes bewirkt wird, wobei schon nach allgemeiner Lebenserfahrung mit erhöhtem Alkoholkonsum und insbesondere bei Betrunkenen ein kritikloses Verhalten eintritt, das erhöhte Vorsicht und besonderes Geschick im Umgang mit solchen Gästen erfordert. Vom Gastwirt ist daher auch in diesem Zusammenhang die Aufwendung besonderer Sorgfalt und ein entsprechend geschicktes Verhalten zu verlangen (Paragraph 1299, ABGB). Die Schutzpflichten des Gastwirtes dauern so lange an, als das durch den Bewirtungsvertrag begründete Naheverhältnis zwischen den Vertragspartner weiter besteht. Auch unerlaubte Handlungen können in Erfüllung einer vertraglichen Pflicht in einer dem Schuldner zurechenbaren Weise vom Erfüllungsgehilfen begangen werden. Es wird jedoch hiezu ein innerer Sachzusammenhang der schädigenden Handlung des Erfüllungsgehilfen mit der Vertragserfüllung gefordert und davon jede Schädigung ausgeschlossen, die der Gehilfe dem Gläubiger nur gelegentlich (anlässlich) der Erfüllung zugefügt hat und die einer selbständigen unerlaubten Handlung entsprungen ist. Greift die unerlaubte Handlung des Gehilfen aber in den Aufgabenbereich, zu dessen Wahrnehmung er vom Schuldner bestimmt worden ist, dann hat der Schuldner dafür einzustehen vergleiche auch RIS-Justiz RS0028626, RS0028429).

Im vorliegenden Fall ist zunächst die Ansicht des Berufungsgerichtes abzulehnen, es fehle für den aufrechten Bestand von Schutz- und Sorgfaltspflichten des Erstbeklagten als Gastwirt am erforderlichen zeitlichen und räumlichen Naheverhältnis, weil sich die Gefahrenlage erst nach fünf Minuten Fahrzeit durch den Unfall realisiert habe. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Schaffung der Gefahrenlage, in dem ein Naheverhältnis zwischen den Vertragspartnern durchaus noch bestanden hat. Auch im Fall von 7 Ob 524/90 hat sich der Unfall selbst erst nach Verlassen des Berggasthauses auf der Schiabfahrt ereignet.

Zum Aufgabenbereich des Zweitbeklagten als Barkeeper des Erstbeklagten gehörte nicht nur der Getränkeverkauf, sondern auch die (schädigungslose) Räumung des Lokales von Gästen anlässlich der Sperrstunde. Auch diese Tätigkeit erfolgte im Interesse des Erstbeklagten. Es ist daher sachgerecht, auch insoweit einen inneren Zusammenhang der allenfalls schädigenden Handlung des Gehilfen mit der Vertragserfüllung zu bejahen, weshalb der Erstbeklagte hiefür gemäß § 1313a ABGB einstehen müsste. Der Zusammenhang mit dem wahrzunehmenden Aufgabenbereich bliebe im Übrigen auch dann gewahrt, wenn der Zweitbeklagte gegen eine ausdrückliche Weisung des Erstbeklagten verstoßen hätte (vgl SZ 57/196).Zum Aufgabenbereich des Zweitbeklagten als Barkeeper des Erstbeklagten gehörte nicht nur der Getränkeverkauf, sondern auch die (schädigungslose) Räumung des Lokales von Gästen anlässlich der Sperrstunde. Auch diese Tätigkeit erfolgte im Interesse des Erstbeklagten. Es ist daher sachgerecht, auch insoweit einen inneren Zusammenhang der allenfalls schädigenden Handlung des Gehilfen mit der Vertragserfüllung zu bejahen, weshalb der Erstbeklagte hiefür gemäß § 1313a ABGB einstehen müsste. Der Zusammenhang mit dem wahrzunehmenden Aufgabenbereich bliebe im Übrigen auch dann gewahrt, wenn der Zweitbeklagte gegen eine ausdrückliche Weisung des Erstbeklagten verstoßen hätte vergleiche SZ 57/196).

Da eine abschließende Beurteilung des Verhaltens des Zweitbeklagten aber - wie oben ausgeführt - noch nicht möglich ist, war auch der den Erstbeklagten betreffende bestätigende Teil des angefochtenen Urteils aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 52, ZPO.

Textnummer

E74802

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00193.04B.0923.000

Im RIS seit

23.10.2004

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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