Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sükrü D*****, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen EUR 12.700 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 3. September 2003, GZ 3 R 94/03b-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 26. März 2003, GZ 8 Cg 321/02m-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 624,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Mit Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 19. 11. 1996 wurde über ihn ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt, das in der Folge mit Bescheid der zuständigen Sicherheitsdirektion vom 2. 7. 1997 auf fünf Jahre reduziert wurde. Mit Bescheid vom 10. 11. 1997 verhängte die zuständige Bezirkshauptmannschaft über den Kläger die Schubhaft, die vom 10. 11. 1997 bis 27. 11. 1997 vollzogen wurde. Am letztgenannten Tag wurde der Kläger in die Türkei abgeschoben.
Das aufgrund einer Beschwerde des Klägers ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. 9. 1999 wurde dem Kläger am 25. 10. 1999 zugestellt. Der Verwaltungsgerichtshof erklärte die Beschwerde als gegenstandslos und stellte das Verfahren ein. Mit dem am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Fremdengesetz 1997 seien die gesetzlichen Voraussetzungen zur Verhängung eines Aufenthaltsverbots abweichend von jenen des Fremdengesetzes 1992 geregelt worden. Nunmehr werde im § 36 Abs 1 des Fremdengesetzes 1997 der Behörde bei der Entscheidung über die Erlassung eines Aufenthaltsverbots - anders als nach § 18 Abs 1 FrG 1992 - Ermessen eingeräumt. Der Beschwerdeführer habe in dem zur Erlassung des von ihm angefochtenen Aufenthaltsverbots führenden Verfahren keine Möglichkeit gehabt, erst im Rahmen der nunmehrigen Ermessensentscheidung relevante für ihn sprechende Umstände aufzuzeigen. Der angefochtene Bescheid enthalte keine Begründungselemente, die eine Überprüfung im Hinblick auf die nunmehr gebotene Ermessensübung ermöglichen würde. Es liege auch kein Fall vor, in dem die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots eindeutig gegeben seien und daher eine gesonderte Begründung der Ermessensentscheidung entbehrlich wäre. Es könne somit nicht gesagt werden, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 114 Abs 4 FrG 1997 "offensichtlich auch in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes seine Grundlage finde", weshalb er gemäß der genannten Gesetzesstelle mit 1. Jänner 1998 außer Kraft getreten sei.
Mit Schreiben vom 20. 9. 2002 forderte der Kläger die Beklagte auf, EUR 12.700 als Amtshaftungsanspruch anzuerkennen. Mit Schreiben vom 13. 11. 2002, zugestellt am 18. 11. 2002, lehnte die Beklagte den Anspruch unter Hinweis auf die mittlerweile eingetretene Verjährung ab.
Mit seiner am 20. 12. 2002 per Telefax und am 23. 12. 2002 im Original beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger, die Beklagte zur Zahlung von EUR 1.700 an Schmerzengeld für die Dauer der erlittenen Schubhaft sowie von EUR 11.000 an Verdienstentgang für die Zeit der Schubhaft und die anschließende Abschiebung in die Türkei schuldig zu erkennen. Darüber hinaus stellte er das Eventualbegehren auf Feststellung, dass die von ihm "erlittene" Durchsetzung des Aufenthaltsverbots, insbesondere durch Schubhaft und Abschiebung, rechtswidrig gewesen sei. Gegen das verhängte Aufenthaltsverbot von zuletzt fünf Jahren habe der Kläger mit Eingabe vom 30. 7. 1997 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Später habe er diese Beschwerde mit Eingabe vom 12. 11. 1997 an den Verwaltungsgerichtshof ergänzt. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluss vom 4. 3. 1998 der Beschwerde zunächst die beantragte aufschiebende Wirkung zuerkannt, sodass der Kläger am 18. 6. 