Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Vogel, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Alexander R*****, geboren am *****, und der mj Nicola R*****, geboren am *****, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie - Rechtsfürsorge, Bezirke 17., 18. und 19., 1190 Wien, Gatterburggasse 14, wegen Unterhaltsvorschuss über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25. Mai 2004, GZ 42 R 108/04z-65, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 30. Jänner 2004, GZ 3 P 80/97v-62, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Vater der Minderjährigen wurde zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von EUR 109,01 für jedes Kind verpflichtet. Die Mutter ist obsorgeberechtigt. Nach erfolgloser Exekution auf das Arbeitseinkommen und auf die Fahrnisse des Vaters, stellten die Minderjährigen den Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschuss. Die Kinder und die Eltern sind jugoslawische Staatsbürger und leben in Österreich. Die Eltern der Antragsteller sind in Österreich sozialversichert und es besteht ein dauerhafter Anspruch auf Familienbeihilfe.
Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass gemäß § 2 Abs 1 UVG die minderjährigen Kinder nur dann einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss hätten, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und entweder österreichische Staatsbürger oder staatenlos seien. Die Voraussetzungen lägen nicht vor. Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge und es führte aus, dass mit der Verordnung (EG) Nr 859/2003 die Bestimmungen der Verordnungen (EWG) Nr 1408/71 und Nr 574/72 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Bestimmung fielen, ausgedehnt worden seien. Darunter fielen jedoch nur Familienangehörige, wenn sie ihren regelmäßigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hätten und ihre Situation mit einem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweise. Damit sei beabsichtigt gewesen, die Nichtdiskriminierung im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben für Drittstaatsangehörige zu verwirklichen. Da aber ein Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat fehle könne mangels gesetzlicher Voraussetzungen kein Unterhaltsvorschuss gewährt werden.Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass gemäß Paragraph 2, Absatz eins, UVG die minderjährigen Kinder nur dann einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss hätten, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und entweder österreichische Staatsbürger oder staatenlos seien. Die Voraussetzungen lägen nicht vor. Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge und es führte aus, dass mit der Verordnung (EG) Nr 859/2003 die Bestimmungen der Verordnungen (EWG) Nr 1408/71 und Nr 574/72 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Bestimmung fielen, ausgedehnt worden seien. Darunter fielen jedoch nur Familienangehörige, wenn sie ihren regelmäßigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hätten und ihre Situation mit einem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweise. Damit sei beabsichtigt gewesen, die Nichtdiskriminierung im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben für Drittstaatsangehörige zu verwirklichen. Da aber ein Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat fehle könne mangels gesetzlicher Voraussetzungen kein Unterhaltsvorschuss gewährt werden.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, da oberstgerichtliche Entscheidungen zur Verordnung (EG) Nr 859/2003 nicht vorlägen.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Minderjährigen mit einem Abänderungsantrag.