TE OGH 2004/11/23 10ObS169/04g

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Veröffentlicht am 23.11.2004
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Matzka und Dr. Peter Wolf (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Alois H*****, ohne Beschäftigung, *****, im Revisionsverfahren nicht vertreten, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Juni 2004, GZ 7 Rs 71/04v-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 3. November 2003, GZ 30 Cgs 199/02a-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Der am 4. 4. 1942 geborene Kläger bewirtschaftete bis 31. 12. 2002 einen landwirtschaftlichen Betrieb im Ausmaß von 46,15 ha (= Eigenfläche), der maschinell gut ausgestattet und voll mechanisiert war. Der Betrieb umfasste Feldwirtschaft, Wald, Weide und Rinderhaltung (zuletzt 28 Kühe, 15 Stiere und 5 Kalbinnen). Für den Eigenbedarf hielt der Kläger auch Schweine und Hühner, nutzte einen Hausgarten und erzeugte Most und Schnaps.

Der Kläger übergab zum 1. 1. 2003 die Landwirtschaft seinem Neffen, der seit 1994 als Vollarbeitskraft in der Landwirtschaft tätig und zur Sozialversicherung angemeldet war. Auch dessen Gattin arbeitete neben der Betreuung des eigenen Haushaltes und ihrer drei Kinder teilweise im Betrieb mit und ihre Mitarbeit ist mit 50 % einer Vollarbeitskraft einzustufen. Der Kläger selbst war auf Grund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen zumindest ab der Pensionsantragstellung nur noch mit 59 % einer Vollarbeitskraft einsetzbar. Für die Bewältigung der dem Kläger nicht mehr zumutbaren schweren Arbeiten wäre als Ersatz eine ständige Halbtagskraft notwendig. Die Lohnkosten für diese Ersatzkraft würden entsprechend dem Kollektivvertrag für Dienstnehmer in bäuerlichen Betrieben Niederösterreichs 2002 rund EUR 8.100,-- pro Jahr betragen. Die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Betriebes würde bei Zugrundelegung der Normalarbeitszeit im Jahresdurchschnitt rechnerisch 3,16 Vollarbeitskräfte erfordern, während für den Betrieb des Klägers tatsächlich nur 2,09 Vollarbeitskräfte zur Verfügung standen.

Der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers war gegenüber der Finanzbehörde nicht buchführungspflichtig, sondern wurde als pauschalierter Betrieb eingestuft. Der anhand einer betriebswirtschaftlichen Modellkalkulation der konkreten Betriebsaktivitäten auf Grund der beschriebenen Wirtschaftsweise für den Betrieb des Klägers errechnete Gesamtdeckungsbeitrag beträgt EUR 48.000,--. An öffentlichen Zuwendungen für besondere naturschonende Wirtschaftsweisen und als Ausgleichszahlungen für Preisunterschiede zum Weltmarkt erhielt der Betrieb des Klägers von der öffentlichen Hand an Förderungsmitteln für das Jahr 2002 insgesamt EUR 25.000,--. Von der Summe aus Gesamtdeckungsbeitrag, öffentlichen Zuwendungen und sonstigen betrieblichen Einnahmen sind an festen Kosten für die Betriebsführung EUR 28.700,-- abzuziehen, sodass ein kalkuliertes landwirtschaftlichen Bruttoeinkommen in der Höhe von ca EUR 44.600,-- jährlich verbleibt.

Der Kläger entlohnte seinen im Betrieb mitarbeitenden Neffen im letzten Jahr vor Aufgabe des Betriebes mit EUR 1.000,-- netto monatlich (12 x jährlich). Weiters wurde dem Neffen für sich und seine Familie (Gattin und drei Kinder) freie Kost und Logis gewährt und es übernahm der Kläger auch die Kosten für einen PKW des Neffen. Unter Berücksichtigung dieser Naturalleistungen betrug das Jahreseinkommen des Neffen und seiner Gattin insgesamt ca EUR 25.000,-- bis EUR 30.000,--.

Der Kläger kann nur noch leichte und mittelschwere Arbeiten verrichten. Ausgeschlossen sind Tätigkeiten an exponierten Stellen und Arbeiten, die mit häufigem Knien, Hocken oder Bücken einhergehen. Er wäre auf Grund seiner einfachen Ausbildung in anderen Betrieben nur als landwirtschaftlicher Arbeiter, und zwar in intensiven Tierhaltungsbetrieben oder als Traktorfahrer einsetzbar. Dabei würden jedenfalls Tätigkeiten anfallen, die das Leistungskalkül des Klägers übersteigen.

