Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei C***** Limited, *****, Großbritannien, vertreten durch Dr. Stefan Gulner, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Jirovec & Partner Rechtsanwalts-GmbH in Wien, wegen 60.950,71 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. Mai 2004, GZ 47 R 245/04h-13, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 9. Jänner 2004, GZ 70 E 3003/03x-8, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht erklärte den Beschluss des High Court of Justice, Queen's Bench Division, Cambridge District Registry vom 4. November 2002, AZ CB029010, für in Österreich vollstreckbar und bewilligte der betreibenden Gesellschaft mit Sitz in England zur Hereinbringung von 60.950,71 EUR sA die Fahrnisexekution.
Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der verpflichteten Partei gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss nicht Folge. Es sprach aus, dass der ordentlicher Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Gericht zweiter Instanz verneinte die im Rekurs geltend gemachte örtliche Unzuständigkeit des Erstgerichts und damit auch eine Nichtigkeit iSd § 477 Abs 1 Z 3 ZPO (iVm § 514 Abs 2 ZPO, § 78 sowie § 83 Abs 2 EO).Das Gericht zweiter Instanz verneinte die im Rekurs geltend gemachte örtliche Unzuständigkeit des Erstgerichts und damit auch eine Nichtigkeit iSd Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 3, ZPO in Verbindung mit Paragraph 514, Absatz 2, ZPO, Paragraph 78, sowie Paragraph 83, Absatz 2, EO).
Der der Sache nach allein gegen die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit und die darauf beruhende Verneinung der von ihr geltend gemachten Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz gerichtete Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.Der der Sache nach allein gegen die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit und die darauf beruhende Verneinung der von ihr geltend gemachten Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz gerichtete Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 78, EO in Verbindung mit Paragraph 528, Absatz eins, ZPO nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
a) Soweit nicht Sonderregelungen bestehen, verweist § 83 Abs 2 EO für das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen auf die Bestimmungen der EO. Demnach besteht, was die Voraussetzung der Anfechtung der Entscheidung zweiter Instanz angeht, kein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Vollstreckbarerklärungs- und dem eigentlichen Exekutionsverfahren (hier Fahrnisexekution). Nach stRsp gelten gemäß § 78 EO, vorbehaltlich besonderer Regeln in diesem Gesetz, auch für das Revisionsrekursverfahren die Rechtsmittelbeschränkungen der ZPO (SZ 57/42 = JBl 1985, 113 uva, zuletzt 3 Ob 77/04a; RIS-Justiz RS0002321). Eine Erweiterung der Anfechtbarkeit von Entscheidungen zweiter Instanz über Anträge auf Vollstreckbarerklärung enthält § 84 Abs 4 EO (idF der EO-Nov 2000). Demnach sind auch voll bestätigende Entscheidungen - entgegen § 528 Abs 2 Z 2 ZPO - bekämpfbar. Die übrigen Rechtsmittelbeschränkungen der ZPO sind auch in diesem Verfahren anzuwenden (3 Ob 20/02s = JBl 2003, 191; 3 Ob 7/04g; RIS-Justiz RS0116242; Jakusch in Angst, EO § 84 Rz 33 und 9; Burgstaller/Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 84 Rz 30).a) Soweit nicht Sonderregelungen bestehen, verweist Paragraph 83, Absatz 2, EO für das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen auf die Bestimmungen der EO. Demnach besteht, was die Voraussetzung der Anfechtung der Entscheidung zweiter Instanz angeht, kein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Vollstreckbarerklärungs- und dem eigentlichen Exekutionsverfahren (hier Fahrnisexekution). Nach stRsp gelten gemäß Paragraph 78, EO, vorbehaltlich besonderer Regeln in diesem Gesetz, auch für das Revisionsrekursverfahren die Rechtsmittelbeschränkungen der ZPO (SZ 57/42 = JBl 1985, 113 uva, zuletzt 3 Ob 77/04a; RIS-Justiz RS0002321). Eine Erweiterung der Anfechtbarkeit von Entscheidungen zweiter Instanz über Anträge auf Vollstreckbarerklärung enthält Paragraph 84, Absatz 4, EO in der Fassung der EO-Nov 2000). Demnach sind auch voll bestätigende Entscheidungen - entgegen Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 2, ZPO - bekämpfbar. Die übrigen Rechtsmittelbeschränkungen der ZPO sind auch in diesem Verfahren anzuwenden (3 Ob 20/02s = JBl 2003, 191; 3 Ob 7/04g; RIS-Justiz RS0116242; Jakusch in Angst, EO Paragraph 84, Rz 33 und 9; Burgstaller/Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Paragraph 84, Rz 30).
