TE OGH 2004/11/30 4Ob239/04g

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Veröffentlicht am 30.11.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Chocoladenfabriken L***** AG, K*****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 33.000 EUR), über den Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 23. August 2004, GZ 2 R 102/04s-14, mit dem die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom 19. März 2004, GZ 19 Cg 31/04m-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die einstweilige Verfügung wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterlassung weiterer Kennzeicheneingriffe wird der Beklagten aufgetragen, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu unterlassen, Schokolade-Osterhasen in Goldfolie anzubieten und/oder zu vertreiben, die dem durch die Gemeinschaftsmarke CTM 1 698 885 geschützten Lindt-Goldhasen verwechselbar ähnlich sind, insbesondere Schokolade-Osterhasen entsprechend der der einstweiligen Verfügung angeschlossenen Anlage 2.

Die Äußerung der Beklagten vom 15. 3. 2003 wird zurückgewiesen."

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Inhaberin der zu CTM 1 698 885 mit Schutzdauerbeginn 8. 6. 2000 geschützten dreidimensionalen Gemeinschaftsmarke, die einen sitzenden goldfarbenen Schokoladehasen mit roter Schleife zeigt:

Die Marke ist für die Klasse 30 (Schokolade und Schokoladewaren) eingetragen; die Farben sind mit Gold, Rot und Braun angegeben, wobei die Aufschrift und die Zeichnung der verschiedenen Merkmale, wie Augen, Barthaare und Pfoten, in Braun gehalten ist.

Die Klägerin bietet den Hasen in verschiedenen Größen an. Die größeren Hasen sind mit einer roten Schleife mit Schelle versehen; die kleineren, nur packungsweise abgegebenen Hasen haben keine Schelle und nur einen Schleifenaufdruck. Alle Hasen tragen deutlich sichtbar die Aufschrift „Lindt"; die größeren Hasen mit dem Zusatz „Goldhase".

In Österreich wird der Goldhase seit 1995 vertrieben. Seit 2001 hat die Klägerin ihren Werbeaufwand erheblich gesteigert. 2002 hat sie für Werbung rund 264.000 EUR aufgewendet, 2003 rund 330.000 EUR. Geworben wird immer mit einer Abbildung des Hasen. Vertrieben wird der Goldhase in den Geschäften der großen Handelsketten. Er ist in rund 79 % aller Lebensmittelgeschäfte Österreichs erhältlich. Der Marktanteil der Klägerin hat in den Jahren 2000 bis 2003 zwischen 17 und 18,7 % betragen.

Die Beklagte bringt ebenfalls Schokoladehasen auf den Markt; darunter sind Hasen, die wie folgt gestaltet sind:

Auch dieser Hase ist in Goldfolie gewickelt; die Farbe der mit einem Goldband befestigten Masche ist Rot, die der Zeichnung der verschiedenen Merkmale Dunkelbraun. Eine Schelle ist nicht vorhanden. Auf den Hersteller und die Produkteigenschaften wird auf einem Aufkleber an der Unterseite des Hasen hingewiesen. Der Marktanteil der Beklagten liegt zwischen 8 und 10 %. Der von ihr vertriebene Hase wiegt bei gleicher Größe weniger als der der Klägerin (125 g statt 200 g).

