Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred S*****, vertreten durch Dr. Gabriele Schubert, Rechtsanwältin in Baden, gegen die beklagten Parteien, 1. Clemens W*****, und 2. I***** AG, *****, beide vertreten durch Etti & Kocher Rechtsanwaltspartnerschaft in Brunn am Gebirge, wegen EUR 8.581,54 sA infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 17. Dezember 2002, GZ 17 R 360/02s-34, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Baden vom 20. Juni 2002, GZ 8 C 37/01w-29a bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision der beklagten Parteien wird zurückgewiesen. Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO). Entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vor. Am 1. 5. 2000 ereignete sich an der Kreuzung Industriestraße/Paitzriegelstraße in Bad Vöslau ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger mit dem von ihm gelenkten VW Golf und der Erstbeklagte mit dem bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten Kombi Opel Astra beteiligt waren. Dem Kläger entstand ein Fahrzeugschaden von S 118.084,60 (EUR 8.581,549). Dem Erstbeklagten ein solcher von S 82.862 (EUR 6.021,829). Der Kläger begehrt den Ersatz seines Schadens. Er sei auf der Industriestraße in Richtung der Querkreuzung mit der Paitzriegelstraße unterwegs gewesen und habe beabsichtigt, in diese nach links (die Paitzriegelstraße trägt ab der Kreuzung den Namen Industriestraße) abzubiegen. Die Industriestraße, auf der sich der Kläger befunden habe, sei gegenüber der Paitzriegelstraße durch das Verkehrszeichen „Vorrang geben" abgewertet. Der Beklagte habe die Industriestraße in jenem Bereich, in dem sie noch Industriestraße heiße, benutzt und den rechten Blinker gesetzt gehabt, um nach rechts in den vom Kläger befahrenen Teil der Industriestraße einzubiegen. Der Kläger habe daher davon ausgehen dürfen, dass sich die Fahrlinien der beiden Fahrzeuge nicht kreuzen würden. Er sei daher, nach rechts in die Paitzriegelstraße blickend, mit etwa Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren, um nach links abzubiegen. Der Erstbeklagte sei ungeachtet seiner Fahrtrichtungsanzeige dann doch geradeaus weitergefahren, weshalb es zur Kollision gekommen sei. Den Erstbeklagten treffe aufgrund eines „Aufmerksamkeitsfehlers" bzw einer „Reaktionsverspätung" das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalls.Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO). Entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vor. Am 1. 5. 2000 ereignete sich an der Kreuzung Industriestraße/Paitzriegelstraße in Bad Vöslau ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger mit dem von ihm gelenkten VW Golf und der Erstbeklagte mit dem bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten Kombi Opel Astra beteiligt waren. Dem Kläger entstand ein Fahrzeugschaden von S 118.084,60 (EUR 8.581,549). Dem Erstbeklagten ein solcher von S 82.862 (EUR 6.021,829). Der Kläger begehrt den Ersatz seines Schadens. Er sei auf der Industriestraße in Richtung der Querkreuzung mit der Paitzriegelstraße unterwegs gewesen und habe beabsichtigt, in diese nach links (die Paitzriegelstraße trägt ab der Kreuzung den Namen Industriestraße) abzubiegen. Die Industriestraße, auf der sich der Kläger befunden habe, sei gegenüber der Paitzriegelstraße durch das Verkehrszeichen „Vorrang geben" abgewertet. Der Beklagte habe die Industriestraße in jenem Bereich, in dem sie noch Industriestraße heiße, benutzt und den rechten Blinker gesetzt gehabt, um nach rechts in den vom Kläger befahrenen Teil der Industriestraße einzubiegen. Der Kläger habe daher davon ausgehen dürfen, dass sich die Fahrlinien der beiden Fahrzeuge nicht kreuzen würden. Er sei daher, nach rechts in die Paitzriegelstraße blickend, mit etwa Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren, um nach links abzubiegen. Der Erstbeklagte sei ungeachtet seiner Fahrtrichtungsanzeige dann doch geradeaus weitergefahren, weshalb es zur Kollision gekommen sei. Den Erstbeklagten treffe aufgrund eines „Aufmerksamkeitsfehlers" bzw einer „Reaktionsverspätung" das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalls.
