Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Martin Baldauf, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 5,725.824,94 sA, AZ 17 Cg 213/03w des Landesgerichts Innsbruck, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Der Antrag der klagenden Partei, das Amtshaftungsverfahren zur Verhandlung und Entscheidung an den Obersten Gerichtshof zu delegieren, wird zurückgewiesen.
2. Zur Entscheidung über den Antrag der beklagten Partei (ON 84), die mit den Schriftsätzen vom 10. 2. 2003, 14. 1. 2004, 31. 3. 2004 und 27. 4. 2004 erklärte Klageänderung "als unzulässig zurückzuweisen", wird das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als zuständig bestimmt.
Text
Begründung:
Die klagende Partei machte ursprünglich einen Amtshaftungsanspruch auf Grund eines ihrer Ansicht nach gesetzwidrigen Beschlusses des Landesgerichts Wels auf Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen geltend.
Mit Schriftsatz vom 14. 1. 2004 (ON 71) erklärte die klagende Partei, hilfsweise auch aus dem rechtswidrigen Verhalten von Organen des Landesgerichts Innsbruck sowie des Oberlandesgerichts Innsbruck Amtshaftungsansprüche gegen die beklagte Partei geltend zu machen. Das Klagebegehren werde daher hilfsweise - vorbehaltlich späterer Ausdehnung - auch auf das in diesem Schriftsatz angeführte Vorbringen gestützt. Im Einzelnen brachte sie vor, ihr Geschäftsführer sei vom Landesgericht Innsbruck zu Unrecht strafgerichtlich verurteilt und in der Folge in Haft genommen worden. Dadurch habe die beklagte Partei versucht, in das Amtshaftungsverfahren einzugreifen und das Beweisverfahren zu verhindern. Darüber hinaus sei das vorliegende Verfahren entgegen Art 6 EMRK seit 15 Jahren beim Landesgericht Innsbruck anhängig. Sollte die klagende Partei deshalb teilweise oder sogar zur Gänze den anspruchsbegründenden Sachverhalt nicht mehr beweisen können, weil wichtige Beweismittel nach so langer Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen, drohe ihr der Prozessverlust. Mit Schriftsatz vom 31. 3. 2004 (ON 77) ergänzte die klagende Partei den anspruchsbegründenden Sachverhalt im Einzelnen ferner dahin, dass die "für dieses Verfahren entscheidungswesentlichen Geschäftsunterlagen der klagenden Partei aufgrund der offensichtlich mangelhaften Verwahrung durch die Organe der beklagten Partei insbesondere des Landesgerichts Innsbruck, heute nicht mehr vorhanden bzw nicht mehr auffindbar" seien.Mit Schriftsatz vom 14. 1. 2004 (ON 71) erklärte die klagende Partei, hilfsweise auch aus dem rechtswidrigen Verhalten von Organen des Landesgerichts Innsbruck sowie des Oberlandesgerichts Innsbruck Amtshaftungsansprüche gegen die beklagte Partei geltend zu machen. Das Klagebegehren werde daher hilfsweise - vorbehaltlich späterer Ausdehnung - auch auf das in diesem Schriftsatz angeführte Vorbringen gestützt. Im Einzelnen brachte sie vor, ihr Geschäftsführer sei vom Landesgericht Innsbruck zu Unrecht strafgerichtlich verurteilt und in der Folge in Haft genommen worden. Dadurch habe die beklagte Partei versucht, in das Amtshaftungsverfahren einzugreifen und das Beweisverfahren zu verhindern. Darüber hinaus sei das vorliegende Verfahren entgegen Artikel 6, EMRK seit 15 Jahren beim Landesgericht Innsbruck anhängig. Sollte die klagende Partei deshalb teilweise oder sogar zur Gänze den anspruchsbegründenden Sachverhalt nicht mehr beweisen können, weil wichtige Beweismittel nach so langer Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen, drohe ihr der Prozessverlust. Mit Schriftsatz vom 31. 3. 2004 (ON 77) ergänzte die klagende Partei den anspruchsbegründenden Sachverhalt im Einzelnen ferner dahin, dass die "für dieses Verfahren entscheidungswesentlichen Geschäftsunterlagen der klagenden Partei aufgrund der offensichtlich mangelhaften Verwahrung durch die Organe der beklagten Partei insbesondere des Landesgerichts Innsbruck, heute nicht mehr vorhanden bzw nicht mehr auffindbar" seien.