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu unterlassen, Schokolade-Osterhasen in Goldfolie anzubieten und/oder zu vertreiben, die den Lindt-Goldhasen entsprechend der der einstweiligen Verfügung als Anlage 1 angeschlossenen Abbildung verwechselbar ähnlich sind, insbesondere Schokolade-Osterhasen entsprechend der der einstweiligen Verfügung angeschlossenen Anlage 2. Eine Untersuchung eines deutschen Meinungsforschungsinstituts habe ergeben, dass der Goldhase der Klägerin selbst in völlig neutralisierter Form (dh ohne braune Zeichnung, rote Halsschleife und Schelle) 82 % aller Befragten und 86 % des „engeren Verkehrskreises" (Personen, die Schokoladewaren verwenden) bekannt sei, von 61 % aller Befragten und 65 % des engeren Verkehrskreises als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen angesehen werde und von 55 % aller Befragten und 58 % des engeren Verkehrskreises der Klägerin zugeordnet werde. Eine ähnlich überragende Verkehrsdurchsetzung genieße der Goldhase aufgrund der intensiven Werbung und des intensiven Vertriebs auch in Österreich. Im Juni 2003 habe die Klägerin zum ersten Mal in der Schweiz ein von der Beklagten stammendes Plagiat ihres Goldhasen entdeckt. Die Beklagte habe auf das vom Schweizer Vertriebsunternehmen weitergeleitete Verwarnschreiben bisher nicht reagiert. Sie biete ihren Goldhasen nunmehr auch im Internet an und habe zumindest in Österreich bereits mit dem Vertrieb begonnen. Mit dem Angebot und dem Vertrieb ihres Goldhasen verletze die Beklagte das Markenrecht der Klägerin und verstoße überdies gegen § 1 UWG. Der Goldhase der Beklagten sei der Gemeinschaftsmarke der Klägerin verwechselbar ähnlich. Mit Ausnahme der Schelle seien am Goldhasen der Beklagten alle charakteristischen Formgebungsmerkmale der Gemeinschaftsmarke verwirklicht; der Gesamteindruck beider Hasen sei identisch. Wem das Fehlen der Schelle auffalle, der müsse den Goldhasen der Beklagten für eine Abwandlung des für die Klägerin geschützten Zeichens halten. Es liege überdies eine vermeidbare Herkunftstäuschung im Sinne des § 1 UWG vor, weil die Beklagte den Goldhasen der Klägerin bewusst nachgeahmt und damit die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt habe, obwohl ihr eine andersartige Gestaltung ohne weiteres zumutbar gewesen wäre.Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu unterlassen, Schokolade-Osterhasen in Goldfolie anzubieten und/oder zu vertreiben, die den Lindt-Goldhasen entsprechend der der einstweiligen Verfügung als Anlage 1 angeschlossenen Abbildung verwechselbar ähnlich sind, insbesondere Schokolade-Osterhasen entsprechend der der einstweiligen Verfügung angeschlossenen Anlage 2. Eine Untersuchung eines deutschen Meinungsforschungsinstituts habe ergeben, dass der Goldhase der Klägerin selbst in völlig neutralisierter Form (dh ohne braune Zeichnung, rote Halsschleife und Schelle) 82 % aller Befragten und 86 % des „engeren Verkehrskreises" (Personen, die Schokoladewaren verwenden) bekannt sei, von 61 % aller Befragten und 65 % des engeren Verkehrskreises als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen angesehen werde und von 55 % aller Befragten und 58 % des engeren Verkehrskreises der Klägerin zugeordnet werde. Eine ähnlich überragende Verkehrsdurchsetzung genieße der Goldhase aufgrund der intensiven Werbung und des intensiven Vertriebs auch in Österreich. Im Juni 2003 habe die Klägerin zum ersten Mal in der Schweiz ein von der Beklagten stammendes Plagiat ihres Goldhasen entdeckt. Die Beklagte habe auf das vom Schweizer Vertriebsunternehmen weitergeleitete Verwarnschreiben bisher nicht reagiert. Sie biete ihren Goldhasen nunmehr auch im Internet an und habe zumindest in Österreich bereits mit dem Vertrieb begonnen. Mit dem Angebot und dem Vertrieb ihres Goldhasen verletze die Beklagte das Markenrecht der Klägerin und verstoße überdies gegen Paragraph eins, UWG. Der Goldhase der Beklagten sei der Gemeinschaftsmarke der Klägerin verwechselbar ähnlich. Mit Ausnahme der Schelle seien am Goldhasen der Beklagten alle charakteristischen Formgebungsmerkmale der Gemeinschaftsmarke verwirklicht; der Gesamteindruck beider Hasen sei identisch. Wem das Fehlen der Schelle auffalle, der müsse den Goldhasen der Beklagten für eine Abwandlung des für die Klägerin geschützten Zeichens halten. Es liege überdies eine vermeidbare Herkunftstäuschung im Sinne des Paragraph eins, UWG vor, weil die Beklagte den Goldhasen der Klägerin bewusst nachgeahmt und damit die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt habe, obwohl ihr eine andersartige Gestaltung ohne weiteres zumutbar gewesen wäre.