Mit Bescheid vom 12. 9. 2002 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom 25. 2. 2002 auf Erwerbsunfähigkeitspension mangels Erwerbsunfähigkeit im Sinn des § 124 BSVG ab.Mit Bescheid vom 12. 9. 2002 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom 25. 2. 2002 auf Erwerbsunfähigkeitspension mangels Erwerbsunfähigkeit im Sinn des Paragraph 124, BSVG ab.

Die dagegen rechtzeitig erhobene, auf die Gewährung der abgelehnten Leistung im gesetzlichen Ausmaß gerichtete Klage stützt sich darauf, dass der Kläger auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage sei, einer hinsichtlich Ausbildung und Anforderungen der von ihm in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag durch mindestens 120 Monate ausgeübten Erwerbstätigkeit gleichwertigen Tätigkeit nachzugehen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil der Kläger, der noch eine die Pflichtversicherung nach dem BSVG begründende Erwerbstätigkeit ausübe (Einheitswert EUR 21.000,--), nicht erwerbsunfähig sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte über den bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im Wesentlichen noch fest, dass dem Kläger ausgehend von einem kalkulierten landwirtschaftlichen Bruttoeinkommen von EUR 44.600,-- jährlich nach Abzug der Sozialabgaben des Betriebes in Höhe von rund EUR 6.000,-- jährlich sowie der Lohnzahlungen an den Neffen in Höhe von zumindest EUR 1.000,-- monatlich (= EUR 12.000,-- jährlich) ein landwirtschaftliches Nettoeinkommen in der Größenordnung von EUR 26.600,-- jährlich verblieben sei. Nach Abzug des persönlichen Verbrauches des Klägers in Höhe des Einzelrichtsatzes für 2002 sei dem Kläger ein Betrag von EUR 17.700,-- jährlich verblieben, welcher ihm für die Entlohnung einer Fremdarbeitskraft zur Verfügung gestanden sei.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger zwar unstrittig die zeitlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeitspension im Sinne des § 124 Abs 2 BSVG erfülle und er auch gesundheitlich nicht mehr in der Lage sei, der selbständigen Erwerbstätigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebsführers nachzugehen. Es sei dem Kläger aber eine Änderung der personellen Ausstattung seines Betriebes im Sinne des § 124 Abs 2 BSVG durch Anstellung einer Fremdarbeitskraft zumutbar.In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger zwar unstrittig die zeitlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeitspension im Sinne des Paragraph 124, Absatz 2, BSVG erfülle und er auch gesundheitlich nicht mehr in der Lage sei, der selbständigen Erwerbstätigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebsführers nachzugehen. Es sei dem Kläger aber eine Änderung der personellen Ausstattung seines Betriebes im Sinne des Paragraph 124, Absatz 2, BSVG durch Anstellung einer Fremdarbeitskraft zumutbar.

Das Berufungsgericht erkannte in Stattgebung der Berufung des Klägers die beklagte Partei schuldig, dem Kläger ab 1. 1. 2003 eine Erwerbsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen, und trug der beklagten Partei auf, dem Kläger ab 1. 1. 2003 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von EUR 1.300,-- brutto monatlich unter Anrechnung des bereits geleisteten Pensionsvorschusses zu erbringen.

Nach teilweiser Beweiswiederholung und -ergänzung stellte das Berufungsgericht abweichend vom Erstgericht fest, dass dem Kläger ausgehend von einem kalkulierten landwirtschaftlichen Bruttoeinkommen von ca EUR 44.600,-- jährlich nach Abzug der Sozialabgaben des Betriebes in Höhe von rund EUR 6.000,-- jährlich sowie der Lohnzahlungen und Naturalleistungen an den im Betrieb des Klägers mitarbeitenden Neffen in Höhe von zumindest EUR 25.000,-- bis EUR 30.000,-- jährlich ein landwirtschaftliches Nettoeinkommen in der Größenordnung zwischen EUR 8.600,-- bis EUR 13.600,-- jährlich verblieben sei. Nach Abzug des persönlichen Verbrauches des Klägers in Höhe des Einzelrichtsatzes von EUR 8.900,-- (für 2002) sei dem Kläger ein Betrag zwischen EUR 0,-- und EUR 4.700,-- jährlich verblieben, welcher ihm für die Entlohnung einer Fremdarbeitskraft zur Verfügung gestanden sei. Hätte der Kläger seinen Neffen und dessen Gattin nicht mehr im Betrieb beschäftigt, hätte er deren Arbeitskraft durch fremde Arbeitnehmer ersetzen müssen, die für die Normalarbeitszeit rund EUR 20.000,-- pro Person jährlich gekostet hätten, wobei 1,5 bis 2 Vollarbeitskräfte erforderlich gewesen wären. Auch diese Kosten hätte sich der Kläger aus den Einkünften des Betriebes nicht leisten können.

