TE OGH 2004/11/9 10Ob63/04v

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Veröffentlicht am 09.11.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Georg R*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R***** GmbH, *****, vertreten durch Schatz & Partner Rechtsanwälte OEG in Baden, gegen die beklagten Parteien 1. „B*****“ ***** Handelsgesellschaft mbH, und 2. Thomas K*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Arno Casati, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen Entfernung eines Containers (Streitwert EUR 4.000,--), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 3. Juni 2004, GZ 17 R 101/04f-30, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht erkannte die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Gesellschaft mbH eine näher bezeichnete Lagerhalle binnen 14 Tagen geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben, und wies das weitere Begehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, einen näher bezeichneten Container auf ihre Kosten auf eine näher bezeichnete Position umzustellen, ab.

Während der klagsstattgebende Teil des Urteiles mangels rechtzeitiger Anfechtung durch die beklagten Parteien in Rechtskraft erwachsen ist, erhob die klagende Gesellschaft gegen den abweisenden Teil der Entscheidung rechtzeitig Berufung.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 28. 5. 2004, GZ 10 S 36/04d-2, wurde über das Vermögen der klagenden Gesellschaft der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Mag. Georg R***** zum Masseverwalter bestellt.

In Unkenntnis dieser Konkurseröffnung gab das Berufungsgericht mit dem in nichtöffentlicher Sitzung am 3. 6. 2004 ergangenen Urteil der Berufung der klagenden Partei Folge und erkannte die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, "binnen 14 Tagen den auf dem beigehefteten Plan Beil./E dargestellten Container so aus der gegenwärtigen Position nahe dem Schubtor der Halle zu entfernen, dass zwischen dem Schubtor und dem Container mindestens ein Abstand besteht, der jenem zwischen dem Schubtor und der Position I im Plan Beil./E entspricht." Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000,-- nicht übersteige und die Revision jedenfalls unzulässig sei. Es begründete seinen Ausspruch damit, dass die Voraussetzungen des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO hinsichtlich des noch offenen Begehrens auf Umstellung des Containers nicht vorlägen. Da die klagende Partei ausdrücklich nur eine Bewertung nach dem RATG vorgenommen habe, sei nach § 56 Abs 2 JN von einem erstinstanzlichen Streitwert von EUR 4.000,-- auszugehen. Für ein Abgehen von diesem Streitwert bestehe keine Veranlassung. Die Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes sei daher gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.In Unkenntnis dieser Konkurseröffnung gab das Berufungsgericht mit dem in nichtöffentlicher Sitzung am 3. 6. 2004 ergangenen Urteil der Berufung der klagenden Partei Folge und erkannte die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, "binnen 14 Tagen den auf dem beigehefteten Plan Beil./E dargestellten Container so aus der gegenwärtigen Position nahe dem Schubtor der Halle zu entfernen, dass zwischen dem Schubtor und dem Container mindestens ein Abstand besteht, der jenem zwischen dem Schubtor und der Position römisch eins im Plan Beil./E entspricht." Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000,-- nicht übersteige und die Revision jedenfalls unzulässig sei. Es begründete seinen Ausspruch damit, dass die Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz 5, Ziffer 2, ZPO hinsichtlich des noch offenen Begehrens auf Umstellung des Containers nicht vorlägen. Da die klagende Partei ausdrücklich nur eine Bewertung nach dem RATG vorgenommen habe, sei nach Paragraph 56, Absatz 2, JN von einem erstinstanzlichen Streitwert von EUR 4.000,-- auszugehen. Für ein Abgehen von diesem Streitwert bestehe keine Veranlassung. Die Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes sei daher gemäß Paragraph 502, Absatz 2, ZPO jedenfalls unzulässig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die "außerordentliche" Revision der beklagten Parteien wegen Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 5 ZPO, weil das Berufungsgericht über die vor Eröffnung des Konkurses eingebrachte Berufung während der Dauer der gemäß § 7 KO eingetretenen Unterbrechung entschieden habe. Die beklagten Parteien beantragen daher, das angefochtene Urteil als nichtig aufzuheben.Gegen diese Entscheidung richtet sich die "außerordentliche" Revision der beklagten Parteien wegen Nichtigkeit gemäß Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 5, ZPO, weil das Berufungsgericht über die vor Eröffnung des Konkurses eingebrachte Berufung während der Dauer der gemäß Paragraph 7, KO eingetretenen Unterbrechung entschieden habe. Die beklagten Parteien beantragen daher, das angefochtene Urteil als nichtig aufzuheben.