Die Beklagte hat sich nicht fristgerecht geäußert. Ihr Antrag, die Äußerungsfrist zu erstrecken, blieb erfolglos.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Die Form des Goldhasen sei unterscheidungskräftig und geeignet, einem bestimmten Hersteller zugeordnet zu werden. Die charakteristischen und auffallenden Bestandteile des geschützten Zeichens stimmten bei beiden Goldhasen weitgehend überein und lösten die Gefahr von Verwechslungen aus. Da die Beklagte die Herstellerbezeichnung auf der Unterseite des Hasens anbringe, sei der Hersteller bei den im Regal stehenden Hasen nicht erkennbar. Die Marke der Klägerin werde auch dadurch beeinträchtigt, dass der Goldhase der Beklagten in vergleichbarer Größe wesentlich billiger, aber von geringerem Gewicht und damit auch geringerwertig sei.

Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Feststellung zur Marke sei dahin zu berichtigen, dass die Darstellung des Goldhasen in Anlage 1 der Marke entspreche, wobei aber der Mittelpunkt der roten Schleife in die Nähe des Genicks des Hasen zu verschieben sei. Die materielle Rechtslage nach der Gemeinschaftsmarkenverordnung stimme - soweit hier von Bedeutung - mit dem Markenschutzgesetz überein. Die Form des Hasen sei nicht technisch bedingt. Schokolade-Osterhasen würden in vielfältigen Formen hergestellt und vertrieben. Der Gesamteindruck des Goldhasen werde durch folgende Gestaltungsmerkmale bestimmt: sitzender, pausbäckiger Hase in Goldfolie mit eng aneinanderliegenden, schräg nach hinten weisenden Löffeln, rundem Rücken, rundlichem Körper und zusammengekauerten Pfoten, mit roter Masche an einem roten Halsband. Die Gestaltungsmerkmale seien geeignet, den Goldhasen von anderen Schokolade-Osterhasen zu unterscheiden und eine bestimmte Herkunftsvorstellung auszulösen. Aufgrund der Übereinstimmung beider Goldhasen in den prägenden Gestaltungsmerkmalen könne an der Verwechslungsgefahr kein Zweifel bestehen. Es bestehe jedenfalls Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zur Verletzung von als Formmarke geschützten Gemeinschaftsmarken fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Beklagte bekämpft einerseits die Schutzfähigkeit der für die Klägerin als Gemeinschaftsmarke geschützten Formmarke, andererseits macht sie geltend, dass die beiden Goldhasen einander nicht verwechselbar ähnlich seien.

