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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BVergG 2002 §177 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde der I GmbH in W, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Laudongasse 25/III, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 25. Jänner 2005, Zl. 02F-10/04/-13, betreffend Pauschalgebühr für die Nachprüfung eines Vergabeverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 25. Jänner 2005 wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, EUR 1.600,-- an Pauschalgebühren für den mit Schriftsatz vom 7. April 2004 gestellten Antrag "das Bundesvergabeamt möge die Rechtswidrigkeit des Widerrufes der Ausschreibung ... vom 26.2.2004 feststellen" auferlegt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die unter näher bezeichneter Geschäftszahl erfolgte Ausschreibung des Auftrages zur Lieferung einer massentauglichen Bürgerkartenumgebung-Software sei vom Auftraggeber, Republik Österreich - Bund, gemäß § 105 Abs. 2 Z. 2 BVergG 2002 widerrufen worden. Gegen diese Entscheidung habe die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 7. April 2004 an das Bundesvergabeamt die Anträge gestellt, den Widerruf der bezeichneten Ausschreibung vom 26. Februar 2004 für nichtig zu erklären, in eventu dessen Rechtswidrigkeit festzustellen, weiters die Rechtswidrigkeit des Widerrufes der genannten Ausschreibung festzustellen und eine einstweilige Verfügung mit näher bezeichnetem Inhalt zu erlassen. Zur Vergebührung ihrer Anträge führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe Gebühren nur in den auch in § 177 Abs. 1 BVergG vorgesehenen Fällen zu entrichten. Für die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Widerrufes gemäß § 162 Abs. 5 leg. cit. sei keine Gebühr vorgesehen. Gleiches gelte nach Gemeinschaftsrecht für die Anträge auf Erlassung von einstweiligen Anordnungen und für die Nichtigerklärung eines Widerrufes. § 177 Abs. 1 BVergG sei nicht analogiefähig.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, bei dem verfahrensgegenständlichen, mittlerweile durch Widerruf beendeten Vergabeverfahren handle es sich um einen Lieferauftrag im Oberschwellenbereich. Für die Vergabe von Lieferaufträgen in sonstigen Verfahren im Oberschwellenbereich im Anhang X zum Bundesvergabegesetz, angepasst mit der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes, BGBl. II Nr. 324/2002, seien Pauschalgebühren von EUR 1.600,-- festgelegt. § 177 Abs. 1 BVergG sehe die Bezahlung einer Pauschalgebühr für Anträge gemäß § 164 Abs. 1 leg. cit. vor. Die Gebührenpflicht knüpfe somit daran an, dass ein Unternehmer einen Antrag auf Feststellung stelle, der unter eine der Ziffern des § 164 Abs. 1 leg. cit. falle. Das Begehren der Beschwerdeführerin laute auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Widerrufes der Ausschreibung vom 26. Februar 2004 und sei nach objektivem Verständnis seinem Wortlaut nach eindeutig und unzweifelhaft unter § 164 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. zu subsumieren. Demnach ergebe sich aus dem klaren Wortlaut des § 177 Abs. 1 leg. cit. die Verpflichtung zur Gebührenentrichtung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
In Entsprechung des im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Gesetzesprüfungsantrages sprach der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2006, G 112/06, aus, dass die Wortfolge "§ 164 Abs. 1" in § 177 Abs. 1 des Bundesvergabegesetzes, BGBl. I Nr. 99/2002, verfassungswidrig war.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die als verfassungswidrig erkannte Norm ist im Beschwerdefall, der Anlassfall für den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes war, nicht anzuwenden (vgl. Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG). Da die belangte Behörde in ihrer Entscheidung über die Auferlegung der Pauschalgebühr von der Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Entrichtung dieser Pauschalgebühr auf Grund der als verfassungswidrig erkannten Wortfolge ausging, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. Juni 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007040026.X00Im RIS seit
25.07.2007