1998 wieder nach Österreich habe einreisen dürfen. Mit Beschluss vom 9. 9. 1999, zugestellt am 25. 10. 1999, habe der Verwaltungsgerichtshof das über den Kläger verhängte Aufenthaltsverbot für gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt. Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs wirke in dem Sinne zurück, dass die Schubhaft ihre ursprüngliche Grundlage, nämlich das vollstreckbare Aufenthaltsverbot, verloren habe. Infolge der Rückwirkung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs und der damit bewirkten Beseitigung des über den Kläger verhängten Aufenthaltsverbots sei die Verhängung der Schubhaft ohne rechtliche Grundlage erfolgt. Die Fehlleistung der Verwaltungsbehörde habe darin bestanden, dass sie die Abschiebung "durchgezogen" habe, obwohl sie mit der Aufhebung des Aufenthaltsverbots habe rechnen müssen, sei doch im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft das Fremdengesetz 1997 bereits beschlossen und kundgemacht gewesen. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten sei der Amtshaftungsanspruch nicht verjährt. Schadensauslösendes Ereignis sei zwar der Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft gewesen, mit dem die Schubhaft über den Kläger verhängt worden sei, doch ebenso auch der am 25. 10. 1999 zugestellte Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs. Mit diesem Zeitpunkt habe für den Kläger die dreijährige Verjährungsfrist begonnen. Erst durch die Zustellung des Bescheids des Verwaltungsgerichtshofs habe der Kläger mit hinreichender Sicherheit auf das Verschulden der Beklagten schließen können. Erst zu diesem Zeitpunkt sei dem Kläger bekannt geworden, "dass die Freiheitsentziehung aufgrund der Rückwirkung auf den Anlassfall ohne rechtliche Grundlage erfolgt" sei. Dem Kläger stehe der Ersatzanspruch auch aus dem Titel der Staatshaftung zu, weil ein gemeinschaftsrechtlich privilegierter Fremder, wie der Kläger, einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Anrufung einer unabhängigen Stelle nach Art 9 Abs 2 der Richtlinie 64/221/EWG habe, bevor die aufenthaltsbeendende Maßnahme durchgesetzt wird. Die Durchsetzung des Aufenthaltsverbots gegen den Kläger sei daher auch unabhängig von dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. 9. 1999 rechtswidrig.
Die Beklagte wendete Verjährung der geltend gemachten Ansprüche ein. Schadensauslösendes Ereignis sei der Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 19. 11. 1996 gewesen. Mit dessen Rechtskraft habe die Verjährung des darauf gestützten Ersatzanspruchs begonnen. Darüber hinaus habe der Kläger gegen § 2 Abs 2 AHG verstoßen, weil er gegen den Schubhaftbescheid kein Rechtsmittel ergriffen habe. Das das Aufenthaltsverbot betreffende Verfahren sei mit Zustellung des Bescheids des Verwaltungsgerichtshofs am 25. 10. 1999 rechtskräftig abgeschlossen worden. Auch unter Einrechnung der einjährigen Frist des § 6 Abs 1 AHG sei der Anspruch bereits im Zeitpunkt des Einlangens des Aufforderungsschreibens bei der Finanzprokuratur am 20. 9. 2002 verjährt gewesen. Abgesehen davon stehe Verdienstentgang nicht zu, weil die ergangenen Entscheidungen der Verwaltungsbehörde zumindest vertretbar gewesen seien.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, die Verjährung von Ersatzansprüchen aus Schäden, die durch die Ergreifung von Rechtsmitteln nach § 2 Abs 2 AHG oder Verfassungsgerichtshofbeschwerden nicht mehr abgewendet werden könnten, begännen mit dem Eintritt des tatsächlichen Schadens zu verjähren. Das Ergreifen von Rechtsmitteln und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bewirkten dann lediglich, dass die Verjährungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft bzw Unabänderlichkeit der schadensverursachenden Entscheidung ende. Die Verjährungsfrist