1. Zur Schutzfähigkeit

Die Klägerin stützt ihren Anspruch, soweit sie ihn aus dem Markenrecht ableitet, auf die zu ihren Gunsten geschützte Gemeinschaftsmarke. Für alle Klagen wegen Verletzung und - falls das nationale Recht es zulässt - wegen drohender Verletzung der Gemeinschaftsmarke sind die Gemeinschaftsmarkengerichte ausschließlich zuständig (Art 92 lit a GMV). Gemeinschaftsmarkengericht erster Instanz ist gemäß § 69d Abs 1 MSchG das Handelsgericht Wien; weitere Gemeinschaftsmarkengerichte sind die im Instanzenzug übergeordneten Gerichte (Art 101 GMV; ÖBl 2003, 186 - Rothmans). Nach stRsp sind die Gerichte in Markenverletzungsstreitigkeiten an die Entscheidung des Patentamts im Markeneintragungsverfahren nicht gebunden; sie haben vielmehr die Vorfrage, ob das Markenrecht des Klägers besteht, selbstständig zu prüfen (ÖBl 1996, 280 - DIY mwN; ÖBl 1999, 124 - Tabasco VI; Kucsko, Geistiges Eigentum 535). Anders als nach nationalem österreichischen Recht ist das Gericht im Verfahren wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke jedoch nur in beschränktem Umfang befugt, die Rechtsgültigkeit der Marke zu prüfen. Nach Art 95 Abs 1 GMV haben die Gemeinschaftsmarkengerichte von der Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke auszugehen, sofern diese nicht durch den Beklagten mit einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit angefochten wird. Der bloße Einwand des Verfalls oder der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke ist nur insoweit zulässig, als sich der Beklagte darauf beruft, dass die Gemeinschaftsmarke wegen mangelnder Benutzung für verfallen oder wegen eines älteren Rechts des Beklagten für nichtig erklärt werden könnte (Art 95 Abs 3 GMV). Bringt der Beklagte keine Widerklage ein, wozu im Provisorialverfahren von vornherein keine Möglichkeit besteht (von Kapff in Ekey/Klippel, Markenrecht Art 99 GMV Rz 17), so kann er daher die Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke im Verletzungsverfahren nur mit dem Einwand der mangelnden Benutzung und dem Bestehen eines älteren Rechts bekämpfen (von Kapff aaO Art 95 GMV Rz 6 ff); von Amts wegen darf das Gemeinschaftsmarkengericht die Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke in keinem Fall prüfen (von Kapff aaO Art 95 GMV Rz 1).Die Klägerin stützt ihren Anspruch, soweit sie ihn aus dem Markenrecht ableitet, auf die zu ihren Gunsten geschützte Gemeinschaftsmarke. Für alle Klagen wegen Verletzung und - falls das nationale Recht es zulässt - wegen drohender Verletzung der Gemeinschaftsmarke sind die Gemeinschaftsmarkengerichte ausschließlich zuständig (Artikel 92, Litera a, GMV). Gemeinschaftsmarkengericht erster Instanz ist gemäß Paragraph 69 d, Absatz eins, MSchG das Handelsgericht Wien; weitere Gemeinschaftsmarkengerichte sind die im Instanzenzug übergeordneten Gerichte (Artikel 101, GMV; ÖBl 2003, 186 - Rothmans). Nach stRsp sind die Gerichte in Markenverletzungsstreitigkeiten an die Entscheidung des Patentamts im Markeneintragungsverfahren nicht gebunden; sie haben vielmehr die Vorfrage, ob das Markenrecht des Klägers besteht, selbstständig zu prüfen (ÖBl 1996, 280 - DIY mwN; ÖBl 1999, 124 - Tabasco VI; Kucsko, Geistiges Eigentum 535). Anders als nach nationalem österreichischen Recht ist das Gericht im Verfahren wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke jedoch nur in beschränktem Umfang befugt, die Rechtsgültigkeit der Marke zu prüfen. Nach Artikel 95, Absatz eins, GMV haben die Gemeinschaftsmarkengerichte von der Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke auszugehen, sofern diese nicht durch den Beklagten mit einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit angefochten wird. Der bloße Einwand des Verfalls oder der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke ist nur insoweit zulässig, als sich der Beklagte darauf beruft, dass die Gemeinschaftsmarke wegen mangelnder Benutzung für verfallen oder wegen eines älteren Rechts des Beklagten für nichtig erklärt werden könnte (Artikel 95, Absatz 3, GMV). Bringt der Beklagte keine Widerklage ein, wozu im Provisorialverfahren von vornherein keine Möglichkeit besteht (von Kapff in Ekey/Klippel, Markenrecht Artikel 99, GMV Rz 17), so kann er daher die Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke im Verletzungsverfahren nur mit dem Einwand der mangelnden Benutzung und dem Bestehen eines älteren Rechts bekämpfen (von Kapff aaO Artikel 95, GMV Rz 6 ff); von Amts wegen darf das Gemeinschaftsmarkengericht die Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke in keinem Fall prüfen (von Kapff aaO Artikel 95, GMV Rz 1).