Das Berufungsgericht begründete diese von den erstgerichtlichen Feststellungen abweichenden Feststellungen damit, dass das Erstgericht zwar den vom Kläger angeführten Aufwand für die Entlohnung seines Neffen in Gesamthöhe von EUR 25.000,-- bis EUR 30.000,-- als erwiesen angenommen habe, bei seiner Entscheidung jedoch die Auswirkungen für die Berechnung des frei verfügbaren und zur Entlohnung einer Ersatzkraft heranziehbaren Einkommens des Klägers nicht berücksichtigt habe.

In rechtlicher Hinsicht teilte das Berufungsgericht zunächst die Ansicht der beklagten Partei, wonach es nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehen könne, wenn der Kläger von vornherein zu wenige Arbeitskräfte in seinem landwirtschaftlichen Betrieb beschäftigt habe, um alle anfallenden Arbeiten in der normalen Arbeitszeit bewältigen zu können. Die der Entscheidung zugrundegelegte Berechnung der Kosten einer Ersatzarbeitskraft orientiere sich aber ohnedies nur am Ausmaß der Arbeiten, die der Kläger auf Grund seiner körperlichen Gebrechen im Vergleich zu einer gesunden Vollarbeitskraft nicht mehr leisten könne. Im Hinblick auf die von ihm getroffenen Feststellungen gelangte das Berufungsgericht jedoch abweichend vom Erstgericht zu dem Ergebnis, dass die Kosten einer im notwendigen Ausmaß beschäftigten Ersatzarbeitskraft das frei verfügbare Einkommen des Klägers übersteigen würden, weshalb dem Kläger eine solche Änderung seines Betriebes, die zu Lasten seiner Vermögenssubstanz oder seines angemessenen Mindesteinkommens gehen würde, nicht zumutbar sei. Da eine kalkülsrelevante Besserung seines Gesundheitszustandes nicht zu erwarten sei, erfülle der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer unbefristeten Erwerbsunfähigkeitspension im Sinn des § 124 Abs 2 BSVG.In rechtlicher Hinsicht teilte das Berufungsgericht zunächst die Ansicht der beklagten Partei, wonach es nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehen könne, wenn der Kläger von vornherein zu wenige Arbeitskräfte in seinem landwirtschaftlichen Betrieb beschäftigt habe, um alle anfallenden Arbeiten in der normalen Arbeitszeit bewältigen zu können. Die der Entscheidung zugrundegelegte Berechnung der Kosten einer Ersatzarbeitskraft orientiere sich aber ohnedies nur am Ausmaß der Arbeiten, die der Kläger auf Grund seiner körperlichen Gebrechen im Vergleich zu einer gesunden Vollarbeitskraft nicht mehr leisten könne. Im Hinblick auf die von ihm getroffenen Feststellungen gelangte das Berufungsgericht jedoch abweichend vom Erstgericht zu dem Ergebnis, dass die Kosten einer im notwendigen Ausmaß beschäftigten Ersatzarbeitskraft das frei verfügbare Einkommen des Klägers übersteigen würden, weshalb dem Kläger eine solche Änderung seines Betriebes, die zu Lasten seiner Vermögenssubstanz oder seines angemessenen Mindesteinkommens gehen würde, nicht zumutbar sei. Da eine kalkülsrelevante Besserung seines Gesundheitszustandes nicht zu erwarten sei, erfülle der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer unbefristeten Erwerbsunfähigkeitspension im Sinn des Paragraph 124, Absatz 2, BSVG.

Weiters sprach das Berufungsgericht aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu den Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitspension gemäß § 124 Abs 2 BSVG nicht vorliege.Weiters sprach das Berufungsgericht aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu den Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitspension gemäß Paragraph 124, Absatz 2, BSVG nicht vorliege.

Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im Sinn einer Wiederherstellung des Ersturteiles abzuändern, in eventu die Entscheidung des Berufungsgerichtes aufzuheben und die Sozialrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Nach § 124 Abs 2 BSVG idF SVÄG 2000, BGBl I Nr 43/2000, gilt als erwerbsunfähig auch der Versicherte, der das 57. Lebensjahr vollendet hat, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte außerstande ist, einer selbständigen Erwerbstätigkeit, die er in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt hat, nachzugehen. Dabei ist die Möglichkeit einer zumutbaren Änderung der sachlichen und personellen Ausstattung seines Betriebes zu berücksichtigen.Nach Paragraph 124, Absatz 2, BSVG in der Fassung SVÄG 2000, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 43 aus 2000,, gilt als erwerbsunfähig auch der Versicherte, der das 57. Lebensjahr vollendet hat, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte außerstande ist, einer selbständigen Erwerbstätigkeit, die er in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt hat, nachzugehen. Dabei ist die Möglichkeit einer zumutbaren Änderung der sachlichen und personellen Ausstattung seines Betriebes zu berücksichtigen.

In den Gesetzesmaterialien (AB 187 BlgNR 21. GP 3 f) werden die parallelen Neuregelungen des § 255 Abs 4 ASVG, § 133 Abs 3 GSVG und § 124 Abs 2 BSVG gemeinsam auszugsweise folgendermaßen begründet:In den Gesetzesmaterialien (AB 187 BlgNR 21. GP 3 f) werden die parallelen Neuregelungen des Paragraph 255, Absatz 4, ASVG, Paragraph 133, Absatz 3, GSVG und Paragraph 124, Absatz 2, BSVG gemeinsam auszugsweise folgendermaßen begründet:

"Entsprechend den im Entwurf eines SRÄG vorgesehenen Maßnahmen soll die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (wegen Erwerbsunfähigkeit) aufgehoben werden ........ Als flankierende Maßnahme soll unter einem der Berufsschutz für Personen, die das 57. Lebensjahr bereits vollendet und durch 10 Jahre während der letzten 15 Jahre vor dem Pensionsstichtag eine bestimmte Tätigkeit ausgeübt haben, verbessert werden. Können diese Personen auf Grund einer Krankheit (eines sonstigen Gebrechens) die besagte Tätigkeit nicht mehr ausüben, so gelten sie unter den erwähnten Voraussetzungen als invalid (berufs- bzw erwerbsunfähig), es sei denn, dass ihnen im konkreten Fall noch eine Änderung dieser Tätigkeit bzw eine Umorganisation des Betriebes in sachlicher wie personeller Hinsicht zugemutet werden kann."

Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass der Kläger auf Grund seines eingeschränkten medizinischen Leistungskalküls die in den letzten 15 Jahren mindestens 10 Jahre lang ausgeübte Tätigkeit als selbständiger Landwirt nicht mehr ausüben kann. Bei der Beurteilung einer Erwerbsunfähigkeit des Klägers gilt es aber nach § 124 Abs 2 letzter Satz BSVG die Möglichkeit einer zumutbaren Änderung der sachlichen und personellen Ausstattung des Betriebes zu berücksichtigen. Es gilt daher auch zu prüfen, ob durch zumutbare Änderungen der sachlichen und personellen Ausstattung des Betriebes die bisherige selbständige Erwerbstätigkeit weiter ausgeübt werden kann. Es geht dabei um die Frage, inwieweit dem Selbständigen eine Umorganisation des Betriebes in sachlicher und personeller Hinsicht sowohl möglich als auch zumutbar ist (vgl B. Karl, Der Erwerbsunfähigkeitsbegriff nach dem SVÄG 2000, ASoK 2001, 117 f ua).Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass der Kläger auf Grund seines eingeschränkten medizinischen Leistungskalküls die in den letzten 15 Jahren mindestens 10 Jahre lang ausgeübte Tätigkeit als selbständiger Landwirt nicht mehr ausüben kann. Bei der Beurteilung einer Erwerbsunfähigkeit des Klägers gilt es aber nach Paragraph 124, Absatz 2, letzter Satz BSVG die Möglichkeit einer zumutbaren Änderung der sachlichen und personellen Ausstattung des Betriebes zu berücksichtigen. Es gilt daher auch zu prüfen, ob durch zumutbare Änderungen der sachlichen und personellen Ausstattung des Betriebes die bisherige selbständige Erwerbstätigkeit weiter ausgeübt werden kann. Es geht dabei um die Frage, inwieweit dem Selbständigen eine Umorganisation des Betriebes in sachlicher und personeller Hinsicht sowohl möglich als auch zumutbar ist vergleiche B. Karl, Der Erwerbsunfähigkeitsbegriff nach dem SVÄG 2000, ASoK 2001, 117 f ua).