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 2 Abs 1 UVG haben minderjährige Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wenn sie entweder österreichische Staatsbürger oder staatenlos sind. Nach ständiger Rechtsprechung aufgrund der Entscheidungen des EuGH (insbesondere Rs C-85/99 - Offermanns und Rs C-55/99 - Anna Humer) haben Familienangehörige von Wanderarbeitern im Sinne der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 Anspruch auf Familienleistungen, die der Staat für Inländer vorsieht. Dies soll die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft sicherstellen. Nach Art 1 lit a Z 1 der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 ist jede Person als Arbeitnehmer zu verstehen, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist. Kinder haben Anspruch auf Unterhaltsvorschuss als Familienleistung im Sinne dieser Verordnung, wenn zumindest ein Elternteil selbständiger, tätiger oder arbeitsloser Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung ist (6 Ob 171/03w, 6 Ob 118/03a, 9 Ob 157/02g, 1 Ob 289/01h; RIS-Justiz RS0115509). Art 2 Abs 1 der Verordnung legt den persönlichen Geltungsbereich dahin fest, dass sie für Arbeitnehmer gilt, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaates sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen, sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene (6 Ob 171/03w). Zu dieser Verordnung sprach der EuGH aus, dass Arbeitnehmer, die als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen, sowie deren Familienangehörigen die in der Verordnung gewährten Rechte nicht geltend machen können, wenn sie sich in einer Situation befinden, die mit keinem Element über die Grenzen dieses Mitgliedstaates hinausweist (Rs C-95/99 - C-98/99 und Rs C-180/99 - Khalil ua). Auch der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach judiziert, dass wesentliche Voraussetzung für die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 das Vorliegen eines grenzüberschreitenden Sachverhaltes sei, zumal der Normzweck des Art 42 EGV und der aufgrund dieser Bestimmung ergangenen Wanderarbeitnehmerverordnung nur die Koordinierung, nicht die Harmonisierung der verschiedenen sozialrechtlichen Systeme der Mitgliedstaaten für Personen mit grenzüberschreitenden Berufsverlauf sei. Es solle nicht ein einheitliches gemeinschaftsweit gültiges Sozialversicherungssystem geschaffen, sondern durch Koordinierung nationaler Regeln die Freizügigkeit sichergestellt werden (10 Ob 60/03a, 3 Ob 50/03d, 7 Ob 295/02m). Es ergibt sich daher keine Verpflichtung des Mitgliedstaates, nationale Normen zu schaffen, wonach Familienleistungen nach dem österreichischen UVG im Rahmen eines lückenlosen Systems für jeden nur denkbaren Fall des Entfalls einer Unterhaltsleistung gewährt werde (7 Ob 295/02m). Nach Abs 9 der Erwägungen der Verordnung (EG) Nr 859/2003 sollen die Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr 574/72 zwar künftig auf sich regelmäßig in der Gemeinschaft aufhaltende Drittstaatsangehörige, die derzeit aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht unter die Bestimmungen dieser Verordnung fallen und die die anderen durch diese Verordnung vorgesehenen Bindungen erfüllen, Anwendung finden. In Abs 12 der Erwägungen in der Verordnung (EG) Nr 859/2003 wird aber ausdrücklich geregelt, dass die Verordnungen (EWG) Nr 1408/71 und 574/72 keine Anwendung in Situationen finden, die mit keinem Element über die Grenze eines einzigen Mitgliedstaates hinausweisen. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Situation eines Drittstaatsangehörigen ausschließlich Verbindung zu einem Drittstaat und einem einzigen Mitgliedstaat aufweise.Nach Paragraph 2, Absatz eins, UVG haben minderjährige Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wenn sie entweder österreichische Staatsbürger oder staatenlos sind. Nach ständiger Rechtsprechung aufgrund der Entscheidungen des EuGH (insbesondere Rs C-85/99 - Offermanns und Rs C-55/99 - Anna Humer) haben Familienangehörige von Wanderarbeitern im Sinne der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 Anspruch auf Familienleistungen, die der Staat für Inländer vorsieht. Dies soll die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft sicherstellen. Nach Artikel eins, Litera a, Ziffer eins, der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 ist jede Person als Arbeitnehmer zu verstehen, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist. Kinder haben Anspruch auf Unterhaltsvorschuss als Familienleistung im Sinne dieser Verordnung, wenn zumindest ein Elternteil selbständiger, tätiger oder arbeitsloser Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung ist (6 Ob 171/03w, 6 Ob 118/03a, 9 Ob 157/02g, 1 Ob 289/01h; RIS-Justiz