Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 30. Oktober 2003 verstorbenen Dkfm. Dr. Helmut M*****, infolge Vorlage der Akten zur Entscheidung gemäß § 47 JN in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 30. Oktober 2003 verstorbenen Dkfm. Dr. Helmut M*****, infolge Vorlage der Akten zur Entscheidung gemäß Paragraph 47, JN in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Führung des Verlassenschaftsverfahrens nach dem am 30. Oktober 2003 verstorbenen Dkfm. Dr. Helmut M***** ist das Bezirksgericht Leibnitz zuständig.
Text
Begründung:
Nach dem Ableben richtete das Standesamt Graz, in dessen Sprengel Dkfm. Dr. M***** verstorben war, die Mitteilung des Todesfalls unter Angabe einer Anschrift in Linz an das Bezirksgericht Linz. Dieses überwies die Verlassenschaftssache aufgrund einer Meldeadresse in Wien an das Bezirksgericht Döbling, das seinerseits den Akt zuständigkeitshalber an das Bezirksgericht Josefstadt überwies, in dessen Sprengel die angegebene Anschrift liegt.
Das Bezirksgericht Josefstadt überwies die Verlassenschaftssache an das Bezirksgericht Leibnitz, weil der Verstorbene im Sprengel des Bezirksgerichts Josefstadt zuletzt nicht gemeldet gewesen sei und laut Registerausdruck in einer ihn betreffenden Strafsache seinen letzten Aufenthalt im Gamlitz gehabt haben solle.
Das Bezirksgericht Leibnitz überwies das Verlassenschaftsverfahren gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Melk (Beschluss vom 8. April 2004), wobei es auf die Angabe der Mutter eines Kinds des Verstorbenen verwies, wonach dieser in Mauer bei Ybbs an der Donau wohnhaft gewesen sei sowie für gerichtliche Zustellungen einen Wohnsitz in Melk gehabt habe.Das Bezirksgericht Leibnitz überwies das Verlassenschaftsverfahren gemäß Paragraph 44, JN an das Bezirksgericht Melk (Beschluss vom 8. April 2004), wobei es auf die Angabe der Mutter eines Kinds des Verstorbenen verwies, wonach dieser in Mauer bei Ybbs an der Donau wohnhaft gewesen sei sowie für gerichtliche Zustellungen einen Wohnsitz in Melk gehabt habe.
Das Bezirksgericht Melk verweigerte mit Beschluss vom 18. Februar 2004 die Übernahme des Verlassenschaftsverfahrens, weil der Verstorbene in Melk nicht (mehr) gemeldet sei; überdies habe es sich nur um einen Nebenwohnsitz gehandelt.
Hierauf übermittelte das Bezirksgericht Leibnitz den Akt dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien mit der Begründung, dass der Verstorbene in Österreich keinen ordentlichen Wohnsitz gehabt habe. Mit Beschluss vom 28. April 2004 verweigerte auch das Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Übernahme des Verlassenschaftsverfahrens, weil der Verstorbene zuletzt in Linz einen Nebenwohnsitz gehabt habe. Nur wenn der Erblasser im Inland überhaupt keinen Aufenthalt gehabt habe, komme die Sammelzuständigkeit des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien gemäß § 109 Abs 2 JN in Frage. Auch der nicht beständige schlichte Aufenthalt begründe gemäß § 67 JN einen allgemeinen Gerichtsstand. Nunmehr übermittelte das Bezirksgericht Leibnitz den Verlassenschaftsakt dem Bezirksgericht Linz (Beschluss vom 4. Mai 2004; ohne Angabe von Gründen).Hierauf übermittelte das Bezirksgericht Leibnitz den Akt dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien mit der Begründung, dass der Verstorbene in Österreich keinen ordentlichen Wohnsitz gehabt habe. Mit Beschluss vom 28. April 2004 verweigerte auch das Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Übernahme des Verlassenschaftsverfahrens, weil der Verstorbene zuletzt in Linz einen Nebenwohnsitz gehabt habe. Nur wenn der Erblasser im Inland überhaupt keinen Aufenthalt gehabt habe, komme die Sammelzuständigkeit des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien gemäß Paragraph 109, Absatz 2, JN in Frage. Auch der nicht beständige schlichte Aufenthalt begründe gemäß Paragraph 67, JN einen allgemeinen Gerichtsstand. Nunmehr übermittelte das Bezirksgericht Leibnitz den Verlassenschaftsakt dem Bezirksgericht Linz (Beschluss vom 4. Mai 2004; ohne Angabe von Gründen).