Die beklagten Parteien bestritten das Klagebegehren lediglich dem Grunde nach und wendeten ein, das Alleinverschulden treffe den Kläger, der den Vorrang des Fahrzeuges des Erstbeklagten missachtet habe. Der Erstbeklagte habe nicht den rechten Blinker gesetzt, sondern - und zwar rechtzeitig - den linken Blinker. Dies hätte der Kläger auch bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen können. Selbst wenn der Erstbeklagte zunächst den rechten Blinker gesetzt haben sollte, hätte der Kläger, solange er nicht volle Sicherheit über das Fahrverhalten des bevorrangten Erstbeklagten gehabt habe, dessen Vorrang jedenfalls wahrnehmen müssen und nicht in die Kreuzung einfahren dürfen. Eine allfällige Reaktionsverspätung des Erstbeklagten sei vor diesem Hintergrund unbeachtlich. Die beklagten Parteien setzten der Klageforderung den der Höhe nach unbestrittenen Schaden am Beklagtenfahrzeug aufrechnungsweise entgegen. Das Erstgericht erkannte die Klageforderung im Gegensatz zur Gegenforderung als zu Recht bestehend und gab dem Klagebegehren zur Gänze statt.
Es ging von nachstehenden Feststellungen aus.
Die Industriestraße beschreibt in Fahrtrichtung des Erstbeklagten eine Linkskurve und geht im weiteren Kurvenverlauf in die Paitzriegelstraße über. Am Schnittpunkt zur Paitzriegelstraße zweigt die Industriestraße nach rechts in Richtung stadteinwärts ab. Auf der Industriestraße stadtauswärts (Fahrtrichtung des Klägers) befindet sich vor dem Schnittpunkt zur Paitzriegelstraße das Verkehrszeichen „Vorrang geben". Auf Höhe der Einmündung der Industriestraße in die Paitzriegelstraße (wieder Fahrtrichtung des Klägers) befindet sich eine "unterbrochene Haltelinie" (wohl richtig Begrenzungslinie). Bis zum Beginn der Paitzriegelstraße in Fahrtrichtung des Erstbeklagten (stadteinwärts) ist auf der Industriestraße eine Sperrfläche in der Fahrbahnmitte mit einer Breite von etwa 1,5 m mit einem ellipsenförmigen Auslauf markiert. Es besteht (wechselseitige) Sicht aus der Industriestraße auf den weiteren Verlauf Richtung Norden von etwa 150 bis 200 m. Die höchstzulässige Geschwindigkeit beträgt 50 km/h.