Die in § 124 Abs 2 BSVG genannte Änderung der Betriebsausstattung ist nach den zitierten Gesetzesmaterialien im Sinne von Umorganisationsmaßnahmen zu verstehen. Es entspricht dabei der ständigen Rechtsprechung des Senates, dass ein Selbständiger dann, wenn er zur Führung des Betriebes in der bisherigen Form nicht mehr in der Lage ist, gehalten ist, eine Umstrukturierung vorzunehmen, wenn auf diese Art der Betrieb wirtschaftlich (rentabel) weitergeführt werden kann. Zu den möglichen Umorganisationsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Begriff der Erwerbsunfähigkeit zählen nach ständiger Judikatur insbesondere die Aufnahme von Hilfs- und Ersatzkräften, die Delegierung einzelner Arbeitsgänge an Mitarbeiter, die Umorganisation der Aufgabenbereiche, die Verkleinerung des Betriebes, die Änderungen der technischen und maschinellen Einrichtungen des Betriebes oder die Adaptierung der Geschäftszeiten (RIS-Justiz RS0106377 ua). Zu einer solchen Umorganisation gehört unter Umständen auch eine Einschränkung des Umfanges der persönlichen Arbeitsleistung, wenn dies wirtschaftlich vertretbar ist; der Versicherte muss dabei auch eine Einkommenseinbuße in Kauf nehmen (SSV-NF 11/45 mwN ua; RIS-Justiz RS0106511). Ob dem Versicherten die Umorganisation des Betriebes auch durch Beschäftigung eines weiteren Mitarbeiters, der die Arbeiten des Versicherten zu übernehmen hätte, wirtschaftlich zumutbar ist, ist anhand eines Vergleiches zwischen dem Betriebserfolg bei der bisherigen Mitarbeit des Versicherten (ohne eine solche weitere Arbeitskraft) und dem Betriebserfolg bei Anstellung eines solchen weiteren Mitarbeiters unter Berücksichtigung der Kosten zu beurteilen (RIS-Justiz RS0106510 mwN ua). Der Berechnung der Höhe der für einen einzustellenden Mitarbeiter aufzuwendenden Lohnkosten ist die angemessene, ortsübliche und aktuelle Entlohnung dieser Tätigkeit zugrundezulegen (SSV-NF 15/71).Die in Paragraph 124, Absatz 2, BSVG genannte Änderung der Betriebsausstattung ist nach den zitierten Gesetzesmaterialien im Sinne von Umorganisationsmaßnahmen zu verstehen. Es entspricht dabei der ständigen Rechtsprechung des Senates, dass ein Selbständiger dann, wenn er zur Führung des Betriebes in der bisherigen Form nicht mehr in der Lage ist, gehalten ist, eine Umstrukturierung vorzunehmen, wenn auf diese Art der Betrieb wirtschaftlich (rentabel) weitergeführt werden kann. Zu den möglichen Umorganisationsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Begriff der Erwerbsunfähigkeit zählen nach ständiger Judikatur insbesondere die Aufnahme von Hilfs- und Ersatzkräften, die Delegierung einzelner Arbeitsgänge an Mitarbeiter, die Umorganisation der Aufgabenbereiche, die Verkleinerung des Betriebes, die Änderungen der technischen und maschinellen Einrichtungen des Betriebes oder die Adaptierung der Geschäftszeiten (RIS-Justiz RS0106377 ua). Zu einer solchen Umorganisation gehört unter Umständen auch eine Einschränkung des Umfanges der persönlichen Arbeitsleistung, wenn dies wirtschaftlich vertretbar ist; der Versicherte muss dabei auch eine Einkommenseinbuße in Kauf nehmen (SSV-NF 11/45 mwN ua; RIS-Justiz RS0106511). Ob dem Versicherten die Umorganisation des Betriebes auch durch Beschäftigung eines weiteren Mitarbeiters, der die Arbeiten des Versicherten zu übernehmen hätte, wirtschaftlich zumutbar ist, ist anhand eines Vergleiches zwischen dem Betriebserfolg bei der bisherigen Mitarbeit des Versicherten (ohne eine solche weitere Arbeitskraft) und dem Betriebserfolg bei Anstellung eines solchen weiteren Mitarbeiters unter Berücksichtigung der Kosten zu beurteilen (RIS-Justiz RS0106510 mwN ua). Der Berechnung der Höhe der für einen einzustellenden Mitarbeiter aufzuwendenden Lohnkosten ist die angemessene, ortsübliche und aktuelle Entlohnung dieser Tätigkeit zugrundezulegen (SSV-NF 15/71).