Mit Beschluss vom 4. Juni 2004 verweigerte das Bezirksgericht Linz die Übernahme des Verlassenschaftsverfahrens und verwies darauf, dass der Verstorbene in Linz lediglich einen Nebenwohnsitz gehabt habe und überdies mit 12. Februar 2003 abgemeldet worden sei. Zum Zeitpunkt seines Todes sei überhaupt keine Meldung im Zentralen Melderegister vorhanden gewesen. In einem Exekutionsverfahren des Bezirksgerichts Leibnitz sei der später Verstorbene aber noch am 18. August 2003 in Gamlitz persönlich angetroffen worden, weshalb davon ausgegangen werden könne, dass er dort zuletzt wohnhaft gewesen sei. Mit Beschluss vom 12. Juli 2004 sprach das Bezirksgericht Leibnitz seine Unzuständigkeit zur Führung der Verlassenschaftssache aus und verwies begründend darauf, dass sich aus dem bisher erhobenen Sachverhalt keine Zuständigkeit des Bezirksgerichts Leibnitz ergebe. Das Bezirksgericht Leibnitz legte die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt vor.
Rechtliche Beurteilung
Voraussetzung einer Entscheidung nach § 47 JN ist grundsätzlich, dass rechtskräftige, die Zuständigkeit verneinende Beschlüsse der für die Zuständigkeit in Betracht kommenden Gerichte vorliegen (RIS-Justiz RS0046299, RS0046354; zuletzt etwa 2 Nc 16/03f). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.Voraussetzung einer Entscheidung nach Paragraph 47, JN ist grundsätzlich, dass rechtskräftige, die Zuständigkeit verneinende Beschlüsse der für die Zuständigkeit in Betracht kommenden Gerichte vorliegen (RIS-Justiz RS0046299, RS0046354; zuletzt etwa 2 Nc 16/03f). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.
Gemäß § 105 JN ist zur Abhandlung von Verlassenschaften das Bezirksgericht berufen, bei dem der Verstorbene seinen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen hatte. Der allgemeine Gerichtsstand richtet sich nach den §§ 66 ff JN. Er wird daher jetzt auch durch den gewöhnlichen Aufenthalt begründet (Kralik in Fasching, Kommentar², §§ 105 ff JN, Rz 4 mwN). Gemäß § 66 Abs 2 JN bestimmt sich der Aufenthalt einer Person ausschließlich nach tatsächlichen Umständen; er hängt weder von der Erlaubtheit noch von der Freiwilligkeit des Aufenthalts ab. Bei der Beurteilung, ob ein Aufenthalt als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen ist, sind seine Dauer und seine Beständigkeit sowie andere Umstände persönlicher oder beruflicher Art zu berücksichtigen, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Die Bestimmung dieses Orts stößt im vorliegenden Fall auf Schwierigkeiten, weil es der Verstorbene - wie zahlreichen ihn betreffenden Verfahrensakten zu entnehmen ist - offenbar darauf angelegt hat, seinen tatsächlichen Aufenthalt zu verschleiern (möglicherweise um Zustellungen an ihn zu erschweren). Nicht zuletzt die Konzentration von gegen ihn geführten Verfahren auf den im Sprengel des Bezirksgerichts Leibnitz gelegenen Ort Gamlitz lässt es jedoch naheliegend erscheinen, dass der Verstorbene in seinen letzten Lebensmonaten sich überwiegend dort aufzuhalten hat, mag er auch gegenüber Behörden auf einer Zustellanschrift in Melk bestanden haben. Die an dieser Anschrift Wohnende hat im Verlassenschaftsverfahren allerdings bestritten, dass der Verstorbene zuletzt bei ihr gewohnt habe. Es ist daher davon auszugehen, dass der allgemeine Gerichtsstand des Verstorbenen zuletzt im Sprengel des Bezirksgerichts Leibnitz lag.Gemäß Paragraph 105, JN ist zur Abhandlung von Verlassenschaften das Bezirksgericht berufen, bei dem der Verstorbene seinen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen hatte. Der allgemeine Gerichtsstand richtet sich nach den Paragraphen 66, ff JN. Er wird daher jetzt auch durch den gewöhnlichen Aufenthalt begründet (Kralik in Fasching, Kommentar², Paragraphen 105, ff JN, Rz 4 mwN). Gemäß Paragraph 66, Absatz 2, JN bestimmt sich der Aufenthalt einer Person ausschließlich nach tatsächlichen Umständen; er hängt weder von der Erlaubtheit noch von der Freiwilligkeit des Aufenthalts ab. Bei der Beurteilung, ob ein Aufenthalt als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen ist, sind seine Dauer und seine Beständigkeit sowie andere Umstände persönlicher oder beruflicher Art zu berücksichtigen, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Die Bestimmung dieses Orts stößt im vorliegenden Fall auf Schwierigkeiten, weil es der Verstorbene - wie zahlreichen ihn betreffenden Verfahrensakten zu entnehmen ist - offenbar darauf angelegt hat, seinen tatsächlichen Aufenthalt zu verschleiern (möglicherweise um Zustellungen an ihn zu erschweren). Nicht zuletzt die Konzentration von gegen ihn geführten Verfahren auf den im Sprengel des Bezirksgerichts Leibnitz gelegenen Ort Gamlitz lässt es jedoch naheliegend erscheinen, dass der Verstorbene in seinen letzten Lebensmonaten sich überwiegend dort aufzuhalten hat, mag er auch gegenüber Behörden auf einer Zustellanschrift in Melk bestanden haben. Die an dieser Anschrift Wohnende hat im Verlassenschaftsverfahren allerdings bestritten, dass der Verstorbene zuletzt bei ihr gewohnt habe. Es ist daher davon auszugehen, dass der allgemeine Gerichtsstand des Verstorbenen zuletzt im Sprengel des Bezirksgerichts Leibnitz lag.
