TE OGH 2004/11/25 2Ob263/04x

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Veröffentlicht am 25.11.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1.) Luzviminda H*****, 2.) Edgar *****, Philippinen, beide vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Bewilligung eines Adoptionsvertrages, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17. September 2004, GZ 48 R 346/04v-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 12. August 2004, GZ 8 P 5/04a-14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies den Antrag der Antragsteller auf Fristverlängerung zur Vorlage der gemäß dem Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption erforderlichen Stellungnahmen der Zentralbehörden des Aufnahmestaates und des Heimatstaates des Kindes ab und wies zugleich den Antrag auf Bewilligung der Adoption zurück. Es begründete seine Entscheidung damit, dass für das mj Wahlkind, das philippinischer Staatsangehöriger sei, die Vorschriften des Haager Übereinkommens über die internationale Adoption gelten würden. Danach müssten Adoptiveltern sich mit dem Wunsch nach Adoption an die Zentralstelle des Aufnahmestaates wenden. Diese Behörde habe die rechtliche Fähigkeit und soziale Eignung der künftigen Adoptiveltern zu prüfen und darüber einen Bericht zu erstellen. Dieser Bericht sei sodann an die Zentrale Behörde des Heimatstaates des Kindes zu übermitteln, welche wiederum einen Bericht über das Kind und die Nachweise der Zustimmung zur Adoption an die Zentrale Behörde des Aufnahmestaates zu übermitteln habe. Die Zentralen Behörden seien jedoch mit der Adoption bisher nicht befasst gewesen, sodass der Adoptionsantrag zurückzuweisen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs - mangels Rechtsfragen von der in § 14 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität - nicht zulässig sei. Es führte im Wesentlichen folgendes aus:

Im vorliegenden Fall habe das philippinische Wahlkind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, sodass die Vorschriften des Haager Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption anzuwenden seien. Dieses Übereinkommen stelle zwingendes Recht dar. Gemäß Art 14 des Übereinkommens haben sich Personen mit gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat, wozu sowohl Österreich als auch die Philippinen zählten, die ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen Vertragsstaat adoptieren möchten, an die Zentrale Behörde im Staat ihres gewöhnlichen Aufenthaltes zu wenden. Diese Behörde habe gemäß Art 15 die Eignung der Antragsteller für eine Adoption zu prüfen und einen Bericht an die Zentrale Behörde des Heimatstaates zu übermitteln, die ihrerseits gemäß Art 16 alle für die Sicherstellung des Wohles des Kindes erforderlichen Überprüfungen durchzuführen habe. Gemäß Art 4 und 5 des Übereinkommens könnten Adoptionen nur dann durchgeführt werden, wenn die Behörden des Heimatstaates und des Aufnahmestaates diese Erhebungen durchgeführt hätten. Dies bedeute, dass die Erhebungen bereits vor Abschluss des Adoptionsverfahrens erfolgreich beendet sein müssten. Im vorliegenden Fall ergebe sich jedoch aus dem Vorbringen der Antragsteller, dass diese erstmals im Juni 2004 die Behörden des Heimatstaates des Wahlkindes und erst am 30. 8. 2004 die Behörden des Aufnahmestaates mit dem Wunsch nach Adoption befasst hätten. Der Adoptionsvertrag, dessen Genehmigung die Antragsteller begehrten, stamme jedoch vom 16. 11. 2003. Da also nach den Vorschriften des Übereinkommens die Voraussetzungen für das Zustandekommen einer Adoption gar nicht vorlägen, sei der Antrag zurückzuweisen gewesen. Da die Erhebungen der Behörden des Heimatstaates und des Aufnahmestaates bereits vor Abschluss des Adoptionsvertrages vorliegen müssten, sei auch der Antrag auf Fristverlängerung folgerichtig abzuweisen gewesen.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die Adoption zu bewilligen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die vorhandene Rechtsprechung zur Lösung der Rechtsfrage nicht ausreicht; er ist aber nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber machen im Wesentlichen geltend, das Pflegschaftsgericht dürfe schon dann mit der Adoption befasst werden, wenn die erforderlichen positiven Stellungnahmen anderer Behörden noch ausständig seien.

