TE OGH 2004/11/4 2Ob220/04y

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Veröffentlicht am 04.11.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 28. Dezember 1991 geborenen mj Björn V*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und andere Rechtsanwälte in Wien, über den Revisionsrekurs des Vaters Albert V*****, vertreten durch Dr. Günter Tews, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 26. August 2004, GZ 20 R 86/04v-33, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 8. April 2004, GZ 1 P 38/03y-30, zum Teil bestätigt und zum Teil aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird im Umfange der Bestätigung des Beschlusses des Erstgerichtes (sohin hinsichtlich der Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. 5. 2004) aufgehoben; zugleich wird auch der Beschluss des Erstgerichtes in diesem Umfang aufgehoben und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Der mj Björn V***** beantragte, seinem Vater ab 1. 3. 2003 zu einem monatlichen Unterhalt in der Höhe von EUR 650 zu verpflichten. Außer für ihn sei der Vater noch für einen weiteren Sohn, eine Tochter und die Mutter unterhaltspflichtig. Der Vater habe ein monatliches Durchschnittseinkommen von zumindest EUR 4.600.

Der Vater sprach sich gegen den Antrag des Pflegebefohlenen aus und brachte vor, er habe seine Unterhaltspflicht nicht verletzt. Der Bedarf des Pflegebefohlenen sei nicht mit dem vollen Ausmaß anzusetzen, weil er (der Vater) die Rückzahlungen für das Haus (Darlehen, Zinsen) bezahle, weshalb für die Wohnungskosten (ohne Betriebskosten) kein Bedarf bestehe. Habe der Unterhaltsberechtigte nicht für die Kosten der Wohnversorgung aufzukommen, so bedürfe er nicht mehr des gesamten festgesetzten Geldunterhaltes. Die Kinderzulagen seien nur zu einem Drittel in die Unterhaltsbemessungsgrundlage zugunsten jedes Kindes miteinzurechnen.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von EUR 580,-- beginnend mit 1. 3. 2003; die bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses allfällig aufgelaufenen Unterhaltsrückstände seien binnen 14 Tagen, künftig fällig werdende Unterhaltsbeiträge jeweils am 1. eines jeden Monats im Voraus zu entrichten.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, dass auch die Kinderzulage, die für ein anderes als das Unterhalt fordernde Kind gewährt werde, in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei. Die Rückzahlungen für das Haus stellten jedoch keine Naturalunterhaltsleistungen an das Kind dar.

Das vom Vater angerufene Rekursgericht hob den Beschluss des Erstgerichtes hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. 3. 2003 bis 30. 4. 2004 auf, im Übrigen aber bestätigte es die angefochtene Entscheidung; es sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung nicht zulässig.

Das Rekursgericht schloss sich der Ansicht des Erstgerichtes, dass die Kinderzulage, die für ein anderes als das unterhaltsfordernde Kind gewährt werde, zur Gänze in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei, an. Unrichtig sei auch die vom Vater vertretene Ansicht, dass es bei Deckung des Wohnungsbedarfes des Unterhaltsberechtigten angebracht sei, den Geldunterhaltsanspruch zu kürzen.

Gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass der Beschluss des Erstgerichtes zur Gänze aufgehoben werde; hilfsweise wird beantragt, den Unterhaltsfestsetzungsantrag abzuweisen.

Der Pflegebefohlene hat dazu keine Stellungnahme abgegeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht - wie im Folgenden darzulegen sein wird - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist, er ist im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Der Vater macht in seinem Rechtsmittel geltend, nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei die Kinderzulage, die der Unterhaltspflichtige erhalte, nur für das Kind in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, das den Unterhalt fordere. Die Einbeziehung aller Kinderzulagen auch für den Unterhalt des minderjährigen Björn sei daher verfehlt.

Weiters sei der Bedarf des Pflegebefohlenen nicht mit dem vollen Ausmaß anzusetzen, weil der Vater die Rückzahlungen für das Haus (Darlehen, Zinsen) bezahle, weshalb für Wohnungskosten (ohne Betriebskosten) kein Bedarf bestehe.

Hiezu wurde erwogen:

Es ist in Lehre und Rechtsprechung unstrittig, dass die Familienbeihilfe zwar dem Unterhaltspflichtigen ausbezahlt und Bestandteil von dessen Einkommen ist, dass sie aber für den Unterhalt bzw die Pflege des Kindes verwendet werden muss. Der Staat verfolgt mit der Gewährung der Familienbeihilfe einen doppelten Zweck: Einerseits den Mindestunterhalt des Kindes zu gewährleisten und andererseits die Eltern von ihrer Unterhaltspflicht zu entlasten. In Anbetracht dieser Zielsetzung hat der Oberste Gerichtshof mehrfach ausgesprochen, dass die Familienbeihilfe nur dann Teil der Bemessungsgrundlage ist, wenn sie für das unterhaltsfordernde Kind gewährt wird (1 Ob 76/99d = RZ 2000/20 = ÖA 2000, 75 mwN). Im Hinblick auf die Parallele zwischen Familienbeihilfe und Kinderzuschuss ist es sachgerecht, diesen in Befolgung der Zweckwidmung nur dann dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen einzurechnen, wenn die Zahlung für das Kind gewährt werde, für dessen Unterhalt zu bemessen ist (1 Ob 76/99d; 6 Ob 299/98h = ÖA 1999, 177).

Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu ermitteln haben wird, wie hoch die Kinderzulage ist, die der Vater für den mj Björn bezieht. Nur diese wird in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sein.

Unzutreffend sind aber die Ausführungen des Vaters hinsichtlich der Berücksichtigung seiner Leistungen für die Wohnung. Diesbezüglich entspricht es ständiger Rechtsprechung, das Leistungen eines Ehegatten für die Ehewohnung ausschließlich das familienrechtliche Verhältnis zwischen ihm und dem anderen Ehegatten, von dem allenfalls Kinder ein Benützungsrecht ableiten, betreffen. Naturalunterhalt an die Kinder leistet er damit nicht (RIS-Justiz RS0009551). Lediglich Aufwendungen, um die von den Unterhaltsberechtigten (mit-)benützte Wohnung in benützungsfähigem Zustand zu erhalten, kommen allen Benützern der Wohnung, somit auch den unterhaltsberechtigten Kindern anteilsmäßig zugute (RIS-Justiz RS0009551 T1). Die Berücksichtigung derartiger Aufwendungen wird vom Vater aber nicht begehrt. Die von ihm in seinem Rechtsmittel zitierten Entscheidungen des Gerichtshofes betreffen den Unterhalt zwischen Ehegatten, nicht aber den Kindesunterhalt. Insoweit kann daher den Ausführungen im Revisionsrekurs des Vaters nicht gefolgt werden.

Zur Ermittlung der Kinderzulage, die der Vater für den mj Björn bezieht, sind daher die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und war dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Textnummer

E75258

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00220.04Y.1104.000

Im RIS seit

04.12.2004

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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