Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Linz zu ***** eingetragenene D***** Gesellschaft m. b.H. mit dem Sitz in L*****, über den Revisionsrekurs des Geschäftsführers Marco D*****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 27. September 2004, GZ 6 R 162/04t, 6 R 163/04i-30 (-29), mit dem der Rekurs des Geschäftsführers Marco D***** gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Linz vom 16. August 2004, GZ 13 Fr 1625/02k-25 und 13 Fr 1616/02m-25, teilweise zurückgewiesen wurde und mit dem seinem Rekurs teilweise nicht Folge gegeben wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der (hilfsweise) an den Obersten Gerichtshof gestellte Antrag auf Verfahrensunterbrechung wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschlüssen vom 30. 6. 2004 verhängte das Erstgericht über den Geschäftsführer Marco D***** die ihm bereits mit Beschluss vom 28. 5. 2004 angedrohte Zwangsstrafen von je 1. 600 EUR, weil der Aufforderung zur Offenlegung der Unterlagen gemäß §§ 277 ff HGB einerseits für das Geschäftsjahr 1998/1999 und anderserseits für das Geschäftsjahr 1999/2000 nicht entsprochen worden sei. Mit Beschlüssen vom 16. 8. 2004 gab das Erstgericht den dagegen erhobenen Vorstellungen des Geschäftsführers nicht Folge (Punkt 1.), wies seinen Antrag auf "Unterbrechung/Aussetzung" des Zwangsstrafverfahrens bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - in den von den Landgerichten Essen (C-435/02) und Hagen (C-103/03) ab (Punkt 2.) und sprach aus, dass die Anregung auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht aufgegriffen werde (Punkt 3.).Mit Beschlüssen vom 30. 6. 2004 verhängte das Erstgericht über den Geschäftsführer Marco D***** die ihm bereits mit Beschluss vom 28. 5. 2004 angedrohte Zwangsstrafen von je 1. 600 EUR, weil der Aufforderung zur Offenlegung der Unterlagen gemäß Paragraphen 277, ff HGB einerseits für das Geschäftsjahr 1998/1999 und anderserseits für das Geschäftsjahr 1999/2000 nicht entsprochen worden sei. Mit Beschlüssen vom 16. 8. 2004 gab das Erstgericht den dagegen erhobenen Vorstellungen des Geschäftsführers nicht Folge (Punkt 1.), wies seinen Antrag auf "Unterbrechung/Aussetzung" des Zwangsstrafverfahrens bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - in den von den Landgerichten Essen (C-435/02) und Hagen (C-103/03) ab (Punkt 2.) und sprach aus, dass die Anregung auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht aufgegriffen werde (Punkt 3.).
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Geschäftsführers, teilweise zurück und gab ihm im Übrigen nicht Folge. Den hilfsweise an das Rekursgericht gestellten Antrag auf Verfahrensunterbrechung wies es ab. Das Rekursgericht sprach aus, dass - "soweit ein Revisionsrekurs nicht absolut unzulässig ist" - der ordentlicher Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Geschäftsführers ist teils jedenfalls, teils mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.
1. Zum Unterbrechungsantrag:
Ein Beschluss, mit dem im Firmenbuchverfahren ein Unterbrechungsantrag abgewiesen oder zurückgewiesen wird, ist gemäß § 19 Abs 3 FBG unanfechtbar, wie dies gemäß § 192 Abs 1 ZPO grundsätzlich auch im Zivilprozess gilt (RIS-Justiz RS0106006), es sei denn, es wird eine im Gesetz zwingend vorgeschriebene Unterbrechung verweigert (6 Ob 306/00v). Dies ist hier aber nicht der Fall. Soweit im Revisionsrekurs die Unterbrechungspflicht abermals mit der Anhängigkeit der Vorabentscheidungsersuchen der Landgerichte Essen und Hagen beim EuGH begründet wird, ist die Rechtsmittelwerberin darauf hinzuweisen, dass der EuGH über diese Vorabentscheidungsersuchen in den verbundenen Rechtssachen C-435/02 und C-103/03 mit Beschluss vom 23. 9. 