Mit Schriftsatz vom 27. 4. 2004 (ON 80) brachte die klagende Partei vor, sie stütze das Klagebegehren nun ausdrücklich auch auf das in den Schriftsätzen vom 14. 1. 2004 und 31. 3. 2004 angeführte anspruchsbegründende Vorbringen "hinsichtlich der rechtswidrigen Vorgänge des Landes- und des Oberlandesgerichtes Innsbruck". Sie dehnte ihr Begehren noch um einen Euro aus und behauptete, zumindest in dieser Höhe sei der ursprünglich eingeklagte Schaden vergrößert worden. Überdies beantragte sie, der Oberste Gerichtshof "wolle dieses Verfahren" zur Verhandlung und Entscheidung an sich selbst delegieren, habe er doch den Antrag der klagenden Partei, das Amtshaftungsverfahren zur Verhandlung und Entscheidung an den "US-District Court for the Northern District of California" zu delegieren, mit Beschluss vom 24. 2. 2004 (1 Nc 22/04g) zurückgewiesen. Da "Ersatzansprüche gegen alle vier OLG in Österreich" erhoben würden, sei "eine Delegierung an ein Gericht in diesen vier OLG-Sprengeln jedenfalls nicht möglich". Die beklagte Partei beantragte mit Schriftsatz von 6. 5. 2004, "die Klagsänderung gem. den Schriftsätzen der klagenden Partei vom 10. 9. 2003, 14. 1. 2004, 31. 3. 2004 und 27. 4. 2004 als unzulässig zurückzuweisen" (ON 84).
Mit Verfügung vom 12. 10. 2004 legte das Erstgericht den Akt dem Obersten Gerichtshof "zur Entscheidung über den Delegierungsantrag" neuerlich vor.
Der erkennende Senat hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Zu 1.:
Da es an jeglicher Rechtsgrundlage mangelt, auf deren Boden der Oberste Gerichtshof über eine Amtshaftungsklage - funktionell als Erstgericht - verhandeln und entscheiden könnte, ist der darauf abzielende Delegierungsantrag zurückzuweisen.
Zu 2.:
Die beklagte Partei beantragte, die mit den im Spruch bezeichneten Schriftsatz erklärte "Klagsänderung ... als unzulässig zurückzuweisen".
Der erkennende Senat sprach bereits in der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung vom 24. 2. 2004 (1 Nc 22/04g) aus, dass durch § 9 Abs 4 AHG alle Gerichte, aus deren Verhalten ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, von jeder Entscheidung über diesen Anspruch ausgeschlossen sein sollen. Die auf Prozessbehauptungen der klagenden Partei beruhenden Sachverhalte, die dem Antrag der beklagten Partei auf Nichtzulassung der "Klagsänderung" zugrunde liegen, betreffen (auch) Entscheidungen und sonstige Verhaltensweisen richterlicher Organe des Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Innsbruck. Nach der eingangs referierten Leitlinie dürfen diese Gerichte die Frage nach dem Vorliegen von Klageänderungen nicht selbst beurteilen und über deren Zulässigkeit oder Unzulässigkeit nicht selbst absprechen. Zunächst ist indes nur über den aus Punkt 2 des Spruchs ersichtlichen Antrag der beklagten Partei zu entscheiden und insoweit an ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Innsbruck zu delegieren. Sollte nämlich in diesem Zwischenverfahren ausgesprochen werden, dass Klageänderungen, insoweit sie sich auf schuldhaft rechtswidrige Verhaltensweisen richterlicher Organe des Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Innsbruck beziehen, unzulässig seien, bestünde kein aus § 9 Abs 4 AHG ableitbares Hindernis für die Enderledigung des vorliegenden Amtshaftungsverfahrens durch das Landesgericht Innsbruck.Der erkennende Senat sprach bereits in der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung vom 24. 2. 2004 (1 Nc 22/04g) aus, dass durch Paragraph 9, Absatz 4, AHG alle Gerichte, aus deren Verhalten ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, von jeder Entscheidung über diesen Anspruch ausgeschlossen sein sollen. Die auf Prozessbehauptungen der klagenden Partei beruhenden Sachverhalte, die dem Antrag der beklagten Partei auf Nichtzulassung der "Klagsänderung" zugrunde liegen, betreffen (auch) Entscheidungen und sonstige Verhaltensweisen richterlicher Organe des Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Innsbruck. Nach der eingangs referierten Leitlinie dürfen diese Gerichte die Frage nach dem Vorliegen von Klageänderungen nicht selbst beurteilen und über deren Zulässigkeit oder Unzulässigkeit nicht selbst absprechen. Zunächst ist indes nur über den aus Punkt 2 des Spruchs ersichtlichen Antrag der beklagten Partei zu entscheiden und insoweit an ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Innsbruck zu delegieren. Sollte nämlich in diesem Zwischenverfahren ausgesprochen werden, dass Klageänderungen, insoweit sie sich auf schuldhaft rechtswidrige Verhaltensweisen richterlicher Organe des Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Innsbruck beziehen, unzulässig seien, bestünde kein aus Paragraph 9, Absatz 4, AHG ableitbares Hindernis für die Enderledigung des vorliegenden Amtshaftungsverfahrens durch das Landesgericht Innsbruck.
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien ist für die betroffene Zwischenentscheidung als zuständig zu bestimmen, weil dem Prozessvorbringen der klagenden Partei keine konkreten Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass die in diesem Verfahren maßgebenden Themen richterliche Organe des Landesgerichts oder des Oberlandesgerichts Wien beträfen.
Anmerkung
E74900 1Nc102.04xEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0010NC00102.04X.1025.000Dokumentnummer
JJT_20041025_OGH0002_0010NC00102_04X0000_000