beginne ab dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Umstände ohne nennenswerte Mühe in zumutbarer Weise auch auf das Verschulden irgendeines Organs des später beklagten Rechtsträgers schließen könne. Dabei sei der Geschädigte auch verpflichtet, sachverständigen Rat einzuholen. Der Kläger stütze seinen Anspruch auf Abgeltung für die Freiheitsentziehung und Verdienstentgang auf die rechtswidrige Durchsetzung des Aufenthaltsverbots. Dieser Schaden habe durch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr verhindert werden können. Das aus der Sicht des Klägers schadenstiftende Ereignis sei daher der Bescheid vom 10. 11. 1997 gewesen, mit dem über ihn die Schubhaft verhängt worden sei. Selbst wenn man dem Kläger zubilligen wollte, dass die Rechtswidrigkeit erst mit dem am 1. 1. 1998 in Kraft getretenen Fremdengesetz 1997 erkennbar geworden sei, sei für ihn nichts gewonnen. Zumindest ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes habe der anwaltlich vertretene Kläger Gewissheit über die rechtswidrige Verhängung des Aufenthaltsverbots erlangt. Dieser Kenntnisstand habe durch den Bescheid des Verwaltungsgerichtshofs nicht mehr erhöht werden können, weil dieser nicht darüber entscheide, ob ein von ihm als rechtswidrig erkannter Bescheid vertretbar oder unvertretbar im Sinn des Amtshaftungsgesetzes sei. Nach Vorliegen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs komme dem Kläger daher nur mehr die einjährige Frist des § 6 Abs 1 AHG, die jedenfalls bei Einleitung des Aufforderungsverfahrens bereits abgelaufen gewesen sei, zu Gute.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, die Verjährung von Ersatzansprüchen aus Schäden, die durch die Ergreifung von Rechtsmitteln nach § 2 Absatz 2, AHG oder Verfassungsgerichtshofbeschwerden nicht mehr abgewendet werden könnten, begännen mit dem Eintritt des tatsächlichen Schadens zu verjähren. Das Ergreifen von Rechtsmitteln und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bewirkten dann lediglich, dass die Verjährungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft bzw Unabänderlichkeit der schadensverursachenden Entscheidung ende. Die Verjährungsfrist beginne ab dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Umstände ohne nennenswerte Mühe in zumutbarer Weise auch auf das Verschulden irgendeines Organs des später beklagten Rechtsträgers schließen könne. Dabei sei der Geschädigte auch verpflichtet, sachverständigen Rat einzuholen. Der Kläger stütze seinen Anspruch auf Abgeltung für die Freiheitsentziehung und Verdienstentgang auf die rechtswidrige Durchsetzung des Aufenthaltsverbots. Dieser Schaden habe durch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr verhindert werden können. Das aus der Sicht des Klägers schadenstiftende Ereignis sei daher der Bescheid vom 10. 11. 1997 gewesen, mit dem über ihn die Schubhaft verhängt worden sei. Selbst wenn man dem Kläger zubilligen wollte, dass die Rechtswidrigkeit erst mit dem am 1. 1. 1998 in Kraft getretenen Fremdengesetz 1997 erkennbar geworden sei, sei für ihn nichts gewonnen. Zumindest ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes habe der anwaltlich vertretene Kläger Gewissheit über die rechtswidrige Verhängung des Aufenthaltsverbots erlangt. Dieser Kenntnisstand habe durch den Bescheid des Verwaltungsgerichtshofs nicht mehr erhöht werden können, weil dieser nicht darüber entscheide, ob ein von ihm als rechtswidrig erkannter Bescheid vertretbar oder unvertretbar im Sinn des Amtshaftungsgesetzes sei. Nach Vorliegen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs komme dem Kläger daher nur mehr die einjährige Frist des § 6 Abs 1 AHG, die jedenfalls bei Einleitung des Aufforderungsverfahrens bereits abgelaufen gewesen sei, zu Gute.
Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Der Schadenseintritt, der auch durch die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr abwendbar gewesen sei, sei im Beginn des Vollzugs der Schubhaft zu sehen. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe die dreijährige Verjährungsfrist begonnen. Der anspruchsbegründende Sachverhalt sei dem rechtskundig vertretenen Kläger, der sich darauf stütze, dass die sofortige Vollstreckung des Bescheids vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs rechtswidrig gewesen sei, bekannt gewesen. Spätestens mit Inkrafttreten des Fremdengesetzes 1997 hätte der Kläger unter entsprechender rechtskundiger Beratung erkennen können, dass das zur Erlassung des Aufenthaltsverbots führende Verfahren nicht den Bestimmungen dieses neuen Gesetzes entsprochen habe. Dem Kläger sei somit zumindest ab 1. 1. 1998 die Einbringung der Amtshaftungsklage möglich gewesen. Allfällige Amtshaftungsansprüche seien daher auch unter Berücksichtigung der einjährigen Ablaufhemmung des § 6 Abs 1 AHG verjährt. Auf den vom Kläger behaupteten Staatshaftungsanspruch seien die Bestimmungen des AHG analog anzuwenden. Die Verjährungsfrist des § 6 Abs 1 AHG habe mit dem Vollzug der Schubhaft zu laufen begonnen. Dass das dem Vollstreckungstitel von der Behörde zugrunde gelegte Fremdengesetz 1992 nicht richtlinienkonform und damit gemeinschaftswidrig gewesen sei, habe der Kläger schon bei Eintritt der ersten unabwendbaren Schadensfolge erkennen können. Auch der Staatshaftungsanspruch des Klägers sei daher verjährt. Das Eventual-Feststellungsbegehren des Klägers sei ebenso wie das Leistungsbegehren vom Erstgericht zu Recht abgewiesen worden, weil damit nicht die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes im Sinn des § 228 ZPO begehrt werde, sondern die Feststellung einer Rechtsfrage.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobenen Revision des Klägers kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 6 Abs 1 AHG verjähren Ersatzansprüche nach § 1 AHG in drei Jahren nach Ablauf des Tages, an dem der Schaden dem Geschädigten bekannt geworden ist, keinesfalls aber vor einem Jahr nach Rechtskraft einer rechtsverletzenden Entscheidung oder Verfügung. Der Beginn der kurzen Verjährungsfrist setzt somit voraus, dass der Geschädigte von dem durch einen fehlerhaften Hoheitsakt verursachten Schaden Kenntnis erlangte. Der erkennende Senat sprach darüber hinaus schon mehrfach aus, dass zwar die dreijährige Verjährung nach § 6 Abs 1 AHG nicht vor dem tatsächlichen Schadenseintritt beginne, aber auch dann in Lauf gesetzt werde, wenn der Geschädigte die Höhe des ihm schon bekannten Schadens noch nicht beziffern kann oder ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt oder diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind. Nach ebenso gesicherter Rechtsprechung folgt aus dem Wesen der Rettungspflicht gemäß § 2 Abs 2 AHG, dass der Geschädigte den Beginn der Anspruchsverjährung durch Ergreifung offenbar aussichtsloser Abhilfemaßnahmen nicht aufschieben könne, wenn der durch einen fehlerhaften Hoheitsakt schon eingetretene und dem Geschädigten auch bekannt gewordene Schaden unabänderlich feststehe. § 6 Abs 1 AHG ist daher nach nunmehr gesicherter Rechtsprechung nicht so zu verstehen, dass die Verjährung erst ein Jahr nach Rechtskraft der rechtsverletzenden Entscheidung oder Verfügung beginnen kann, sondern es sieht diese Bestimmung ähnlich wie die Vorschrift des § 1494 ABGB bloß eine Ablaufhemmung vor (RIS-Justiz RS0050387). Ersatzansprüche wegen Schäden, die durch die Ergreifung von Rechtsbehelfen nach § 2 Abs 2 AHG - also auch mittels einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof - nicht mehr abwendbar sind, beginnen somit mit dem Eintritt des tatsächlichen Schadens bzw mit dem Eintritt der ersten nicht mehr abwendbaren Schadensfolge zu verjähren, sobald dem Geschädigten der durch einen fehlerhaften Hoheitsakt verursachte Schaden bekannt geworden ist. Die Ergreifung von Rechtsmitteln und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof als außerordentliches Rechtsmittel bewirken aber in jedem Fall, dass die Verjährungsfrist jedenfalls nicht vor Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft bzw Unabänderlichkeit der schadensverursachenden Entscheidung oder Verfügung endet. Diese Ablaufhemmung gemäß § 6 Abs 1 AHG tritt also unabhängig davon ein, ob ein Schaden durch einen derartigen Rechtsbehelf noch abgewendet werden könnte (SZ 61/173; SZ 72/71; 1 Ob 17/93; 1 Ob 9/03k; 1 Ob 55/04a ua). Auf die erforderlichen Rechtskenntnisse kommt es für die Ingangsetzung der Verjährungsfrist nicht an (1 Ob 134/00p, 1 Ob 8/02m). Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem der Geschädigte ausreichend Gewissheit über ein rechtswidriges und schuldhaftes Organverhalten hat oder weiß, ohne eigene Aktivität seinen Wissensstand nicht mehr erhöhen zu können. Er darf also nicht untätig bleiben, sondern muss allenfalls auch sachverständigen Rat einholen (SZ 56/36; 1 Ob 151/00p ua).
Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend dargestellt haben, ist der auch durch eine Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde nicht mehr abwendbare Schaden mit Beginn des Freiheitsentzugs am 10. 11. 1997 eingetreten. Der bereits damals rechtskundig vertretene und somit im Sinn der dargestellten Rechtsprechung sachverständig beratene Kläger hätte aufgrund des bereits am 14. 7. 1997 kundgemachten Fremdengesetzes 1997 die Rechtswidrigkeit des Organverhaltens, das von ihm im Vollzug der Schubhaft trotz geänderter Gesetzeslage gesehen wird, erkennen können, sodass mit diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist zu laufen begonnen hat. Die Vorinstanzen haben auch zutreffend darauf verwiesen, dass für den Kläger selbst unter der Annahme, die erforderliche Kenntnis habe er erst zu einem Zeitpunkt knapp nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes erlangt, für den Kläger nichts gewonnen wäre.
Mit dem in der Revision ins Treffen geführten Argument, erst durch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs sei völlige Gewissheit über die Rechtswidrigkeit des Organverhaltens geschaffen worden, verkennt der Kläger die ständige Rechtsprechung, der Geschädigte dürfe mit der Klagsführung nicht solange zuwarten, bis er im Rechtsstreit mit Sicherheit zu gewinnen glaubt. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt vielmehr, sobald der Kenntnisstand über den anspruchsbegründenden Sachverhalt eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erlaubt (1 Ob 151/00p). Der Kläger ist auch nicht im Recht, soweit er ausführt, um überhaupt einen Amtshaftungsanspruch erfolgreich geltend machen zu können, bedürfe es vorerst der Aufhebung des inkriminierten Bescheids durch den Verwaltungsgerichtshof, weil der Bescheid bis dahin auch für die Gerichte Bindungswirkung entfalte. Er übersieht nämlich damit die gerade diesen Fall betreffende Bestimmung des § 11 Abs 1 AHG, nach der das Gericht dann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Frage der Rechtswidrigkeit des Bescheids einer Verwaltungsbehörde abhängt, über die noch kein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs oder des Verwaltungsgerichtshofs vorliegt, das Verfahren zu unterbrechen und beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde nach Art 131 Abs 2 B-VG die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides zu begehren hat, wenn es selbst den Bescheid für rechtswidrig hält. Bindungsfragen stellen sich daher im Amtshaftungsprozess nicht, weil sie durch § 11 Abs 1 AHG eigenständig und für dieses Verfahren abschließend gelöst sind. Schon nach dem Wesen der Amtshaftung kann eine Bindung an verwaltungsbehördliche Akte bei der Beurteilung deren Rechtswidrigkeit nicht bestehen, und zwar gleichgültig, in welcher Form der Verwaltungsakt gesetzt wurde und ob er der Rechtskraft teilhaftig sein kann oder sogar bereits rechtskräftig ist (Schragel AHG³ Rz 264). Wäre die vom Kläger vertretene Rechtsansicht zutreffend, hätte § 11 Abs 1 AHG keinen Anwendungsbereich. Mit seiner in der Revision aufgestellten "unwiderlegbaren These", es müsse zulässig sein, zunächst die definitive Entscheidung über die Rechtswidrigkeit eines problematischen Rechtsaktes abzuwarten, ist der Kläger nicht nur auf die bereits ausführlich dargestellte