2004 eine Entscheidung gefällt hat, aus der hervorgeht, dass er die in den §§ 277 ff HGB umgesetzten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien als gemeinschaftsrechtskonform ansieht. Dieser behauptete Unterbrechungsgrund ist mit der Entscheidung des EuGH jedenfalls weggefallen. Aber auch das beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften aufgrund einer Klage des ehemaligen Geschäftsführers Manfred D***** und der Rechtsmittelwerberin nach Art 288 Abs 2 EG anhängige Verfahren, in dem ebenfalls die Nichtigkeit der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien geltend gemacht wird und das wegen der - nun erledigten - Vorabentscheidungsersuchen unterbrochen wurde, begründet keine gesetzliche Verpflichtung zur Unterbrechung des Offenlegungsverfahrens. Auf eine solche Klage ist § 90a GOG schon deshalb nicht anwendbar, weil sie nicht zu einer Vorabentscheidung des EuGH über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts führt. Selbst die analoge Heranziehung des § 190 Abs 1 ZPO würde kein Recht einer Partei auf Verfahrensunterbrechung begründen, dessen Missachtung angefochten werden könnte (6 Ob 209/02g ua).Ein Beschluss, mit dem im Firmenbuchverfahren ein Unterbrechungsantrag abgewiesen oder zurückgewiesen wird, ist gemäß Paragraph 19, Absatz 3, FBG unanfechtbar, wie dies gemäß Paragraph 192, Absatz eins, ZPO grundsätzlich auch im Zivilprozess gilt (RIS-Justiz RS0106006), es sei denn, es wird eine im Gesetz zwingend vorgeschriebene Unterbrechung verweigert (6 Ob 306/00v). Dies ist hier aber nicht der Fall. Soweit im Revisionsrekurs die Unterbrechungspflicht abermals mit der Anhängigkeit der Vorabentscheidungsersuchen der Landgerichte Essen und Hagen beim EuGH begründet wird, ist die Rechtsmittelwerberin darauf hinzuweisen, dass der EuGH über diese Vorabentscheidungsersuchen in den verbundenen Rechtssachen C-435/02 und C-103/03 mit Beschluss vom 23. 9. 2004 eine Entscheidung gefällt hat, aus der hervorgeht, dass er die in den Paragraphen 277, ff HGB umgesetzten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien als gemeinschaftsrechtskonform ansieht. Dieser behauptete Unterbrechungsgrund ist mit der Entscheidung des EuGH jedenfalls weggefallen. Aber auch das beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften aufgrund einer Klage des ehemaligen Geschäftsführers Manfred D***** und der Rechtsmittelwerberin nach Artikel 288, Absatz 2, EG anhängige Verfahren, in dem ebenfalls die Nichtigkeit der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien geltend gemacht wird und das wegen der - nun erledigten - Vorabentscheidungsersuchen unterbrochen wurde, begründet keine gesetzliche Verpflichtung zur Unterbrechung des Offenlegungsverfahrens. Auf eine solche Klage ist Paragraph 90 a, GOG schon deshalb nicht anwendbar, weil sie nicht zu einer Vorabentscheidung des EuGH über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts führt. Selbst die analoge Heranziehung des Paragraph 190, Absatz eins, ZPO würde kein Recht einer Partei auf Verfahrensunterbrechung begründen, dessen Missachtung angefochten werden könnte (6 Ob 209/02g ua).
2. Zum Zwangsstrafenbeschluss:
Der Geschäftsführer bekämpft die Zwangsstrafenverhängung mit Argumenten, die der Oberste Gerichtshof bereits in Vorentscheidungen behandelt und abgelehnt hat (vgl 6 Ob 269/03g mwN). Für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung besteht um so weniger nach Vorliegen der Entscheidung des EuGH in den zitierten Vorabentscheidungsverfahren Anlass.Der Geschäftsführer bekämpft die Zwangsstrafenverhängung mit Argumenten, die der Oberste Gerichtshof bereits in Vorentscheidungen behandelt und abgelehnt hat vergleiche 6 Ob 269/03g mwN). Für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung besteht um so weniger nach Vorliegen der Entscheidung des EuGH in den zitierten Vorabentscheidungsverfahren Anlass.