Hiezu wurde erwogen:

An der Anwendbarkeit des Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (BGBl III Nr 145/1999) besteht im vorliegenden Fall kein Zweifel.An der Anwendbarkeit des Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (BGBl römisch III Nr 145/1999) besteht im vorliegenden Fall kein Zweifel.

Auf den Verfahrensgang nach diesem Übereinkommen hat der Oberste Gerichtshof bereits in 1 Ob 145/03k und 8 Ob 140/03a (vgl Rudolf, Das Haager Übereinkommen über die internationale Adoption, ZfRV 2001, 183 ff) hingewiesen: Gemäß Art 14 des Übereinkommens haben sich Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Vertragsstaat, die ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen Vertragsstaat adoptieren möchten, an die Zentrale Behörde im Staat ihres gewöhnlichen Aufenthaltes zu wenden. Diese Behörde hat gemäß Art 15 die Eignung der Antragsteller für eine Adoption zu prüfen und einen Bericht an die Zentrale Behörde des Heimatstaates zu übermitteln, die ihrerseits gemäß Art 16 alle für die Sicherstellung des Wohles des Kindes erforderlichen Überprüfungen durchzuführen hat. Gemäß Art 4 und 5 des Übereinkommens können Adoptionen nur dann durchgeführt werden, wenn die Behörden des Heimatstaates und des Aufnahmestaates diese Erhebungen vorgenommen haben.

Hievon ausgehend, ist dem Rekursgericht zuzustimmen, dass die behördlichen Erhebungen vor Abschluss des Adoptionsverfahrens erfolgreich beendet sein müssen, dh vor einer gerichtlichen Adoptionsbewilligung müssen die Berichte der Zentralen Behörden gemäß Art 15 f des Übereinkommens vorliegen. Für die an anderer Stelle geäußerte Ansicht des Rekursgerichtes, diese Erhebungen müssten schon vor Abschluss des Adoptionsvertrages beendet sein, findet sich hingegen im Übereinkommen - das von der "Durchführung" der Adoption spricht - keine ausreichende Grundlage.

Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht den Antragstellern zur Vorlage der nach dem Übereinkommen notwendigen Unterlagen (Stellungnahmen) eine Frist von zwei Monaten gesetzt. Die Antragsteller haben in der Folge eine Fristverlängerung um weitere zwei Monate beantragt, weil das philippinische Amt, an das sie sich nach dem Beschluss des Erstgerichtes gewendet hätten, von ihnen erst bestimmte Beweise verlangt habe. In ihrem Rekurs haben sie (als Neuerung) schließlich vorgebracht, sie hätten "unter einem" auch einen Antrag an die Wiener Landesregierung gestellt.

Nach Art 14 des Übereinkommens hätte dies allerdings der erste Verfahrensschritt sein müssen. Eine unmittelbare Antragstellung bei der Zentralen Behörde des Heimatstaates des Kindes ist nicht vorgesehen (Rudolf aaO bei FN 43). An die Zentrale Behörde des Aufnahmestaates (hier: Wiener Landesregierung) hätten sich die Antragsteller grundsätzlich schon rechtzeitig vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens (sodass die Berichte der Zentralen Behörden bereits vorliegen), spätestens aber innerhalb der vom Erstgericht gewährten Frist wenden müssen. Da dies selbst dann nicht geschehen ist, war das Erstgericht nicht verpflichtet, eine Fristverlängerung zu bewilligen. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Erstgericht bei noch gar nicht erfolgter Befassung der Zentralen Behörde des Aufnahmestaates überhaupt eine Verbesserungsfrist einräumen musste.

Somit wurde das in den Art 14 ff des Übereinkommens zwingend vorgeschriebene Verfahren nicht durchgeführt, was die Zurückweisung des Antrages auf gerichtliche Bewilligung der (internatioalen) Adoption nach sich zieht (vgl 8 Ob 140/03a = RIS-Justiz RS0118995).

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Textnummer

E75489

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00263.04X.1125.000

Im RIS seit

25.12.2004

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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