Im Revisionsverfahren ist ausschließlich die Frage strittig, ob dem Kläger die nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen mögliche Umorganisation seines Betriebes durch die Aufnahme einer ständig beschäftigten Halbtagskraft, wofür Lohnkosten inklusive der Sozialabgaben in Höhe von ca EUR 8.100,-- pro Jahr zu veranschlagen sind, wirtschaftlich zumutbar ist. Diese Frage kann auf Grund der bisherigen Feststellungen und der bisher vorliegenden Beweisergebnisse noch nicht verlässlich beurteilt werden:

Zunächst ist festzuhalten, dass nach den insoweit auch vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes der Neffe mit seiner vollen Arbeitskraft und dessen Gattin mit 50 % ihrer Arbeitskraft im Betrieb des Klägers mitgearbeitet haben und der Neffe vom Kläger für seine Tätigkeit im letzten Jahr vor Aufgabe des Betriebes mit einem Betrag von EUR 1.000,-- netto monatlich entlohnt wurde. Weiters wurde festgestellt, dass dem Neffen freie Kost und Logis für sich und seine Familie (Gattin und drei Kinder) gewährt wurde und der Kläger auch die "Kosten für den PKW des Neffen" übernommen hat, wobei weder ausdrücklich festgestellt wurde, ob die freie Unterkunft und Verpflegung sowie die Übernahme der Kosten für den PKW vom Kläger als Vergütung für die von seinem Neffen und dessen Gattin in seinem landwirtschaftlichen Betrieb erbrachten Arbeitsleistungen gewährt und in welcher betragsmäßigen Höhe tatsächlich Kosten für den PKW des Neffen vom Kläger übernommen wurden. Auch die weitere Feststellung des Erstgerichtes, das jährliche Nettoeinkommen des Neffen und dessen Gattin errechne sich unter Berücksichtigung dieser weiteren "geldwerten Leistungen" mit rund EUR 25.000,-- bis EUR 30.000,--, schafft diesbezüglich keine Klarheit, weil nicht aufgeschlüsselt ist, wie sich diese Beträge errechnen. Es scheint dieser Feststellung aber auch insofern ein Missverständnis zugrundezuliegen, als die beiden erwähnten Beträge ganz offensichtlich den Ausführungen des betriebswirtschaftlichen Sachverständigen in der mündlichen Gutachtenserörterung am 3. 11. 2003 entnommen sind, wobei der Sachverständige jedoch diese beiden Beträge - ebenfalls ohne nähere Aufschlüsselung - nicht als jährliches Nettoeinkommen des Neffen und dessen Gattin, sondern als betriebliche Kosten des Klägers für Lohnzahlung, Gewährung von freier Unterkunft und Verpflegung und für "PKW-Kosten" angegeben hat. In diesen betrieblichen Kosten sind damit aber offensichtlich auch die vom Kläger im Zusammenhang mit den erwähnten Leistungen zu entrichtenden Sozialabgaben bereits enthalten, sodass der von der beklagten Partei in ihrer Revision erhobene Vorwurf, das Berufungsgericht habe bei seiner Berechnung des landwirtschaftlichen Nettoeinkommens des Klägers in aktenwidriger Weise die Sozialabgaben doppelt berücksichtigt, nicht von der Hand zu weisen ist.

