TE OGH 2004/12/14 1Ob201/04x

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Veröffentlicht am 14.12.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Eva Rieß, Rechtsanwältin, Wien 8, Zeltgasse 3/13, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak und Dr. Johannes Kraus, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Land Kärnten, vertreten durch Huainigg Dellacher & Partner Rechtsanwälte OEG in Klagenfurt, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Verein *****, vertreten durch Dr. Martin Wandl und Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen EUR 15.671,48 sA infolge ordentlicher Revisionen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten (Revisionsinteresse EUR 14.534,57 sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 3. Juni 2004, GZ 2 R 64/04f-49, mit dem das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 22. Jänner 2004, GZ 24 Cg 233/01y-45, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 962,88 (darin EUR 160,48 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Nebenintervenient bezweckt nach seinen Satzungen die Errichtung und Führung einer Ausstellungswelt, die sich vor allem mit dem Themenkomplex "Demokratie und eiserner Vorhang" beschäftigt. Nach den Vereinsstatuten ist ein (General-)Sekretär für die Abwicklung der laufenden Geschäfte des Vereins, insbesondere auch für das Management der im Rahmen der Vereinstätigkeit durchzuführenden Ausstellungen verantwortlich. Der Sekretär des Nebenintervenienten, der zugleich dessen Schriftführer war, wurde mit der Organisation einer Ausstellung beauftragt, in der die Malerei aus der NS-Zeit jener der DDR-Zeit gegenüber zu stellen war. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Durchführung der Ausstellung am vorgesehenen Ausstellungsort - einem Schloss in jener Gemeinde, in der auch der Nebenintervenient seinen Sitz hat - nicht möglich war, sah sich der Sekretär um einen anderen Veranstaltungsort um, weil die Vorbereitung schon weit gediehen war. Ohne dies mit den Vereinsorganen abzusprechen, entschied er sich nach Rücksprache mit einem Repräsentanten der beklagten Partei dafür, die Ausstellung in K***** durchzuführen. Nachdem sich die nunmehrige Gemeinschuldnerin bereit erklärt hatte, die Kosten der Ausstellung gegen eine entsprechende Sicherheit vorzufinanzieren, erreichte der Sekretär des Nebenintervenienten eine diesbezügliche Zusage des Kulturberaters des Kärntner Landeshauptmanns, der gleichzeitig auch Kulturreferent war. In einem auf Briefpapier des Amtes der Kärntner Landesregierung verfassten Schreiben bestätigte dieser unter Hinweis auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Sekretär des Nebenintervenienten, für die Finanzierung der Ausstellung "vorläufig bis zu einer Höchstsumme von S 200.000" aufzukommen. Die klagende Partei wurde ersucht, auf dem von ihr eingerichteten Sonderkonto eine Zwischenfinanzierung im Ausmaß von S 200.000 "abzuschließen". Der aushaftende Betrag werde gegen Vorlage der Belege (...) aufgebracht. Sowohl der Vertreter der nunmehrigen Gemeinschuldnerin als auch der Repräsentant der beklagten Partei gingen davon aus, dass der Sekretär des Nebenintervenienten für diesen auftrat. Obwohl die Gemeinschuldnerin insgesamt mehr als S 215.000 zur Verfügung gestellt hatte, wurde ihr wieder von der beklagten Partei noch vom Nebenintervenienten etwas rückerstattet. Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei EUR 14.534,57 (= ATS 200.000) samt Zinsen zu zahlen, und wies das Mehrbegehren über weitere EUR 1.136,86 sA ab. Die namens der beklagten Partei abgegebene Erklärung, für die Finanzierung der Ausstellung bis zu einer Höchstsumme von S 200.000 aufzukommen, stelle einen Schuldbeitritt dar. Die Textierung der Erklärung stelle nicht direkt auf den Nebenintervenienten ab. Sie beziehe sich vielmehr auf jenen, der die Ausstellung tatsächlich finanziert habe. Entsprechend der diesbezüglichen Verpflichtung habe die Gemeinschuldnerin auch die Belege der beklagten Partei übermittelt. Eine Haftung über den zugesagten Betrag von S 200.000 hinaus bestünde nicht.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es sei zwar nicht klar, ob es über die Finanzierung der Ausstellung zu einem wirksamen Vertragsabschluss zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Sekretär des Nebenintervenienten im eigenen Namen oder zwischen dieser und dem Nebenintervenienten gekommen sei. Da sich aus den getroffenen Feststellungen klar ergebe, dass jedenfalls ein Vertrag abgeschlossen worden ist, könne dies dahingestellt bleiben. Sei der Sekretär gegenüber der Gemeinschuldnerin nicht als Vertreter des Nebenintervenienten aufgetreten, dann sei mangels Offenlegung der Stellvertretung das Vertragsverhältnis mit ihm persönlich zustande gekommen. Sollte er aber hinreichend deutlich auf ein Handeln im Namen des Nebenintervenienten hingewiesen haben, wäre letzterer Vertragspartner geworden. Seine Vertretungsmacht ergebe sich daraus, dass er als Sekretär für die Abwicklung der laufenden Geschäfte des Vereins, insbesondere auch für das Management der im Rahmen der Vereinstätigkeit durchzuführenden Ausstellungen verantwortlich gewesen sei. Es sei daher jedenfalls vom Vorliegen eines für die Wirksamkeit des akzessorischen Schuldbeitritts vorausgesetzten gültigen "Hauptvertrags" auszugehen. Die ordentliche Revision sei iSd § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil die Auffassung vertretbar sei, dass der (General)Sekretär des Vereins doch nicht befugt gewesen sei, für diesen den "Hauptvertrag" abzuschließen.Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es sei zwar nicht klar, ob es über die Finanzierung der Ausstellung zu einem wirksamen Vertragsabschluss zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Sekretär des Nebenintervenienten im eigenen Namen oder zwischen dieser und dem Nebenintervenienten gekommen sei. Da sich aus den getroffenen Feststellungen klar ergebe, dass jedenfalls ein Vertrag abgeschlossen worden ist, könne dies dahingestellt bleiben. Sei der Sekretär gegenüber der Gemeinschuldnerin nicht als Vertreter des Nebenintervenienten aufgetreten, dann sei mangels Offenlegung der Stellvertretung das Vertragsverhältnis mit ihm persönlich zustande gekommen. Sollte er aber hinreichend deutlich auf ein Handeln im Namen des Nebenintervenienten hingewiesen haben, wäre letzterer Vertragspartner geworden. Seine Vertretungsmacht ergebe sich daraus, dass er als Sekretär für die Abwicklung der laufenden Geschäfte des Vereins, insbesondere auch für das Management der im Rahmen der Vereinstätigkeit durchzuführenden Ausstellungen verantwortlich gewesen sei. Es sei daher jedenfalls vom Vorliegen eines für die Wirksamkeit des akzessorischen Schuldbeitritts vorausgesetzten gültigen "Hauptvertrags" auszugehen. Die ordentliche Revision sei iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zulässig, weil die Auffassung vertretbar sei, dass der (General)Sekretär des Vereins doch nicht befugt gewesen sei, für diesen den "Hauptvertrag" abzuschließen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten, in denen die unrichtige Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht aufgezeigt wird, erweisen sich als unzulässig. Ob in einem bestimmten Verein dessen mit Vertretungsmacht ausgestatteter Sekretär (rechtlich) in der Lage ist, mit Wirkung für den Verein in dessen Namen ein bestimmtes Rechtsgeschäft abzuschließen, ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls, vor allem auch dem Charakter des Vereins und dem Vereinszweck, abhängig, sodass insoweit eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nur ausnahmsweise vorliegen könnte. Eine erhebliche Fehlbeurteilung im Hinblick auf die Vertretungsmacht des Sekretärs, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste, ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen und wird vor allem von den Revisionswerbern nicht aufgezeigt.Die Revisionen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten, in denen die unrichtige Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht aufgezeigt wird, erweisen sich als unzulässig. Ob in einem bestimmten Verein dessen mit Vertretungsmacht ausgestatteter Sekretär (rechtlich) in der Lage ist, mit Wirkung für den Verein in dessen Namen ein bestimmtes Rechtsgeschäft abzuschließen, ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls, vor allem auch dem Charakter des Vereins und dem Vereinszweck, abhängig, sodass insoweit eine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nur ausnahmsweise vorliegen könnte. Eine erhebliche Fehlbeurteilung im Hinblick auf die Vertretungsmacht des Sekretärs, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste, ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen und wird vor allem von den Revisionswerbern nicht aufgezeigt.