Das Erstgericht hat über Antrag des Masseverwalters mit Beschluss vom 25. 8. 2004 (ON 36) das durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der klagenden Partei unterbrochene Verfahren wieder aufgenommen und dem Obersten Gerichtshof das Rechtsmittel der beklagten Parteien zur Entscheidung vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Die als "außerordentliche" bezeichnete Revision der beklagten Parteien ist nicht zulässig.

Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 4.000,-- nicht übersteigt. Nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO gilt der Rechtsmittelausschluss des § 502 Abs 2 ZPO nicht für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung, oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrages entschieden wird. Diese gesetzliche Regelung bezweckt, wie bereits zu § 502 ZPO idF vor der WGN 1997 wiederholt ausgesprochen wurde, alle Streitigkeiten, in denen auf die beschriebene Weise ein Verlust des Bestandobjektes droht, somit Entscheidungen über das Dauerschuldverhältnis selbst, unabhängig von jeder Bewertung für revisibel zu erklären (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 2 zu § 502; 1 Ob 242/98i; 7 Ob 626/941 Ob 562/93; Rz 1991/21 ua). Die Ausnahme von der wertgrenzenmäßigen Beschränkung der Revisionszulässigkeit ist daher im Räumungsstreit nur dann anwendbar, wenn über das Bestandverhältnis selbst und seine wirksame Beendigung zu entscheiden ist. Im Regelfall wird auch beim Streit über eine "Räumung", wenn auch nur als Vorfrage, über das Dauerschuldverhältnis selbst und seine wirksame Beendigung zu entscheiden sein. Wo dies aber ausnahmsweise nicht der Fall ist, weil etwa die Vertragsbeendigung und Räumungspflicht als solche unstrittig sind und lediglich über Umfang und Modalitäten der Räumungsverpflichtung und deren restloser Erfüllung zu entscheiden ist, fehlt es am erkannten Zweck der Ausnahmeregelung (RIS-Justiz RS0043261; RZ 1991/21 ua).Gemäß Paragraph 502, Absatz 2, ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 4.000,-- nicht übersteigt. Nach Paragraph 502, Absatz 5, Ziffer 2, ZPO gilt der Rechtsmittelausschluss des Paragraph 502, Absatz 2, ZPO nicht für die unter Paragraph 49, Absatz 2, Ziffer 5, JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung, oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrages entschieden wird. Diese gesetzliche Regelung bezweckt, wie bereits zu Paragraph 502, ZPO in der Fassung vor der WGN 1997 wiederholt ausgesprochen wurde, alle Streitigkeiten, in denen auf die beschriebene Weise ein Verlust des Bestandobjektes droht, somit Entscheidungen über das Dauerschuldverhältnis selbst, unabhängig von jeder Bewertung für revisibel zu erklären (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 2 zu Paragraph 502 ;, 1 Ob 242/98i; 7 Ob 626/941 Ob 562/93; Rz 1991/21 ua). Die Ausnahme von der wertgrenzenmäßigen Beschränkung der Revisionszulässigkeit ist daher im Räumungsstreit nur dann anwendbar, wenn über das Bestandverhältnis selbst und seine wirksame Beendigung zu entscheiden ist. Im Regelfall wird auch beim Streit über eine "Räumung", wenn auch nur als Vorfrage, über das Dauerschuldverhältnis selbst und seine wirksame Beendigung zu entscheiden sein. Wo dies aber ausnahmsweise nicht der Fall ist, weil etwa die Vertragsbeendigung und Räumungspflicht als solche unstrittig sind und lediglich über Umfang und Modalitäten der Räumungsverpflichtung und deren restloser Erfüllung zu entscheiden ist, fehlt es am erkannten Zweck der Ausnahmeregelung (RIS-Justiz RS0043261; RZ 1991/21 ua).