RS0115509). Artikel 2, Absatz eins, der Verordnung legt den persönlichen Geltungsbereich dahin fest, dass sie für Arbeitnehmer gilt, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaates sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen, sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene (6 Ob 171/03w). Zu dieser Verordnung sprach der EuGH aus, dass Arbeitnehmer, die als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen, sowie deren Familienangehörigen die in der Verordnung gewährten Rechte nicht geltend machen können, wenn sie sich in einer Situation befinden, die mit keinem Element über die Grenzen dieses Mitgliedstaates hinausweist (Rs C-95/99 - C-98/99 und Rs C-180/99 - Khalil ua). Auch der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach judiziert, dass wesentliche Voraussetzung für die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 das Vorliegen eines grenzüberschreitenden Sachverhaltes sei, zumal der Normzweck des Artikel 42, EGV und der aufgrund dieser Bestimmung ergangenen Wanderarbeitnehmerverordnung nur die Koordinierung, nicht die Harmonisierung der verschiedenen sozialrechtlichen Systeme der Mitgliedstaaten für Personen mit grenzüberschreitenden Berufsverlauf sei. Es solle nicht ein einheitliches gemeinschaftsweit gültiges Sozialversicherungssystem geschaffen, sondern durch Koordinierung nationaler Regeln die Freizügigkeit sichergestellt werden (10 Ob 60/03a, 3 Ob 50/03d, 7 Ob 295/02m). Es ergibt sich daher keine Verpflichtung des Mitgliedstaates, nationale Normen zu schaffen, wonach Familienleistungen nach dem österreichischen UVG im Rahmen eines lückenlosen Systems für jeden nur denkbaren Fall des Entfalls einer Unterhaltsleistung gewährt werde (7 Ob 295/02m). Nach Absatz 9, der Erwägungen der Verordnung (EG) Nr 859/2003 sollen die Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr 574/72 zwar künftig auf sich regelmäßig in der Gemeinschaft aufhaltende Drittstaatsangehörige, die derzeit aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht unter die Bestimmungen dieser Verordnung fallen und die die anderen durch diese Verordnung vorgesehenen Bindungen erfüllen, Anwendung finden. In Absatz 12, der Erwägungen in der Verordnung (EG) Nr 859/2003 wird aber ausdrücklich geregelt, dass die Verordnungen (EWG) Nr 1408/71 und 574/72 keine Anwendung in Situationen finden, die mit keinem Element über die Grenze eines einzigen Mitgliedstaates hinausweisen. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Situation eines Drittstaatsangehörigen ausschließlich Verbindung zu einem Drittstaat und einem einzigen Mitgliedstaat aufweise.
Die Revisionsrekurswerber können sich daher auf die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr 859/2003 im Hinblick darauf, dass hier nur eine Verbindung zu einem Drittstaat und einem Mitgliedstaat, nämlich ausschließlich Österreich, Bezug besteht, nicht berufen (vgl auch 6 Ob 151/04f, 6 Ob 183/04m, 6 Ob 269/04h). Da mit den gemeinschaftsrechlichen Bestimmungen die Freizügigkeit gesichert und nicht eine Harmonisierung von sozialen Systemen für jedermann angestrebt wird, muss im vorliegenden Fall auf die gesetzlichen Anspruchsgrundlagen nach dem UVG zurückgegriffen werden. Da sich der Anspruch unstrittig nicht aus § 2 UVG ableiten lässt, war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.Die Revisionsrekurswerber können sich daher auf die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr 859/2003 im Hinblick darauf, dass hier nur eine Verbindung zu einem Drittstaat und einem Mitgliedstaat, nämlich ausschließlich Österreich, Bezug besteht, nicht berufen vergleiche auch 6 Ob 151/04f, 6 Ob 183/04m, 6 Ob 269/04h). Da mit den gemeinschaftsrechlichen Bestimmungen die Freizügigkeit gesichert und nicht eine Harmonisierung von sozialen Systemen für jedermann angestrebt wird, muss im vorliegenden Fall auf die gesetzlichen Anspruchsgrundlagen nach dem UVG zurückgegriffen werden. Da sich der Anspruch unstrittig nicht aus Paragraph 2, UVG ableiten lässt, war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E75628 7Ob185.04pEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2004:0070OB00185.04P.1215.000Dokumentnummer
JJT_20041215_OGH0002_0070OB00185_04P0000_000