Rechtsprechung zu verweisen, sondern auch auf den ersten Satz des § 6 Abs 1 AHG, der nicht nur die dreijährige Verjährungsfrist normiert, sondern auch deren Ablauf bis ein Jahr nach Rechtskraft der rechtsverletzenden Entscheidung oder Verfügung hemmt. Auch diese Bestimmung wäre weitestgehend sinnentleert, wollte man der Ansicht des Klägers folgen, die Verjährungsfrist beginne ohnedies erst nach der Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof zu laufen.Mit dem in der Revision ins Treffen geführten Argument, erst durch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs sei völlige Gewissheit über die Rechtswidrigkeit des Organverhaltens geschaffen worden, verkennt der Kläger die ständige Rechtsprechung, der Geschädigte dürfe mit der Klagsführung nicht solange zuwarten, bis er im Rechtsstreit mit Sicherheit zu gewinnen glaubt. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt vielmehr, sobald der Kenntnisstand über den anspruchsbegründenden Sachverhalt eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erlaubt (1 Ob 151/00p). Der Kläger ist auch nicht im Recht, soweit er ausführt, um überhaupt einen Amtshaftungsanspruch erfolgreich geltend machen zu können, bedürfe es vorerst der Aufhebung des inkriminierten Bescheids durch den Verwaltungsgerichtshof, weil der Bescheid bis dahin auch für die Gerichte Bindungswirkung entfalte. Er übersieht nämlich damit die gerade diesen Fall betreffende Bestimmung des § 11 Abs 1 AHG, nach der das Gericht dann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Frage der Rechtswidrigkeit des Bescheids einer Verwaltungsbehörde abhängt, über die noch kein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs oder des Verwaltungsgerichtshofs vorliegt, das Verfahren zu unterbrechen und beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde nach Art 131 Absatz 2, B-VG die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides zu begehren hat, wenn es selbst den Bescheid für rechtswidrig hält. Bindungsfragen stellen sich daher im Amtshaftungsprozess nicht, weil sie durch § 11 Abs 1 AHG eigenständig und für dieses Verfahren abschließend gelöst sind. Schon nach dem Wesen der Amtshaftung kann eine Bindung an verwaltungsbehördliche Akte bei der Beurteilung deren Rechtswidrigkeit nicht bestehen, und zwar gleichgültig, in welcher Form der Verwaltungsakt gesetzt wurde und ob er der Rechtskraft teilhaftig sein kann oder sogar bereits rechtskräftig ist (Schragel AHG³ Rz 264). Wäre die vom Kläger vertretene Rechtsansicht zutreffend, hätte § 11 Abs 1 AHG keinen Anwendungsbereich. Mit seiner in der Revision aufgestellten "unwiderlegbaren These", es müsse zulässig sein, zunächst die definitive Entscheidung über die Rechtswidrigkeit eines problematischen Rechtsaktes abzuwarten, ist der Kläger nicht nur auf die bereits ausführlich dargestellte Rechtsprechung zu verweisen, sondern auch auf den ersten Satz des § 6 Absatz eins, AHG, der nicht nur die dreijährige Verjährungsfrist normiert, sondern auch deren Ablauf bis ein Jahr nach Rechtskraft der rechtsverletzenden Entscheidung oder Verfügung hemmt. Auch diese Bestimmung wäre weitestgehend sinnentleert, wollte man der Ansicht des Klägers folgen, die Verjährungsfrist beginne ohnedies erst nach der Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof zu laufen.