Die Revisionsausführungen des Nebenintervenienten beschränken sich überhaupt auf kurze Erörterungen zur Vertretungsmacht des Sekretärs, gehen aber auf die vom Berufungsgericht ausdrücklich für möglich gehaltene Variante, dieser habe den Vertrag mit der Gemeinschuldnerin allenfalls im eigenen Namen abgeschlossen, überhaupt nicht ein. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Da die klagende Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revisionen hingewiesen hat, ist ihr Schriftsatz als eine zweckentsprechende Rechtsverfolgungsmaßnahme anzusehen. Die verzeichnete Pauschalgebühr ist auf Seiten der klagenden Partei nicht angefallen.Die Revisionsausführungen des Nebenintervenienten beschränken sich überhaupt auf kurze Erörterungen zur Vertretungsmacht des Sekretärs, gehen aber auf die vom Berufungsgericht ausdrücklich für möglich gehaltene Variante, dieser habe den Vertrag mit der Gemeinschuldnerin allenfalls im eigenen Namen abgeschlossen, überhaupt nicht ein. Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 50, Absatz eins,, 41 Absatz eins, ZPO. Da die klagende Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revisionen hingewiesen hat, ist ihr Schriftsatz als eine zweckentsprechende Rechtsverfolgungsmaßnahme anzusehen. Die verzeichnete Pauschalgebühr ist auf Seiten der klagenden Partei nicht angefallen.

Anmerkung

E75541 1Ob201.04x-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0010OB00201.04X.1214.000

Dokumentnummer

JJT_20041214_OGH0002_0010OB00201_04X0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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