Der Kläger fuhr mit seiner Beifahrerin auf der Industriestraße Richtung stadtauswärts und beabsichtigte, auf der Industriestraße nach der Kreuzung mit der Paitzriegelstraße weiterzufahren, also nach links abzubiegen. Ihm war die Örtlichkeit der Kreuzung und auch das für ihn geltende Verkehrszeichen „Vorrang geben" bekannt. Er fuhr deshalb rollend (mit einer Geschwindigkeit von 10 bis 12 km/h) auf die Kreuzung zu und sah, als er sich einer Sitzposition etwa 9 m vor der "Haltelinie" (Begrenzungslinie) befand, dass sich von links auf der Industriestraße das vom Erstbeklagten gelenkte Fahrzeug Opel Astra mit einer Geschwindigkeit von etwa 40 bis 45 km/h nähert. Zu diesem Zeitpunkt (rund 4 sec vor der Kollision) war der rechte Blinker am Fahrzeug des Erstbeklagten eingeschaltet; das Fahrzeug war etwa 40 bis 45 m von der späteren Kollisionsstelle entfernt. Der Kläger ließ sein Fahrzeug so weit nach vor rollen, dass er auch Sicht auf den von rechts kommenden Verkehr aus der Paitzriegelstraße hatte. Da der Kläger aufgrund des eingeschalteten rechten Blinkers annahm, der Erstbeklagte werde auch nach rechts in die Industriestraße einbiegen, blickte er nach rechts und begann, weil sich von rechts kein Fahrzeug näherte, ohne nochmals nach links zu blicken und ohne anzuhalten, langsam in die Industriestraße nach links einzubiegen. Der Erstbeklagte fuhr aber entgegen seinem angezeigten Abbiegevorhaben geradeaus weiter, weil ihn seine im Fahrzeug mitfahrende Ehefrau etwa 40 bis 45 m vor der späteren Kollisionsstelle ersucht hatte, geradeaus weiterzufahren. Der Erstbeklagte schaltete in der Folge den rechten Blinker aus, setzte den linken Blinker, um den Kläger darauf aufmerksam zu machen, dass er nunmehr geradeaus weiterfahren werde, und schaltete nach zweimaligem Linksblinken, in der Meinung, der Kläger habe das Fahrzeug gesehen, den linken Blinker wieder aus und fuhr geradeaus weiter. Darauf kam es in der Folge zur Kollision beider Fahrzeuge, die auch durch ein Auslenkmanöver des Erstbeklagten nicht verhindert werden konnte.
Dem Erstbeklagten wäre ein Einbiegen nach rechts in die Industriestraße auch mit einer Geschwindigkeit von 45 bis 50 km/h möglich gewesen, ohne auf die Kurvenaußenseite abzukommen. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, zu welchem Zeitpunkt, insbesondere wie lange vor der Kollision, der rechte Blinker ausgeschaltet wurde; ebenso sei nicht feststellbar, ob zum Zeitpunkt des Einfahrens (Einbiegebeginns) des Klägers, der rechte Blinker am Fahrzeug des Erstbeklagten bereits ausgeschaltet war, bzw ob der linke Blinker eingeschaltet oder kein Blinker mehr gesetzt war. Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, der Kläger habe in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung davon ausgehen dürfen, der Erstbeklagte, der bei Annäherung an die Kreuzung den rechten Blinker eingeschaltet gehabt habe, werde auch tatsächlich nach rechts abbiegen. Zweifel, die ein solches Manöver augenfällig als unmöglich erscheinen hätten lassen, hätten nicht bestanden. Dem Kläger sei nicht als Verschulden vorzuwerfen, dass er vor Einfahren in die Kreuzung kein zweites Mal nach links in Fahrtrichtung des Fahrzeuges des Erstbeklagten geblickt habe. Es sei nicht erwiesen, dass ein solch weiterer Blick nach links den Unfall vermieden hätte. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien nicht Folge und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch aber über Antrag nach § 508 ZPO dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, darunter ausdrücklich auch die genannten Negativfeststellungen. Es interpretierte diese dahingehend, dass sich lediglich der Zeitpunkt des Blinkerswechsel, nicht aber die Tatsache an sich, der Kenntnis des Gerichts entziehe.Dem Erstbeklagten wäre ein Einbiegen nach rechts in die Industriestraße auch mit einer Geschwindigkeit von 45 bis 50 km/h möglich gewesen, ohne auf die Kurvenaußenseite abzukommen. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, zu welchem Zeitpunkt, insbesondere wie lange vor der Kollision, der rechte Blinker ausgeschaltet wurde; ebenso sei nicht feststellbar, ob zum Zeitpunkt des Einfahrens (Einbiegebeginns) des Klägers, der rechte Blinker am Fahrzeug des Erstbeklagten bereits ausgeschaltet war, bzw ob der linke Blinker eingeschaltet oder kein Blinker mehr gesetzt war. Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, der Kläger habe in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung davon ausgehen dürfen, der Erstbeklagte, der bei Annäherung an die Kreuzung den rechten Blinker eingeschaltet gehabt habe, werde auch tatsächlich nach rechts abbiegen. Zweifel, die ein solches Manöver augenfällig als unmöglich erscheinen hätten lassen, hätten nicht bestanden. Dem Kläger sei nicht als Verschulden vorzuwerfen, dass er vor Einfahren in die Kreuzung kein zweites Mal nach links in Fahrtrichtung des Fahrzeuges des Erstbeklagten geblickt habe. Es sei nicht erwiesen, dass ein solch weiterer Blick nach links den Unfall vermieden hätte. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien nicht Folge und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch aber über Antrag nach Paragraph 508, ZPO dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, darunter ausdrücklich auch die genannten Negativfeststellungen. Es interpretierte diese dahingehend, dass sich lediglich der Zeitpunkt des Blinkerswechsel, nicht aber die Tatsache an sich, der Kenntnis des Gerichts entziehe.