An sich zutreffend machte die verpflichtete Partei in ihrem Rekurs an die zweite Instanz die angebliche Unzuständigkeit des Erstgerichts als Nichtigkeit geltend (SZ 41/180 = EvBl 1969/183 uva; RIS-Justiz RS0001904), blieb damit aber erfolglos. Nach stRsp kann nun der Oberste Gerichtshof auch im Rekursverfahren eine von der zweiten Instanz verneinte Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz (wie im Berufungsverfahren nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO) nicht mehr wahrnehmen (3An sich zutreffend machte die verpflichtete Partei in ihrem Rekurs an die zweite Instanz die angebliche Unzuständigkeit des Erstgerichts als Nichtigkeit geltend (SZ 41/180 = EvBl 1969/183 uva; RIS-Justiz RS0001904), blieb damit aber erfolglos. Nach stRsp kann nun der Oberste Gerichtshof auch im Rekursverfahren eine von der zweiten Instanz verneinte Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz (wie im Berufungsverfahren nach Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO) nicht mehr wahrnehmen (3
Ob 12/89 = JBl 1989, 389 = RZ 1989/50; RIS-Justiz RS0043405 [T 32]; 9
ObA 36/95 = EvBl 1996/20 = RZ 1996/33; RS0054895; Kodek in Rechberger² § 528 ZPO Rz 1). Ist aber die Berücksichtigung einer allfälligen Nichtigkeit zufolge Unzuständigkeit des Erstgerichts ausgeschlossen, ist die vom Rekursgericht als erheblich iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO angesehene Rechtsfrage betreffend die Zuständigkeit zur Bewilligung eine Fahrnisexekution nicht präjudiziell.ObA 36/95 = EvBl 1996/20 = RZ 1996/33; RS0054895; Kodek in Rechberger² Paragraph 528, ZPO Rz 1). Ist aber die Berücksichtigung einer allfälligen Nichtigkeit zufolge Unzuständigkeit des Erstgerichts ausgeschlossen, ist die vom Rekursgericht als erheblich iSd Paragraph 78, EO in Verbindung mit Paragraph 528, Absatz eins, ZPO angesehene Rechtsfrage betreffend die Zuständigkeit zur Bewilligung eine Fahrnisexekution nicht präjudiziell.
b) Soweit die verpflichtete Partei, wie sich aus dem Rechtsmittelantrag ableiten lässt, auch die Bestätigung der Exekutionsbewilligung bekämpft, ist der Revisionsrekurs nach § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Zwar hat der Oberste Gerichtshof für den Fall der Bestätigung einer die Vollstreckbarerklärung und damit verbunden auch den Exekutionsantrag gemeinsam (§ 84a EO) abweisenden Entscheidung die Anwendbarkeit dieses Rechtsmittelausschlusses auf die Exekutionsbewilligung abgelehnt (3 Ob 287/99y = SZ 73/113; 3 Ob 78/00t; zust Jakusch aaO § 84 Rz 9), zugleich aber Zweifel geäußert, ob dasselbe auch für den umgekehrten Fall einer konformen Bewilligung zu gelten habe. Die über § 528 Abs 2 Z 2 ZPO hinausgehende Anfechtbarkeit begründete der erkennende Senat seinerzeit damit, dass der Gesetzgeber nach den Materialien zur EO-Novelle 1995 mit dieser die Rechtsstellung des betreibenden Gläubiges nicht habe verschlechtern wollen und ihm ein Rangverlust drohe. Dagegen gälten diese Argumente zugunsten des Verpflichteten nicht, sei er doch überdies durch § 84a Abs 2 EO geschützt und werde ihm im Fall eines Erfolgs im Vollstreckbarerklärungsverfahren ein Einstellungsgrund zu Gebote stehen. Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt Einstellungsgründe des § 39 EO auf darin nicht ausdrücklich geregelte Fälle analog angewendet (SZ 40/52; SZ 46/42 = EvBl 1973/183; EvBl 1975/124 ua). Der Fall der (rechtskräftigen) Abänderung der Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung, der einer gleichzeitig bewilligten Exekution die Grundlage entzieht, ist im Gesetz nicht geregelt, in seiner Schwere jedoch sowohl dem Fall der Z 9 als auch dem der Z 11 des § 39 Abs 1 EO gleichzuhalten. Während im zuerst genannten die Vollstreckbarkeitsbestätigung einer inländischen Entscheidung aufgehoben wird, betrifft der zweite den Fall des § 84c Abs 1 EO, dass nämlich die Vollstreckbarerklärung aufgehoben wird (weil der ausländische Exekutionstitel im Ursprungsstaat aufgehoben oder abgeändert wird). In beiden Fällen wird nachträglich die formale Voraussetzung der Vollstreckbarkeit einer Entscheidung beseitigt. Dem sachlich gleichzuhalten ist aber der hier zu behandelnde Fall, dass die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Titels nie in Rechtskraft erwächst, sondern im Rechtsmittelweg