Im vorliegenden Fall hat sich die Beklagte zum Sicherungsantrag nicht (fristgerecht) geäußert. In Frage käme daher nur eine amtswegige Prüfung der Rechtsgültigkeit der für die Klägerin geschützten Gemeinschaftsmarke; eine solche Prüfung lässt die Gemeinschaftsmarkenverordnung aber, wie oben dargelegt, nicht zu. Die (umfangreichen) Rechtsmittelausführungen beider Parteien zur Schutzfähigkeit der für die Klägerin registrierten Formmarke wären aber selbst dann unbeachtlich, wenn die Beklagte die mangelnde Schutzfähigkeit schon in erster Instanz eingewandt hätte. Ob nämlich eine Formmarke die notwendige Unterscheidungskraft besitzt, ist im Verletzungsverfahren nur aufgrund einer - im Provisorialverfahren ausgeschlossenen - Widerklage zu prüfen. Damit kann im Provisorialverfahren auch von vornherein kein Anlass bestehen, das von der Beklagten zur Prüfung der Schutzfähigkeit der Formmarke angeregte Vorabentscheidungsersuchen zu stellen.

2. Zur Verwechslungsgefahr

Nach Art 9 Abs 1 GMV gewährt die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Ähnlichkeit oder Identität des Zeichens mit der Gemeinschaftsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Gemeinschaftsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird (Art 9 Abs 1 lit b GMV). Art 9 Abs 1 lit b GMV stimmt im Wesentlichen mit Art 5 Abs 1 lit b MarkenRL und dem diese Bestimmung umsetzenden § 10 Abs 1 Z 2 MSchG überein. Die Rechtsprechung des EuGH und die an der EuGH-Rechtsprechung orientierte nationale Rechtsprechung zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist daher auch bei der Beurteilung von Verletzungsklagen nach der Gemeinschaftsmarkenverordnung anzuwenden.Nach Artikel 9, Absatz eins, GMV gewährt die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Ähnlichkeit oder Identität des Zeichens mit der Gemeinschaftsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Gemeinschaftsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird (Artikel 9, Absatz eins, Litera b, GMV). Artikel 9, Absatz eins, Litera b, GMV stimmt im Wesentlichen mit Artikel 5, Absatz eins, Litera b, MarkenRL und dem diese Bestimmung umsetzenden Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, MSchG überein. Die Rechtsprechung des EuGH und die an der EuGH-Rechtsprechung orientierte nationale Rechtsprechung zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist daher auch bei der Beurteilung von Verletzungsklagen nach der Gemeinschaftsmarkenverordnung anzuwenden.

Für den Begriff der Verwechslungsgefahr gilt gemeinschaftsweit ein einheitlicher Maßstab. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Bei der umfassenden Beurteilung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die Elemente zu berücksichtigen sind, die die Marke und das sie nach der Behauptung des Klägers verletzende Zeichen unterscheiden und dominieren. Es kommt entscheidend darauf an, wie die Marke und das Zeichen auf den Durchschnittsverbraucher dieser Art von Waren oder Dienstleistungen wirken. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke/ein Zeichen normalerweise als Ganzes wahr und achtet nicht auf die Einzelheiten (EuGH C-251/95 = Slg 1997 I-6191 = ÖBl 1998, 106 - Sabèl/Puma, RdN 22 f; 4 Ob 325/00y = ÖBl 2001, 159 - T-One ua).

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen abzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die beiden Zeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrgenommen werden und dass der Grad der Aufmerksamkeit von der Art der Ware oder Dienstleistung abhängt (EuGH C-342/97 = Slg 1997 I-3819 = ÖBl 1999, 305 - Lloyd/Lloint's, RdN 26; 4 Ob 325/00y = ÖBl 2001, 159 - T-One ua).