Im fortzusetzenden Verfahren wird daher das Erstgericht zunächst eindeutige Feststellungen darüber zu treffen haben, ob und gegebenenfalls in welchem genauen Umfang vom Kläger seinem Neffen und dessen Gattin für die Arbeit in seinem landwirtschaftlichen Betrieb neben der bereits festgestellten Entlohnung von EUR 1.000,-- netto monatlich auch Sachbezüge (freie Unterkunft und Verpflegung, "Übernahme der PKW-Kosten") gewährt wurden. Weiters wird hinsichtlich des Entlohnungsanspruches des Neffen und dessen Gattin ganz allgemein zu berücksichtigen sein, dass sich, wie der erkennende Senat bereits ausgesprochen hat (vgl 10 ObS 334/00s und 10 ObS 219/00d), aus der Rechtsordnung kein Anspruch gegenüber einem in Aussicht genommenen Hofübernehmer auf unentgeltliche Arbeitsleistung oder Erbringung von Arbeitsleistungen gegen ein unter dem üblichen Satz liegendes Entgelt ableiten lässt. Es wird vielmehr davon auszugehen sein, dass der Neffe und dessen Gattin Anspruch auf die - ebenfalls noch festzustellende - angemessene, ortsübliche und aktuelle Entlohnung ihrer Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers haben (vgl auch SSV-NF 15/71). Dabei wird mit den Parteien im Sinne der Revisionsausführungen der beklagten Partei die Anwendbarkeit des Kollektivvertrages für die Dienstnehmer in den bäuerlichen Betrieben des Bundeslandes Niederösterreich und der für die Dienstnehmer im Anwendungsbereich dieses Kollektivvertrages vorgesehene Anspruch auf Geld- und Naturalentlohnung zu erörtern sein.Im fortzusetzenden Verfahren wird daher das Erstgericht zunächst eindeutige Feststellungen darüber zu treffen haben, ob und gegebenenfalls in welchem genauen Umfang vom Kläger seinem Neffen und dessen Gattin für die Arbeit in seinem landwirtschaftlichen Betrieb neben der bereits festgestellten Entlohnung von EUR 1.000,-- netto monatlich auch Sachbezüge (freie Unterkunft und Verpflegung, "Übernahme der PKW-Kosten") gewährt wurden. Weiters wird hinsichtlich des Entlohnungsanspruches des Neffen und dessen Gattin ganz allgemein zu berücksichtigen sein, dass sich, wie der erkennende Senat bereits ausgesprochen hat vergleiche 10 ObS 334/00s und 10 ObS 219/00d), aus der Rechtsordnung kein Anspruch gegenüber einem in Aussicht genommenen Hofübernehmer auf unentgeltliche Arbeitsleistung oder Erbringung von Arbeitsleistungen gegen ein unter dem üblichen Satz liegendes Entgelt ableiten lässt. Es wird vielmehr davon auszugehen sein, dass der Neffe und dessen Gattin Anspruch auf die - ebenfalls noch festzustellende - angemessene, ortsübliche und aktuelle Entlohnung ihrer Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers haben vergleiche auch SSV-NF 15/71). Dabei wird mit den Parteien im Sinne der Revisionsausführungen der beklagten Partei die Anwendbarkeit des Kollektivvertrages für die Dienstnehmer in den bäuerlichen Betrieben des Bundeslandes Niederösterreich und der für die Dienstnehmer im Anwendungsbereich dieses Kollektivvertrages vorgesehene Anspruch auf Geld- und Naturalentlohnung zu erörtern sein.

Erst nach Klärung des genauen Umfanges des Geld- und Naturalentlohnungsanspruches des Neffen und dessen Gattin wird unter Beiziehung des betriebswirtschaftlichen Sachverständigen das maßgebende landwirtschaftliche Nettoeinkommen des Klägers ermittelt werden können, da sich dieses als Ergebnis nach Abzug der Sozialversicherungsabgaben und der Entlohnung der im Betrieb beschäftigten Arbeitskräfte vom kalkulierten landwirtschaftlichen Bruttoeinkommen des Klägers von EUR 44.600,-- jährlich versteht. Dabei wird mit dem betriebswirtschaftlichen Sachverständigen insbesondere auch die Frage der Bewertung der Höhe eines allfälligen Sachbezuges und allenfalls damit verbundener Sozialabgaben zu erörtern sein. Erst wenn eindeutige Feststellungen über die Höhe des dem Kläger für sich verbleibenden und zur Entlohnung einer Ersatzarbeitskraft heranziehbaren landwirtschaftlichen Nettoeinkommens vorliegen, kann die Frage beurteilt werden, ob dem Kläger eine Umorganisation seines landwirtschaftlichen Betriebes zumutbar gewesen wäre.

Da es zur Beseitigung der aufgezeigten Feststellungsmängel einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und es war die Sozialrechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Textnummer

E75405

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:010OBS00169.04G.1123.000

Im RIS seit

23.12.2004

Zuletzt aktualisiert am

13.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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