Darin hat der EuGH unmissverständlich klargestellt, dass die Offenlegungspflichten der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien wirksam auf der Grundlage des Art 54 Abs 3 lit g des Vertrags (nach Änderung jetzt Art 44 Abs 2 lit g EG) erlassen werden konnten, ihnen also der Grundsatz der Niederlassungsfreiheit nicht entgegensteht und die Grundsätze der freien Berufsausübung und der Freiheit der Meinungsäußerung nicht beeinträchtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0113282; RS0113089) ließen die die Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien einfordernden Entscheidungen des EuGH (insbesondere vom 4. 12. 1997, Slg 1997 I-6843-Daihatsu) schon bisher keinen Zweifel darüber offen, dass die Offenlegung mit den vom Rechtsmittelwerber relevierten Grundrechten nach der EMRK und den Grundwerten der Europäischen Gemeinschaft in Einklang steht. Diese Ansicht wird einerseits durch die (neue) Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 7. 2003 zur Änderung der Richtlinie 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (1. Richtlinie-Publizitätsrichtlinie), ABl L 221 vom 4. 9. 2003 S 13, mit welcher der Gesetzgeber der Gemeinschaft an der obligatorischen Offenlegung von Kapitalgesellschaften festhielt, und andererseits durch die Entscheidung des EuGH über die Vorabentscheidungsersuchen der Landgerichte Essen und Hagen bestätigt. Weder dem genannten Gesetzgeber noch dem EuGH kann unterstellt werden, sie hätten verkannt, dass es sich bei den offen zu legenden Bilanzangaben um grundrechtlich geschützte Geschäftsgeheimnisse handle. Der Hinweis des Rechtsmittelwerbers auf die Europäische Charta der Grundrechte der Europäischen Union geht, wie auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. 12. 2003, GZ A 2/01 ua (auf Abweisung von Staatshaftungsklagen) zutreffend bemerkt hat, allein deshalb fehl, weil diese Charta (noch) nicht für die Mitgliedstaaten der EU verbindlich ist. Der vom Revisionsrekurswerber behauptete umfassende Datenschutz des Gemeinschaftsrechts ergibt sich, wie der Verfassungsgerichtshof ebenfalls (in dem eben zitierten Erkenntnis) klargestellt hat, vielmehr aus sekundärrechtlichen Vorschriften, insbesondere der Datenschutz-Richtlinie. Diese Vorschriften stehen auf einer Stufe mit den gesellschaftsrechtlichen Richtlinien und können schon deshalb kein Maßstab dafür sein, ob andere Richtlinien mit dem Primärrecht vereinbar sind (6 Ob 142/04g; 6 Ob 153/04z uva).Darin hat der EuGH unmissverständlich klargestellt, dass die Offenlegungspflichten der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien wirksam auf der Grundlage des Artikel 54, Absatz 3, Litera g, des Vertrags (nach Änderung jetzt Artikel 44, Absatz 2, Litera g, EG) erlassen werden konnten, ihnen also der Grundsatz der Niederlassungsfreiheit nicht entgegensteht und die Grundsätze der freien Berufsausübung und der Freiheit der Meinungsäußerung nicht beeinträchtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0113282; RS0113089) ließen die die Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien einfordernden Entscheidungen des EuGH (insbesondere vom 4. 12. 1997, Slg 1997 I-6843-Daihatsu) schon bisher keinen Zweifel darüber offen, dass die Offenlegung mit den vom Rechtsmittelwerber relevierten Grundrechten nach der EMRK und den Grundwerten der Europäischen Gemeinschaft in Einklang steht. Diese Ansicht wird einerseits durch die (neue) Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 7. 2003 zur Änderung der Richtlinie 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (1. Richtlinie-Publizitätsrichtlinie), ABl L 221 vom 4. 9. 2003 S 13, mit welcher der Gesetzgeber der Gemeinschaft an der obligatorischen Offenlegung von Kapitalgesellschaften festhielt, und andererseits durch die Entscheidung des EuGH über die Vorabentscheidungsersuchen der Landgerichte Essen und Hagen bestätigt. Weder dem genannten Gesetzgeber noch dem EuGH kann unterstellt werden, sie hätten verkannt, dass es sich bei den offen zu legenden Bilanzangaben um grundrechtlich geschützte Geschäftsgeheimnisse handle. Der Hinweis des Rechtsmittelwerbers auf die Europäische Charta der Grundrechte der Europäischen Union geht, wie auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. 12. 2003, GZ A 2/01 ua (auf Abweisung von Staatshaftungsklagen) zutreffend bemerkt hat, allein deshalb fehl, weil diese Charta (noch) nicht für die Mitgliedstaaten der EU verbindlich ist. Der vom Revisionsrekurswerber behauptete umfassende Datenschutz des Gemeinschaftsrechts ergibt sich, wie der Verfassungsgerichtshof ebenfalls (in dem eben zitierten Erkenntnis) klargestellt hat, vielmehr aus sekundärrechtlichen Vorschriften, insbesondere der Datenschutz-Richtlinie. Diese Vorschriften stehen auf einer Stufe mit den gesellschaftsrechtlichen Richtlinien und können schon deshalb kein Maßstab dafür sein, ob andere Richtlinien mit dem Primärrecht vereinbar sind (6 Ob 142/04g; 6 Ob 153/04z uva).
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist insoweit mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG unzulässig. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 16 Abs 4 AußStrG und § 15 Abs 1 FBG).Der außerordentliche Revisionsrekurs ist insoweit mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG unzulässig. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO in Verbindung mit Paragraph 16, Absatz 4, AußStrG und Paragraph 15, Absatz eins, FBG).
Anmerkung
E75463 6Ob282.04wEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0060OB00282.04W.1125.000Dokumentnummer
JJT_20041125_OGH0002_0060OB00282_04W0000_000