Rechtlich erörterte es, dem Erstbeklagten sei nach § 19 Abs 4 StVO gegenüber dem von einer abgewerteten Straße in die Kreuzung einfahrenden Kläger an sich der Vorrang zugekommen. Nach einhelliger Rechtsprechung dürfe ein Kraftfahrer grundsätzlich darauf vertrauen, dass ein Kraftfahrzeug, an dem bei Annäherung an eine Kreuzung der rechte Blinker eingeschaltet sei, auch tatsächlich nach rechts abbiegen werde. Jedenfalls dann, wenn an einem bevorrangten „langsam fahrenden" Fahrzeug Blinkzeichen gegeben würden, könne der Wartepflichtige auf ein berechtigtes Abbiegen desselben vertrauen und seinerseits in die Kreuzung einfahren, ohne dass ihn am späteren Unfall ein Mitverschulden oder auch nur eine Sorgfaltsverpflichtung nach § 9 EKHG treffe (RIS-Justiz RS0059060). Zweifel, die diesen Vertrauensgrundsatz erschüttern könnten, könnten sich bei Einhaltung einer solchen Geschwindigkeit ergeben, die ein Abbiegemanöver des bevorrangten Lenkers augenfällig als unmöglich erscheinen ließen. Da die vom Erstbeklagten eingehaltene Geschwindigkeit ein Abbiegen nach rechts erlaubt hätte, sei sein Fahrzeug als „langsam fahrendes Fahrzeug" im Sinne der obigen Rechtsprechung anzusehen. Letztlich sei mehrfach betont worden, die in § 11 Abs 2 StVO normierte Verpflichtung des Fahrzeuglenkers, jede bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können und diese Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt, rechtfertige im Sinne des Vertrauensgrundsatzes die Annahme, ein Verkehrsteilnehmer werde eine solcherart angezeigte Änderung der Fahrtrichtung auch tatsächlich durchführen (2 Ob 98/01b; 2 Ob 126/01w). Es stehe fest, dass das dem Kläger als Vorrangverstoß angelastete Einfahrmanöver durch die gegen § 11 Abs 2 StVO verstoßende Verhaltensweise des Erstbeklagten ausgelöst worden sei. Habe aber der Wartepflichtige zunächst darauf vertrauen dürfen, dass der Lenker des bevorrangten Fahrzeuges sein durch Blinkerbetätigung angezeigtes Fahrmanöver tatsächlich durchführen werde, so sei es Sache des im Vorrang befindlichen Lenkers, jene Umstände darzutun und zu beweisen, die ein zunächst geschaffenes Vertrauen des im Nachrang befindlichen Lenkers auf eine bestimmte Fahrweise des im Vorrang befindlichen Lenkers nicht mehr rechtfertigen. (ZVR 1999/86; 2 Ob 126/01w). Da das Erstgericht nicht habe feststellen können, wann der Erstbeklagte vom rechten auf den linken Blinker gewechselt habe, habe der Kläger im Vertrauen auf das angezeigte Fahrmanöver in die Kreuzung einfahren dürfen. Der Erstbeklagte wäre hingegen verpflichtet gewesen, der lediglich aus seiner Sicht unklaren, dem Kläger hingegen klar erscheinenden Verkehrslage umso mehr durch besondere Aufmerksamkeit zu begegnen; er hätte jedenfalls damit rechnen müssen, dass der Kläger in die Kreuzung einfährt.Rechtlich erörterte es, dem