Diese Grundsätze gelten auch für Formmarken. Anders als in dem der Entscheidung 4 Ob 222/03f (= ÖBl 2004, 168 - Juvina-Flasche) zugrunde liegenden Fall erfasst die Formmarke der Klägerin nicht einen Teil der Gesamtgestaltung des Produkts, sondern dessen gesamte Gestaltung. Die von der Beklagten erörterte Frage, ob die geschützte Form als gedanklich herauslösbares Zeichen einer Gesamtgestaltung erkannt wird, kann sich daher mangels einer von der geschützten Form verschiedenen Gesamtgestaltung des unter der Marke vertriebenen Produkts gar nicht stellen.

Markenrechtlich geschützt ist die Form des Hasen in ihren Ausstattungsdetails, der Form des Hasenkörpers, seiner Färbung und Zeichnung sowie seiner Aufmachung mit (roter) Schleife und Schelle. Aufgrund der - wie oben dargelegt - bindend fest stehenden Rechtsgültigkeit der Marke ist davon auszugehen, dass die ihren Gegenstand bildende Form, Färbung und Aufmachung des Schokoladehasen unterscheidungskräftig ist und damit als Herkunftshinweis aufgefasst wird. Die Beschriftung mit dem Firmenschlagwort der Klägerin bildet dabei ein Ausstattungsdetail, das keinen Rückschluss darauf zulässt, dass die Klägerin, wie die Beklagte behauptet, die Gemeinschaftsmarke „insgesamt aber nicht als 'Herkunftshinweis'" verwende. Die Verwendung von Form und Aufmachung als Herkunftshinweis ist schon durch die Tatsache dokumentiert, dass die Klägerin Form und Aufmachung ihres Goldhasen als Formmarke hat registrieren lassen.

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist nach dem oben Gesagten der Gesamteindruck maßgebend, den der Durchschnittsbetrachter von der Formmarke der Klägerin gewinnt; eine Zergliederung in schutzfähige und schutzunfähige Bestandteile, wie sie die Beklagte vornimmt, ist nicht zulässig.

Den Gesamteindruck der für die Klägerin geschützten Formmarke prägen vor allem die sitzende Haltung des Hasen, die Goldfarbe und die rote Schleife; alle diese Merkmale sind auch beim Goldhasen der Beklagten verwirklicht. Wenn daher ein Durchschnittsverbraucher mit der beim Kauf eines Schokoladehasen vorauszusetzenden (geringen) Aufmerksamkeit einen Goldhasen der Beklagten wahrnimmt, so wird er ihn für ein durch die Gemeinschaftsmarke geschütztes Erzeugnis der Klägerin halten. Dass der Goldhase der Beklagten, anders als der den Gegenstand der Formmarke bildende Hase, keine Aufschrift und auch keine Schelle trägt, vermag die Verwechslungsgefahr nicht auszuschließen. Ihr Fehlen wird regelmäßig nur bei einem direkten Vergleich auffallen und bedeutet auch nicht, dass es sich um einen Schokoladehasen eines anderen Erzeugers handeln muss. Beide Abweichungen liegen innerhalb der Bandbreite, wie sie auch bei aus ein und demselben Unternehmens stammenden Erzeugnissen vorkommen kann und, was die fehlende Angabe des Wortbestandteils der Marke betrifft, beim gleichzeitigen Vertrieb einer Ware im (normalpreisigen) Lebensmitteleinzelhandel und im Lebensmitteldiskonthandel nicht unüblich ist.

Berechtigt sind die Einwendungen der Beklagten gegen die Fassung des Unterlassungsgebots. Die im Unterlassungsgebot erwähnte Anlage 1 gibt, was den Sitz der Schleife betrifft, das Markenbild nicht richtig wieder.

In der Sache selbst musste der Revisionsrekurs erfolglos bleiben. Den Einwendungen der Beklagten gegen die Fassung des Unterlassungsgebots wurde mit einer Spruchfassung Rechnung getragen, die dem klar erkennbaren Willen der Klägerin entspricht.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO; jene über die Kosten der Beklagten auf Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraphen 40,, 50 ZPO.

Textnummer

E75609

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0040OB00239.04G.1130.000

Im RIS seit

30.12.2004

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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