Der Kläger stützt seinen Anspruch auch darauf, dass Österreich Art 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (Ausländerpolizeirichtlinie 1), vom 25. Februar 1964 nicht umgesetzt habe und der Kläger somit richtlinienwidrig um die Möglichkeit gebracht worden sei, sich vor einer unabhängigen Stelle im Sinne der genannten Bestimmung zu verteidigen. Er macht damit einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch aufgrund legislativen Unrechts geltend, auf welchen - wie der erkennende Senat bereits ausgesprochen hat - die Bestimmungen des AHG soweit analog anzuwenden sind, als sie weder im prozessualen noch im materiellen Bereich Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts widersprechen (1 Ob 146/00b = SZ 73/123 = JBl 201, 181 = RdW 2001, 18 = ecolex 2001, 100 = ZVR 2001, 122). Der Europäische Gerichtshof hat in Abkehr von der vereinzelt gebliebenen (Stix-Hackl, Ausgewählte Aspekte des Rechtsschutzes, AnwBl 2000, 461; Dossi, Geltendmachung der EU-Staatshaftung in Österreich, ecolex 2000, 337; Arnold, Getränkesteuer, ecolex 1998, 424). Entscheidung Rs C-208/90, Emmott, bereits mehrfach ausgesprochen, dass es das Gemeinschaftsrecht einem Mitgliedsstaat, der die Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat, nicht verwehre, sich gegenüber Klagen auf Erstattung richtlinienwidrig erhobener Abgaben auf eine nationale Verjährungsfrist, die vom Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Forderung an läuft, zu berufen, sofern diese Frist für die Geltendmachung auf Gemeinschaftsrecht gestützter Ansprüche nicht ungünstiger ist als für die Geltendmachung auf nationales Recht gestützter Ansprüche und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert (Rs C-114/95, Texaco, EuGHSlg 1997 I-04263; Rs C-188/95, Fantask, EuGHSlg 1997 I-06783; Rs C-228/96, Aprile Srl, EuGHSlg 1998 I-07141). In der letztgenannten Entscheidung hat der Gerichtshof neuerlich betont, durch die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung im Interesse der Rechtssicherheit werde der Effektivitätsgrundsatz nicht verletzt und unter diesem Gesichtspunkt sei eine nationale Ausschlussfrist von drei Jahren als angemessen zu beurteilen, soweit diese Modalitäten nicht nur für die auf Gemeinschaftsrecht gestützten Klagen gelten. Die Grundsätze der Gleichwertigkeit und Effektivität betonte der Europäische Gerichtshof auch in seiner Entscheidung Rs C-261/95, Palmisani, EuGHSlg 1997 I-04025, indem er dort ausführte, die Festsetzung angemessener Rechtsbehelfsfristen in Form von Ausschlussfristen sei ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit und grundsätzlich mit dem Erfordernis vereinbar, dass die im Schadenersatzrecht der einzelnen Mitgliedsstaaten festgelegten Voraussetzungen insbesondere in Bezug auf die Frist nicht so ausgestaltet sein dürfen, dass sie es praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, die Entschädigung zu erlangen. Es sei Sache der nationalen Gerichte, zu prüfen, ob die streitige Frist auch den Grundsatz wahre, dass die im nationalen Recht festgelegten Voraussetzungen für den Ersatz der Schäden, die den Bürgern durch einem Mitgliedsstaat zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstanden sind, nicht ungünstiger sein dürfen als bei ähnlichen Rechtsbehelfen, die nur nationales Recht betreffen.
Der Revisionswerber, der die grundsätzliche Anwendbarkeit der Verjährungsbestimmungen des AHG auf Staatshaftungsansprüche gar nicht bestreitet, vermag seine Behauptung, die Urteile der Vorinstanzen führten zu einer ungünstigeren Behandlung der gemeinschaftsrechtlichen Ansprüche als nach nationalem Recht, nicht weiter zu begründen. Tatsächlich erfolgte auch keine Differenzierung in dem vom Kläger vermuteten Sinn, sondern die Vorinstanzen haben auch hier die bereits dargestellten Grundsätze des nationalen Verjährungsrechts angewendet.
Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 50,, 41 ZPO.
Textnummer
E74766European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0010OB00286.03W.1012.000Im RIS seit
11.11.2004Zuletzt aktualisiert am
10.02.2011