Erstbeklagten sei nach Paragraph 19, Absatz 4, StVO gegenüber dem von einer abgewerteten Straße in die Kreuzung einfahrenden Kläger an sich der Vorrang zugekommen. Nach einhelliger Rechtsprechung dürfe ein Kraftfahrer grundsätzlich darauf vertrauen, dass ein Kraftfahrzeug, an dem bei Annäherung an eine Kreuzung der rechte Blinker eingeschaltet sei, auch tatsächlich nach rechts abbiegen werde. Jedenfalls dann, wenn an einem bevorrangten „langsam fahrenden" Fahrzeug Blinkzeichen gegeben würden, könne der Wartepflichtige auf ein berechtigtes Abbiegen desselben vertrauen und seinerseits in die Kreuzung einfahren, ohne dass ihn am späteren Unfall ein Mitverschulden oder auch nur eine Sorgfaltsverpflichtung nach Paragraph 9, EKHG treffe (RIS-Justiz RS0059060). Zweifel, die diesen Vertrauensgrundsatz erschüttern könnten, könnten sich bei Einhaltung einer solchen Geschwindigkeit ergeben, die ein Abbiegemanöver des bevorrangten Lenkers augenfällig als unmöglich erscheinen ließen. Da die vom Erstbeklagten eingehaltene Geschwindigkeit ein Abbiegen nach rechts erlaubt hätte, sei sein Fahrzeug als „langsam fahrendes Fahrzeug" im Sinne der obigen Rechtsprechung anzusehen. Letztlich sei mehrfach betont worden, die in Paragraph 11, Absatz 2, StVO normierte Verpflichtung des Fahrzeuglenkers, jede bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können und diese Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt, rechtfertige im Sinne des Vertrauensgrundsatzes die Annahme, ein Verkehrsteilnehmer werde eine solcherart angezeigte Änderung der Fahrtrichtung auch tatsächlich durchführen (2 Ob 98/01b; 2 Ob 126/01w). Es stehe fest, dass das dem Kläger als Vorrangverstoß angelastete Einfahrmanöver durch die gegen Paragraph 11, Absatz 2, StVO verstoßende Verhaltensweise des Erstbeklagten ausgelöst worden sei. Habe aber der Wartepflichtige zunächst darauf vertrauen dürfen, dass der Lenker des bevorrangten Fahrzeuges sein durch Blinkerbetätigung angezeigtes Fahrmanöver tatsächlich durchführen werde, so sei es Sache des im Vorrang befindlichen Lenkers, jene Umstände darzutun und zu beweisen, die ein zunächst geschaffenes Vertrauen des im Nachrang befindlichen Lenkers auf eine bestimmte Fahrweise des im Vorrang befindlichen Lenkers nicht mehr rechtfertigen. (ZVR 1999/86; 2 Ob 126/01w). Da das Erstgericht nicht habe feststellen können, wann der Erstbeklagte vom rechten auf den linken Blinker gewechselt habe, habe der Kläger im Vertrauen auf das angezeigte Fahrmanöver in die Kreuzung einfahren dürfen. Der Erstbeklagte wäre hingegen verpflichtet gewesen, der lediglich aus seiner Sicht unklaren, dem Kläger hingegen klar erscheinenden Verkehrslage umso mehr durch besondere Aufmerksamkeit zu begegnen; er hätte jedenfalls damit rechnen müssen, dass der Kläger in die Kreuzung einfährt.