Hatte der Erblasser mehrere Wohnsitze und selbst daneben auch mehrere gewöhnliche Aufenthalte, so kann dies an jedem einen allgemeinen Gerichtsstand begründen (§ 66 Abs 3 JN). Demnach können auch mehrere Gerichte nach § 105 JN für die Verlassenschaftsabhandlung örtlich zuständig sein. Welches von mehreren danach örtlich zuständigen Gerichten nun die Verlassenschaft abzuhandeln hat, lässt sich wenigstens nach dem Wortlaut des § 66 Abs 3 JN, der nur von Klage und Wahl des Klägers also vom Zivilprozess, spricht, nicht unmittelbar ableiten. Aus dem dieser Bestimmung zugrunde liegenden Gedanken lässt sich aber die Lösung rechtfertigen, dass das Gericht eines von mehreren allgemeinen Gerichtsständen des Verstorbenen, das zuerst einschreitet, die Zuständigkeit der Gerichte anderer allgemeinen Gerichtsstände des Erblassers ausschließt. Es entscheidet also das Zuvorkommen (NZ 37/180 ua; RIS-Justiz RS0046807; Kralik aaO mwN). Sollte der Verstorbene also nicht nur in Gamlitz einen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen begründet haben, sondern darüber hinaus auch noch im Sprengel des Bezirksgerichts Melk (oder allenfalls Ybbs an der Donau), so ist dennoch das Bezirksgericht Leibnitz zur Führung des Verlassenschaftsverfahrens zuständig, weil es zuvorgekommen ist. Der Anlass für das Zuvorkommen ist gleichgültig und hängt bei dem amtswegig einzuleitenden Verfahren vielfach von außergerichtlichen Umständen ab (vgl Kralik aaO).Hatte der Erblasser mehrere Wohnsitze und selbst daneben auch mehrere gewöhnliche Aufenthalte, so kann dies an jedem einen allgemeinen Gerichtsstand begründen (Paragraph 66, Absatz 3, JN). Demnach können auch mehrere Gerichte nach Paragraph 105, JN für die Verlassenschaftsabhandlung örtlich zuständig sein. Welches von mehreren danach örtlich zuständigen Gerichten nun die Verlassenschaft abzuhandeln hat, lässt sich wenigstens nach dem Wortlaut des Paragraph 66, Absatz 3, JN, der nur von Klage und Wahl des Klägers also vom Zivilprozess, spricht, nicht unmittelbar ableiten. Aus dem dieser Bestimmung zugrunde liegenden Gedanken lässt sich aber die Lösung rechtfertigen, dass das Gericht eines von mehreren allgemeinen Gerichtsständen des Verstorbenen, das zuerst einschreitet, die Zuständigkeit der Gerichte anderer allgemeinen Gerichtsstände des Erblassers ausschließt. Es entscheidet also das Zuvorkommen (NZ 37/180 ua; RIS-Justiz RS0046807; Kralik aaO mwN). Sollte der Verstorbene also nicht nur in Gamlitz einen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen begründet haben, sondern darüber hinaus auch noch im Sprengel des Bezirksgerichts Melk (oder allenfalls Ybbs an der Donau), so ist dennoch das Bezirksgericht Leibnitz zur Führung des Verlassenschaftsverfahrens zuständig, weil es zuvorgekommen ist. Der Anlass für das Zuvorkommen ist gleichgültig und hängt bei dem amtswegig einzuleitenden Verfahren vielfach von außergerichtlichen Umständen ab vergleiche Kralik aaO).
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Anmerkung
E74651 4Nc21.04gEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0040NC00021.04G.0928.000Dokumentnummer
JJT_20040928_OGH0002_0040NC00021_04G0000_000