beseitigt (bzw. abgeändert) wird. Demnach besteht für den Verpflichteten in diesem Fall ein - auch von Amts wegen wahrzunehmender (§ 39 Abs 2 EO) - Einstellungsgrund. Da ihn - wie dargelegt - auch § 84a Abs 2 EO vor ihn schädigenden Verwertungshandlungen schützt und ihm die übrigen in den zitierten Entscheidungen genannten Erwägungen nicht begünstigen, besteht kein Anlass, auch dem Verpflichteten bei mit der Vollstreckbarerklärung gleichzeitiger Bewilligung der Exekution entgegen § 528 Abs 2 Z 2 ZPO einen Rechtszug gegen die zuletzt genannte bestätigende Entscheidung an den Obersten Gerichtshof zu eröffnen. In diesem Umfang ist daher im vorliegenden Verfahren sein Revisionsrekurs ohne Prüfung der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.b) Soweit die verpflichtete Partei, wie sich aus dem Rechtsmittelantrag ableiten lässt, auch die Bestätigung der Exekutionsbewilligung bekämpft, ist der Revisionsrekurs nach Paragraph 78, EO in Verbindung mit Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 2, ZPO jedenfalls unzulässig. Zwar hat der Oberste Gerichtshof für den Fall der Bestätigung einer die Vollstreckbarerklärung und damit verbunden auch den Exekutionsantrag gemeinsam (Paragraph 84 a, EO) abweisenden Entscheidung die Anwendbarkeit dieses Rechtsmittelausschlusses auf die Exekutionsbewilligung abgelehnt (3 Ob 287/99y = SZ 73/113; 3 Ob 78/00t; zust Jakusch aaO Paragraph 84, Rz 9), zugleich aber Zweifel geäußert, ob dasselbe auch für den umgekehrten Fall einer konformen Bewilligung zu gelten habe. Die über Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 2, ZPO hinausgehende Anfechtbarkeit begründete der erkennende Senat seinerzeit damit, dass der Gesetzgeber nach den Materialien zur EO-Novelle 1995 mit dieser die Rechtsstellung des betreibenden Gläubiges nicht habe verschlechtern wollen und ihm ein Rangverlust drohe. Dagegen gälten diese Argumente zugunsten des Verpflichteten nicht, sei er doch überdies durch Paragraph 84 a, Absatz 2, EO geschützt und werde ihm im Fall eines Erfolgs im Vollstreckbarerklärungsverfahren ein Einstellungsgrund zu Gebote stehen. Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt Einstellungsgründe des Paragraph 39, EO auf darin nicht ausdrücklich geregelte Fälle analog angewendet (SZ 40/52; SZ 46/42 = EvBl 1973/183; EvBl 1975/124 ua). Der Fall der (rechtskräftigen) Abänderung der Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung, der einer gleichzeitig bewilligten Exekution die Grundlage entzieht, ist im Gesetz nicht geregelt, in seiner Schwere jedoch sowohl dem Fall der Ziffer 9, als auch dem der Ziffer 11, des Paragraph 39, Absatz eins, EO gleichzuhalten. Während im zuerst genannten die Vollstreckbarkeitsbestätigung einer inländischen Entscheidung aufgehoben wird, betrifft der zweite den Fall des Paragraph 84 c, Absatz eins, EO, dass nämlich die Vollstreckbarerklärung aufgehoben wird (weil der ausländische Exekutionstitel im Ursprungsstaat aufgehoben oder abgeändert wird). In beiden Fällen wird nachträglich die formale Voraussetzung der Vollstreckbarkeit einer Entscheidung beseitigt. Dem sachlich gleichzuhalten ist aber der hier zu behandelnde Fall, dass die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Titels nie in Rechtskraft erwächst, sondern im Rechtsmittelweg beseitigt (bzw. abgeändert) wird. Demnach besteht für den Verpflichteten in diesem Fall ein - auch von Amts wegen wahrzunehmender (Paragraph 39, Absatz 2, EO) - Einstellungsgrund. Da ihn - wie dargelegt - auch Paragraph 84 a, Absatz 2, EO vor ihn schädigenden Verwertungshandlungen schützt und ihm die übrigen in den zitierten Entscheidungen genannten Erwägungen nicht begünstigen, besteht kein Anlass, auch dem Verpflichteten bei mit der Vollstreckbarerklärung gleichzeitiger Bewilligung der Exekution entgegen Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 2, ZPO einen Rechtszug gegen die zuletzt genannte bestätigende Entscheidung an den Obersten Gerichtshof zu eröffnen. In diesem Umfang ist daher im vorliegenden Verfahren sein Revisionsrekurs ohne Prüfung der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückzuweisen.
Anmerkung
E75055 3Ob205.04zEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0030OB00205.04Z.1020.000Dokumentnummer
JJT_20041020_OGH0002_0030OB00205_04Z0000_000