TE Vwgh Erkenntnis 2007/6/27 2006/04/0106

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Veröffentlicht am 27.06.2007
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Index

L72002 Beschaffung Vergabe Kärnten;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
97 Öffentliches Auftragswesen;

Norm

AVG §56;
BVergG 2002 §162 Abs5 impl;
LVergRG Krnt 2003 §6 Abs4 Z1;
LVergRG Krnt 2003 §6 Abs4 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde der Bietergemeinschaft bestehend aus 1. A GmbH, Zweigniederlassung K in K und 2. R GmbH & CO KG in K, vertreten durch Dr. Nikolaus Lanner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch Platz 7/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 26. April 2006, Zl. KUVS- 1347/16/2005, betreffend Nachprüfung eines Vergabeverfahrens (mitbeteiligte Partei: Land Kärnten, Abteilung 17 - Straße und Brücke, 9020 Klagenfurt, Mießtaler Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 1. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in seinem Spruchpunkt 2. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 26. April 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten den Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung, dass der Widerruf des Vergabeverfahrens betreffend L 114, Haimburger Straße, Ortsdurchfahrt Haimburg und Moosbachbrücke, durch die mitbeteiligte Partei als Auftraggeber rechtswidrig gewesen sei, gemäß § 6 Abs. 4 Z. 1 Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz - K-VergrG, LGBl. Nr. 17/2003, abgewiesen (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde über Antrag der mitbeteiligten Partei gemäß § 6 Abs. 4 Z. 2 K-VergrG festgestellt, dass die Beschwerdeführerin auch bei Einhaltung der Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragwesens keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte (Spruchpunkt 2.).

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde zunächst aus, dass das gegenständliche Bauvorhaben am 12. Mai 2005 ausgeschrieben worden sei. Am 6. Juni 2005 habe die Angebotseröffnung stattgefunden. Die Beschwerdeführerin habe neben anderen Unternehmen fristgerecht ein Angebot abgegeben. Sie sei mit einer Nettoangebotssumme von EUR 1,393.000,-- an erster Stelle gelegen. Mit Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 26. Juli 2005 seien sämtliche Bieter davon verständigt worden, dass die Ausschreibung gemäß § 105 Abs. 2 Z. 3 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl. I Nr. 99/2002, auf Grund unangemessen hoher Angebotspreise widerrufen werde. Der Widerruf sei am 4. August 2005 kundgemacht worden.

Ein Großteil der weiteren Bescheidbegründung beschäftigt sich mit der Frage, ob die Preise der abgegebenen Anbote unangemessen hoch gewesen seien. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid jedoch nicht darauf gestützt, sondern darauf, dass die mitbeteiligte Partei die Beschwerdeführerin "zu Recht ausgeschieden hat". Dazu ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides (lediglich) Folgendes:

Die mitbeteiligte Partei habe vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin Positionen der Leistungsgruppen 02.11 "Straßenoberbau" und 02.12 "Wasserbauarbeiten" nicht ausgepreist hätte. In der Detailkalkulation, welche nach Aufforderung vorgelegt worden wäre, würde dazu auf entsprechende Umlagerungen von anderen Positionen und anderen Kapiteln des Bauteiles 01 verwiesen. Dies wäre unzulässig und ein Grund für das Ausscheiden gemäß § 98 Z. 3 BVergG. Die Beschwerdeführerin habe demgemäß vorgebracht, sie hätte im Rahmen eines Bietergespräches alle wesentlichen Positionen des Leistungsverzeichnisses betriebswirtschaftlich erklären können.

Nach der Systematik des Bundesvergabegesetzes habe der Auftraggeber zunächst zu prüfen, ob ein Angebot auszuscheiden sei. Ein ausgeschiedenes Angebot käme für die Zuschlagserteilung von vornherein nicht in Betracht. Ein Bieter, dessen Angebot ausgeschieden worden sei, könne daher (durch den Widerruf des Vergabeverfahrens) nicht in Rechten verletzt werden.

Im Anschluss daran gibt die belangte Behörde § 83 Abs. 1 Z. 4 BVergG wieder und hält Folgendes fest:

"Für die Positionen LG 2011 'Straßenoberbau' und LG 0212 'Wasserbauarbeiten' sind Preise nicht ausgeworfen. Es korrespondiert zwar der Nettoangebotspreis für Bauteil 02 von EUR 110.702,13 mit jenem für Subunternehmerleistungen durch SSB oder H/F ausgewiesenen Betrag. Eine Erläuterung iS § 83 Abs. 1 Z 4 BVergG 2002 kann hierin jedoch nicht erblickt werden. Es ist daher nicht rechtswidrig, wenn der Auftraggeber bei der Prüfung des Angebotes zu dem Ergebnis gelangte, dass es eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufweist. Der vom Auftraggeber angezogene Ausscheidungsgrund liegt somit vor."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, dass sie in ihrem Angebot einige Positionen der Leistungsgruppen 02.11 und 02.12 mit einem Preis von EUR 0,-- ausgewiesen habe. Die in diesen Positionen enthaltenen Arbeiten seien je nach Baufortschritt zu koordinieren und würden sich besonders für Rest- und Überschussmaterialeinbau eignen. Der Beschwerdeführerin sei ein Angebot der Subunternehmerin SSB BaugmbH vom 3. Juni 2005 mit dazugehöriger Detailkalkulation vorgelegen. In den einzelnen K-7 Blättern der Beschwerdeführerin und der Subunternehmerin seien die Lohn-, Material- und Gerätekosten für jede Position kalkuliert worden. Unter Zugrundelegung dieser Kalkulation ergebe sich für die relevanten Positionen der Leistungsgruppe 02.11 ein Gesamtpreis von EUR 1.350,-- netto und für die Positionen der Leistungsgruppe 02.12 ein Gesamtpreis von EUR 5.369,-- netto. Diese Preisermittlung sei bei der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 4. April 2006 außer Streit gestellt worden. Von diesen Beträgen seien die in der Preisermittlung dargestellten Erlöse aus den beim Bauvorhaben zu gewinnenden Bruchsteinen, Rest- und Überschussmaterialien sowie die Arbeitsleistungen aus überschneidenden Arbeitsabläufen in Abzug gebracht worden. Demgemäß habe sich ein Positionspreis von EUR 0,-- ergeben. Im Vergabekontrollverfahren sei außer Streit gestellt worden, dass es sich bei den mit EUR 0,-- angebotenen Positionen nach dem Inhalt des Leistungsverzeichnisses um nicht wesentliche Positionen gehandelt habe. Die Beschwerdeführerin habe durch Vorlage der Detailkalkulationen und im Rahmen des Bietergesprächs die Nachvollziehbarkeit des angebotenen Preises von EUR 0,-- dargelegt. Die Bewertung der bei Durchführung der Arbeiten zu gewinnenden Materialien, welche ansonsten entsorgt werden müssten, sowie die Bewertung von Einsparungsmöglichkeiten durch überschneidende Arbeitsabläufe weise auf eine genau durchdachte und kostenminimierende Kalkulation hin.

Die Beschwerdeführerin habe erstmals durch die Gegenschrift der mitbeteiligten Partei im Verfahren vor der belangten Behörde davon Kenntnis erlangt, dass ein Grund für das Ausscheiden ihres Angebots vorliegen solle. Dazu habe die Beschwerdeführerin ein umfassendes Vorbringen erstattet und sich auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Baukalkulationswesen berufen. Bei Einholung eines derartigen Sachverständigengutachtens wäre hervorgekommen, dass die mit EUR 0,-- angebotenen Positionspreise schlüssig und nachvollziehbar seien.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Begehren, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Abweisung des gegenständlichen Feststellungsantrages darauf gestützt, dass im Angebot der Beschwerdeführerin für einzelne Positionen keine Preise ausgeworfen worden seien und dieser Umstand nicht erläutert worden sei. Aus diesem Grund liege der von der mitbeteiligten Partei herangezogene Ausscheidungsgrund der nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises im Sinn von § 98 Abs. 3 BVergG vor.

Nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen im Nachprüfungsverfahren hat die Beschwerdeführerin in ihrem Angebot einige unstrittig im Leistungsverzeichnis nicht als wesentlich gekennzeichnete Positionen mit einem Preis von EUR 0,-- angeboten. Die Beschwerdeführerin hat dazu im Verwaltungsverfahren ein umfangreiches - im Wesentlichen mit dem nunmehrigen Beschwerdevorbringen übereinstimmendes - Vorbringen erstattet, wonach der ausgeworfene Preis von EUR 0,-- in diesen Positionen wirtschaftlich erklärbar sei und dies gegenüber der mitbeteiligten Partei als Auftraggeber ausreichend erläutert worden sei.

Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen nicht auseinander gesetzt und ihren Bescheid im Spruchpunkt 1. schon deshalb mit einem Begründungsmangel belastet.

Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin bereits im Nachprüfungsverfahren vorgebracht, erst in diesem Verfahren vom angeblichen Vorliegen eines Ausscheidungsgrundes erfahren zu haben, somit nicht tatsächlich ausgeschieden worden zu sein. Auch mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde, die in ihrem Bescheid davon ausgeht, die Beschwerdeführerin sei tatsächlich ausgeschieden worden, nicht auseinander gesetzt.

Wäre die Beschwerdeführerin nicht ausgeschieden worden, hätte sie aber ausgeschieden werden müssen, so wäre im Übrigen der Feststellungsantrag nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2005/04/0200) zurückzuweisen gewesen.

Weiters ist die belangte Behörde darauf hinzuweisen, dass über den Gegenantrag der mitbeteiligten Partei, gemäß § 6 Abs. 4 Z. 2 K-VergrG festzustellen, dass die Beschwerdeführerin auch bei Einhaltung der Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens keine echte Chance auf Zuschlagserteilung gehabt hätte, nur im Fall der Stattgebung des Antrages der Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. zu entscheiden gewesen wäre (vgl. zur inhaltsgleichen Bestimmungen des § 162 Abs. 5 BVergG Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2002, Rz 210 zu § 162). Die Ansicht der belangten Behörde, sie habe über den Gegenantrag der mitbeteiligten Partei auch bei Abweisung des Hauptantrages der Beschwerdeführerin zu entscheiden, beruht daher auf einer Verkennung der Rechtslage.

Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt 1. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in seinem Spruchpunkt 2. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Juni 2007

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006040106.X00

Im RIS seit

25.07.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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