Gegenstand des Berufungsverfahrens war hier nicht die Frage des Bestehens oder der Auflösung eines Mietvertrages. Es war im Berufungsverfahren vielmehr nur strittig, ob auch eine bestimmte Fläche auf dem Vorplatz der von der klagenden Partei gemieteten Halle von den beklagten Parteien freizuhalten ist, um der klagenden Partei eine problemlose Zufahrts- und Abstellmöglichkeit für LKW zur Durchführung der notwendigen Ladevorgänge zu bieten. Das Berufungsgericht hat eine solche Verpflichtung bejaht und deshalb die Entfernung des von den beklagten Parteien in diesem Bereich aufgestellten Containers verfügt. Eine Ausnahme vom Revisionsausschluss des § 502 Abs 2 ZPO liegt daher entgegen der Ansicht der Revisionswerber nicht vor. Das Berufungsgericht hat somit zu Recht ausgesprochen, dass die Revision - angesichts des EUR 4.000,-- nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstandes - jedenfalls unzulässig ist.Gegenstand des Berufungsverfahrens war hier nicht die Frage des Bestehens oder der Auflösung eines Mietvertrages. Es war im Berufungsverfahren vielmehr nur strittig, ob auch eine bestimmte Fläche auf dem Vorplatz der von der klagenden Partei gemieteten Halle von den beklagten Parteien freizuhalten ist, um der klagenden Partei eine problemlose Zufahrts- und Abstellmöglichkeit für LKW zur Durchführung der notwendigen Ladevorgänge zu bieten. Das Berufungsgericht hat eine solche Verpflichtung bejaht und deshalb die Entfernung des von den beklagten Parteien in diesem Bereich aufgestellten Containers verfügt. Eine Ausnahme vom Revisionsausschluss des Paragraph 502, Absatz 2, ZPO liegt daher entgegen der Ansicht der Revisionswerber nicht vor. Das Berufungsgericht hat somit zu Recht ausgesprochen, dass die Revision - angesichts des EUR 4.000,-- nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstandes - jedenfalls unzulässig ist.

Den weiteren Ausführungen der Revisionswerberin, das nach Eintritt der Unterbrechung gefällte Urteil des Berufungsgerichtes leide an einer Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO, ist daher entgegenzuhalten, dass die Wahrnehmung der Nichtigkeit ein - hier nicht vorliegendes - zulässiges Rechtsmittel zur Voraussetzung hat (SZ 51/150 uva). Entscheidungen, die in Unkenntnis des Gerichtes von einer infolge Konkurseröffnung eingetretenen Prozessunterbrechung ergehen, sind nicht wirkungslos, sondern lediglich in der nächsten Instanz anfechtbar oder mit aus Anlass eines Rechtsmittels wahrzunehmender Nichtigkeit behaftet. Diese kann jedoch nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung weder von Amts wegen noch auf Antrag - außer in bestimmten (hier nicht gegebenen) Einzelfällen - wahrgenommen werden (ZIK 2002/28, 19; ZIK 1998, 197 ua).Den weiteren Ausführungen der Revisionswerberin, das nach Eintritt der Unterbrechung gefällte Urteil des Berufungsgerichtes leide an einer Nichtigkeit nach Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 5, ZPO, ist daher entgegenzuhalten, dass die Wahrnehmung der Nichtigkeit ein - hier nicht vorliegendes - zulässiges Rechtsmittel zur Voraussetzung hat (SZ 51/150 uva). Entscheidungen, die in Unkenntnis des Gerichtes von einer infolge Konkurseröffnung eingetretenen Prozessunterbrechung ergehen, sind nicht wirkungslos, sondern lediglich in der nächsten Instanz anfechtbar oder mit aus Anlass eines Rechtsmittels wahrzunehmender Nichtigkeit behaftet. Diese kann jedoch nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung weder von Amts wegen noch auf Antrag - außer in bestimmten (hier nicht gegebenen) Einzelfällen - wahrgenommen werden (ZIK 2002/28, 19; ZIK 1998, 197 ua).

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Textnummer

E75194

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0100OB00063.04V.1109.000

Im RIS seit

09.12.2004

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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