Die Änderung seines Zulassungsausspruches begründete das Berufungsgericht damit, dass - anders als in den bereits zitierten Entscheidungen - hier ein Blinkerwechsel stattgefunden habe. "Vor dem Hintergrund, dass sich mit den Berufungswerbern aus den festgestellten Sachverhaltselementen der Schluss ziehen lasse, dass der Blinkerwechsel etwa 1 bis 2 Sekunden in Anspruch genommen habe", sei zu prüfen, ob der Kläger vor Einfahren in die Kreuzung zu einem neuerlichen Blick in die Richtung des im Vorrang befindlichen Fahrzeuges verpflichtet gewesen wäre.
Die beklagten Parteien beantragten in ihrer Revision die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend, dass das gesamte Klagebegehren abgewiesen werde.
Der Kläger beantragt, der Revision der beklagten Parteien nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.
Das Berufungsgericht hat die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wiedergegeben, ein Kraftfahrer dürfe grundsätzlich darauf vertrauen, ein Kraftfahrzeug, an dem bei Annäherung an eine Kreuzung der rechte Blinker eingeschaltet sei, werde auch tatsächlich nach rechts abbiegen. Auf diese bereits zitierte Rechtsprechung kann daher verwiesen werden.
Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, der an sich im Vorrang befindliche Lenker, der durch die Betätigung des rechten Blinkers im wartepflichtigen Lenker das Vertrauen erweckt hat, das angezeigte Abbiegemanöver werde auch tatsächlich durchgeführt werden, sei für alle Umstände darlegungs- und beweispflichtig, die ein zunächst geschaffenes Vertrauen des im Nachrang befindlichen Lenkers auf eine bestimmte Fahrweise des im Vorrang befindlichen Lenkers nicht mehr rechtfertigen (ZVR 1999/86; 2 Ob 126/01w).
Der Erstbeklagte hätte daher alle Umstände unter Beweis stellen müssen, die das einmal im Kläger geschaffene Vertrauen, der Erstbeklagte werde nach rechts abbiegen, nicht mehr rechtfertigten. Dieser Beweis ist dem Erstbeklagten aber misslungen, weil nicht feststellbar war, dass der Blinkerwechsel zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, der dem Kläger noch eine unfallverhütende Reaktion erlaubt hätte.
In der nachträglichen Begründung der Zulässigkeit der ordentlichen Revision geht das Berufungsgericht nicht von den von ihm übernommenen Feststellungen (einschließlich den Negativfeststellungen) aus, sondern vermeint die erhebliche Rechtsfrage des Erfordernisses eines zweiten Blicks nach links "vor dem Hintergrund" zu erkennen, "dass sich mit den Berufungswerbern aus den festgestellten Sachverhaltselementen der Schluss ziehen lasse, dass der Blinkerwechsel etwa 1 bis 2 Sekunden in Anspruch genommen" habe. Damit weicht aber das Berufungsgericht von dem von ihm selbst beurteilten Sachverhalt ab. Es konnte nämlich ua nicht festgestellt werden, ob der rechte Blinker am Fahrzeug des Erstbeklagten zum Zeitpunkt des Einfahrens des Klägers in den Kreuzungsbereich bereits ausgeschaltet war. Diese Feststellung wird durch die verordnungsgemäß festgelegten Blinkerintervalle auch nicht dergestalt in Frage gestellt, dass daraus deren faktische Unmöglichkeit abgeleitet werden könnte.
Die Beurteilung des vom Berufungsgericht übernommenen Sachverhalts entspricht der ständigen Rechtsprechung. Eine weitere Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung wird nicht dargetan.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO, weil auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 40,, 50 ZPO, weil auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde.
Anmerkung
E75125 2Ob124.03dEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00124.03D.1111.000Dokumentnummer
JJT_20041111_OGH0002_0020OB00124_03D0000_000